Dickdarm wird mit der Lupe vergrößert
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Divertikulitis - Entzündung im Darm

Von: Onmeda-Redaktion, Till von Bracht (Medizinredakteur, M.A. Sportwissenschaften)
Letzte Aktualisierung: 21.12.2021

Eine Operation ist nur selten nötig, wenn sich die Ausbuchtungen in der Darmschleimhaut entzünden. Häufig hilft eine Umstellung auf eine ballaststoffhaltige Ernährung.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Divertikulitis - Entzündung im Darm

Über Darmerkrankungen spricht man normalerweise nicht gern. Doch auf die Darmentzündung Divertikulitis wurde kürzlich die öffentliche Aufmerksamkeit gelenkt: Musiker James Last musste wegen einer akuten Divertikulitis notoperiert werden. So weit kommt es allerdings bei den wenigsten Betroffenen, die unter dieser Krankheit leiden.

Bei 70 Prozent der Betroffenen gibt es keine Komplikationen

Bei einer Divertikulitis entwickeln sich Entzündungen an Ausstülpungen der Dickdarm-Schleimhaut, den Divertikeln. Solche Divertikel haben sehr viele Menschen, mit zunehmendem Alter treten sie häufiger auf. "Bei den Über-70-Jährigen sind mehr als 50 Prozent betroffen", sagt Prof. Ludger Leifeld, Chefarzt der Medizinischen Klinik III am St. Bernward Krankenhaus in Hildesheim. Aber auch bei jüngeren Menschen werden immer häufiger Divertikel festgestellt. "Doch 70 Prozent derer, die Divertikel haben, werden niemals Komplikationen bekommen", betont der Mediziner. Erst wenn sich Beschwerden einstellen, spricht man von einer Divertikelkrankheit.

Bei der Bildung der Divertikel spielen verschiedene Faktoren eine Rolle wie zum Beispiel eine anlagebedingte Bindegewebsschwäche, Veränderungen der Nervenzellen in der Darmwand und eine Veränderung der Muskulatur, sodass sich bei hohem Druck im betroffenen Darmabschnitt Ausstülpungen bilden – an den Stellen, an denen Blutgefäße durch die Darmwand gehen.

Divertikulitis: Beschwerden meist im rechten Unterbauch

Viele Menschen mit einer Divertikelkrankheit leiden lediglich ab und zu unter Schmerzen, meist im linken unteren Bauchbereich. Hier sitzt das Sigma, der letzte Teil des Dickdarms. Aber auch an dem Dickdarmabschnitt auf der rechten Seite können sich Divertikel entwickeln. Eine Entzündung zeigt sich mit starken Schmerzen, auch Fieber, Blähungen, Übelkeit, Durchfall oder Verstopfung.

"Ich hatte so starke Schmerzen, dass ich nachts ins Krankenhaus gegangen bin", berichtet Evelyn T. aus Berlin über ihren ersten Divertikulitis-Schub vor einigen Jahren. 14 Tage musste sie damals in der Klinik bleiben und wurde mit Antibiotika behandelt. Außerdem durfte sie einige Tage keine feste Nahrung zu sich nehmen bis sich die Entzündung beruhig hatte.

"Die Entzündung sitzt bei der Divertikulitis nicht in erster Linie im Darm, sondern das umgebende Gewebe ist entzündet", erläutert Prof. Leifeld, der auch Erstautor der neuen Leitlinie zur Divertikelkrankheit/Divertikulitis ist. Daher sei es auch bei der Diagnostik wichtig, die Darm-Umgebung gut beurteilen zu können. Mit Hilfe von Ultraschall und/oder Computertomografie (CT) kann festgestellt werden, ob es sich um eine einfache Entzündung handelt oder ob es bereits Komplikationen mit Schädigungen der Darmwand gibt: winzige Risse, eine gedeckte Perforation, einen Abszess oder im schlimmsten Fall eine freie Perforation, bei der Darminhalt in den Bauchraum gelangt.

