Präeklampsie: Symptome und Behandlung einer Schwangerschaftsvergiftung
Eine Präeklampsie, auch Schwangerschaftsvergiftung genannt, ist eine ernst zu nehmende Komplikation, die in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft auftreten kann. Sie ist vor allem durch Bluthochdruck und Eiweißausscheidung im Urin gekennzeichnet. Unbehandelt drohen gefährliche Folgen für Mutter und Kind. Welche Symptome sind Warnzeichen und wie wird eine Präeklampsie diagnostiziert?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Präeklampsie
Typische Anzeichen sind ein neu auftretender Bluthochdruck und Eiweiß im Urin, oft begleitet von Symptomen wie Kopfschmerzen, Sehstörungen oder Oberbauchschmerzen.
Möglich sind langfristige Entwicklungs- oder Wachstumsverzögerungen, insbesondere nach einer Frühgeburt – diese treten jedoch nicht in allen Fällen auf.
Ja, die Beschwerden der Mutter bessern sich in der Regel nach der Geburt innerhalb weniger Tage bis Wochen deutlich.
Präeklampsie: Was ist das?
Die Präeklampsie – umgangssprachlich häufig als Schwangerschaftsvergiftung bezeichnet – ist eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung, die in der Regel nach der 20. Schwangerschaftswoche auftritt. Sie gehört zu den sogenannten hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen und ist gekennzeichnet durch das gemeinsame Auftreten von:
- Bluthochdruck (Hypertonie)
- Eiweiß im Urin (Proteinurie)
Neben diesen Hauptmerkmalen kann die Erkrankung auch andere Organsysteme beeinträchtigen, darunter Gehirn, Leber, Lunge oder Blutgerinnung.
Übrigens: Der früher gebräuchliche Sammelbegriff Gestose wurde für verschiedene schwangerschaftsbedingte Erkrankungen mit Bluthochdruck verwendet – darunter auch die Präeklampsie. Heute nutzen Fachleute überwiegend den Begriff Präeklampsie, weil er genauer beschreibt, um welche Form der Erkrankung es sich handelt.
Sonderform und Komplikationen
Eine besondere Form der Schwangerschaftsvergiftung ist die Pfropfgestose (Propfpräeklampsie). Sie entsteht, wenn bereits vor der Schwangerschaft ein Bluthochdruck oder eine Nierenerkrankung vorliegt und sich im Verlauf zusätzlich die typischen Merkmale einer Präeklampsie entwickeln.
Unbehandelt kann eine Präeklampsie in schwerwiegendere Komplikationen übergehen, zum Beispiel:
HELLP-Syndrom – eine besonders schwere Verlaufsform, bei der rote Blutkörperchen zerfallen, die Leberwerte stark ansteigen und die Zahl der Blutplättchen sinkt. Dies kann unter anderem zu inneren Blutungen und Leberfunktionsstörungen führen.
Eklampsie – das Auftreten von Krampfanfällen oder Bewusstlosigkeit im Zusammenhang mit einer Präeklampsie. Sie gilt als akuter Notfall und kann lebensbedrohlich für Mutter und Kind sein.
Auch Hirnblutungen und ein akutes Nierenversagen können als lebensbedrohliche Komplikationen auftreten und erfordern eine sofortige intensivmedizinische Behandlung.
Häufigkeit
Präeklampsien zählen zu den häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft:
Etwa 3–5 Prozent aller Schwangeren entwickeln eine Präeklampsie.
Bluthochdruck ohne weitere Anzeichen (Gestationshypertonie) tritt bei rund 10–20 Prozent auf.
Schwere Komplikationen wie das HELLP-Syndrom oder Eklampsie sind deutlich seltener: Zusammen betreffen sie weniger als 0,5 Prozent aller Schwangerschaften.
Typische Symptome einer Präeklampsie
Medizinisch ist eine Präeklampsie vor allem durch zwei Merkmale definiert:
Bluthochdruck: wiederholt gemessene Werte von mindestens 140/90 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg)
Proteinurie: erhöhte Eiweißausscheidung von mehr als 300 Milligramm (mg) im 24-Stunden-Sammelurin
Diese Kriterien können auch erfüllt sein, wenn zunächst keine oder nur unspezifische Beschwerden bestehen. Erste Auffälligkeiten werden häufig erst im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen festgestellt.
