Tretinoin

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 07.09.2019

Allgemeines

Tretinoin wird als äußerlich anazuwendendes Aknemittel als Creme oder Lotion eingesetzt, um milde bis mäßig ausgeprägte Formen der Akne zu behandeln. Hierzu zählen:
  • Akne comedonica, die hauptsächlich im Gesicht auftritt und bei der die so genannten Mitesser das Krankheitsbild bestimmen.
  • Akne papulopustulosa, die von entzündlichen Hautveränderungen, wie Papeln (erhabene, gerötete Hautveränderungen, Pickel) und Pusteln (Eiterbläschen) geprägte ist.
Versucht werden kann eine Therapie mit Tretinoin auch bei Akne-Formen, die beispielsweise als Nebenwirkung von Medikamenten auftreten. Allerdings ist ein Behandlungserfolg nicht gesichert.

In einem anderen therapeutischen Zusammenhang wird Tretinoin in Form von Kapseln angewendet:
In hoher Dosierung (10 Milligramm) wirkt Tretinoin sich positiv auf eine akute Promyelozytenleukämie, eine bestimmte Form der akuten myeloischen Leukämie (AML), aus. Durch eine Kombination von Zytostatika mit Tretinoin können im Vergleich zu einer alleinigen Zytostatikatherapie die Überlebenszeit verlängert, das Wiedererkrankungsrisiko gesenkt und deutlich höhere Heilungsraten (70 bis 80 Prozent) erreicht werden.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Hornschicht der Haut aufweichen
  • Zellerneuerung der Haut anregen
  • Verhornung von Talgdrüsenausgängen vorbeugen
  • Infektionen verstopfter Talgdrüsen vorbeugen
  • Wachstum von Tumorzellen hemmen

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Tretinoin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Tretinoin nicht verwendet werden?

Tretinoin darf bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder andere Vertreter aus der Substanzgruppe der Retinoide nicht angewendet werden.

Tretinoin-haltige Cremes und Lösungen dürfen auf akut entzündeter oder krankhaft veränderter Haut (beispielsweise bei Ekzem, perioraler Dermatitis, Rosacea) nicht angewendet werden.

Tretinoin als Kapsel darf bei Frauen im gebärfähigen Alter nur eingenommen werden, wenn der Eintritt einer Schwangerschaft während und bis mindestens einen Monat nach Ende der Therapie sicher verhütet wird.

Tretinoin und Antibiotika aus der Gruppe der Tetrazykline dürfen nicht gleichzeitig eingenommen werden, da ein erhöhtes Risiko für eine vorübergehende Erhöhung des Schädelinnendrucks (Pseudotumor cerebri) mit starken Kopfschmerzen, Sehstörungen (beispielsweise Doppeltsehen), Schwindel, Übelkeit, Erbrechen sowie Benommenheit und Bewusstlosigkeit besteht.

Im ersten Behandlungsmonat besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Thrombose. Deshalb sollte Tretinoin nach Möglichkeit nicht mit Medikamenten, die die Blutgerinnung fördern, kombiniert werden.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Tretinoin kann starke Missbildungen bei Ungeborenen verursachen. Es darf daher bei Schwangeren und Frauen, die eine Schwangerschaft planen, weder äußerlich angewendet, noch eingenommen werden.

Einen Monat vor Beginn der Behandlung, während und mindestens einen Monat nach Ende der Therapie muss ununterbrochen eine Schwangerschaft wirksam verhütet werden, was durch regelmäßige Schwangerschaftstests zu bestätigen ist.

Für Patientinnen im gebärfähigen Alter darf der Arzt jeweils nur die Tablettenmenge für 30 Behandlungstage verschreiben; diese Verschreibungen sind nur bis zu sechs Tage nach ihrer Ausstellung gültig. Damit soll sichergestellt werden, dass die Patientin nicht inzwischen schwanger wurde.

Die Einnahme von Tretinoin darf ebenfalls nicht in der Stillzeit erfolgen. Vor Beginn einer Tretinoin-Threrapie muss unbedingt abgestillt werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Über die Verwendung von Tretinoin bei Kindern liegen zur Zeit nur begrenzt Erkenntnisse zu Wirksamkeit und Verträglichkeit vor.

Die bei innerlicher Anwendung von Tretinoin als seltene Nebenwirkung auftretende vorübergehende Erhöhung des Schädelinnendrucks mit Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwindel, Benommenheit oder sogar Bewusstlosigkeit wurde verstärkt bei Kindern beobachtet.

Welche Nebenwirkungen kann Tretinoin haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Tretinoin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Bei äußericher Anwendung:
Hautreizung (Rötung, Brennen, Juckreiz, Schuppung) in den ersten drei Behandlungswochen.

