Zu sehen ist der Nacken- und obere Rückenbereich einer Frau.
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Wirbelsäulen­verletzung

Von: Onmeda-Redaktion, Astrid Clasen (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 19.01.2022 - 17:19 Uhr

Eine Wirbelsäulenverletzung kann problemlos ausheilen – doch wenn auch das Rückenmark verletzt ist, können bleibende Lähmungen entstehen. Daher ist es bei Unfällen wichtig, immer an die Möglichkeit einer verletzten Wirbelsäule zu denken und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, damit sich bestehende Schäden nicht noch verschlimmern.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Meistens handelt es sich bei einer Wirbelsäulenverletzung um eine Verdrehung (Distorsion) der Wirbelsäule ohne Schäden an Knochen oder Rückenmark. Eine Rückenmarksverletzung liegt nur in 20 Prozent der Fälle vor.

Mögliche Ursachen für Rückenmarksverletzungen sind zum Beispiel Wirbelbrüche, bei denen sich Bruchstücke verschieben und das Rückenmark verletzen oder durchtrennen. Aber auch eine Wirbelsäulenverletzung ohne Knochenbeteiligung kann zur Rückenmarksverletzung führen – und zwar durch Erschütterung, Prellung oder Quetschung des Rückenmarks.

Jede Wirbelsäulenverletzung mit Beteiligung des Rückenmarks kann dessen Funktion einschränken und nachfolgend Lähmungen verursachen.

Meist verursachen Unfälle mit starker Gewalteinwirkung, zum Beispiel im Straßenverkehr oder bei risikoreichen Sportarten, eine Wirbelsäulenverletzung. Deutliche Symptome für ein Wirbelsäulentrauma sind plötzliche Rückenschmerzen, die je nach beteiligten Strukturen zusammen mit anderen Beschwerden auftreten: Ist das Rückenmark verletzt, treten Gefühlsstörungen (Sensibilitätsstörungen) auf – wie Taubheit, Kribbeln oder Lähmung im Bereich der Arme und Beine.

Bei Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung ist es unbedingt erforderlich, direkt am Unfallort lebensbedrohliche Zustände unter Kontrolle zu bringen und die Wirbelsäule für den Transport zu stabilisieren. Je nach Art der Verletzung besteht die spätere Behandlung in nicht-operativen Maßnahmen oder einer Operation. Wichtig ist auch eine Nachbehandlung der Rückenverletzung – sowohl in Form eine Physiotherapie als auch häufig in psychischer Hinsicht.

Die Prognose einer Wirbelsäulenverletzung ist von deren Art und Ausmaß abhängig; im schwerwiegendsten Fall – bei einer Rückenmarksdurchtrennung – bleiben die Betroffenen ihr Leben lang querschnittsgelähmt.

Definition

Eine Wirbelsäulenverletzung – auch Wirbelsäulentrauma, Spinaltrauma oder allgemein Rückenverletzung genannt – ist eine mechanische Schädigung der Wirbelsäule, die sowohl die knöchernen Wirbel als auch Bänder, Bandscheiben und Muskeln betreffen kann.

Eine Wirbelsäulenverletzung kann ohne oder mit Beteiligung der Nerven (d.h. mit einer Rückenmarksverletzung oder Verletzung der Nervenwurzeln) einhergehen. Entsprechend kann die Verletzung unterschiedlich schwerwiegend sein. Ihr Ausmaß reicht

  • von einer leichten Verletzung der Muskulatur, die eher harmlos ist,
  • über Schäden der Wirbel oder Bänder, die die Wirbelsäule instabil machen, sodass es nachfolgend zu einer Rückenmarkschädigung kommen kann,
  • bis hin zu Wirbelkörperfrakturen (Wirbelkörperbrüche), bei denen Bruchstücke sich verschieben und das Rückenmark oder Nervenwurzeln direkt verletzen oder durchtrennen können.

