Anosmie: Frau riecht an einer Orangenschale
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Anosmie: Ursache und Therapie bei Geruchsverlust

Von: Dr. med. univ. Lisa Raberger (Medizinautorin und Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 23.08.2023

Ein Geruchsverlust wird in medizinischen Fachkreisen als Anosmie bezeichnet. Als Ursache kommen chronische Entzündungen oder Infektionen infrage. Für viele Betroffene bedeutet eine Anosmie ein hoher Verlust ihrer Lebensqualität. Mehr zu Diagnose, Therapie und Verlauf.

Zusammenfassung

  • Definition: Die Anosmie ist ein vollkommener Geruchsverlust. Sie kann Symptom unterschiedlicher Erkrankungen sein.
  • Ursachen: Mögliche Gründe für das fehlende Riechvermögen sind etwa chronische Entzündungen der Nasennebenhöhlen und/oder Nasenschleimhaut (chronische Rhinitis/Rhinosinusitis), neurologische Erkrankung sowie bestimmte Medikamente oder Reizstoffe. Eine Anosmie kann auch angeboren sein.
  • Diagnose: Ärztliches Gespräch, körperliche Untersuchung inklusive Nasenspiegelung und Riechtests, bei Bedarf weitere Untersuchungen.
  • Therapie: Behandlung der Grunderkrankung, Riechtraining
  • Prognose: Die Anosmie kann in 60 Prozent der postinfektiösen Fälle und 20 Prozent der posttraumatischen Fälle von selbst abheilen. 

Was ist Anosmie?

Anosmie ist der komplette Geruchsverlust und ein Symptom unterschiedlichster zugrundeliegender Erkrankungen. Ist das Riechvermögen nur zum Teil herabgesetzt, wird dies Hyposmie genannt. Geruchsstörungen werden als Dysosmie bezeichnet.

Folgen der Anosmie

Der Geruchssinn sorgt dafür, dass man Aromen wahrnehmen kann, schützt im Alltag und begleitet einen in zwischenmenschlichen Beziehungen. Fällt der Geruchssinn aus, kann dies weitreichende Folgen haben, darunter:

  • Fehl- oder Mangelernährung: Aromen von Speisen werden über den Riechnerv wahrgenommen. Ohne Geruchssinn kommt es zu einem leichten bis vollständigen Geschmacksverlust. Schmeckt das Essen immer fad oder nach gar nichts, kann dies zu einem Appetitverlust führen. Betroffene nehmen weniger Nahrung auf als sie benötigen oder konsumieren häufig fettige oder salzige Lebensmittel, um den Geschmack zu verstärken.
  • Verlust von Warnreizen: Der Geruchssinn schützt vor bereits verdorbenen Lebensmitteln und Speisen, aber auch vor Gefahren durch Rauch- und Gasgeruch. Bei Geruchsverlust geht dieses wichtige Schutzsystem verloren.
  • Psychische Erkrankungen: Riechstörungen können die Lebensqualität so stark beeinschränken, dass sie zu psychischen Erkrankungen, zum Beispiel Depressionen führen können. 
  • Fehlende Kontrolle der Körperhygiene: Wer an Anosmie leidet, kann den eigenen Körpergeruch nicht überprüfen. Das kann dazu führen, dass Betroffene die Gesellschaft anderer Menschen meiden.

Anosmie: Mögliche Ursachen

Die häufigste Ursache für eine Anosmie ist die sogenannte chronische Rhinosinusitis. Das bedeutet, dass die Nasennebenhöhlen und die Schleimhaut der Nase dauerhaft entzündet sind.

Gründe dafür können Allergien mit langanhaltendem Schnupfen, aber auch verengte Nasennebenhöhlen sein, die durch Schwellung und Sekrete schneller verschlossen sind. Nasennebenhöhlen können zum Beispiel durch

  • eine schiefe Nasenscheidewand (Septumdeviation),
  • Nasepolypen (polyposis nasi) oder
  • Tumore verengt sein.

Weitere mögliche Ursachen für eine Anosmie sind: 

  • Infektion der oberen Atemwege, zum Beispiel durch Erreger wie das Coronavirus (Sars-CoV-2). Heilt die Infektion ab, die Anosmie bleibt jedoch bestehen, spricht man von einem postinfektiösen Riechverlust. Es gibt unterschiedliche Annahmen, warum es zum Riechverlust durch infektiöse Erkrankungen kommt, eine Theorie ist die Schädigung der Riechschleimhaut.
  • Schädel-Hirn-Trauma: Die Ausläufer des Riechnervs (Fila olfactoria) ziehen sich durch einen Teil des Schädelknochens in die Nasenhöhle zur Riechschleimhaut. Wird der Schädelknochen bei einem Unfall verletzt, kann es sein, dass diese Nerven strapaziert werden oder abreißen und zur Anosmie führen.
  • Neurologische Erkrankungen: Selten ist eine Riechstörung Hinweis auf eine neurologische Erkrankung wie zum Beispiel Parkinson oder Alzheimer.
  • Alter: Der natürliche Alterungsprozess sorgt dafür, dass Menschen im Alter Gerüche nicht mehr so intensiv wahrnehmen wie jüngere Menschen. Bei Geruchsverlust im Alter sollte auch immer an Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer gedacht werden.
  • Chemikalien und Gifte können den Geruchssinn verändern.
  • Nebenwirkungen von Behandlungsmaßnahmen: Medikamente, Chemotherapie und Bestrahlung können eine Änderung des Riechsinns auslösen.

Die Anosmie kann zudem angeboren sein oder ungeklärter Gründe (idiopathisch) haben.

Diagnose der Anosmie

Die Diagnose der Anosmie erfolgt über ein*einen Fachärztin*Facharzt für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO).