Häufige Nebenwirkungen:
Bei Einnahme:
Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Hauttrockenheit, Schleimhauttrockenheit, Hautrötung, Juckreiz, Blutungsneigung, Haarausfall, Knochenschmerzen, erhöhte Knochenbrüchigkeit, Reizbarkeit (Symptome einer Vitamin A-Überdosierung), Schwitzen, Fieber, Schüttelfrost, Schwindelgefühl, Verwirrtheit, Angst, Empfindungsstörungen, Schlafstörungen, Unwohlsein, Appetitlosigkeit, Verstopfung, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Leberfunktionsstörungen, Fettstoffwechselstörungen, Luftnot, Atemfunktionsstörungen, Herzrhythmusstörungen, Wassereinlagerungen, Thrombose (im ersten Behandlungsmonat), reaktive Vermehrung der weißen Blutkörperchen (Hyperleukozytose) mit Vortäuschung eines Blutbildes wie bei Leukämie, lebensbedrohliches Retinsäuresyndrom (RAS= Retinoic Acid Syndrome) mit Fieber, plötzlicher Atemnot, Blutdruckerniedrigung, Wassereinlagerungen im Gewebe und in der Lunge, Anstieg der weißen Blutkörperchen, Gewichtszunahme, Leber-, Nieren- und Multiorganversagen.

Gelegentliche oder weniger häufige Nebenwirkungen:<7b>
Bei äußerlicher Anwendung:
Vorübergehende Hautbildverschlechterung (Eiterbläschen) zu Beginn der Behandlung, verminderte Pigmentierung der behandelten Hautstellen, erhöhte Hautdurchlässigkeit für andere äußerlich anzuwendende Präparate.

Seltene Nebenwirkungen:<7b>
Bei Einnahme:
Vorübergehende Schädelinnendruckerhöhung (vor allem bei Kindern) mit starken Kopfschmerzen, Sehstörungen (beispielsweise Doppeltsehen), Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Benommenheit und Bewusstlosigkeit; Geschwürbildung im Genitalbereich, teilweise auch mit Gewebszerfall (Fournier´s Gangrän); Sweet-Syndrom, Knotenrose (Erythema nodosum), Muskelentzündung, reaktive, vorübergehende Vermehrung der Blutplättchen (Thrombozytose), Entzündung der Blutgefäße (Vaskulitis) vor allem im Bereich der Haut.

Sehr seltene Nebenwirkungen:
Bei Einnahme:
Anstieg der Kalziumkonzentration mit vermehrtem Wasserlassen, gesteigertem Durstgefühl, Muskelschwäche, Blähungen, Verstopfung, Gedächtnisstörungen und psychischen Verstimmungen, Nierenversagen, Benommenheit, Koma, Herzstillstand.

Besonderheiten:
Während der Therapie ist das Risiko, dass es zu Depressionen, Angststörungen oder Stimmungsschwankungen kommt, erhöht.

Welche Wechselwirkungen zeigt Tretinoin?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Bei der lokalen Anwendung von Tretinoin auf der Haut ist vom gleichzeitigen Gebrauch anderer äußerlich anzuwendender Medikamente abzuraten, da die Hautreaktionen insgesamt heftiger auftreten können. Eine langfristige Therapie mit Glukokortikoiden kann die Entstehung von Mitesssern (Komedonen) fördern und sollte nur aus zwingenden Gründen mit einer Tretinoin-Behandlung der Haut kombiniert werden. Bei UV- oder Röntgenbestrahlung der mit Tretinoin behandelten Haut verstärken sich die hautreizenden Wirkungen gegenseitig, sodass mit vermehrter Rötung und Brennen der Haut zu rechnen ist.

Bei innerlicher Anwendung von Tretinoin kann die empfängnisverhütende Wirkung der "Pille" herabgesetzt sein, da Tretinoin die Wirkung von Gestagenen vermindert. Für einen ausreichenden Schutz vor einer möglichen Schwangerschaft muss durch zusätzliche, alternative Verhütungsmethoden unbedingt gesorgt werden.

Bei gleichzeitiger Einnahme von Vitamin A oder anderen Wirkstoffen aus der Gruppe der Retinoide und der innerlichen Anwendung von Tretinoin kommt es zu einer Verstärkung der unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Das bedeutet, es kann zu Symptomen einer Vitamin A-Überdosierung (Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz, Hauttrockenheit, Schleimhauttrockenheit, Hautrötung, Juckreiz, Blutungsneigung, Haarausfall, Knochenschmerzen, erhöhte Knochenbrüchigkeit, Reizbarkeit) kommen. Daher sollte die gleichzeitige Verwendung dieser Präparate vermieden werden.

