Das Bild zeigt einen jungen Mann, der vor einem Spiegel steht und seinen Haaransatz betrachtet.
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Diffuser Haarausfall

Von: Till von Bracht (Medizinredakteur, M.A. Sportwissenschaften)
Letzte Aktualisierung: 20.01.2022

Beim diffusen Haarausfall dünnen die Haare auf dem ganzen Kopf verteilt aus. Viele verschiedene Ursachen können dahinterstecken, zum Beispiel Erkrankungen an der Schilddrüse, hormonelle Umstellungen, Nährstoffmangel oder Stress. Hat der Arzt die eigentliche Ursache für den diffusen Haarausfall behandelt, wachsen die Haare meist innerhalb von sechs Monaten wieder nach.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Diffuser Haarausfall

Von einem diffusen Haarausfall (Fachbegriff: alopecia diffusa) spricht man, wenn die Haare mehr oder weniger gleichmäßig über den Kopf verteilt ausfallen. Diese Form des Haarausfalls unterscheidet sich von dem typischen Erscheinungsbild des kreisrunden Haarausfalls und des erblich bedingten Haarausfalls.

Jeder gesunde Mensch verliert täglich etwa 70 bis 100 Haa­re. Das ist ein ganz normaler Vorgang – die Haare wachsen Tag für Tag wieder nach. Erst, wenn Sie regelmäßig täglich mehr als 100 Haare verlieren und ein erheblicher Unterschied zwischen der Anzahl abgestoßener und nachgewachsener Haare besteht, sollten Sie die Ursache für den Haarausfall ärztlich abklären lassen.

Video: Haarausfall: Formen & Behandlung

Diffuser Haarausfall: Ursachen

Beim diffusen Haarausfall handelt es sich nicht um ein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein mögliches Symptom oder eine Folge eines anderen Einflusses. Die eigentlichen Gründe für den verstärkten Haarverlust sind daher äußerst vielfältig und sehr unterschiedlich. Mögliche Ursachen für diffusen Haarausfall sind:

Krankheiten

Akute Stress­situationen

  • psychischer Stress
  • Operation
  • massiver Blutverlust

Nährstoffmangel durch falsche Ernährung

Spezielle Zellen der Haarwurzeln brauchen Nährstoffe, um sich schnell teilen zu können. Ohne diese Nährstoffe erlahmt der Stoffwechsel. Die Zellteilung geht zurück, die Wachstumsphase wird kürzer und die Ruhephase setzt entsprechend früher ein. Die Folge: Es fallen mehr Haare aus, als nachwachsen können. Das geschieht zum Beispiel durch...

Einem ernährungsbedingten Haarausfall können ansonsten gesunde Menschen durch eine vollwertige, abwechslungsreiche Ernährung vorbeugen. Vollkorn- und Milchprodukte, Fleisch sowie reichlich Obst und Gemüse versorgen die Haarfollikel mit Nährstoffen. So erhalten die Haare alle wichtigen Bausteine, die sie für Festigkeit und ein schönes Aussehen benötigen.

Ihren Eisenhaushalt können Sie durch eisenhaltige Lebensmittel beeinflussen: Fleisch, Fisch und Getreide, aber auch grüne Gemüsesorten und Pilze enthalten viel Eisen. Vitamin C unterstützt dabei die Eisenaufnahme. Wer exzessiv Kaffee oder Tee trinkt und sich ausschließlich von Käse und Milch ernährt, verschlechtert die Eisenaufnahme.

Wer sich ausreichend mit Eiweiß versorgen will – besonders wichtig sind die essentiellen Aminosäuren Cystein und Lysin – sollte tierische Produkte wie Eier, Fleisch, Fisch und Milchprodukte zu sich nehmen. Für Vegetarier*innen oder Veganer*innen eignen sich pflanzliche Alternativen wie Hülsenfrüchte und Sojaprodukte.

Zink stammt überwiegend aus tierischen Produkten, wie Fleisch und Innereien. Pflanzliche Quellen sind diverse Getreideprodukte, wie Weizenmehl, Haferflocken oder Sonnenblumenkerne.

Medikamente

Hormonelle Umstellungen

  • Haarausfall nach der Schwangerschaft: Diffuser Haarausfall entwickelt sich bei manchen Frauen etwa zwei bis vier Monate nach der Geburt eines Kindes. Der Grund ist ein relativer Östrogenmangel: Während der Schwangerschaft steigt die Konzentration an weiblichen Geschlechtshormonen (Östrogenen) im Blut und die Haare wachsen stärker als sonst. Fällt die Konzentration nach der Entbindung wieder auf das Ausgangsmaß, verlieren viele Frauen die überschüssig produzierten Haare. Auch der Stress während der Entbindung trägt dazu bei.
  • Haarausfall durch An- oder Absetzen der Pille: Die plötzliche Einnahme von Medikamenten zum Empfängnisschutz (z.B. die Pille) kann aufgrund eines Mangels an Östrogen zu diffuser Alopezie führen. Darüber hinaus kann auch das Absetzen der Pille auf­grund ei­ner er­höh­ten Androgen­emp­findlichkeit der Haarfollikel bewirken, dass sich minderwertige Haare bilden und die Haarwurzeln letztlich absterben.
  • Beginn der Wechseljahre (Klimakterium)

Strahlentherapie und Strahlenunfälle

Trifft eine gewisse Dosis sogenannter ionisierender Strahlung (dazu zählt z.B. Röntgenstrahlung) auf den Körper, kann es zu diffusen Haarverlust kommen. Dies ist ab einer Energiedosis von etwa 3,8 Gray der Fall. Die Energiedosis ist die Energiemenge, die beim Durchstrahlen von Materie auf ein bestimmtes Volumen übertragen beziehungsweise von der Materie aufgenommen (absorbiert) wurde. Nach ungefähr zwei Monaten wachsen die Haare in der Regel wieder nach. Eine Strahlendosis über 8 Gray kann zu einem dauerhaften Verlust der Haare führen.

