Phenobarbital

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 21.12.2012

Allgemeines

Phenobarbital dient der Behandlung von Epilepsien. In Form von Tabletten kommt es hauptsächlich zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle zum Einsatz. Bei akuten Krampfanfällen und schweren Krankheitszuständen wie dem Status epilepticus wird Phenobarbital in die Venen gespritzt (intravenöse Gabe). Phenobarbital ist nicht wirksam bei kurzfristiger Geistesabwesenheit (Absencen) und auch nicht zur Vorbeugung und Therapie von Fieberkrämpfen.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Übererregbarkeit von Nervenzellen vermindern
  • epileptischen Anfällen vorbeugen
  • Status epilepticus behandeln

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Phenobarbital im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Phenobarbital nicht verwendet werden?

Phenobarbital darf nicht angewendet werden bei:
  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder andere Barbiturate,
  • akuten Vergiftungen mit Psychopharmaka, Schmerzmitteln oder Alkohol,
  • schweren Funktionsstörungen von Leber oder Nieren,
  • Porphyrie,
  • Luftnot-Krämpfen bei Asthma (Status asthmaticus),
  • schweren Herzerkrankungen, beispielsweise ausgeprägter Herzmuskelschwäche,
  • einem Kreislaufkollaps oder Herzversagen.
Nur nach einer sorgfältigen Abwägung von Nutzen und Risiko durch den Arzt ist der Wirkstoff anzuwenden bei:
  • schweren Erkrankungen der Atemwege sowie Asthma,
  • Herz-Lungen-Erkrankungen wie Cor pulmonale,
  • Herzrhythmusstörungen,
  • schweren Stoffwechselerkrankungen,
  • erheblicher Blutarmut (Anämie),
  • Blutvergiftung (Sepsis),
  • älteren Menschen sowie hyperaktiven Kindern, da bei ihnen ein Krampfanfall durch Gabe des Wirkstoffs verstärkt werden kann (paradoxe Wirkung),
  • Personen mit Bewusstseinsstörung, weil durch die Gabe von Phenobarbital sekundenlange Geistesabwesenheit (Absencen) ausgelöst werden können.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Die Behandlung von schwangeren und stillenden Frauen mit Phenobarbital darf nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt erfolgen. Insbesondere bei einer Dauertherapie kann das Kind Schaden nehmen.

Phenobarbital in der Schwangerschaft kann später zu Störungen der Blutgerinnung beim Neugeborenen führen. Um diese zu vermeiden, sollte die Mutter im letzten Schwangerschaftsmonat Vitamin K erhalten.

Phenobarbital tritt in die Muttermilch über und kann beim Säugling zu Müdigkeit, Trinkschwäche sowie Übelkeit und Erbrechen führen.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Grundsätzlich können Kinder mit Phenobarbital behandelt werden. Die Dosierung muss individuell nach Körpergewicht, Alter und Art der Erkrankung erfolgen. Insbesondere bei hyperaktiven Kindern kann der Wirkstoff Unruhe, Konzentrationsschwäche und aggressives Verhalten auslösen.

Welche Nebenwirkungen kann Phenobarbital haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Phenobarbital. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Müdigkeit, Schläfrigkeit, Benommenheit, verlängerte Reaktionszeiten, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Störung der Koordination von Bewegungsabläufen (Ataxie), Verwirrtheit.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Übelkeit und Erbrechen, Oberbauchbeschwerden, Leberfunktionsstörungen, Vermehrung bestimmter Leberenzyme im Blut, erhöhte Lichtempfindlichkeit der Haut (Photosensibilisierung), Unverträglichkeitsreaktionen wie Schwellung und Rötung der Haut.

Seltene Nebenwirkungen:
Depressionen, leichte Störungen der Blutbildung im Knochenmark, Blutarmut, Seh- und Sprachstörungen, Fieber, Veränderungen im Mineral-Haushalt (besonders des Kalzium-Stoffwechsels), erniedrigter Blutdruck, ein verlangsamter Herzschlag (Bradykardie), Herzrhythmusstörungen, Porphyrie; schwere Überempfindlichkeitsreaktionen wie Lupus erythematodes-ähnliche Symptome, exfoliative Dermatitis, Stevens-Johnson-Syndrom oder Lyell-Syndrom).

Sehr seltene Nebenwirkungen:
schwere Blutbildungsstörungen im Knochenmark (zum Beispiel Megaloblastenanämie, aplastische Anämie), Störungen der Blutgerinnung, Blutungen, Schockzustände (Herz-Kreislauf-Versagen, Atemstillstand), schwere Hautreaktionen (Stevens-Johnson-Syndrom, toxisch epidermale Nekrolyse).

Besonderheiten:
Das Risiko für das Auftreten schwerer Hautreaktionen wie dem Stevens-Johnson-Syndrom und der toxisch epidermalen Nekrolyse ist in den ersten Behandlungswochen am höchsten. Treten zunehmender Hautausschlag, oft mit Blasenbildung oder begleitenden Schleimhautwunden auf, muss die Therapie mit Phenobarbital beendet werden. Der Patient darf in der Folge nie wieder mit dem Wirkstoff behandelt werden.

