Tri- und tetrazyklische Antidepressiva

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 10.12.2010

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "tri- und tetrazyklische Antidepressiva" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Tri- und tetrazyklische Antidepressiva haben ihren Namen von der Molekülgestalt aus drei oder vier aneinanderhängenden Ringen. Sie werden bei depressiven Erkrankungen, auch bei der so genannten Major Depression, eingesetzt. Die meisten Arzneimittel dieser Gruppe sind angstdämpfend und daher für Angststörungen einschließlich Phobien, innere Unruhe und Zwangsstörungen geeignet. Viele der tri- und tetrazyklischen Antidepressiva helfen auch bei Schlafstörungen.

Zwei Wirkstoffe aus der Gruppe der tri- und tetrazyklischen Antidepressiva werden nicht nur bei depressiven Erkrankungen oder Schlafstörungen, sondern auch in Therapiekonzepten zur langfristigen Schmerzbehandlung eingesetzt. Es handelt sich um Amitriptylin und Clomipramin.

Zu den trizyklischen Antidepressiva gehören neben Amitriptylin und Clomipramin die Wirkstoffe Amitriptylinoxid , Desipramin, Dibenzepin, Doxepin, Imipramin, Lofepramin, Nortriptylin, Opipramol und Trimipramin.

Wichtige tetrazyklische Antidepressiva sind Maprotilin, Mianserin und Mirtazapin.

Wirkung

Tri- und tetrazyklische Antidepressiva bessern die Symptome einer Depression und normalisieren den Gemütszustand. Das bedeutet, dass sie stimmungsaufhellend wirken, Angst dämpfen, den Antrieb steigern oder hemmen und die Psyche aktivieren oder dämpfen können.

Wie fast alle Antidepressiva wirken auch die tri- und tetrazyklischen Antidepressiva, indem sie im Gehirn in den Stoffwechsel und die Konzentrationen der Botenstoffe zwischen Nervenzellen eingreifen. Die Botenstoffe sind wichtig, um Reize von einer Nervenzelle zur nächsten weiterzuleiten. Bei einer Depression liegt ein Mangel an den Botenstoffen Serotonin und Noradrenalin vor. Sie wirken an bestimmten Bindungsstellen (Rezeptoren) der Nervenzellen und werden dann von Enzymen abgebaut oder in verschiedene Gehirnzellen aufgenommen. Indem die Antidepressiva diese Aufnahme in die Gehirnzellen hemmen, stehen Serotonin und Noradrenalin vermehrt zur Weiterleitung zwischen den Nervenzellen zur Verfügung, was sich günstig auf die Depression auswirkt. Außerdem vermutet man, dass Antidepressiva eine Erhöhung der Rezeptorendichte bewirken. Das heißt, die Botenstoffe können stärker wirken, da mehr Bindungsstellen zur Verfügung stehen.

Auch wenn der beschriebene Wirkmechanismus aller trizyklischen Antidepressiva gleich ist, unterscheidet sich das Wirkprofil der einzelnen Wirkstoffe stark: Während Desipramin und Nortriptylin antriebssteigernd und aktivierend (aber unter Umständen auch angstverstärkend) wirken, ist bei Amitriptylin, Amitriptylinoxid und Doxepin die dämpfende, antriebshemmende und angstlindernde Wirkung ausgeprägt. Die anderen Substanzen bewegen sich von ihren Wirkungen eher zwischen diesen Gegensätzen.

Typische Nebenwirkungen aller trizyklischen Antidepressiva sind beispielsweise Mundtrockenheit, verstopfte Nase, Schwindel, vermehrtes Schwitzen, Verengung der Bronchien oder Verstopfung. Ältere trizyklische Antidepressiva (wie Amitriptylin, Clomipramin, Doxepin, Imipramin, Mirtazapin, Olanzapin und Trimipramin) scheinen zudem Herzinfarkte, Schlaganfälle und Herzmuskelschwäche zu fördern, weil sie die Risikofaktoren Gewichtszunahme, Diabetes vom Typ 2 und Bluthochdruck verstärken.

Keine Unterschiede im Wirkprofil gibt es bei den tetrazyklischen Antidepressiva Maprotilin und Mianserin. Sie wirken besonders zu Beginn der Behandlung eher dämpfend. Daher werden sie vor allem eingesetzt, wenn eine ängstlich agitierte Depression vorliegt. Ansonsten ähneln tetrazyklische Antidepressiva den trizyklischen Substanzen stark. Die oben für die trizyklischen Antidepressiva genannten Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit und verstopfte Nase sind bei ihnen allerdings günstigerweise deutlich schwächer ausgeprägt. Dafür können aber als Nebenwirkungen Störungen des Blutbilds und besonders bei Maprotilin Krämpfe auftreten. Mianserin hat gegenüber Maprotilin einen schnelleren Wirkeintritt, aber auch eine kürzere Wirkdauer.