Das Bild zeigt einen Patienten bei der Szintigraphie.
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Szintigraphie

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 28.10.2021

Die Szintigraphie ist eine bildgebende Untersuchung: Mit ihr können Ärzte innere Organe oder Strukturen sichtbar machen und so zum Beispiel eine Organfunktion prüfen oder krankhafte Veränderungen (wie Krebserkrankungen) diagnostizieren. Zum Einsatz kommt die Szintigraphie vor allem, um Schilddrüse, Herz, Niere und Knochen zu untersuchen.

Allgemeines

Die Szintigraphie funktioniert so:

  • Zunächst bekommt man ein Arzneimittel – ein sogenanntes Radiopharmakon – verabreicht. Dieses Mittel reichert sich in der zu untersuchenden Köperregion an. Es ist schwach radioaktiv und setzt im Körper eine bestimmte Strahlung (sog. Gammastrahlung) frei, weil es Radionuklide enthält.
  • Anschließend misst ein bilderzeugendes Gerät – die Gammakamera – die vom Körper abgegebene Strahlung und erfasst so, wie sich das verabreichte Radiopharmakon im Körper verteilt hat.
  • Ein angeschlossener Computer erzeugt anhand der Messwerte ein zwei- oder dreidimensionales Bild: das sogenannte Szintigramm.

Das bei der Szintigraphie gewonnene Bild zeigt deutlich, wie das Radiopharmakon in der untersuchten Region verteilt ist: Die gemessenen Strahlenwerte im untersuchten Gewebe oder Organ sind im Szintigramm als Punkte dargestellt – je stärker sich das Radiopharmakon an einer Stelle anreichert, desto dichtere Wolken bilden die Punkte auf dem Szintigramm. Dieses Verteilungsmuster gibt dem Arzt Aufschluss über mögliche krankhafte Veränderungen, denn: Tumorzellen haben im Vergleich zu normalen, gesunden Zellen einen veränderten Stoffwechsel. In krankem Gewebe, in Tumoren und Tochtergeschwulsten (Metastasen) reichert sich die Substanz deshalb anders an als in gesundem Gewebe.

Die Gammakamera beziehungsweise das Szintigramm stellt die Vorgänge im Körper auf molekularer Ebene dar (ein Molekül ist die kleinste Einheit einer chemischen Verbindung). Deshalb können Ärzte mithilfe der Szintigraphie bereits Krankheiten erkennen, die noch zu keinen anatomisch sichtbaren Veränderungen geführt haben.

Da man ein Szintigramm mithilfe von schwach radioaktiven Substanzen erstellt, ist die Szintigraphie eine nuklearmedizinische Untersuchung. Entsprechend erfolgen Szintigraphien nur in Facharztpraxen für Nuklearmedizin oder im Krankenhaus. Je nachdem, welchem Diagnosezweck das Szintigramm dient, kommen verschiedene, ganz bestimmte Radiopharmaka zum Einsatz, die sich im jeweils zu untersuchenden Körperbereich beziehungsweise Organ anreichern: Ein sehr bekanntes Beispiel ist radioaktives Jod, das sich bevorzugt in der Schilddrüse anlagert und daher bei der Schilddrüsenszintigraphie Verwendung findet.

Die mit einer Szintigraphie verbundene Strahlenbelastung ist sehr gering. Entweder der Körper scheidet die eingesetzten Radionuklide rasch wieder aus oder sie zerfallen im Körper sehr schnell.

Durchführung

Radiopharmaka

Die Szintigraphie ist eine nuklearmedizinische Untersuchung, denn: Vor ihrer Durchführung bekommt der Betroffene zunächst einen bestimmten schwach radioaktiven Stoff mit einer Spritze über die Blutbahn verabreicht – ein sogenanntes Radiopharmakon. Dieses Radiopharmakon besteht aus einem Trägerstoff, der radioaktiv markiert ist. Als Trägerstoffe werden Substanzen verwendet, die der Körper leicht aufnimmt und in den Stoffwechsel einschleust – beispielsweise Eiweiße oder Salze. Die radioaktive Markierung des Trägerstoffs bezeichnet man als Tracer. Dieser sendet eine Strahlung aus, mit deren Hilfe sich der Weg des Tracers im Körper verfolgen lässt – so kann der Arzt den Trägerstoff im Körper lokalisieren. Es gibt auch Tracer, die ohne Trägerstoff eingesetzt werden, beispielsweise radioaktiv markiertes Jod bei einer Schilddrüsenszintigraphie.

Es stehen verschiedene Radiopharmaka für szintigraphische Untersuchungen zur Verfügung – welches zum Einsatz kommt, hängt davon ab, von welchem Körperbereich beziehungsweise welchem Organ der Arzt ein Bild (sog. Szintigramm) erstellen möchte: Für jeden Zweck ist ein ganz bestimmtes Radiopharmakon geeignet. Der Stoffwechsel des Menschen oder die Zusammensetzung des verabreichten Stoffs führt dazu, dass sich das Radiopharmakon in dem jeweils zu untersuchenden Bereich beziehungsweise Organ anreichert beziehungsweise der Körper es dort einbaut oder verarbeitet. Damit sind die bei der Szintigraphie verwendeten Radiopharmaka – anders als die radioaktiven Substanzen, die zum Beispiel bei der Durchführung vieler Röntgenuntersuchungen zum Einsatz kommen – keine Kontrastmittel.