Unkomplizierte Divertikulitis kann ambulant behandelt werden

"Gibt es keine weiteren Risikofaktoren, kann eine unkomplizierte Divertikulitis ambulant behandelt werden", sagt Prof. Leifeld, "vorausgesetzt der Patient wird auch ambulant ausreichend ärztlich überwacht." Dann müssten auch nicht immer Antibiotika zum Einsatz kommen, oft heile die Entzündung von selbst aus. Wird der Patient allerdings mit Immunsupressiva wie Cortison behandelt, gibt es andere Risikofaktoren oder Komplikationen, muss er ins Krankenhaus.

Ein Darmdurchbruch ist Anlass für eine Notoperation. "Auch Fisteln zum Beispiel zwischen Darm und Blase sind Indikationen für eine Operation", so der Mediziner. Bei einem Abszess würde man erst eine Drainage legen und später operieren, wenn die akute Entzündung abgeheilt ist. Auch immer wiederkehrende Blutungen können Anlass für eine OP sein. Bei dem Eingriff wird das betroffene Dickdarm-Stück entfernt.

Früher galt die Regel, dass nach dem zweiten Divertikulitis-Schub operiert werden sollte, weil man befürchtete, dass mit jedem Entzündungs-Schub das Risiko für einen Darmdurchbruch steigt. "Inzwischen hat man jedoch festgestellt, dass das Gegenteil der Fall ist. Das Risiko für eine Perforation sinkt, je mehr Schübe man hat", sagt Prof. Leifeld. Allerdings könne es sein, dass sich durch immer wiederkehrende Entzündungen im Darm Narben bilden, die Muskulatur verhärtet und es dadurch zu ständigen Beschwerden kommt. Dann würde eine Operation in Erwägung gezogen.

Manchmal bleiben auch nach einer Operation noch Schmerzen

Evelyn T. wurde nach sechs Entzündungs-Schüben und fünf Krankenhausaufenthalten schließlich operiert, bei ihr wurden 30 Zentimeter Dickdarm entfernt. Aber ganz beschwerdefrei ist sie auch heute nicht. "Ich habe immer wieder Schmerzen und einen harten, aufgeblähten Bauch, besonders unter Stress", sagt sie. Sie bemüht sich dann um mehr Entspannung und achtet auf eine veränderte Ernährung, um ihren Darm zu beruhigen.

Ungewöhnlich ist das nicht. "Eine Studie zeigt, dass bei jedem vierten Patienten nach der Operation Schmerzen zurückbleiben", erläutert Prof. Leifeld. Außerdem können sich an dem verbliebenen Teil des Dickdarms neue Divertikel bilden, die wiederum ebenfalls Beschwerden verursachen und sich entzünden können.

Divertikulitis: Beschwerden vorbeugen

Ernährung: "Ich verzichte auf Spargel, Orangen und andere Lebensmittel mit langen Fasern", sagt Divertikulitis-Patientin Evelyn T. "Außerdem esse ich keine Nüsse mehr." Indem sie bestimmte Lebensmittel meidet, will sie einem neuen Divertikulitis-Schub vorbeugen. Doch die Experten sehen solche Ernährungsvorschriften inzwischen als überholt an. "Die Patienten sollen ja gerade ballaststoffreiche Kost zu sich nehmen", betont Divertikulitis-Experte Prof. Ludger Leifeld. Studien haben gezeigt, dass ballaststoffreiche Ernährung das Risiko einer Divertikulitis verringern kann. Speziell Nüsse und Popcorn wurden von dem Verdacht freigesprochen, Entzündungen von Divertikeln zu begünstigen. Rotes Fleisch wird dagegen mit einem erhöhten Risiko in Verbindung gebracht. Festgestellt wurde außerdem, dass Übergewicht das Risiko für eine Divertikulitis erhöht.

Bewegung: Körperliche Bewegung wiederum kann dazu beitragen, das Entzündungsrisiko zu senken. Eine US-Studie zeigte, dass die besten Effekte durch intensive körperliche Betätigungen erzielt werden - Jogging schützt demnach besser als Walken.

Divertikel: Durch ballaststoffreiche Ernährung und Bewegung kann offenbar das Entzündungsrisiko bei bestehenden Divertikeln gesenkt werden. Allerdings lässt sich dadurch nicht die Bildung von Divertikeln an sich beeinflussen.

Medikamente: Die regelmäßige Einnahme von Cortisonpräparaten oder Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Diclofenac kann das Risiko für eine Divertikulitis erhöhen.