Die bei einer Wirbelsäulenverletzung möglichen Wirbelbrüche können in verschiedenen Formen auftreten:

  • Ein durch Stauchung der Wirbelsäule entstandenes Wirbelsäulentrauma kann mit einer Kompressionsfraktur einhergehen. Das heißt: Die Wirbel sind geborsten oder völlig plattgedrückt.
  • Eine gewaltsam gedrehte, gebeugte oder überdehnte Wirbelsäule kann zu einer Wirbelsäulenverletzung in Form einer Luxationsfraktur führen. Dabei ist der Wirbel teilweise oder vollständige verrenkt und gleichzeitig gebrochen.

Die bei einer Wirbelsäulenverletzung besonders schwerwiegenden Rückenmarksverletzungen entstehen nicht nur durch gebrochene oder verrenkte Wirbel – auch bei einem Wirbelsäulentrauma ohne knöcherne Verletzungen kann es zu einer Rückenmarksverletzung in Form einer Erschütterung, Prellung oder Quetschung des Rückenmarks mit oder ohne Einblutungen in den Rückenmarkskanal kommen.

Jede Form der Rückenmarksverletzung kann die Funktion des Rückenmarks einschränken und nachfolgend Lähmungen verursachen.

Häufigkeit

In Deutschland tritt die Wirbelsäulenverletzung mit einer Häufigkeit von etwa 10.000 bis 12.000 Fällen pro Jahr auf. Mehr als die Hälfte der Betroffenen ist 16 bis 30 Jahre alt. Insgesamt macht der Anteil der Rückenverletzungen etwa drei Prozent aller Verletzungen in Sport und Straßenverkehr aus.

Am häufigsten handelt es sich bei einer Wirbelsäulenverletzung um eine Verdrehung (Distorsion) der Wirbelsäule, bei der weder Knochen noch Rückenmark geschädigt sind. Etwa jedes fünfte Wirbelsäulentrauma ist mit einer Rückenmarksverletzung verbunden, die von einer Stauchung (Kompression) bis zur vollständigen Durchtrennung reichen kann.

Ursachen

Einer Wirbelsäulenverletzung entsteht infolge von Kraft- beziehungsweise Gewalteinwirkungen auf die Wirbelsäule: Hierzu zählen eine plötzliche, starke Überdehnung oder Anspannung, Stauchungen und punktweise einwirkende Gewalt.

Je nach Verletzungsmechanismus teilen Mediziner die Wirbelsäulenverletzung nach der sogenannten Magerl-Klassifikation ein in:

  • Kompressionsverletzung (Verletzung vorderer Wirbelelemente durch Stauchung der Wirbelsäule)
  • Distraktionsverletzung (Verletzung vorderer und hinterer Wirbelelemente durch zu starke Beugung oder Überstreckung der Wirbelsäule)
  • Torsionsverletzung (Verletzung vorderer und hinterer Wirbelelemente durch starke Verdrehung der Wirbelsäule – meist zusammen mit einer Stauchung und Beugung / Überstreckung)

Wenn nicht gleichzeitig eine Erkrankung vorliegt, die die Knochen brüchiger macht und somit Verletzungen der Wirbelsäule begünstigt (wie z.B. Osteoporose), sind großeKrafteinwirkungen notwendig, um eine Wirbelsäulenverletzung zu verursachen.

Entsprechend sind Verkehrsunfälle die häufigsten Ursachen der Wirbelsäulenverletzung: Jedes zweite Wirbelsäulentrauma entsteht durch einen Unfall im Straßenverkehr. Für die restlichen Rückenverletzungen sind überwiegend Arbeitsunfälle sowie Bade- und Sportunfälle verantwortlich: Vor allem bestimmte Sportarten wie Klettern oder Paragliding bringen ein erhöhtes Risiko für eine Rückenverletzung mit sich.

Mehr als jede zweite Verletzung der Halswirbelsäule entsteht durch einen Verkehrsunfall bei hoher Geschwindigkeit, wobei überwiegend Autoinsassen betroffen sind. Aber auch Stürze aus großer Höhe und banale Unfälle (z.B. Stürze durch Stolpern) führen oft zu einer Wirbelsäulenverletzung im Bereich der Halswirbel.