Kommt es zu Symptomen, sind folgende Beschwerden typisch:
- Kopfschmerzen – neu, anhaltend oder ungewohnt stark
- Sehstörungen – z. B. Flimmern, verschwommenes Sehen, Lichtempfindlichkeit
- Übelkeit und Erbrechen
- allgemeines Krankheitsgefühl
- Schmerzen im Oberbauch, oft rechtsbetont
- Atemnot oder schnelle Erschöpfung bei Belastung
- verminderte Urinmenge (Oligurie)
- neurologische Reizerscheinungen wie gesteigerte Reflexe oder Muskelzuckungen
Bestimmte Beschwerden können darauf hindeuten, dass einzelne Organe mitbetroffen sind – etwa Kopfschmerzen oder Sehstörungen bei Beteiligung des Gehirns, Oberbauchschmerzen bei Leberbeteiligung oder Atemnot bei Flüssigkeit in der Lunge.
Sonderform: Symptome einer Pfropfgestose
Die Pfropfgestose (auch Propfpräeklampsie) entwickelt sich, wenn bereits vor der Schwangerschaft ein Bluthochdruck oder eine Nierenerkrankung besteht und im Verlauf die typischen Merkmale einer Präeklampsie auftreten.
Mögliche Symptome sind:
- neu auftretende oder deutlich verstärkte Eiweißausscheidung im Urin
- Anstieg oder Verschlechterung bereits erhöhter Blutdruckwerte
- Kopfschmerzen und Sehstörungen
- Wassereinlagerungen (Ödeme)
Diese Anzeichen treten meist früher in der Schwangerschaft auf als bei einer klassischen Präeklampsie – oft bereits vor der 20. Schwangerschaftswoche.
HELLP-Syndrom und Eklampsie: Symptome möglicher Komplikationen
Das HELLP-Syndrom ist eine besonders schwere Form der Präeklampsie. Neben den für Präeklampsie typischen Symptomen sind folgende Beschwerden möglich:
- Blutergüsse oder verstärkte Blutungsneigung durch Mangel an Blutplättchen
- rasche Verschlechterung des Allgemeinzustands
Eine Eklampsie ist eine akute, lebensbedrohliche Komplikation der Präeklampsie. Typische Warnzeichen sind:
plötzliche, tonisch-klonische Krampfanfälle (erst eine Phase mit starker Muskelanspannung, gefolgt von rhythmischen Muskelzuckungen)
Bewusstlosigkeit oder schwere Bewusstseinstrübung
häufig vorausgehende starke Kopfschmerzen, Sehstörungen oder Oberbauchschmerzen
in seltenen Fällen Eklampsie ohne deutlich erhöhten Blutdruck oder ohne nachweisbare Eiweißausscheidung im Urin
Postpartale Präeklampsie
Eine Präeklampsie kann auch erst nach der Geburt auftreten – meist innerhalb der ersten 48 Stunden, manchmal noch bis zu sechs Wochen später. Symptome sind ähnlich wie in der Schwangerschaft, etwa neu auftretender Bluthochdruck, Kopfschmerzen, Sehstörungen oder Oberbauchschmerzen. Bei solchen Anzeichen sollte sofort ärztliche Hilfe erfolgen.
Mögliche Folgen einer Schwangerschaftsvergiftung für das ungeborene Kind
Die beschriebenen Beschwerden und Komplikationen betreffen in erster Linie die Mutter. Für das Kind entstehen die Risiken meist indirekt, weil die Plazenta bei einer Präeklampsie oft nicht mehr ausreichend arbeitet. Das kann zu einer schlechteren Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen führen.
Mögliche Folgen sind:
- Untergewicht bei der Geburt
- Auffälligkeiten in der Herzfrequenz
- Wachstumsstörungen
In schweren Fällen kann eine akute Sauerstoffunterversorgung auftreten, die oft eine sofortige Geburtseinleitung oder einen Notkaiserschnitt erforderlich macht.
Welche Ursachen hat eine Präeklampsie?
Die genauen Ursachen der Präeklampsie sind bis heute nicht vollständig verstanden. Forschende gehen jedoch davon aus, dass die Erkrankung in den meisten Fällen ihren Ursprung in der Plazenta (Mutterkuchen) hat.
Schon früh in der Schwangerschaft können sich die Blutgefäße in diesem Bereich anders entwickeln als üblich. Das beeinträchtigt mitutner die Durchblutung der Plazenta und belastet den Kreislauf der Mutter – vermutlich wirken dabei mehrere Faktoren zusammen.