Eine systemische Behandlung mit Tretinoin kann zu einer vorübergehenden Erhöhung des Schädelinnendrucks (Pseudotumor cerebri) führen. Da Antibiotika aus der Gruppe der Tetrazykline den Schädelinnendruck ebenfalls steigern können, dürfen Patienten nicht gleichzeitig mit Tretinoin und Tetrazyklinen behandelt werden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Eine Blutbildkontrolle ist bei innerlicher Therapie erforderlich.
  • Die Kontrolle der Leberwerte, der Blutfettwerte und der Gerinnung ist bei innerlicher Anwendung erforderlich.
  • Bei innerlicher Anwendung besteht ein erhöhtes Thromboserisiko im ersten Behandlungsmonat.
  • Bei Retinsäuresyndrom musss die Therapie eventuell unterbrochen werden.
  • Bei der Therapie einer akuten Promyelozytenleukämie müssen Infektionen umgehend gesondert behandelt werden.
  • Die Haut ist bei lokaler Anwendung vor UV- und Sonnenlicht zu schützen.
  • Der Wirkstoff darf bei Sonnenbrand nicht angewendet werden.
  • Bei Röntgenbestrahlungen können Hautrötung und -reizung auftreten.
  • Schwangerschaften müssen vor Therapiebeginn ausgeschlossen werden.
  • Eine sichere Schwangerschaftsverhütung bei innerlicher Anwendung ist unumgänglich.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Tretinoin?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Tretinoin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Tretinoin

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Tretinoin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen äußerlich anzuwendende Aknemittel, Aknemittel, zu welcher der Wirkstoff Tretinoin gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Tretinoin

Tretinoin wird als äußerlich anazuwendendes Aknemittel als Creme oder Lotion eingesetzt, um milde bis mäßig ausgeprägte Formen der Akne zu behandeln. Hierzu zählen:
  • Akne comedonica, die hauptsächlich im Gesicht auftritt und bei der die so genannten Mitesser das Krankheitsbild bestimmen.
  • Akne papulopustulosa, die von entzündlichen Hautveränderungen, wie Papeln (erhabene, gerötete Hautveränderungen, Pickel) und Pusteln (Eiterbläschen) geprägte ist.
Versucht werden kann eine Therapie mit Tretinoin auch bei Akne-Formen, die beispielsweise als Nebenwirkung von Medikamenten auftreten. Allerdings ist ein Behandlungserfolg nicht gesichert.

In einem anderen therapeutischen Zusammenhang wird Tretinoin in Form von Kapseln angewendet:
In hoher Dosierung (10 Milligramm) wirkt Tretinoin sich positiv auf eine akute Promyelozytenleukämie, eine bestimmte Form der akuten myeloischen Leukämie (AML), aus. Durch eine Kombination von Zytostatika mit Tretinoin können im Vergleich zu einer alleinigen Zytostatikatherapie die Überlebenszeit verlängert, das Wiedererkrankungsrisiko gesenkt und deutlich höhere Heilungsraten (70 bis 80 Prozent) erreicht werden.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Tretinoin sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Tretinoin

Tretinoin wird auch als Vitamin-A-Säure bezeichnet. Der Wirkstoff ist ein natürlich vorkommender Abkömmling des Vitamin A1 und auch im Blut des Menschen vorhanden. Er gehört zur Substanzgruppe der Retinoide, die sowohl die natürlich vorkommenden als auch die synthetisch hergestellten Abkömmlinge der Vitamin-A-Säure umfassen. Es wird als äußerlich anzuwendendes Anknemittel und Schälmittel der Haut eingesetzt.

Bei lokaler Anwendung auf der Haut reichert sich Tretinoin besonders gut in der Hornschicht an. Hier bewirkt es eine Verdünnung und Auflockerung der Hornschicht und regt die Zellneubildung in der Haut an. So wird der Verhornung der Talgdrüsenausgänge, die zu einem Verstopfen der Talgdrüsen führt, vorgebeugt. Der Talg kann jetzt besser abfließen und eine Infektion kann vermieden werden. Eine bereits bestehende Infektion der verstopften Talgdrüsen kann mit Tretinoin eingedämmt werden.

Tretinoin hat unter den Vitamin-A-Säure-Abkömmlingen (Retinoide) die stärkste hautschälende Wirkung, die auch nach längerer Behandlungsdauer unvermindert anhält. Die Behandlung der Akne mit Tretinoin führt daher auch langfristig zu guten kosmetischen Ergebnissen.

Ein weiteres Anwendungsgebiet des Tretinoins ist die Promyelozytenleukämie. Bei innerlicher Anwendung von Tretinoin greift der Wirkstoff in den Zellstoffwechsel der entarteten Promyelozyten ein und stoppt deren unkontrolliertes Wachstum. Die Promyelozyten können sich wieder zu weißen Blutkörperchen entwickeln, die wichtig für die Immunabwehr sind. Durch die Kombination von Tretinoin mit Zytostatika kann unter Umständen eine komplette Rückbildung der Krankheit erreicht und der Patient geheilt werden.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.