Man sieht einen Mann mit Kopfschmerzen und einem Glas Wasser in der Hand.
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Cluster-Kopfschmerzen

Von: Onmeda-Redaktion, Miriam Funk (Medizinredakteurin und Redaktionsleitung)
Letzte Aktualisierung: 30.11.2021

Cluster-Kopfschmerzen sind starke einseitige Kopfschmerzen, die sich meist hinter dem Auge befinden und in gehäuften Attacken (als Cluster) bis zu achtmal täglich auftreten. Die Cluster-Kopfschmerzen kommen geballt nachts vor – mitunter viele Jahre bis Jahrzehnte. Lesen Sie hier mehr über die Ursachen und darüber, wie sich Cluster-Kopfschmerzen behandeln und vorbeugen lassen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was sind Cluster-Kopfschmerzen?

Der Cluster-Kopfschmerz ist ein einseitiger, meist hinter dem Auge liegender, schwerer Kopfschmerz, der in Attacken und gehäuft auftritt (engl. cluster = Gruppe, Haufen) – das heißt periodenweise bis zu achtmal täglich, Meist treten Cluster-Kopfschmerzen zur gleichen Tageszeit (häufig nachts) auf. Unbehandelt dauert eine Cluster-Kopfschmerz-Attacke etwa 15 bis 180 Minuten. In der Regel ist immer dieselbe Gesichtsseite betroffen – nur selten wechseln Cluster-Kopfschmerzen die bevorzugte Seite.

Um Cluster-Kopfschmerzen handelt es sich per Definition nur dann, wenn die Betroffenen – anders als bei Migräne – gleichzeitig eine Bewegungsunruhe zeigen und/oder auf der vom Schmerz betroffenen Kopfseite mindestens eins der folgenden Anzeichen auftritt:

Im Frühjahr und Herbst treten Cluster-Kopfschmerzen häufiger auf. Dies spricht dafür, dass Cluster-Kopfschmerzen möglicherweise durch den Biorhythmus beeinflusst sind. Die einzelnen Perioden können über Wochen, Monate oder Jahre anhalten.

Je nach Verlauf werden zwei Formen von Cluster-Kopfschmerz unterschieden: episodische (80 Prozent aller Fälle) und chronische (20 Prozent) Cluster-Kopfschmerzen:

  • Ein episodischer Cluster-Kopfschmerz ist dadurch gekennzeichnet, dass die (eine Woche bis wenige Monate anhaltenden) Beschwerden immer wieder monate- bis jahrelang durch symptomfreie Intervalle unterbrochen sind.
  • Ein chronischer Cluster-Kopfschmerz liegt vor, wenn die Clusterperiode ohne Besserung über ein Jahr andauert oder die Pausen kürzer als vier Wochen sind.

Weitere Bezeichnungen für Cluster-Kopfschmerzen sind:

  • Bing-Horton-Syndrom
  • Erythroprosopalgie
  • Hemicrania angioparalytica

Häufigkeit

Der Cluster-Kopfschmerz hat etwa dieselbe Häufigkeit wie zum Beispiel multiple Sklerose: Etwa 120.000 Menschen in Deutschland leiden unter Cluster-Kopfschmerzen, hauptsächlich junge Männer (Verhältnis Männer:Frauen 3:1). Überwiegend treten Cluster-Kopfschmerzen um das 30. Lebensjahr herum auf, können aber auch schon im Kindesalter beginnen.

Ursachen

Worin genau der Cluster-Kopfschmerz seine Ursachen hat, ist bislang unklar. Bekannt ist allerdings, dass bestimmte Faktoren einzelne Cluster-Kopfschmerzen auslösen können. Auslöser für die Schmerzattacken können zum Beispiel sein:

  • tyramin- und/oder histaminhaltige Lebensmittel (wie Schokolade, Nüsse, Käse, Tomaten und Zitrusfrüchte)
  • Alkohol
  • Nikotin
  • Flimmerlicht (Fernseher, Kino)
  • Aufenthalte in großer Höhe
  • körperliche Anstrengung
  • gefäßerweiternde Medikamente

Dass – wie früher vermutet – der Cluster-Kopfschmerz durch eine Entzündung erweiterter Blutgefäße im Gehirn entsteht, ist heute widerlegt. Stattdessen gilt inzwischen eine Fehlregulation biologischer Rhythmen – also der inneren Uhr – als wahrscheinliche Ursache für Cluster-Kopfschmerzen.