Wie viel Zeit eine Szintigraphie beansprucht, ist ebenfalls unterschiedlich: Vor Beginn der eigentlichen szintigraphischen Untersuchung liegt eine unterschiedlich lange Wartezeit. Die meisten Radiopharmaka brauchen einige Stunden, um sich vollständig im Körper zu verteilen – erst dann erstellt man das Szintigramm. Da der Körper die radioaktive Substanz meist über die Nieren ausscheidet, empfiehlt es sich, viel zu trinken und öfters auf die Toilette zu gehen: So verhindern Sie, dass sich der radioaktive Stoff in der Harnblase ansammelt, und verringern außerdem die Strahlenbelastung.

Gammakamera

Die eigentliche Szintigraphie, die ein Bild von der Verteilung der zuvor verabreichten Stoffe im Körper liefert, erfordert zur Durchführung eine technische Ausrüstung: Diese besteht aus einer besonderen Kamera – der Gammakamera – und einem angeschlossenen Computer.

Die zur Szintigraphie verabreichten schwach radioaktiven Stoffe zerfallen im Körper und senden dabei Gammastrahlen aus. Die Gammakamera kann diese vom Körper ausgehende Strahlung erfassen: Hierzu verfügt sie über einen oder mehrere Messköpfe (sog. Detektoren). Ein angeschlossener Computer wandelt die so erfassten Daten dann in ein Bild um: Dieses mithilfe der Gammakamera erstellte Szintigramm zeigt, wie sich der radioaktive Stoff in der untersuchten Region verteilt. Unterscheidungen zwischen Bereichen mit hoher und geringer radioaktiver Aktivität ermöglichen dann diagnostische Rückschlüsse auf den Stoffwechselvorgang und somit auf mögliche krankhafte Veränderungen.

Während dieser eigentlichen Szintigraphie sitzen oder liegen Sie vor beziehungsweise unter der Gammakamera. Manchmal befinden sich neben oder unter der Liege zusätzliche Aufnahmegeräte. Die meisten Szintigraphie-Geräte sind offen, weshalb sich auch die meisten Menschen mit Angst vor engen Räumen (Klaustrophobie) problemlos szintigraphisch untersuchen lassen können. Eine Ausnahme bildet die Kombination der als SPECT (Single Photon Emission Computed Tomography) bezeichneten Szintigraphie-Form mit der Computertomographie: Während deren Durchführung liegen Sie in einer kurzen Röhre.

Formen der Szintigraphie

Man kann zwei Formen der Szintigraphie unterscheiden – die statische und die dynamische Szintigraphie:

  • Die statische Szintigraphie kommt zum Einsatz, um darzustellen, wie die vor der Untersuchung verabreichten, schwach radioaktiven Stoffe (Radiopharmaka) zu einem bestimmten Zeitpunkt verteilt sind. Diese Form der Szintigraphie kommt daher nur für Untersuchungen infrage, bei denen sich die Verteilung innerhalb des Untersuchungszeitraums von maximal 30 Minuten nicht oder nur geringfügig verändert.
  • Die dynamische Szintigraphie dient dazu, die Verteilung der Radiopharmaka stetig über einen bestimmten Zeitraum von durchschnittlich 30 Minuten zu erfassen. Auf diese Weise ist es beispielsweise möglich, die Durchblutung einer bestimmten Region, die Nierenfunktion (Nierenszintigraphie) oder die Ausscheidung aus der Leber (Leberszintigraphie) zu untersuchen.

SPECT

Die SPECT (für engl. Single Photon Emission Computed Tomography = Einzelphotonenemissionstomographie) ist eine Form der Szintigraphie, welche die Gammakamera und die Computertomographie miteinander kombiniert. Mithilfe der SPECT ist es möglich, Querschnittsbilder in allen drei Raumebenen (= dreidimensional) von der zu untersuchenden Region zu erstellen. Dadurch kann man gleichzeitig Daten zur Funktion und zum Aufbau des Körpers beziehungsweise der untersuchten Region erheben.

Bei der SPECT liegen Sie auf einer Liege, während sich die Aufnahmeeinheiten um die Liege drehen. Im Gegensatz zur normalen Computertomographie tritt die zu messende Strahlung bei der SPECT jedoch nicht von außen über die drehbare Röntgenröhre durch Sie hindurch, sondern stammt von Ihnen selbst: Wie bei allen Formen von Szintigraphie erhalten Sie bei der SPECT vor der Untersuchung ein schwach radioaktives Mittel, sodass Sie Gammastrahlung nach außen abstrahlen.