Mögliche Einfluss- und Risikofaktoren
Mehrere Einflüsse scheinen das Risiko für eine Präeklampsie zu erhöhen oder ihren Verlauf zu verschlimmern:
veränderte Immunreaktionen: Normalerweise passt sich das Immunsystem der Mutter an die Schwangerschaft an, damit sich die Plazenta und das Kind entwickeln können. Bei einer Präeklampsie funktioniert diese Anpassung möglicherweise nicht optimal, was mitunter zu Entzündungsreaktionen und Gefäßveränderungen führt.
Ungleichgewicht bestimmter Botenstoffe: Im Blut zirkulieren Stoffe, die das Wachstum von Blutgefäßen steuern. Bei einer Präeklampsie ist das Gleichgewicht dieser Stoffe gestört, was die Durchblutung der Nieren und den Blutdruck beeinflussen kann.
genetische Veranlagung: Präeklampsie tritt in manchen Familien gehäuft auf.
frühere Präeklampsie: Frauen, die in einer vorherigen Schwangerschaft betroffen waren, haben ein deutlich erhöhtes Risiko für ein erneutes Auftreten.
Mehrlingsschwangerschaft: Zwei oder mehr Kinder bedeuten eine größere Belastung für Kreislauf und Plazenta.
bestehende Erkrankungen: Dazu zählen vor allem Bluthochdruck, Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus, Adipositas, bestimmte Autoimmunerkrankungen (z. B. systemischer Lupus erythematodes) sowie das Antiphospholipid-Syndrom. Diese Erkrankungen können den Kreislauf, die Gefäßfunktion oder die Blutversorgung der Plazenta beeinträchtigen und erhöhen zugleich die Wahrscheinlichkeit für eine Pfropfgestose (Sonderform der Präeklampsie).
Alter über 40 Jahre: Mit dem Alter steigt auch das Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft.
Wie wird eine Präeklampsie diagnostiziert?
Eine Präeklampsie wird häufig im Rahmen der regulären Vorsorgeuntersuchungen festgestellt. Dabei fragt der*die Arzt*Ärztin nach möglichen Beschwerden (Anamnese) und prüft Blutdruck sowie Urinwerte. Ergänzend können weitere Untersuchungen nötig sein, um den Gesundheitszustand von Mutter und Kind zu beurteilen und mögliche Komplikationen früh zu erkennen.
Blutdruckmessung
Von Bluthochdruck spricht man in der Schwangerschaft, wenn der systolische Wert (oberer Wert) mindestens 140 mmHg oder der diastolische Wert (unterer Wert) mindestens 90 mmHg beträgt.
Werte ab 160/110 mmHg gelten als schwerer Bluthochdruck und müssen sofort ärztlich abgeklärt werden.
Um Messfehler zu vermeiden, wird der Blutdruck meist mehrfach gemessen; manchmal kommt auch eine 24-Stunden-Blutdruckmessung zum Einsatz.
Urinuntersuchung
Eine Proteinurie liegt vor, wenn im 24-Stunden-Sammelurin mehr als 300 mg Eiweiß nachgewiesen werden.
Urinteststreifen können erste Hinweise geben, müssen aber durch eine genaue Messung bestätigt werden.
Blutuntersuchung
Aus einer Blutprobe können verschiedene Werte bestimmt werden, die zeigen, wie stark die Erkrankung ausgeprägt ist und ob Organe mitbetroffen sind:
- Leberwerte (z. B. GOT, GPT, LDH)
- Nierenwerte (Kreatinin, Harnsäure)
- Zahl der Blutplättchen (Thrombozyten)
- Gerinnungswerte
- In spezialisierten Zentren: sFlt-1/PlGF-Quotient zur Einschätzung des Krankheitsrisikos
Zur Beurteilung des Kindes und der Plazenta kommen zusätzliche Untersuchungen zum Einsatz:
Ultraschall zur Kontrolle von Wachstum, Fruchtwassermenge und Durchblutung (Dopplersonografie)
CTG (Kardiotokografie) zur Überwachung der kindlichen Herzfrequenz und möglicher Wehentätigkeit
Bei Verdacht auf eine Präeklampsie spielt zudem die Gewichtsentwicklung der werdenden Mutter eine besondere Rolle: Nimmt eine Schwangere sehr schnell zu, kann das auf Wassereinlagerungen hinweisen. Allein ist dies jedoch kein sicheres Anzeichen.
Wie wird eine Präeklampsie behandelt?