Gegen rein gefäßbedingte Kopfschmerzen spricht, dass Cluster-Kopfschmerzen oft zur gleichen Zeit im Tagesverlauf auftritt, vor allem ein bis zwei Stunden vor dem Einschlafen oder in den frühen Morgenstunden. Wahrscheinlicher ist daher, dass ein Hirnbereich, der für die Tages- und Schlaf-Wach-Rhythmen verantwortlich ist, beim Cluster-Kopfschmerz aus bisher unbekannten Ursachen verändert ist: Moderne bildgebende Verfahren weisen auf eine Aktivierung solcher Bereiche im Zwischenhirn (genauer: im Hypothalamus) hin. Warum jedoch deutlich mehr Männer als Frauen unter Cluster-Kopfschmerzen leiden, ist bisher noch nicht geklärt.

Möglicherweise hat der Cluster-Kopfschmerz auch erbliche Ursachen: Ein Hinweis hierfür ist, dass sich das eigene Risiko für Cluster-Kopfschmerzen um das 18-Fache erhöht, wenn man eine*n betroffene*n Verwandte*n ersten Grads hat. Ein*e Verwandte*r zweiten Grads mit Cluster-Kopfschmerz hingegen erhöht das eigene Risiko nur um das 3-Fache.

Symptome bei Cluster-Kopfschmerzen

Die Symptome bei Cluster-Kopfschmerzen treten typischerweise halbseitig und in Attacken auf: Cluster-Kopfschmerzen sind sehr starke einseitige Kopfschmerzen, die sich schneidend oder bohrend anfühlen. Meist lassen sich die Schmerzen hinter einem Auge und im Bereich der Nasenwurzel örtlich genau eingrenzen.

Die Cluster-Kopfschmerz-Attacken kommen plötzlich ohne Vorboten und oft aus dem Schlaf heraus. Ohne Behandlung dauern die Symptome der Cluster-Kopfschmerzen 15 bis 180 Minuten an (durchschnittlich 30 bis 45 Minuten). In der Regel wiederholen sich diese Schmerzattacken mehrmals täglich. Bis auf sehr seltene Ausnahmen treten die Cluster-Kopfschmerzen jedes Mal auf derselben Kopfseite auf.

Begleitend entwickeln sich – auf derselben Seite wie der Cluster-Kopfschmerz – weitere Symptome wie Tränenfluss und/oder gerötete Bindehaut, laufende Nase und Schwitzen im Gesicht. Außerdem ist bei Cluster-Kopfschmerzen das durch folgende Symptome charakterisierte Horner-Syndrom auf der betroffenen Kopfseite häufig zu beobachten:

  • enge Pupille (Miosis)
  • herabhängendes Oberlid (Ptosis)
  • leicht in die Augenhöhle eingesunkener Augapfel

Manche Symptome der Cluster-Kopfschmerzen, wie einseitige und anfallsartige Schmerzen, sind auch für Migräne typisch. Dennoch unterscheiden sich die beiden Arten von Kopfschmerzen deutlich: Anders als bei einem Migräneanfall, in dessen Verlauf sich die Betroffenen zurückziehen, sind Menschen mit Cluster-Kopfschmerzen während einer Schmerzattacke unruhig und zeigen einen regelrechten Bewegungsdrang. Außerdem ist Erbrechen, das ein häufiges Begleitsymptom von Migräne ist, bei Cluster-Kopfschmerzen nicht typisch.

Video: Die wichtigsten Kopfschmerzarten und ihre Unterschiede

Diagnose

Beim Cluster-Kopfschmerz ergibt sich die Diagnose anhand der Symptome – Cluster-Kopfschmerzen gelten als diagnostiziert, wenn:

  • mehrere starke Schmerzattacken mit einer Dauer von jeweils 15 bis 180 Minuten einseitig im Bereich des Auges und/oder der Schläfe und
  • gleichzeitig eine Bewegungsunruhe und/oder mindestens eins der folgenden Anzeichen auf der vom Schmerz betroffenen Kopfseite auftreten:
  • tränendes und/oder gerötetes Auge
    • verengte Pupille
    • herabhängendes und/oder geschwollenes oberes Augenlid
    • laufende und/oder verstopfte Nase
    • verstärktes Schwitzen im Bereich von Stirn und Gesicht

Mit dem sogenannten Nitroglycerintest ist es möglich, die Diagnose der Cluster-Kopfschmerzen zu sichern: Bei diesem Test verabreicht der*die Arzt*Ärztin eine Nitroglycerinkapsel, die auch zur Behandlung von Angina pectoris zum Einsatz kommt. Wenn das Nitroglycerin Schmerzen auslöst, ist der Nitroglyzerintest positiv – das heißt, es handelt sich um Cluster-Kopfschmerzen.

