Eine Person mit Atemschutzmaske hält ein Huhn in die Höhe
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Vogelgrippe: H5N8 erstmals auf den Menschen übergegangen

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 23.12.2021

Erstmals scheint auch der Subtyp H5N8 des Vogelgrippe-Virus auf den Menschen übergegangen zu sein. Die russischen Behörden haben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) den weltweit ersten Fall gemeldet. Bereits im Dezember waren offenbar sieben Mitarbeiter einer russischen Geflügelfarm erkrankt. Besteht eine Gefahr für uns?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Die Vogelgrippe

Die Vogelgrippe, auch "Vogelpest“ genannt, ist eine weltweit auftretende Viruserkrankung, die überwiegend Vögel betrifft. Sie tritt sowohl bei Wildvögeln als auch in Geflügelbetrieben auf. Wasservögel sind häufig infiziert, erkranken jedoch selten schwer. Schwere Ausbrüche treten insbesondere unter Hühnern und Puten auf. Für die Tiere endet eine Infektion in der Regel tödlich.

Das Virus ist sehr veränderlich, weshalb bereits zahlreiche Untertypen existieren, die mehr oder weniger krankmachend sind. Für den Menschen war bislang vor allem der Typ H5N1 bedeutsam. Infizierte Menschen entwickeln schwere grippeähnliche Symptome wie hohes Fieber, Husten, Atemnot und Halsschmerzen. Daraus entwickelt sich häufig eine Lungenentzündung, die zum Tod führen kann. Etwa die Hälfte aller mit diesem Virustyp infizierten Menschen stirbt an der Erkrankung. In Deutschland ist jedoch noch keine Infektion bei einem Menschen aufgetreten.

Solche Übertragungen auf den Menschen sind jedoch Einzelfälle. Vermutlich müssen Menschen große Mengen des Virus aufnehmen, um sich zu infizieren. Betroffen sind deshalb vor allem Menschen, die engen Kontakt mit erkranktem oder verendetem Geflügel haben. Von Mensch zu Mensch ist bislang keine Übertragung nachgewiesen worden. Andere Virustypen als H5N1 konnten bislang noch nicht vom Tier auf den Menschen übergehen. Das hat sich nun mit dem Fall in Russland offenbar geändert.

H5N8: Eine Gefahr für den Menschen?

Die Variante H5N8 des Vogelgrippevirus existiert schon länger. In Europa trat sie zum ersten Mal 1983 in Irland auf. In Deutschland führte sie 2016 und 2017 zu mehr als 1.000 nachgewiesenen Fällen bei Wildvögeln und mehr als 100 Ausbrüchen in Geflügelbetrieben.

Nun ist in Russland erstmals eine Übertragung von Tieren auf Menschen bekannt geworden. Bei den sieben betroffenen Mitarbeitern der Geflügelfarm im Süden des Landes sei die Erkrankung jedoch mild verlaufen und sie seien bereits genesen, sagte die Leiterin der russischen Gesundheitsschutzbehörde, Anna Popowa, im russischen Fernsehen. Es gebe bislang keine Anzeichen darauf, dass sich das Virus von Mensch zu Mensch überträgt. Der Betrieb ist der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge nach dem Ausbruch im Dezember unter Quarantäne gestellt worden. Die Tiere wurden getötet und Eier und gefrorenes Fleisch vernichtet. Der Betrieb wird zurzeit desinfiziert.

Wie gefährlich ist die Situation für den Menschen?

Etwa 60 Prozent aller Infektionskrankheiten des Menschen sind tierischen Ursprungs. Dass ein Virus vom Tier auf den Menschen überspringt, kommt also häufig vor. Dazu kann es kommen, wenn ein Virus mutiert und Menschen sehr engen Kontakt mit den entsprechenden Tieren und ihren Körperflüssigkeiten haben.

Gefährlich wird die Situation für den Menschen aber nur dann, wenn das Virus in der Lage ist, sich weiter an den Menschen als Wirt anzupassen und sich in der Folge auch von Mensch zu Mensch überträgt. Das ist zum Beispiel beim Coronavirus SARS-CoV-2 passiert und hatte die Corona-Pandemie zur Folge.

Bislang ist eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung des Vogelgrippevirus jedoch noch nicht beobachtet worden, auch nicht im aktuellen Fall. Es ist aber theoretisch möglich, dass das Virus weiter mutiert und sich dann Menschen untereinander anstecken können. Auf diesen potenziellen Fall müssen sich Wissenschaftler nun vorbereiten. Für das Vogelgrippe-Virus H5N1 gibt es bereits eine Impfung.

Gefährdet sind vor allem Menschen, die engen Kontakt mit erkrankten Tieren haben, zum Beispiel in Geflügelfarmen. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung ist eine Übertragung über infizierte Lebensmittel zwar theoretisch denkbar, jedoch sehr unwahrscheinlich.

Das Virus H5N8 tritt auch immer wieder bei Wildvögeln und Geflügel in Deutschland auf. Dass sich nun in Russland Menschen damit angesteckt haben, bedeutet jedoch nicht, dass das auch hier passieren wird.

Eine Pandemie wie im Fall von SARS-CoV-2 scheint wenig wahrscheinlich.


Lesetipp: Infektionskrankheiten tierischen Ursprungs: Steigt das Risiko?

So schützen Sie sich

Für alle Arten der Vogelgrippe gelten folgende Vorsichtsmaßnahmen:

  • Vermeiden Sie den Kontakt mit kranken und toten Wildvögeln. Benachrichtigen Sie stattdessen das zuständige Veterinäramt. Falls Sie Kontakt hatten, waschen Sie sich im Anschluss gründlich die Hände und waschen Sie Ihre Kleidung.
  • Sammeln Sie in Gebieten, in denen die Vogelgrippe nachgewiesen ist, keine Vogelfedern.
  • Geflügelfleisch sollte vor dem Verzehr grundsätzlich vollständig durchgegart sein, eine Kerntemperatur von 70 Grad sollte für mindestens 2 Minuten erreicht werden.
  • Rohe Geflügelprodukte und andere Lebensmittel sollten getrennt gelagert werden.
  • Messer und Schneidebretter, auf denen rohes Geflügel zubereitet wurde, sollte gründlich gereinigt werden, bevor andere Lebensmittel damit in Berührung kommen.
  • Eier sollten gekocht werden, bis Eiweiß und Eigelb fest sind, je nach Größe für mindestens 6 Minuten.