Als Klassiker bei Unfällen mit Beteiligung der Halswirbelsäule gilt beispielsweise der Kopfsprung in zu seichtes Wasser: Dann zieht die verletzte Halswirbelsäule häufig eine Querschnittslähmung nach sich. Das Risiko, dass ein banaler Unfall zu einer Wirbelsäulenverletzung führt, ist besonders dann erhöht, wenn gleichzeitig beispielsweise eine Osteoporose, Morbus Bechterew, eine degenerative Veränderung der Halswirbelsäule oder ein hohes Lebensalter vorliegt.

Häufigste Ursache für Verletzungen der Lendenwirbelsäule ist ein Sturz aus größerer Höhe, während nur etwa jede fünfte Wirbelsäulenverletzung im Lendenwirbelbereich durch einen Verkehrsunfall entsteht. Banale Unfälle sind für etwa 14 Prozent aller Lendenwirbelsäulenverletzungen verantwortlich.

Die Brustwirbelsäule ist seltener an einer Wirbelsäulenverletzung beteiligt. Häufige Ursachen für Verletzungen im Bereich der Brustwirbel sind Motorradunfälle oder umstürzende Bäume.

Symptome

Eine Wirbelsäulenverletzung kann unterschiedliche Symptome verursachen – abhängig vom Ausmaß der Verletzung: Dieses reicht von einer eher harmlosen Verletzung der Muskulatur bis hin zu Wirbelkörperfrakturen (Wirbelkörperbrüche), bei denen sich Bruchstücke verschieben und das Rückenmark oder Nervenwurzeln beteiligt sein können.

Ein klassisches Symptom der Wirbelsäulenverletzung sind plötzlich einsetzende Rückenschmerzen, die typischerweise nach einem Trauma beziehungsweise einem Unfall auftreten.

Die häufigste Form von Wirbelsäulentrauma – eine Verdrehung (Distorsion) der Wirbelsäuleohne Beteiligung von Knochen oder Rückenmark – ist mit Weichteilverletzungen verbunden, deren einziges Anzeichen Schmerzen im Bereich der verletzten Wirbelsäule sind. Eine Wirbelsäulenverletzung kann aber auch völlig ohne Symptome ablaufen, wenn keine Wirbelbruchstücke verschoben und keine Nerven beteiligt sind.

Ein Schleudertraumader Halswirbelsäule ist häufig durch ein sogenanntes beschwerdefreies Intervall gekennzeichnet, was bedeutet: Erst nach mehreren Stunden oder Tagen ruft diese Wirbelsäulenverletzung Symptome hervor. Es tritt lediglich ein Druckschmerz, Klopfschmerz oder Stauchungsschmerz auf.

Eine besonders schwere Wirbelsäulenverletzung ist schon von außen zu erkennen: Dann kommt es zu einer sichtbaren Fehlstellung der Wirbelkörper; manchmal ist eine Lücke zwischen den einzelnen Dornfortsätzen zu ertasten. Unter Umständen ist die Rückenmuskulatur örtlich begrenzt verhärtet, was die Folge einer reflexbedingten Verspannung der Muskeln ist (sog. Muskelhartspann). Die Beweglichkeit des Rückens ist aufgrund der Schmerzen eingeschränkt.

Eine Wirbelsäulenverletzung mit Rückenmarksverletzung löst neurologische Symptome aus. Das bedeutet: Es kommt zu Gefühlsstörungen (Sensibilitätsstörungen) wie Taubheit, Kribbeln oder Lähmung im Bereich der Arme und Beine (Extremitäten). Ist das Rückenmark in bestimmten Segmenten durchtrennt, kann die Rückenverletzung zudem einen Kontrollverlust über Blase und Stuhlgang oder auch Kreislaufversagen nach sich ziehen.

Diagnose

Eine Wirbelsäulenverletzung zu diagnostizieren ist nicht immer einfach. Einer der Gründe hierfür ist, dass die meisten Rückenverletzungen durch Unfälle entstehen, die weitere Verletzungen zur Folge haben: Diese können die Verletzung der Wirbelsäule dann schnell überlagern.