Die Schmerzattacken und die Begleitsymptome auf der von den Cluster-Kopfschmerzen betroffenen Kopfseite kommen auch bei anderen Kopfschmerzarten vor. Daher kann es in Einzelfällen schwierig sein, Cluster-Kopfschmerzen von diesen Kopfschmerzarten abzugrenzen – vor allem von der Trigeminusneuralgie und der Migräne:Migräne

  • Die Trigeminusneuralgie ist im Vergleich zum Cluster-Kopfschmerz durch eine kürzere Attackendauer gekennzeichnet, während es
  • bei Migräne typischerweise zu länger dauernden Attacken, Rückzugverhalten und anderen Begleitsymptomen kommt.

Auch ein akuter Glaukomanfall kann ähnliche Beschwerden wie Cluster-Kopfschmerzen auslösen, was bei der Diagnose zu berücksichtigen ist. Es ist also wichtig, neu auftretende oder bisher unbekannte Kopfschmerzen beziehungsweise einen Kopfschmerz mit nicht eindeutigen Symptomen immer genau abzuklären.

Therapie

Die gegen den Cluster-Kopfschmerz eingesetzte Therapie hat zwei Ziele:

  • Akuttherapie: die Schmerzen während der Anfälle zu bekämpfen und
  • Prophylaxe: weitere Anfälle zu verhindern.

Auf herkömmliche (Kopf-)Schmerzmedikamente, Entspannungsübungen oder ergänzende Verfahren (physikalische Therapie) sprechen Cluster-Kopfschmerzen nicht oder nur sehr gering an. Ohne die richtige Behandlung bei Cluster-Kopfschmerzen haben viele Betroffene daher jahrelang Beschwerden.

Wenn die geeigneten Medikamente zum Einsatz kommen, gelingt es aber in den meisten Fällen, den Cluster-Kopfschmerz ausreichend in den Griff zu bekommen. Für Menschen mit chronischen Cluster-Kopfschmerzen, denen die üblichen Mittel nicht helfen, kommt zusätzlich die sogenannte Neuromodulation infrage, bei der man die Weitergabe von Nervenreizen durch elektrische Reize beeinflusst.

Akuttherapie

Bei einem akuten Cluster-Kopfschmerz besteht die wirksamste Therapie gegen die bestehenden Schmerzen darin, 100-prozentigen Sauerstoff zu inhalieren: Bei dieser Akuttherapie werden über eine Gesichtsmaske 8 bis 12 Liter Sauerstoff pro Minute eingeatmet. Die Inhalation erfolgt idealerweise sitzend mit leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper. Die Behandlung sollte jedoch nicht länger als 15 bis 20 Minuten dauern, da danach keine Wirkung mehr zu erwarten ist. Nebenwirkungen treten nicht auf.

Der Einsatz verschreibungspflichtiger Triptane hat sich bei Cluster-Kopfschmerz-Attacken ebenfalls als Akuttherapie bewährt. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen kann Sumatriptan gespritzt werden, zum anderenkann Zolmitriptan als Nasenspray angewendet werden. Triptane gegen Cluster-Kopfschmerzen sollten allerdings nicht täglich angewendet werden, da dann dumpf-drückende Kopfschmerzem entstehen können.

Alternativ ist es möglich, bei einer Cluster-Kopfschmerz-Attacke als Akuttherapie Lidocain-Spray in die Nase zu sprühen. Dauern die akuten Cluster-Kopfschmerzen lange an, kann auch eine Therapie mit Sumatriptan (über die Nase) oder Zolmitriptan (über den Mund) helfen.

Intervalltherapie

Bei episodenhaft verlaufenden Cluster-Kopfschmerzen ist neben der Behandlung akuter Schmerzattacken eine sogenannte Intervalltherapie wichtig, um weitere Attacken zu verhindern. Zu dieser Prophylaxe ist besonders das Medikament Verapamil geeignet, daneben auch Glukokortikoide (Kortison). Als Alternative kommen außerdem Methysergid, Lithium oder eventuell Valproinsäure zur Vermeidung erneuter Cluster-Kopfschmerzen infrage.

