Welche Symptome und Folgen hat ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT)?
Ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) ist eine Verletzung des Gehirns, die nach Gewalteinwirkung auf den Kopf auftritt. Häufige Ursachen sind zum Beispiel Unfälle, Stürze oder Schläge. Je nach Schweregrad sprechen Fachleute von Schädel-Hirn-Traumata der Grade 1, 2 und 3. Welche Symptome dabei jeweils auftreten und welche Folgen die Verletzung haben kann, erfahren Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Schädel-Hirn-Trauma
Ein Schädel-Hirn-Trauma kann je nach Schwere bleibende Schäden und Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Lähmungen, Sprach- oder Sehstörungen sowie mitunter Veränderungen von Persönlichkeit oder Verhalten zur Folge haben.
Durch eine Kopfverletzung kann das Gehirn anschwellen, was den Druck im Schädel gefährlich erhöht. Eine solche Hirnschwellung muss ärztlich überwacht und behandelt werden, da sie lebensbedrohlich sein kann.
Eine schwere Hirnverletzung kann den Hirndruck erhöhen. Um die Durchblutung des Gehirns trotzdem aufrechtzuerhalten, steigt oft der Blutdruck – ein Warnsignal, das ärztlich abgeklärt werden muss.
Bei einer Hirnquetschung (Compressio cerebri) wird Gehirngewebe durch Blutungen oder Schwellungen stark geschädigt und eingeengt. Sie gehört zu den schwersten Formen des Schädel-Hirn-Traumas und ist lebensbedrohlich.
Was ist ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT)?
Ein Schädel-Hirn-Trauma ist eine Verletzung des Schädels und des Gehirns. Die Schwere der Verletzung kann dabei unterschiedlich ausfallen – von kurzen Bewusstseinsstörungen bis hin zu schweren Schädigungen des Hirngewebes.
Häufigkeit: Wie oft tritt ein Schädel-Hirn-Trauma auf?
Ein Schädel-Hirn-Trauma tritt jedes Jahr bei rund 332 von 100.000 Menschen auf. In 91 Prozent der Fälle ist es leicht, in 4 Prozent mittelschwer und in 5 Prozent schwer. Es zählt zu den häufigsten Todesursachen bei Erwachsenen unter 45 Jahren und ist auch die wichtigste Todesursache in der frühen Phase nach schweren Verletzungen (Polytraumata).
Schweregrade
Ein Schädel-Hirn-Trauma lässt sich in drei Schweregrade einteilen:
leichtes Schädel-Hirn-Trauma (SHT 1. Grades): Unmittelbar nach dem Ereignis tritt eine Bewusstseinsstörung auf, die lediglich kurz (Sekunden bis Minuten) anhält. In einigen Fällen kommen Übelkeit und Erbrechen hinzu. Viele Menschen sprechen bei einem leichten Schädel-Hirn-Trauma auch von einer Gehirnerschütterung.
mittelschweres Schädel-Hirn-Trauma (SHT 2. Grades): Die Bewusstseinsstörungen dauern länger an (bis zu einer Stunde) und die Betroffenen leiden häufig unter sogenannten zerebralen Herdsymptomen – zum Beispiel Sprachstörungen, Sehstörungen oder Lähmungen.
schweres Schädel-Hirn-Trauma (SHT 3. Grades): Die betroffene Person ist nach dem Trauma mehrere Tage bis Wochen bewusstlos. Häufig weist das Gehirn schwere Verletzungen auf, durch die langfristige neurologische Störungen entstehen können.
Ursachen: Wie kommt es zu einem Schädel-Hirn-Trauma?
Je nachdem, wie die Verletzung zustande kommt, unterteilen Ärzt*innen in geschlossene und offene Schädel-Hirn-Traumen.
Geschlossenes Schädel-Hirn-Trauma
Es entsteht meist durch stumpfe Gewalt, bei der Schädelknochen und äußerste Hirnhaut (Dura mater) unverletzt bleiben. Typische Auslöser sind:
- Stürze auf den Kopf
- Schläge oder andere direkte Gewalteinwirkungen
- Aufprall des Kopfes bei Verkehrsunfällen
Offenes Schädel-Hirn-Trauma
Hierbei werden Schädelknochen und Dura mater verletzt, sodass ein Schädelbruch vorliegt. Ursachen sind vor allem:
- Pfählungsverletzungen (z. B. das Eindringen von Metallteilen)
- Schussverletzungen
- in seltenen Fällen auch besonders starke Aufprallunfälle
Schädel-Hirn-Traum: Symptome nach Schweregrad
Die Beschwerden bei einem Schädel-Hirn-Trauma hängen vom Schweregrad ab. Außerdem ist für die Art der Beschwerden entscheidend,
- welche Teile des Gehirns gegen den Knochen stoßen und
- ob, wo und wie stark es blutet.