Daher ist es bei einem Unfall immer wichtig, auch eine Wirbelsäulenverletzung in Betracht zu ziehen: Eine erste grobe Diagnose der Rückenverletzung ohne weitere technische Hilfsmittel am Unfallort entscheidet über das Vorgehen bis zum Eintreffen im Krankenhaus und über den Transportweg.

Entscheidend ist dabei vor allem, ob es Zeichen für eine stabile oder instabile Wirbelsäulenverletzung gibt. Als stabil gelten Verletzungen der Wirbelsäule, wenn:

  • Bandscheiben verletzt sind,
  • die Deckplatte eines Wirbelkörpers eingedrückt ist,
  • Wirbelkörper gebrochen sind oder
  • Wirbelbögen oder Gelenkfortsätze einseitig Brüche aufweisen.

Eine instabile Wirbelsäulenverletzung ist ein sogenanntes Polytrauma, bei dem gleichzeitig Wirbelkörperhinterkante, Bandscheibenwand, Gelenkfortsätze, Wirbelbogen und hinterer Bandkomplex verletzt sind. Eine solche Verletzung ist in Betracht zu ziehen, wenn die verletzte Person

Wenn keines dieser fünf Kriterien zutrifft, kann man eine instabile Wirbelsäulenverletzung am Unfallort ausschließen.

Wirbelsäulenverletzungen kann man diagnostisch in zwei Hauptgruppen unterteilen: Eine Wirbelsäulenverletzung mit und ohne Rückenmarksverletzung. Bei jedem Wirbelsäulentrauma ist zunächst in Betracht zu ziehen, dass das Rückenmark ebenfalls verletzt ist. Gefühlsstörungen oder Lähmungen in den Armen oder Beinen können auf Rückenmarksverletzungen hinweisen. Über eine neurologische Untersuchung kann man die Rückenmarksbeteiligung eingrenzen.

Um die Wirbelsäulenverletzung endgültig zu diagnostizieren und genau zu beurteilen, erfolgen sobald wie möglich Röntgenaufnahmen der gesamten Wirbelsäule in zwei Ebenen sowie eine Computertomographie (CT) der vermeintlich betroffenen Stelle. Später können zusätzlich Aufnahmen mithilfe einer Magnetresonanztomographie (MRT) sowie ausführliche neurologische Untersuchungen folgen.

Therapie

Bei einer Wirbelsäulenverletzung hängt die Therapie von der Art der vorliegenden Verletzung ab. Bei leichteren Weichteilverletzungen oder bei der Stauchung eines Wirbelkörpers ist keine Operation nötig: Hier beschränkt sich die Behandlung darauf, den Rücken durch Ruhigstellung zu schonen und die Beschwerden durch physikalische Maßnahmen (wie Wärme- oder Kälteanwendungen) zu verbessern. Auch stabile Brüche kann man konservativ (d.h. nicht-operativ) behandeln.

Sofortmaßnahmen

Vor der eigentlichen Behandlung der Wirbelsäulenverletzung stehen die Sofortmaßnahmen direkt am Unfallort – hierbei gilt:

Wenn nach einem Unfall eine Wirbelsäulenverletzung nicht sicher auszuschließen ist, ist bei allen Sofortmaßnahmen so vorzugehen, als wäre die Wirbelsäule verletzt.

In Gefahrensituationen (z.B. bei Bränden oder wenn ein Ertrinken droht) ist es allerdings unabhängig vom Ausmaß der Rückenverletzung nötig, die verletzte Person erst einmal aus der Gefahrenzone zu bergen und lebensbedrohliche Zustände zu behandeln. Die lebensnotwendigen Funktionen (Vitalfunktionen) zu sichern, ist bei den Sofortmaßnahmen zunächst vorrangig: Wenn beispielsweise ein Motorradfahrer ein Wirbelsäulentrauma hat und bewusstlos ist, muss man ihm den Helm abnehmen, um ihn (falls nötig) beatmen zu können und seine Atemwege zu sichern. Bei einer Wirbelsäulenverletzung mit Halswirbelsäulenfraktur kann es dadurch zwar zu Verschiebungen der Bruchstücke und somit zu neurologischen Ausfallerscheinungen kommen, dennoch ist der Helm immer vorsichtig zu entfernen.

