Maraviroc

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 07.02.2018

Allgemeines

Maraviroc wird in Kombination mit anderen virenhemmenden Mitteln gegen den Erreger von AIDS, das HI-Virus, eingesetzt. Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab einem Alter von zwei Jahren mit einem Körpergewicht von mindestens zehn Kilogramm werden dann mit dem Wirkstoff behandelt, wenn andere Therapien erfolglos waren. Voraussetzung ist, das die Infektion von einem HI-Virus des Typs 1 (HIV-1) verursacht wurde.

 

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Eiweiß zur Anheftung von Hepatitis-Viren an Leberzellen blockieren
  • Infektion von Leberzellen durch Hepatitis-Viren vom Typ 1 verhindern

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Maraviroc im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Maraviroc nicht verwendet werden?

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff darf Maraviroc nicht eingesetzt werden.

Nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf Maraviroc eingesetzt werden bei

  • ausgeprägten Leberfunktionsstörungen, weil solche Fälle nicht in klinischen Studien untersucht wurden
  • Patienten, die gleichzeitig mit den Erregern von Leberentzündung (Hepatitis-B- und/oder Hepatitis-C-Viren) infiziert sind
  • schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, weil diese nur begrenzt in den klinischen Studien vertreten waren
  • Nierenfunktionsstörung oder anderen Erkrankungen, die zu einem Blutdruckabfall bei Körperlageveränderung führen können, weil dieser durch die Behandlung öfter auftreten kann
  • sehr geschwächter körpereigener Abwehr, weil es besonders zu Behandlungsbeginn zu heftigen Entzündungsreaktionen kommen kann
  • bestehenden Infektionen mit Pilzen oder Tuberkulose, weil diese sich durch die Behandlung verschlimmern können.
 

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Bisher gibt es nur wenige Erfahrungen mit der Anwendung von Maraviroc bei Schwangeren. Die Auswirkung von Maraviroc auf die Schwangerschaft beim Menschen ist nicht bekannt. In Tierexperimenten verursacht es bei hohen Dosierungen Schäden. Maraviroc darf daher in der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der Arzt den zu erwartenden Nutzen über das mögliche Risiko für das Kind stellt.

Es ist nicht bekannt, ob Maraviroc in die menschliche Muttermilch übergeht, wie es in erheblichem Maße bei Tieren der Fall ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Risiko für Neugeborene/Säuglinge besteht. Überhaupt sollten Mütter bei Infektion mit dem AIDS-Erreger HIV auf keinen Fall stillen, um das Kind nicht anzustecken.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Bei Kindern ab einem Alter von zwei Jahren und einem Gewicht von mindestens zehn Kilogramm erfolgt die Maraviroc-Dosierung nach Körpergewicht. Allerdings darf die empfohlene Dosis für Erwachsene (150 bis 300 Milligramm zweimal täglich je nach Begleitmedikamenten) nicht überschritten werden. Falls ein Kind den Wirkstoff nicht in Tablettenform zuverlässig schlucken kann, wird der Arzt eine entsprechende Lösung zum Einnehmen verschreiben.

Welche Nebenwirkungen kann Maraviroc haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Maraviroc. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Häufige Nebenwirkungen:
Blutarmut, Essensverweigerung, Depressionen, Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen, Blähungen, Übelkeit, erhöhte Leberwerte (ALAT und ASAT), Hautausschlag, Schwäche.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Lungenentzündung, Pilzbefall der Speiseröhre, Krämpfe und Anfallsleiden, Blutdruckabfall bei Körperlageveränderung, erhöhtes Bilirubin im Blut, erhöhtes Gamma-GT, Muskelfaserentzündung, erhöhte Kreatinphosphokinase im Blut, Nierenversagen, Eiweiß im Urin.

Seltene Nebenwirkungen:
Gallengangkrebs, Lymphknotenschwellung (auch Morbus Hodgkin), Tochtergeschwulste (in den Knochen, der Leber, dem Bauchfell, in Nase, Rachen und Speiseröhre), Mangel an allen Blutzellen und an Granulozyten, Angina pectoris, Lebervergiftung, Leberversagen, Leberzirrhose, Erhöhung der alkalischen Phosphatase im Blut, schwere Hautreaktionen (Stevens-Johnson-Syndrom/toxische epidermale Nekrolyse), Muskelabbau.

Sehr seltene Nebenwirkungen:
Leberversagen mit Kennzeichen für eine Allergie.

Besonderheiten:
Bei Patienten mit bereits bestehenden Leberfunktionsstörungen einschließlich chronisch aktiver Leberentzündung, kann die Häufigkeit von Leberfunktionsstörungen zunehmen. Der Arzt wird bei all jenen Patienten einen Abbruch der Therapie erwägen, die Anzeichen einer akuten Hepatitis entwickeln.

Beenden Sie die Therapie mit Maraviroc und allen anderen Wirkstoffen sofort, wenn Sie Anzeichen schwerer Haut- oder Überempfindlichkeits-Reaktionen bemerken.

Bei Patienten, die Medikamente erhalten, welche den Blutdruck senken, muss Maraviroc mit Vorsicht angewendet werden.

Bei Patienten mit fortgeschrittener HIV-Infektion (AIDS) und/oder lang andauernder kombinierter Behandlung gegen Retroviren kann es zu Knochenabbau kommen. Dies wird durch Anwendung von Glukokortikoiden, Alkoholkonsum, eine besonders schwache körpereigene Abwehr sowie Fettleibigkeit begünstigt. Beim Auftreten von Gelenkbeschwerden und -schmerzen, bei Gelenksteifigkeit oder Bewegungseinschränkungen ist daher ein Arzt zu befragen.