Ein ausführliches ärztliches Gespräch (Anamnese) kann bereits Hinweise auf die Ursache eine Anosmie geben. Ärzt*innen sind besonders am zeitlichen Auftreten der Symptome interessiert, aber auch, ob ein Infekt oder Unfall den Symptomen vorangegangen ist. Beispielsweise, ob die Atmung durch die Nase behindert ist oder Allergien bestehen.

Nach dem ärztlichen Gespräch wird eine körperliche Untersuchung des Kopf- und Halsbereichs durchgeführt. Durch die Nasenspiegelung (nasale Endoskopie) werden die Nasenhöhlen mit einer schmalen Kamera untersucht.

Damit die Nase besser untersucht werden kann, werden vorher meist abschwellende Nasentropfen verabreicht. Die Nasenspiegelung gibt Aufschluss darüber, ob eine akute oder chronische Entzündung, Vernarbungen, Nasenpolypen oder potenziell bösartige Geschwüre vorhanden sind, die den Riechsinn einschränken könnten.

Riechtests bei Anosmie

Riechtests geben Aufschluss, ob und wie stark die Riechfähigkeit eingeschränkt ist; dies wird auch Psychophysische Testung genannt. Es gibt dabei unterschiedlichste Tests: Von Duftstoffen, die verkapselt auf Papier (sogenannter Cross-Cultural Smell Identification Test) aufgetragen sind und identifiziert werden müssen bis hin zur Riechstiften (sogenannte „Sniffin‘ Sticks“). Um Seitenunterschiede erkennen zu können, werden die Nasenlöcher manchmal getrennt untersucht.

Unter Umständen können weitere Untersuchungen wie eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Kopfes erfolgen.

Therapie: Wie wird eine Anosmie behandelt?

Die Anosmie wird je nach Ursache behandelt, eine allgemeingültige Therapie gibt es nicht. Tritt der Geruchsverlust aufgrund eines Schnupfens oder einer Erkältung (akute Rhinitis/Rhinosinusitis) auf, geht dieser in den meisten Fällen nach ein paar Tagen von selbst zurück.

Einige Behandlungsmöglichkeiten nach Ursache:

  • Entzündungen: Tritt die Anosmie aufgrund einer chronischen Entzündung in den Nebenhöhlen und der Nasenschleimhaut auf, die nicht von alleine wieder abheilt, setzen Ärzt*innen abschwellende Nasensprays (mit oder ohne Kortison) ein. Nasenduschen, Schleimlöser und Ruhe können die Symptome ebenso lindern.
  • Bakterielle Infektion: Besteht eine Infektion mit Bakterien, werden Antibiotika eingesetzt. 
  • Anatomische Ursachen: Sind mechanisches Hindernis wie Nasenpolypen oder eine krumme Nasenscheidewand die Ursache für die Symptome, kann dies mit einer Operation behoben werden.
  • Allergie: Verursacht eine Allergie die Anosmie, kommen Antiallergika und eventuell kortisonhaltige Nasensprays zum Einsatz. Die auslösenden Allergene sollten möglichst gemieden werden.
  • Medikamente und Reizstoffe: Lösen Medikamente den Riechverlust aus, ist die Therapie mit der*dem Ärztin*Arzt abzusprechen. Die Medikamenteneinnahme soll nicht eigenständig geändert oder abgesetzt werden. Reiz- oder Giftstoffe, die Anosmie auslösen, sollten gemieden werden.

Anosmie: Riechtraining kann Geruchssinn trainieren

Im Falle einer Anosmie nach einem Schädel-Hirn-Trauma (posttraumatisch) oder einer Infektion (postinfektiös) kann ein Riechtraining durchgeführt werden. Mit unterschiedlichen Duftstoffen kann der Riechsinn bei der Anosmie trainiert werden.

Der Vorteil: das Riechtraining kann nach ärztlicher Absprache unkompliziert und zu Hause durchgeführt werden. Es wird empfohlen, das Riechtraining regelmäßig über einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten durchzuführen.

Ist eine neurologische Erkrankung die Ursache für die (teilweise) Anosmie, ist die Behandlung der Grunderkrankung durch Neurolog*innen besonders wichtig.

Prognose: Ist Anosmie heilbar?

Wurde die Anosmie etwa durch eine Virus-Infektion verursacht, kann sie teilweise bis ganz verschwinden. Ein bekanntes Beispiel ist der Geruchsverlust, der bei einer Covid-19 Infektion auftreten kann und bei fast allen Betroffenen von selbst abheilt.

Nach einer Virus-Infektion lässt die Anosmie bei etwa 60 Prozent der Personen wieder nach, nach Kopftraumen bei etwa 20 Prozent. Ein junges Alter, hohes Restriechvermögen und weibliches Geschlecht begünstigen eine spontane Erholung der Anosmie.

Anosmie: Hilfestellungen im Alltag

Ist der Geruchssinn vollkommen ausgefallen, gibt es einige Tipps, die den Alltag erleichtern und die Sicherheit erhöhen:

  • Bei langanhaltender Anosmie wird empfohlen, Rauchmelder zu installieren. Diese alarmieren bei beginnenden Bränden.
  • Es sollte nur sehr bedacht mit Gas gekocht und die entsprechenden Geräte regelmäßig gewartet werden. 
  • Der warnende Geruch von verdorbenen Lebensmitteln wird mit Anosmie nicht erkannt. Frisch geöffnete Produkte können mit dem Öffnungsdatum versehen werden. Beim Ablaufdatum von Lebensmitteln sollte lieber kein Risiko eingegangen werden.
  • Eine Routine bei der Körperpflege und beim Wäschewaschen hilft, ein sicheres Gefühl bezüglich des Körpergeruchs zu geben.