Nach diesen ersten lebensrettenden Sofortmaßnahmen kümmern sich bei einer möglichen Wirbelsäulenverletzung am besten nur fachkundige Helfer um die Lagerung der verletzten Person. Dabei ist es wichtig, die Halswirbelsäule sofort durch eine starre Halskrawatte zu stabilisieren und auch anschließend keinesfalls Zug auf die Halswirbelsäule auszuüben. Der Abtransport in die Klinik erfolgt bei einem Wirbelsäulentrauma mit einem geeigneten Rettungsmittel – vorwiegend mit einem Rettungshubschrauber.

Wenn jemand mit einer Wirbelsäulenverletzung über Gefühlsstörungenoder Bewegungsunfähigkeit klagt, ist bei jeglichen Sofortmaßnahmen allerhöchste Vorsicht geboten: In solchen Fällen ist wahrscheinlich das Rückenmark bereits geschädigt. Nur eine vorsichtige Versorgung kann bei einer Rückenmarksverletzung eine vollständige Durchtrennung des Rückenmarks verhindern. Auf keinen Fall darf die verletzte Person sitzen oder aufstehen! Daher ist ihre ständige Beaufsichtigung und Betreuung unbedingt erforderlich.

Operation

Eine Wirbelsäulenverletzung macht eine stabilisierende Operation notwendig, wenn ein Bruch eines oder mehrerer Wirbel mit verschobenen Bruchkanten vorliegt: Ohne Operation könnten sich die Bruchstücke in den Rückenmarkskanal verschieben und dabei im ungünstigsten Fall das Rückenmark vollständig durchtrennen. Daher zielt die Operation darauf ab, die Wirbel so schnell wie möglich zu fixieren, um eine Verschiebung der Bruchstücke zu verhindern. Zur Stabilisierung kommen Schrauben, Nägel, Drähte oder Metallplatten zum Einsatz.

Bei einer Wirbelsäulenverletzung ist auch dann eine Operation nötig, wenn neurologische Störungen auftreten. Wurde das Rückenmark bei der Verletzung der Wirbelsäule nicht durchtrennt, bildet sich durch die verschobenen Wirbelknochen sehr häufig eine deutliche Flüssigkeitsansammlung (Ödem) im Rückenmarkskanal. Dieser Kanal kann – aufgrund der knöchernen Anteile der Wirbelkörper – dem immer stärker werdenden Druck nicht nachgeben, den das Ödem verursacht. Folglich führt das Wirbelsäulentrauma zu einer Quetschung der Nervenbahnen, die dann nicht mehr ausreichend durchblutet sind. Daher leiten die gequetschten Nerven nach kurzer Zeit keine Reize mehr weiter, was zu Lähmungserscheinungen oder Sensibilitätsverlust führt. Um die Durchblutungsstörung zu beseitigen, entfernt der Operateur einen möglicherweise vorhandenen Bluterguss (Hämatom) und erweitert den Wirbelkanal. Nach der Operation kommen abschwellende und entzündungshemmende Medikamente zum Einsatz, um die Schwellung zu behandeln.

Wenn bei einer Wirbelsäulenverletzung eine Rückenmarksverletzung vorliegt, ist eine Therapie immer schwierig: Eine vollständige Durchtrennung des Rückenmarks kann man durch eine Operation nicht beheben. Bei der so entstandenen Querschnittslähmung konzentriert sich die Behandlung neben der Versorgung der begleitenden Verletzungen auf unterstützende Maßnahmen.

Rehabilitation

Im Anschluss an die Therapie der Wirbelsäulenverletzung erfolgt immer eine Rehabilitation, deren Ausmaß von Fall zu Fall verschieden ist. In der Regel bestehen die Reha-Maßnahmen vor allem aus einer Physiotherapie: Wenn keine Rückenmarksverletzung besteht, sind nach einer gewissen Phase der Ruhigstellung rückenschonende Bewegungsabläufe hilfreich.