Diffuser Haarausfall: Symptome

Diffuser Haarausfall beschränkt sich nicht auf bestimmte Stellen des Kopfs, vielmehr dünnt das Haar insgesamt aus. Die Betroffenen bemerken dies meist etwa zwei bis vier Monate nach dem ursächlichen Ereignis, wenn über den ganzen Kopf verteilt plötzlich viel mehr Haare als sonst ausfallen. Der vermehrte Haarverlust kann zum Beispiel beim Kämmen oder Waschen auffallen.

Im weiteren Verlauf schimmert die Kopfhaut immer stärker durch. Mit jedem Haar, das verloren geht, wächst meist auch der Leidensdruck der Betroffenen – denn die Beschaffenheit der Haare wirkt sich oft auch auf das persönliche Wohlbefinden und das Selbstbewusstsein aus.

Die Grenze zwischen natürlichem und therapiebedürftigem Haarausfall verläuft fließend. Mediziner sprechen von Haarausfall, wenn regelmäßig täglich mehr als 100 Haare ausfallen. Mitunter befürchten Menschen an Haarausfall zu leiden, obwohl sie pro Tag gar nicht zu viele Haare verlieren. Der optische Eindruck – etwa ein Waschbecken voller Haare – täuscht oft, da schon ein paar lange Haare schnell nach Mehr aussehen.

Im Gegensatz zum diffusen Haarausfall entstehen zum Beispiel beim kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata) abgegrenzte kahle Hautbereiche und beim erblich bedingten Haarausfall bei Männern typischerweise Geheimratsecken bis hin zur Glatze und bei Frauen lichten sich die Haare im Bereich des Scheitels.

Diffuser Haarausfall: Diagnose

Um die Ursache des diffusen Haarausfalls zu bestimmen, stellt der Arzt Fragen zur Dauer, Art und Lokalisation des Haarausfalls sowie zu möglichen weiteren Beschwerden. Diese ausführliche Erfassung der Krankengeschichte (Anamnese) ist ein erster Schritt zur Diagnosestellung.

Betroffene sollten versuchen, alle in den letzten Monaten eingenommenen Medikamente, erlittene Krankheiten und Änderungen ihres Lebens- und Ernährungsstils aufzuzählen. Dies hilft dem Arzt, mögliche Ursachen aufzuspüren und in der Folge zielgerichtet behandeln zu können.

Angaben zu folgenden Punkten können ebenfalls hilfreich sein, um eine genaue Diagnose zu stellen:

  • bestehende oder ausgeheilte internistische Erkrankungen, wie zum Beispiel Infektionen (Grippe), Schilddrüsen- oder Autoimmunerkrankungen
  • derzeitig oder in den letzten Monaten eingenommene Medikamente
  • Haarausfall im Kreise der Familie, z.B. erblich bedingter Haarausfall (androgenetische Alopezie)
  • Diäten oder radikale Ernährungsumstellung
  • bei Frauen ggf. Frage nach Verhütungsmethoden und Wechseljahren
  • Häufigkeit der Haarwäsche und verwendete Haarwaschmittel

In der klinischen Untersuchung überprüft der Arzt die Menge der Haare, ihre Struktur und den Haaransatz und untersucht die Follikel. Zudem stellt er fest, wie die Kopfhaut beschaffen ist und wie fest die Haare verankert sind.

Mithilfe von Laborbefunden, zum Beispiel durch Ermitteln der Konzentration der Geschlechtshormone im Blut, der Schilddrüsenhormone oder der Eisenwerte im Blut, lassen sich weitere Hinweise sammeln.

Diffuser Haarausfall: Therapie

Diffuser Haarausfall bessert sich meist durch die Behandlung der zugrundeliegenden Krankheit beziehungsweise durch Absetzen der verursachenden Medikamente. Das normale Haarwachstum setzt dann innerhalb von sechs Monaten wieder ein.

Auch wenn diffuser Haarausfall in den meisten Fällen nicht zwingend eine Therapie erfordert, so ist der Leidensdruck für die Betroffenen häufig hoch. Aus diesem Grund kann eine unterstützende Behandlung mit Wirkstoffen wie Minoxidil (2%ige Lösung zum Auftragen auf die Kopfhaut) angebracht sein.

Nahrungsergänzungsmittel helfen nur selten

Umstritten ist, ob auch eine gezielte Nahrungsergänzung einen positiven Therapieeffekt haben kann. Von bestimmten Substanzen – etwa Zink, Folsäure oder Vitamin C – kann der Körper keine Depots bilden, sodass er auf eine regelmäßige Versorgung angewiesen ist. Nährstoff- und Vitaminmangel können zwar zu diffusem Haarausfall führen. Tatsächlich kommt es in der Bevölkerung der westlichen Industrienationen aber nur sehr selten zu relevanten Mangelerscheinungen, weshalb Haarausfall in den allermeisten Fällen nicht auf eine unzureichende Versorgung mit diesen Nährstoffen zurückgeführt werden kann.

Diffuser Haarausfall: Verlauf

Diffuser Haarausfall zeigt von Person zu Person einen sehr unterschiedlichen Verlauf. Er hängt maßgeblich von der zugrundeliegenden Ursache, etwa einer Krankheit, ab: Lässt sich der Grund für den Haarausfall beseitigen, vergeht das Problem mit dem Haarverlust oft recht schnell – in den meisten Fällen wachsen die Haare dann innerhalb von sechs Monaten wieder nach.