Vibrionen: Infektion durch Bakterien in Ostsee und Nordsee
Vibrionen sind Bakterien, die sich bei hohen Temperaturen vor allem in Ostsee, Nordsee und im Schwarzen Meer stark vermehren. Neben Lebensmittelinfektionen durch kontaminierten Fisch können die Bakterien auch durch Wunden in der Haut beim Baden in den Körper gelangen und zu schweren Infektionen führen. Wie hoch die Gefahr durch Vibrionen ist, wie sich einer Infektion vorbeugen lässt und wie sie behandelt werden kann, erfahren Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Vibrionen
Vibrionen werden vor allem durch den Kontakt von Meerwasser mit offenen Wunden oder vorgeschädigter Haut übertragen. Eine Infektion ist aber auch möglich, wenn rohe oder unzureichend gegarte Meeresfrüchte verzehrt werden.
Vibrionen verursachen mitunter schwere Wundinfektionen. Werden diese nicht rechtzeitig behandelt, können sie in seltenen Fällen zu einer Blutvergiftung führen und tödlich enden.
Grundsätzlich kann sich jeder mit Vibrionen infizieren. Besonders gefährdet für schwere Verläufe sind jedoch ältere Menschen sowie Personen mit chronischen Erkrankungen oder geschwächtem Immunsystem.
Was sind Vibrionen und wo kommen sie vor?
Vibrionen sind salzliebende Bakterien. Der bekannteste Vertreter ist Vibrio cholerae, der Erreger der Cholera. Wenn von Vibrionen in der Ostsee die Rede ist, geht es allerdings um sogenannte Nicht-Cholera-Vibrionen, genauer gesagt um die Art Vibrio vulnificus.
Für den Menschen gefährlich werden diese, wenn sie über offene Wunden in den Körper gelangen und Infektionen auslösen oder über kontaminierte Meeresfrüchte aufgenommen werden.
Vibrionen: Vor allem im Sommer ein Problem
Der natürliche Lebensraum dieser Vibrionen sind salzhaltige Gewässer, in Deutschland zum Beispiel Nord- oder Ostsee. Aber auch in leicht salzhaltigen Binnengewässern wie manchen Seen sind Vibrionen mitunter zu finden.
Vibrionen kommen im Prinzip ganzjährig vor – in den Sommermonaten vermehren sie sich jedoch teilweise massenhaft. Wassertemperaturen über 18 bis 20 Grad Celsius sind für sie optimal. Aufgrund des Klimawandels rechnen Fachleute mit einer Zunahme von Vibrionen-Infektionen in Deutschland.
Warum kommen Vibrionen vor allem in der Ostsee vor?
Die Ostsee bietet als Binnenmeer ideale Bedingungen für das Bakterium, da sie sich rasch erwärmt, das Wasser sich nur langsam mit dem der Nordsee austauscht und sie einen relativ geringen Salzgehalt von 0,8 Prozent hat.
Vibrionen benötigen zwar Salz, entscheidend ist jedoch die richtige Konzentration: Atlantik und Mittelmeer sind mit rund drei Prozent Salzanteil meist zu salzhaltig, sodass Vibrionen dort keine große Rolle spielen.
Ähnlich wie an der Ostsee ist die Situation jedoch im Schwarzen Meer: Auch dort ist der Salzgehalt relativ niedrig und das Wasser erwärmt sich rasch. Entsprechend hoch ist die Vibrionen-Konzentration. Dies betrifft die Ostküste der Türkei sowie Bulgarien und Rumänien.
Vorsicht in flachen Gewässern
Das Infektionsrisiko ist vor allem in flachen Küstengewässern erhöht, da sich das Wasser dort schneller erwärmt. In manchen Regionen kann zusätzlich ein Zustrom von Süßwasser – etwa durch Flussmündungen – den Salzgehalt senken und so das Wachstum von Vibrionen weiter begünstigen. In tieferen oder gut durchmischten Bereichen mit Wellengang, Strömungen oder Gezeiten treten hohe Konzentrationen dagegen seltener auf.
Wie äußert sich eine Vibrionen-Infektion?
Eine Vibrionen-Infektion kann sich je nach Übertragungsweg unterschiedlich äußern:
Über die Haut: Schmerzhafte, schnell fortschreitende Wundinfektionen mit Rötung, Schwellung, Blasenbildung und Fieber
Über das Ohr: Entzündungen des äußeren Gehörgangs mit Schmerzen, Juckreiz, Rötung, Schwellung und Ausfluss nach dem Baden in warmem, flachen Meerwasser
Über Lebensmittel: Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen
In schweren Fällen kann es zu einer Blutvergiftung (Sepsis) kommen – besonders bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder Vorerkrankungen.