Symptome bei leichtem Schädel-Hirn-Trauma
Die häufigste Form des leichten Schädel-Hirn-Traumas ist die Gehirnerschütterung (Commotio cerebri). Meist kommt es nur zu einer kurzen Bewusstlosigkeit (unter 15 Minuten) oder zu Erinnerungslücken rund um das Unfallgeschehen. Häufige Symptome sind:
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Übelkeit
- Erbrechen
- vorübergehend eingeschränkte Gedächtnis- und Konzentrationsleistung
Manche Betroffene entwickeln längerfristig Beschwerden wie wiederkehrende Kopfschmerzen oder Konzentrationsstörungen (postkommotionelles Syndrom).
Symptome bei mittelschwerem Schädel-Hirn-Trauma
Beim mittelschweren Schädel-Hirn-Trauma treten bereits Gewebeschädigungen im Gehirn auf, zum Beispiel bei einer Hirnprellung (Contusio cerebri). Das Bewusstsein ist meist länger beeinträchtigt. Zu den Symptomen eines leichten SHT können folgende Beschwerden hinzukommen:
- Lähmungen
- Krampfanfälle
- Störungen der Sprache
- Störungen des Seh- und Riechvermögens
- Hirnblutungen
- erhöhter Hirndruck
Symptome bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma
Personen mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma sind länger bewusstlos oder fallen ins Koma. Es kommt auch vor, dass eine Person zwar unmittelbar nach dem Unfall vorerst noch wach ist und erst später bewusstlos wird. Häufig entwickeln sich zusätzlich Symptome wie:
- neurologische Ausfälle, etwa Atem- und Kreislaufstörungen
- Pupillenstörungen
- Hirnödem
Hirnödem: Lebensgefährliche Schwellung des Gehirns
Durch Blutungen und eine Schwellung des Gehirns (Hirnödem) steigt der Druck im Inneren des Schädels. Das kann lebensgefährlich werden. Die Schwellung entsteht etwas zeitversetzt, nach etwa 12 Stunden bis zu einigen Tagen nach der Verletzung. Ein erhöhter Hirndruck erfordert eine umgehende Therapie, da aufgrund des Platzmangels im Schädel andernfalls Teile des Gehirns eingeklemmt werden können, was lebensgefährlich ist.
Hirnquetschung (Compressio cerebri)
Eine besonders schwere Form des Schädel-Hirn-Traumas ist die Hirnquetschung. Sie kann unmittelbar durch einen Unfall entstehen oder sich verzögert entwickeln, wenn zum Beispiel ein großer Bluterguss (Hämatom) im Schädelinneren Hirngewebe abquetscht.
Glasgow-Coma-Scale: Wie schwer ist das Schädel-Hirn-Trauma?
Verletzt sich eine Person am Kopf, können Fachpersonen mithilfe der Glasgow-Coma-Scale (GCS) schnell einschätzen, wie schwer das Schädel-Hirn-Trauma ist. Dabei wird beobachtet,
- ob die Person die Augen öffnet,
- ob Bewegungen möglich sind und
- ob sie sprechen kann.
Für jede dieser Reaktionen gibt es Punkte. Die Werte werden addiert und ergeben eine Gesamtsumme zwischen 3 und 15 Punkten: Je höher der Wert, desto leichter ist die Verletzung, je niedriger, desto schwerer die Bewusstseinsstörung.
| Prüfung | Reaktion | Punkte |
| Augenöffnen | spontan nach Aufforderung auf Schmerzreiz nicht | 4 3 2 1 |
| Motorik | nach Aufforderung gezielte Abwehrbewegung ungezielte Abwehrbewegung Beugereaktion Streckreaktion keine | 6 5 4 3 2 1 |
| Sprache | orientiert, klar verwirrt einzelne Wörter einzelne Laute keine | 5 4 3 2 1 |
Je nach Punktwert ergibt sich folgende Einteilung:
- 13-15 Punkte: leichtes SHT
- 9-12 Punkte: mittelschweres SHT
- 3-8 Punkte: schweres SHT
Diagnose: Weitere Untersuchungen bei Schädel-Hirn-Trauma
Eine wichtige Untersuchung bei Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma ist die sogenannte kraniale Computertomographie (CCT). Mit ihrer Hilfe lässt sich unter anderem feststellen, wie schwer das Gehirn oder der Schädel verletzt worden sind und ob Blutungen vorliegen. Sie wird in der Regel in gewissen Abständen wiederholt.