Glukokortikoide kommen zur Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen vor allem zusätzlich beziehungsweise überbrückend zum Einsatz, bis beispielsweise Verapamil wirkt. Wenn die Cluster-Kopfschmerz-Attacken immer zur gleichen Tageszeit beziehungsweise Stunde auftreten, bietet sich zur Intervalltherapie Dihydroergotamin an, das zwei Stunden vor einer Schmerzattacke anzuwenden ist.

Bei chronisch verlaufenden Cluster-Kopfschmerzen ist die Therapie schwieriger. In der Regel erfolgt eine Dauertherapie mit Verapamil oder Lithium, da man die anderen Medikamente nur zeitlich begrenzt anwenden kann. Manchmal ist es nötig, mehrere Medikamente zu kombinieren, um chronische Cluster-Kopfschmerzen erfolgreich zu behandeln. Es ist ratsam, etwa alle sechs Monate zu versuchen, die Medikamente wieder zu reduzieren. Die genaue Behandlung der Cluster-Kopfschmerzen sollte individuell ärztlich besprochen werden.

Wenn Betroffene durch den chronischen Cluster-Kopfschmerz stark beeinträchtigt sind und nicht auf die übliche Therapie ansprechen, kommt zusätzlich eine sogenannte Neuromodulation infrage: Hierbei sollen elektrische Reize die schmerzhaften Nervenreize unterdrücken und so die Häufigkeit und Schwere der Schmerzattacken verringern. Hierzu bieten sich verschiedene invasive Verfahren an, zum Beispiel die sogenannte tiefe Hirnstimulation (THS) am hinteren Hypothalamus über einen sogenannten Hirnschrittmacher oder die beidseitige Dauerstimulation des Okzipitalnervs (Nervus occipitalis).

Verlauf

Cluster-Kopfschmerzen verlaufen meist episodisch. Es kommt immer wieder zu symptomfreien Pausen, die für eine monate- bis jahrelange Unterbrechung der Beschwerden sorgen. In etwa 20 Prozent der Fälle verlaufen Cluster-Kopfschmerzen aber chronisch: Dann können einzelne Cluster-Perioden ohne Besserung über ein Jahr andauern oder die Pausen kürzer als vier Wochen sein.

Cluster-Kopfschmerzen sind meist langwierig: In bis zu 80 Prozent der Fälle kommt es auch 15 Jahre nach Beginn der Erkrankung zu neuen gehäuft auftretenden Schmerzattacken (sog. Cluster-Episoden). Allerdings treten Cluster-Kopfschmerzen im hohen Lebensalter seltener auf, sodass bei einem Teil der Betroffenen langfristig gesehen eine Besserung zu erwarten ist.

Eine passende Behandlung kann den Verlauf der Cluster-Kopfschmerzen günstig beeinflussen: In den meisten Fällen gelingt es durch geeignete Medikamente, akute Schmerzattacken in den Griff zu bekommen sowie ihre Häufigkeit und Schwere deutlich zu verringern. Durchschnittlich vergehen bis zur richtigen Diagnose jedoch über dreieinhalb Jahre. Da herkömmliche Schmerzmedikamente selten etwas gegen Cluster-Kopfschmerzen ausrichten, haben viele Betroffene jahrelang Beschwerden, bis sie endlich Hilfe bekommen.

Vorbeugen

Cluster-Kopfschmerzen können nicht vorgebeugt werden, da die genauen Ursachen dieser Form von Kopfschmerzen bisher nicht bekannt sind. Wer unter Cluster-Kopfschmerzen leidet, kann allerdings weitere Schmerzattacken verhindern, indem bestimmte auslösende Reize (sog. Trigger) gemeiden werden.

Einige dieser Trigger für Cluster-Kopfschmerzen sind allgemein bekannt, andere sind sehr personenbezogen und nur durch Ausprobieren zu erkennen. Zu den üblichen Auslösern gehören tyramin- und/oder histaminhaltige Lebensmittel, die gemieden werden sollten:

  • Alkohol
  • Schokolade
  • Nüsse
  • Käse
  • Tomaten und Zitrusfrüchte

Beim Cluster-Kopfschmerz ebenfalls als Auslöser von weiteren Attacken bekannt und deshalb zu vermeiden sind:

  • flackerndes Licht
  • der Aufenthalt in großer Höhe (Flugzeug, Gebirge)Rauchen
  • Rauchen