Bei einer Wirbelsäulenverletzung mit anderen Verletzungsmustern wiederum kann die Lagerung in einem sogenannten Stufenbett Teil der Rehabilitation sein. Die hierbei eingenommene Rückenlage mit im 90-Grad-Winkel hochgelagerten Beinen entspannt und entlastet die Rückenmuskulatur und die Wirbelsäule. Der Raum zwischen den einzelnen Wirbelkörpern vergrößert sich. Gezielte krankengymnastische Übungen haben sich vor allem bei Muskelverspannungen und Fehlhaltungen, die durch eine schmerzbedingte Schonhaltung entstehen, als sinnvoll erwiesen. Lockernde Massagen in Verbindung mit Wärmebehandlungen können die Reha-Maßnahmen ergänzen.

Bei einer schweren Wirbelsäulenverletzung mit Querschnittslähmung findet während der Rehabilitation eine Schulung statt, um zu vermitteln, wie man mit den neuen Lebensumständen zurechtkommt. Im Vordergrund steht hierbei die Hilfe zur Selbsthilfe mit Rollstuhltraining, Bewegungsübungen und dem Erlernen von Abläufen des täglichen Lebens mit einer Behinderung.

Verlauf

Bei einer Wirbelsäulenverletzung hängen Verlauf und Prognose entscheidend davon ab, welche Art der Schädigung vorliegt. Meistens verläuft die Verletzung der Wirbelsäuleohne Beteiligung von Knochen oder Rückenmark, sodass die Betroffenen nach einigen Tagen völlig beschwerdefrei sein können.

In bis zu 20 Prozent der Fälle ist eine Wirbelsäulenverletzung jedoch mit Rückenmarksverletzungen verbunden, angefangen von einer Stauchung (Kompression) bis zur vollständigen Durchtrennung. Eine Schädigung des Rückenmarks kann dessen Funktion einschränken und nachfolgend Lähmungen verursachen; rückgängig machen kann man dies nicht mehr.

Auch die Rehabilitationsdauer hängt bei einer Wirbelsäulenverletzung von der Art und dem Ausmaß der Verletzung ab: Bei Stauchungen dauert die Rehabilitation einige Tage, bei einem Wirbelsäulentrauma mit Rückenmarksverletzung hingegen mehrere Wochen bis Monate.

Komplikationen

Eine Wirbelsäulenverletzung kann mit Komplikationen verbunden sein, die auch durch unsachgemäße Sofortmaßnahmen nach dem ursächlichen Unfall entstehen können. Eine mögliche Komplikation ist die Verschiebung (Dislokation) gebrochener Anteile der Wirbelkörper. Im ungünstigsten Fall kann dies zu einer Rückenmarksverletzung führen und das Rückenmark manchmal sogar vollständig durchtrennen.

Da die Folge der Wirbelsäulenverletzung in diesem Fall eine Querschnittlähmung unterhalb der geschädigten Stelle ist, ist das Ausmaß von Rückenverletzungen nach einem Unfall schnellstmöglich abzuklären und zu behandeln. Ist das Rückenmark durchtrennt, bleibt es dauerhaft bei einer Querschnittslähmung: Eine Heilung ist nicht möglich.

Vorbeugen

Einer Wirbelsäulenverletzung können Sie nur bedingt vorbeugen, da ein solcher Wirbelsäulenschaden bei gesunden Menschen nur durch starke Gewalteinwirkung zustande kommt: Wenn Sie beispielsweise Motorrad fahren, verwenden Sie am besten speziell für Motorradfahrer im Fachhandel erhältliche Wirbelsäulenprotektoren. Allgemein kann ein angemessenes, risikoarmes Verhalten im Straßenverkehr, beim Sport und bei der Arbeit dazu beitragen, Verletzungen der Wirbelsäule zu verhindern.

Beim Autofahren sind Airbags, gut eingestellte Kopfstützen und die Nutzung der Sicherheitsgurte empfehlenswerte Schutzmaßnahmen gegen Rückenverletzungen. Wenn bei Ihnen eine Knochenerkrankung vorliegt, die die Entstehung von Wirbelsäulenverletzungen begünstigt (wie z.B. Osteoporose), ist es außerdem ratsam, diese ausreichend behandeln zu lassen.