Wird Phenobarbital in die Venen gespritzt (intravenöse Gabe), kann es in seltenen Fällen eine lebensbedrohliche Atemlähmung auslösen. Diese atemdepressive Wirkung tritt bei einer Vorschädigung der Atemwege sowie bei Hirnschädigung verstärkt auf.

Bei Kindern und älteren Patienten kommt es häufig zu Unruhe, Aggressivität, Verwirrtheit (paradoxe Wirkung).

Der Wirkstoff kann, insbesondere bei Langzeitbehandlung, Abhängigkeit hervorrufen und bei abruptem Absetzen Entzugssymptome sowie Krampfanfälle auslösen.

Möglicherweise besteht zwischen der Behandlung mit Barbituraten und dem seltenen Auftreten einer Bindegewebsvermehrung (Polyfibromatose) ein Zusammenhang.

Eine Langzeitbehandlung mit Antiepileptika wie Phenobarbital erhöht das Risiko für eine Osteoporose. Sollte diese Krankheit schon bestehen oder werden gleichzeitig Hydrocortison oder andere Glukokortikoide eingenommen, sollte ein Arzt befragt werden.

Welche Wechselwirkungen zeigt Phenobarbital?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Bei gleichzeitiger Gabe anderer auf das Nervensystem wirkender Substanzen (wie Benzodiazepine, Psychopharmaka, Narkosemittel, opioide Schmerzmittel, Alkohol) kann eine gegenseitige Wirkungsverstärkung auftreten.

MAO-Hemmer, tri- und tetrazyklische Antidepressiva und Valproinsäure verstärken die Wirkung von Phenobarbital.

Die Wirkung von Antikoagulanzien, Phenytoin (Antiepileptikum), Griseofulvin (Mittel gegen Hautpilz-Infektionen), hormonhaltigen Verhütungsmitteln (Pille), Herzglykosiden, Chinidin (Wirkstoff gegen Herzrhythmusstörungen), Rifampicin (Mittel gegen Tuberkulose) sowie von Tetrazyklinen kann durch den Wirkstoff abgeschwächt werden.

Die entzündungshemmende Wirkung von Glukokortikoiden kann vermindert sein.

Nebenwirkungen von Methotrexat (Wirkstoff bei der Krebstherapie) können verstärkt werden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Das Medikament kann, insbesondere bei Langzeitbehandlung, Abhängigkeit hervorrufen.
  • Die Einnahme des Medikaments kann Krampfanfälle und Geistesabwesenheit (Absencen) auslösen.
  • Während der Behandlung mit dem Medikament sollten Blutbild und Leberfunktion regelmäßig ärztlich kontrolliert werden.
  • Das Medikament kann bei plötzlichem Absetzten zu heftigen epileptischen Anfällen führen. Eine Therapie ist daher nur mit langsam verminderter Dosierung zu beenden.
  • Das Medikament erhöht bei Langzeitbehandlung das Risiko für eine Osteoporose. Dies gilt besonders bei Vorbestehen der Erkrankung oder gleichzeitiger Einnahme von Kortison.
  • Treten zunehmende Hautausschläge, auch mit Blasenbildung auf, muss die Behandlung mit dem Medikament sofort beendet und darf nie wieder begonnen werden.
  • Das Medikament ruft Müdigkeit hervor und beeinträchtigt das Reaktionsvermögen. Autofahren und das Bedienen von Maschinen können daher gefährlich sein.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Phenobarbital?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Phenobarbital enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform
Injektionslösung

So wirkt Phenobarbital

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Phenobarbital. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Antiepileptika, zu welcher der Wirkstoff Phenobarbital gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Phenobarbital

Phenobarbital dient der Behandlung von Epilepsien. In Form von Tabletten kommt es hauptsächlich zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle zum Einsatz. Bei akuten Krampfanfällen und schweren Krankheitszuständen wie dem Status epilepticus wird Phenobarbital in die Venen gespritzt (intravenöse Gabe). Phenobarbital ist nicht wirksam bei kurzfristiger Geistesabwesenheit (Absencen) und auch nicht zur Vorbeugung und Therapie von Fieberkrämpfen.

Außer bei Epilepsien kann der Wirkstoff bei Operationen vor der eigentlichen Narkose als Beruhigungsmittel angewendet werden.


Zu folgenden Anwendungsgebieten von Phenobarbital sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Phenobarbital

Phenobarbital ist ein Antiepileptikum aus der Gruppe der Barbiturate. Es beeinflusst die Aktivität von Botenstoffen (Neurotransmitter) im zentralen Nervensystem, insbesondere die von GABA (Gammamainobuttersäure). Phenobarbital verstärkt den dämpfenden Effekt, den GABA auf die Weiterleitung von Nervenimpulsen ausübt. Auf diese Weise kann der Wirkstoff einer Übererregbarkeit bestimmter Nervenzellen entgegenwirken und Krampfanfälle verhindern.

Da Phenobarbital eine geringe therapeutische Breite zeigt, also schon bei leichter Überdosierung lebensbedrohliche Zustände auslösen kann, kommt es nur zum Einsatz, wenn besser verträgliche Antiepileptika beziehungsweise Benzodiazepine nicht den gewünschten Effekt erzielen.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.