 

Welche Wechselwirkungen zeigt Maraviroc?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Maraviroc wird von einem leicht beeinflussbaren Enzymsystem verstoffwechselt. Die gleichzeitige Anwendung zusammen mit Wirkstoffen, die dieses Enzymsystem aktivieren, kann die Wirkung von Maraviroc verringern. Die gemeinsame Einnahme zusammen mit Wirkstoffen, die das Enzymsystem hemmen, verstärkt Wirkung und Nebenwirkungen von Maraviroc. In beiden Fällen wird der Arzt eine Dosisanpassung von Maraviroc vornehmen.

Zu den Aktivierern des Enzymsystems gehören die virenhemmenden Mittel Efavirenz und Etravirin, das Tuberkulose-Mittel Rifampicin, die Antiepileptika Carbamazepin, Phenobarbital und Phenytoin sowie Johanniskraut, das gegen Depressionen eingesetzt wird.

Zu den Hemmstoffen des Enzymsystems gehören die virenhemmenden Mittel Cobicistat, Ritonavir, Boceprevir und Telaprevir. Vor allem Ritonavir, das in vielen Kombinationen zur Behandlung von HIV-Infektionen vorkommt,verlangt eine Dosissteigerung von Maraviroc. Gleiches gilt für die Makrolid-Antibiotika Clarithromycin und Telithromycin sowie die Pilzmittel Ketoconazol und Itraconazol.

Maraviroc seinerseits beeinflusst die Verstoffwechselung der meisten anderen Wirkstoffe kaum oder gar nicht. Allerdings ist die Ausscheidung des Blutverdünners Dabigatran etwas behindert, was zu einer stärkeren Wirkung führt. Auch die gleichzeitige Anwendung von Maraviroc und Amprenavir wird nicht empfohlen, weil die virenhemmende Wirkung von Amprenavir dabei versagen kann.

 

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Bei Anzeichen einer akuten Leberentzündung ist die Therapie mit dem Medikament zu beenden.
  • Die Behandlung mit dem Medikament und allen anderen Wirkstoffen ist sofort zu beenden, wenn Anzeichen schwerer Haut- oder Überempfindlichkeits-Reaktionen auftreten.
  • Beim Auftreten von Gelenkbeschwerden und -schmerzen, bei Gelenksteifigkeit oder Bewegungseinschränkungen ist ein Arzt zu befragen.
  • Die Therapie mit dem Medikament darf nur von einem Arzt begonnen werden, der in der Behandlung von HIV-Infektionen erfahren ist.
  • Das Medikament kann die Fähigkeit zum Autofahren oder zum Bedienen von Maschinen in unterschiedlichem Maße beeinträchtigen. Beachten Sie daher die Empfehlungen des Arztes in dieser Hinsicht.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

 

Welche Medikamente beinhalten Maraviroc?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Maraviroc enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

 
Medikament
Darreichungsform
CELSENTRI 20 mg/ml Lösung zum Einnehmen
Lösung

 

So wirkt Maraviroc

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Maraviroc. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe virenhemmende Mittel, zu welcher der Wirkstoff Maraviroc gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Maraviroc

Maraviroc wird in Kombination mit anderen virenhemmenden Mitteln gegen den Erreger von AIDS, das HI-Virus, eingesetzt. Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab einem Alter von zwei Jahren mit einem Körpergewicht von mindestens zehn Kilogramm werden dann mit dem Wirkstoff behandelt, wenn andere Therapien erfolglos waren. Voraussetzung ist, das die Infektion von einem HI-Virus des Typs 1 (HIV-1) verursacht wurde.

 

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Maraviroc sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Maraviroc

Bevor er in eine Zelle des körpereigenen Abwehrsystems eindringt, muss sich der Erreger von AIDS - in diesem Falle der Typ HIV-1 - auf deren Oberfläche an bestimmte Eiweiße anheften können. Diese Eiweiße sind beim Menschen mit CD4 und CCR5 benannt.

Maraviroc gehört zur Wirkstoffgruppe der virenhemmenden Mittel und ist dort ein Gegenstück zum Eiweiß CCR5. Der Wirkstoff bindet sich beim Menschen gezielt an CCR5, wodurch dieses Eiweiß blockiert ist. In der Folge kann sich ein HIV-1-Virus nicht mehr an die somit geschützte Zelle anheften und sie infizieren.

Gegen HI-Viren, die andere Eiweiße auf den Zellen zum Anheften nutzen, ist Maraviroc wirkungslos. Auch wurde seine Wirkung nicht gegen HI-Viren vom Typ 2 getestet. Vor jeder Behandlung mit dem Wirkstoff muss im Labor nachgewiesen werden, dass es sich um den Erreger-Typ handelt, der auf Maraviroc reagiert. Weil das Virus im Laufe der Zeit sein Verhalten ändern kann, ist es notwendig, die Therapie kurz nach diesem Test zu beginnen.

Maraviroc wird immer zusammen mit anderen Wirkstoffen gegen die auch als Retroviren bezeichneten Erreger von AIDS eingesetzt. In Zellkulturen blieben die Wirkungen dieser Kombinationspartner nebeneinander bestehen. Dies ist umso wichtiger, da Viren, die gegen andere Mittel schon resistent sind, von Maraviroc noch erfasst werden können.

 

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.