Vibrionen: Wundinfektionen der Haut
Vibrionen können über Hautverletzungen oder frisch gestochene Tattoos beim Baden oder Waten in erregerhaltigem Wasser in den Körper eindringen. Auch bei der Verarbeitung von rohem Seefisch oder Meeresfrüchten werden manchmal Vibrionen übertragen.
Die Infektion breitet sich schnell aus und kann eine schwerwiegende Gewebezerstörung (nekrotisierende Fasziitis) zur Folge haben.
Folgende Symptome treten meist innerhalb weniger Stunden nach Kontakt mit erregerhaltigem Wasser auf:
- Rötung und Schwellung der Wunde
- Blasenbildung
- starke Schmerzen an der betroffenen Stelle
- eitriges Sekret kann austreten
- Fieber
- Schüttelfrost
Schwere Erkrankungen können in seltenen Fällen zu einer Sepsis mit multiplem Organversagen führen und schlimmstenfalls tödlich verlaufen.
Ohrinfektionen durch Vibrionen
Von Ohrinfektionen sind vor allem Kinder betroffen, die im Flachwasser der Ostsee gebadet haben.
Typische Symptome sind:
- Schmerzen im Ohr, besonders bei Druck oder Zug am Ohrläppchen
- Juckreiz im Gehörgang
- Rötung und Schwellung
- Ausfluss (klar, eitrig oder übelriechend)
- Mitunter Hörminderung auf dem betroffenen Ohr
Ohrinfektionen verlaufen meist milder als Wundinfektionen und lassen sich gut behandeln.
Magen-Darm-Beschwerden durch Vibrionen
Magen-Darm-Beschwerden durch Vibrionen entstehen meist nach dem Verzehr roher oder unzureichend gegarter Meeresfrüchte, insbesondere von Austern, Muscheln oder Krabben, die mit Vibrio parahaemolyticus oder Vibrio vulnificus belastet sind.
Innerhalb weniger Stunden bis zu einem Tag nach dem Verzehr kommt es dann zu:
- Durchfall
- Bauchschmerzen und Krämpfen
- Übelkeit und Erbrechen
- Fieber
- allgemeinem Krankheitsgefühl
Die Beschwerden halten etwa ein bis drei Tage an und verlaufen bei gesunden Menschen in der Regel mild. Bei immungeschwächten Personen oder Menschen mit Grunderkrankungen, etwa Lebererkrankungen, kann es jedoch ebenfalls zu schweren Verläufen mit einer Blutvergiftung kommen.
Wie lässt sich eine Vibrionen-Infektion behandeln?
Vibrionen-Infektionen lassen sich in der Regel gut mit Antibiotika behandeln. Das gilt für Wundinfektionen ebenso wie für Ohrinfektionen oder Magen-Darm-Beschwerden durch Vibrionen. Wichtig ist, dass die Therapie bereits bei Verdacht so früh wie möglich beginnt.
Bei ersten Anzeichen sofort ärztliche Hilfe wahrnehmen
Wird die Behandlung rechtzeitig eingeleitet, ist die Prognose fast immer gut. Wer nach dem Baden in salzhaltigem Wasser etwa Anzeichen einer Wundinfektion bemerkt, sollte die Stelle daher unverzüglich ärztlich untersuchen lassen.
Bei Wundinfektionen nach Kontakt mit Salzwasser wird häufig eine Kombination aus Doxycyclin und Ceftriaxon empfohlen. Zur sicheren Diagnose sollte dennoch ein zusätzlicher Wundabstrich erfolgen, um den Erreger genau zu bestimmen.
In schweren Fällen kann es nötig sein, das betroffene Gewebe chirurgisch zu reinigen. Ist die Infektion bereits weit fortgeschritten, kann im Extremfall sogar eine Amputation notwendig werden.
Wie kann man sich vor einer Infektion mit Vibrionen schützen?
Um sich vor einer Infektion mit Vibrionen zu schützen, helfen folgende Maßnahmen:
- offene Wunden gut abdecken oder besser ganz auf das Baden in warmem Meer- oder Brackwasser verzichten
- nach Kontakt mit Meerwasser die Haut gründlich mit Süßwasser abspülen
- rohe oder unzureichend gegarte Meeresfrüchte meiden, vor allem Austern
- bei ersten Anzeichen einer Infektion nach Wasserkontakt frühzeitig ärztliche Hilfe suchen
Diese Vorsichtsmaßnahmen sind besonders für Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder chronischen Erkrankungen in den Sommermonaten wichtig, wenn sich Vibrionen stark vermehren.
Warnkarte für Vibrionen im Meer: Auf der interaktiven Karte der European Centers for Disease Prevention and Control lässt sich farblich markiert erkennen, wo Vibrionen vorkommen und wie hoch die Belastung aktuell ist (auf Englisch). Gelb zeigt ein niedriges, rot ein hohes Vorkommen an.