Anwendungsgebiete

Die Szintigraphie ist ein für verschiedene Anwendungsgebiete wichtiges bildgebendes Untersuchungs- beziehungsweise Diagnoseverfahren. Häufig kommt die Szintigraphie zur Diagnose von Krebs oder entzündlichen Prozessen zum Einsatz, denn: Tumoren oder deren Tochtergeschwulste und krankes Gewebe lagern die zur Szintigraphie verabreichten schwach radioaktiven Stoffe meist anders ab als gesundes Gewebe. Entsprechend sind sie auf dem durch eine Szintigraphie gewonnenen Bild – dem Szintigramm – gut zu erkennen. Typische konkrete Anwendungsbeispiele für szintigraphische Untersuchungen sind:

  • Knochenuntersuchung (Skelettszintigraphie)
    Die Skelettszintigraphie ist vor allem zum Nachweis von Tumoren in den Knochen geeignet: Auf einem Szintigramm der Knochen kann der Arzt feststellen, ob der Knochenstoffwechsel verändert ist, was ein Anzeichen für Knochentumoren oder Absiedelungen anderer Krebserkrankungen (z.B. Brustkrebs, Prostatakrebs oder Lungenkrebs) in die Knochen sein kann. Entsprechend ist die Skelettszintigraphie besonders verbreitet.
  • Schilddrüsenuntersuchung
    Eine Szintigraphie kann bei knotigen Veränderungen der Schilddrüse oder bei veränderten Schilddrüsenwerten hilfreich sein, um herauszufinden, ob ein Schilddrüsenkrebs hinter den Veränderungen steckt: Bereiche im Szintigramm der Schilddrüse, die geringe Strahlungswerte zeigen (sog. kalte Knoten) können auf Tumoren hindeuten. Die Szintigraphie ist jedoch nicht immer ausreichend, um die Diagnose zu sichern: Oft ist hierzu eine Gewebeprobe (Biopsie) oder eine Operation nötig.
  • Lungenuntersuchung
    Durch eine Szintigraphie der Lunge ist es außerdem möglich, die Lungenfunktion zu untersuchen. Ein mögliches Anwendungsgebiet für einen Lungenfunktionstest ist zum Beispiel die Vorbereitung einer Operation bei Lungenkrebs: Anhand der Lungenszintigraphie kann man herausfinden, ob die Lunge nach einer geplanten operativen Entfernung des befallenen Lungengewebes ihre Aufgabe noch ausreichend erfüllen kann. Man unterscheidet zwischen der sogenannten Perfusions-Szintigraphie, die der Untersuchung der Lungendurchblutung dient, und der Ventilations-Szintigraphie, welche die Luftversorgung der Lunge überprüft.

Die Szintigraphie-Anwendungsgebiete gehen aber über diese Beispiele hinaus: Eine Szintigraphie ermöglicht die Diagnose von Tumoren nicht nur im Skelett oder in der Schilddrüse, sondern auch in anderen Organen. Außerdem kann man beispielsweise die Ausscheidung aus der Leber, den Abfluss über die Gallengänge und Ähnliches szintigraphisch darstellen.

Die als SPECT bezeichnete Abwandlung der Szintigraphie kommt vor allem zur Diagnose von Herzerkrankungen (z.B. koronare Herzkrankheit), Hirnerkrankungen (z.B. Parkinson), Hirntumoren oder Tumoren der Niere oder Leber zur Anwendung.

Risiken

Als nuklearmedizinische Untersuchung ist die Szintigraphie mit einer Strahlenbelastung verbunden. Um die Risiken und Nebenwirkungen dieser Strahlenbelastung so gering wie möglich zu halten, kommen nur sehr kleine Mengen eines schwach radioaktiven Stoffs zum Einsatz, der im Körper sehr schnell zerfällt oder den Sie schnell wieder ausscheiden. Die mit einer Szintigraphie verbundene Strahlenbelastung entspricht etwa der einer Röntgenuntersuchung.

Doch auch von einer noch so geringen Strahlenbelastung wie bei der Szintigraphie gehen – wenn auch minimale – Risiken aus. Daher klären Ärzte nicht jeden Krebsverdacht routinemäßig szintigraphisch ab, sondern setzen die Szintigraphie nur gezielt nach Abwägung ihres Nutzens für jeden Einzelfall ein. Dabei kommen Szintigraphien grundsätzlich auch während der Schwangerschaft oder Stillzeit infrage – dies ist aber nur in dringenden Ausnahmefällen ratsam.

Wenn Sie sich einer Szintigraphie unterziehen, können Sie selbst außerdem wie folgt dazu beitragen, mögliche Risiken zu minimieren:

  • Wenn es sich bei dem verabreichten radioaktiven Stoff um eine Substanz handelt, die der Körper über die Nieren ausscheidet, ist es ratsam, dass Sie viel trinken und öfters auf die Toilette gehen: So verhindern Sie, dass sich die Substanz in der Harnblase ansammelt, und verringern die Strahlenbelastung zusätzlich.
  • Verzichten Sie vorsichtshalber nach der szintigraphischen Untersuchung einige Stunden lang auf engen Kontakt zu kleinen Kindern und zu Frauen, die schwanger sind oder gerade stillen.
  • Wenn Sie selbst gerade stillen, ist es empfehlenswert, Ihrem Baby in den ersten 24 bis 48 Stunden nach einer Szintigraphie nicht die Brust zu geben.