Die Therapie einer Präeklampsie richtet sich danach, wie schwer die Erkrankung verläuft, in welcher Schwangerschaftswoche sie auftritt und wie es Mutter und Kind geht. Ziel ist es, Komplikationen zu verhindern und die Schwangerschaft möglichst lange unter sicheren Bedingungen fortzuführen.
Allgemeine Maßnahmen
Wichtige Schritte sind:
eine regelmäßige ärztliche Kontrollen von Blutdruck, Urinwerten, Blutwerten und kindlichem Wachstum
die Einnahme blutdrucksenkender Medikamente, wenn die Werte zu hoch sind
eine ausgewogene, gesunde Ernährung (eine eiweiß- oder salzarme Kost wurde früher empfohlen, gilt heute aber nicht mehr als sinnvoll)
Schonung, mitunter auch Bettruhe
Wann ist ein Klinikaufenthalt nötig?
Ein Aufenthalt im Krankenhaus wird empfohlen, wenn:
die Blutdruckwerte sehr hoch sind (ab etwa 160/110 mmHg)
Symptome wie starke Kopfschmerzen, Sehstörungen, Oberbauchschmerzen, Atemnot oder neurologische Auffälligkeiten auftreten
sich Laborwerte verschlechtern (z. B. Leber, Nieren, Blutplättchen)
Anzeichen für ein HELLP-Syndrom oder eine Eklampsie bestehen
das Wachstum oder die Versorgung des Kindes im Ultraschall auffällig ist
In der Klinik kann der Gesundheitszustand von Mutter und Kind engmaschig überwacht und im Notfall sofort reagiert werden.
Vorzeitige Entbindung bei Präeklampsie
Bei einer schweren Präeklampsie oder Komplikationen kann es notwendig sein, die Geburt früher als geplant einzuleiten oder per Kaiserschnitt zu entbinden. Ziel ist es, die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen. Das Kind kommt dabei meist lebend zur Welt, kann jedoch – je nach Schwangerschaftswoche – noch unreif sein und eventuell medizinische Unterstützung, zum Beispiel auf einer Neugeborenen-Intensivstation, benötigen.
Ob eine Geburt vorzeitig eingeleitet oder per Kaiserschnitt durchgeführt werden muss, hängt in der Regel von folgenden Situationen ab:
beim Kind: Anzeichen einer unzureichenden Versorgung oder eines schlechten Gesundheitszustands
bei der Mutter: Krampfanfall (Eklampsie), sehr hoher Blutdruck trotz Behandlung, stark eingeschränkte Nierenfunktion, Flüssigkeit in der Lunge (akutes Lungenödem), schwere Gerinnungsstörungen, anhaltende Oberbauchschmerzen oder ausgeprägte neurologische Symptome, vorzeitige Plazentalösung
Behandlung nach der Geburt
Nach der Entbindung bessern sich die Symptome meist innerhalb weniger Tage bis Wochen.
- Blutdruckkontrollen bleiben zunächst wichtig, da er noch erhöht sein kann.
- Gegebenenfalls werden blutdrucksenkende Medikamente vorübergehend weiter eingenommen.
- Bei schweren Verläufen kann eine intensivmedizinische Betreuung nötig sein.
Lässt sich einer Präeklampsie vorbeugen?
Eine Präeklampsie lässt sich nicht in jedem Fall verhindern, da ihre genauen Ursachen noch nicht vollständig geklärt sind. Es gibt jedoch Maßnahmen, die helfen können, das Risiko zu senken oder die Erkrankung frühzeitig zu erkennen:
konsequente Schwangerschaftsvorsorge: Regelmäßige Kontrollen von Blutdruck, Urin und Gewicht ermöglichen es, frühe Anzeichen einer Präeklampsie rechtzeitig zu entdecken und zu behandeln.
auf bestehende Erkrankungen achten: Bluthochdruck, Nierenerkrankungen oder Diabetes sollten möglichst schon vor einer Schwangerschaft gut eingestellt sein.
gesunder Lebensstil: Eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung und der Verzicht auf Rauchen und Alkohol unterstützen die allgemeine Gefäß- und Herzgesundheit.
gezielte medizinische Maßnahmen: Bei Frauen mit hohem Risiko kann der*die Arzt*Ärztin die vorbeugende Einnahme von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) empfehlen. Auch eine ausreichende Calciumzufuhr ist in bestimmten Fällen sinnvoll – beides nur nach ärztlicher Absprache.