Zur Basisüberwachung gehören die fortlaufende Überprüfung von:
- Elektrokardiogramm (EKG)
- Blutdruck
- Körpertemperatur
- Sauerstoffsättigung
- Urinausscheidung
Daneben kommen weitere spezielle Untersuchungen infrage:
- Hirndruckmessung
- Ventrikelkatheter: Schlauch in den Hirnventrikeln, über den sich Flüssigkeit ableiten lässt
- Messung des Blutdrucks direkt in einem Gefäß ("blutige Blutdruckmessung")
- Messung der Sauerstoffsättigung direkt in einem Gefäß ("Venen-Oximetrie")
- Messung des Sauerstoffdrucks im Hirngewebe
- Aufzeichnen der Hirnstromkurve (EEG-Monitoring)
- Ultraschalluntersuchung des Blutflusses in den Hirngefäßen (transkranieller Doppler)
Wie wird ein Schädel-Hirn-Trauma behandelt?
Die Behandlung beginnt oft schon am Unfallort. Notärzt*innen sichern die lebenswichtigen Funktionen und stabilisieren den Kreislauf. Zu den ersten Maßnahmen gehören mitunter:
- Oberkörperhochlagerung (bis 30°), wenn der Blutdruck nicht zu niedrig ist
- Anlegen einer Halskrawatte ("Stiff neck") zum Schutz der Wirbelsäule
- sterile Verbände bei offenen Kopfverletzungen
- starke Schmerz- und Beruhigungsmittel
- Muskelrelaxantien
- Intubation und künstliche Beatmung bei schweren Verläufen
- Infusionen oder Medikamente, um Blutdruck und Flüssigkeitshaushalt zu stabilisieren
Intensivmedizinische Versorgung
Nach einer Hirnprellung können Patient*innen Stunden bis Tage bewusstlos bleiben. In dieser Zeit ist eine engmaschige Überwachung auf der Intensivstation notwendig. Bei einem schweren Schädel-Hirn-Trauma erfolgen in der Regel eine künstliche Beatmung sowie eine medikamentöse Sedierung ("künstliches Koma"), die je nach Zustand schrittweise wieder aufgehoben wird.
Operative Maßnahmen
Wenn Blutungen oder ein starker Hirndruck drohen, ist ein neurochirurgischer Eingriff nötig. Häufig wird dabei eine Trepanation durchgeführt: Durch ein oder mehrere Bohrlöcher in der Schädeldecke können Blut oder Blutgerinnsel entfernt und so der Druck im Schädel gesenkt werden. In manchen Fällen wird ein Teil des Schädelknochens vorübergehend entnommen, um das Gehirn zusätzlich zu entlasten.
Rehabilitation
Nach einem mittelschweren oder schweren Schädel-Hirn-Trauma sollte die Rehabilitation möglichst früh beginnen. Sie umfasst beispielsweise:
- Physiotherapie
- physikalische Therapie
- Ergotherapie
- Sprachtherapie
Spätfolgen und Prognose beim Schädel-Hirn-Trauma
Ein leichtes SHT hat in der Regel keine Folgen. Bei einem mittelschweren oder schweren SHT ist das oft anders: Das geprellte und geschädigte Hirngewebe kann absterben und durch Narben ersetzt werden. Im Idealfall übernehmen andere Bereiche des Gehirns mit der Zeit die Funktion dieser abgestorbenen Nervenzellen.
Falls das nicht geschieht, bleibt ein Hirnschaden zurück, der von der jeweils verletzten Region abhängt. Betroffene benötigen in der Regel eine wochen- bis oft monatelange Rehabilitation, um zumindest einen Teil ihrer Fähigkeiten wiederzuerlangen.
Langfristige Beschwerden möglich
Bei dauerhaften oder länger anhaltenden Funktionsstörungen des Gehirns nach einer Kopfverletzung sprechen Fachleute von einer posttraumatischen Enzephalopathie. Zu den möglichen langfristigen Folgen zählen:
- Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen (wie nach einer Gehirnerschütterung, aber intensiver und über einen längeren Zeitraum)
- Sprachstörungen, z. B. Aphasie
- Lähmungen
- Sehstörungen
- Riechstörungen
- epileptische Anfälle
- Bewegungsstörungen (Dystonien)
Wie ausgeprägt solch ein Verlust von Fähigkeiten ist, lässt sich meist erst zwei oder mehr Jahre nach dem Unfall endgültig beurteilen.