Enkelin umarmt ihren Großvater im Krankenhaus.
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Aneurysma

Von: Onmeda-Redaktion, Lydia Klöckner (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 20.01.2022

Kleine Aneurysmen bleiben meist unbemerkt und werden nie zum Problem. Zur Gefahr wird ein Aneurysma nur, wenn es sich ausdehnt und aufreißt. Daher ist es besser, größere Aneurysmen behandeln zu lassen. Welche Arten von Aneurysmen gibt es? Und wie läuft die Operation ab?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Aneurysma

Ein Aneurysma bildet sich, wenn die Wand eines Blutgefäßes in einem Bereich an Festigkeit verliert und sich weitet oder einreist. Der Name Aneurysma leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet so viel wie "Erweiterung".

Die Schwachstellen in der Gewäßwand entstehen meist als Folge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose oder Bluthochdruck. Darüber hinaus können schwere Verletzungen zu Aneurysmen führen.

Es gibt drei verschiedene Formen von Aneurysmen:

  • Wenn alle Schichten der Gefäßwand an Elastizität verlieren, nachgeben und sich vorstülpen, spricht man von einem echten Aneurysma oder Aneurysma verum.
  • Wenn die mittlere Schicht der Gefäßwand – die Tunica media – aufreißt, kann Blut zwischen die innerste und äußerste Schicht der Gefäßwandfließen und diese aufspalten. Mediziner bezeichnen das als Aneurysma dissecans. Dies ist ein akuter Notfall und kann lebensbedrohlich sein.
  • Von einem falschen oder unechten Aneurysma oder Aneurysma spurium spricht man, wenn die Gefäßwand aufreißt, Blut austritt und sich in einer Kapsel aus Bindegewebe ansammelt. Der Riss in der Gefäßwand ist meist Folge einer Verletzung oder einer Entzündung.

Aneurysmen können überall im Körper entstehen. Aneurysmen im Kopf bilden sich häufig mitten im Gehirn an Verzweigungsstellen der Arterien, die das Hirn mit Blut versorgen. Am häufigsten ist jedoch die Hauptschlagader (Aorta) betroffen. Diese verläuft vom Herzen durch den Bauchraum bis ins Becken. Ein Aortenaneurysma bildet sich meist im Bauch, seltener in der Brust.

Oft bleiben Aneurysmen unbemerkt, da sie keinerlei Beschwerden verursachen. Gefährlich wird ein Aneurysma nur, wenn es aufreißt. Dann kommt es zu inneren Blutungen, die lebensbedrohliche Auswirkungen haben können. Wie sich der Riss eines Aneurysmas äußert, hängt von der betroffenen Körperstelle ab.

Aneurysma: Symptome

Meist bleiben Aneurysmen unbemerkt, weil sie keinerlei Symptome hervorrufen. Beschwerden verursacht ein Aneurysma nur,

  • wenn es größer wird und Druck auf die umliegenden Organe oder Strukturen ausübt, oder
  • wenn es aufreißt.

Welche Symptome auftreten, hängt von der Lage des Aneurysmas ab.

Wichtig: Bei Symptomen eines geplatzten Aneurysmas muss sofort ein Notarzt gerufen werden.

Symptome eines Aneurysmas im Gehirn

Wird ein Aneurysma im Kopf so groß, dass es auf einen Nerv drückt, kann die Kommunikation zwischen Gehirn und Körper beeinträchtigt sein. Je nachdem, welcher Nerv betroffen ist, können folgende Symptome auftreten:

Selten können Aneurysmen im Gehirn zu Schlaganfällen oder Embolien führen. Dies passiert, wenn sich im Inneren des Aneurysmas ein Gerinnsel bildet, das in eine kleinere Abzweigung der Hirnarterie gelangen und diese verstopfen.

Symptome eines Aortenaneurysmas im Bauch- oder Brustbereich

Kleinere Aneurysmen im Bauch- oder Brustbereich der Hauptschlagader machen sich in vielen Fällen nicht durch Symptome bemerkbar, sondern werden durch Zufall bei einer Röntgenaufnahme entdeckt. Erst wenn sie größer werden und auf umliegendes Gewebe drücken, kommt es zu Beschwerden.

Bei einem Bauchaortenaneurysmen treten dann möglicherweise folgende Symptome auf:

Aneurysmen in der Brustschlagader kommen insgesamt recht selten vor. Wenn, können sie ab einer gewissen Größe folgende Symptome verursachen:

"Geplatztes" Aneurysma: Welche Symptome deuten auf einen Riss hin?

Starke Symptome verursachen Aneurysmen, wenn sie aufreißen. Ärzte sprechen dann von einer Ruptur oder, wenn nur eine Schicht der Gefäßwand reißt, von einem Aneurysma dissecans oder einer Aortendissektion.

In beiden Fällen machen sich der Riss und die dadurch hervorgerufene innere Blutung durch einen plötzlichen, schneidenden Schmerz in der betroffenen Region bemerkbar:

  • Bei einem Hirnaneurysma beginnt er häufig am Hinterkopf und Nacken und strahlt bis in den Rücken aus.
  • Ein Bauchaortenaneurysma oder ein Aneurysma in der Brust äußert sich durch heftige Schmerzen im Bauch bzw. im Brustraum, die bis in die Leisten ausstrahlen können.

Der Schmerz ist meist so stark, dass die Betroffenen Todesangst haben. Daher spricht man auch von Vernichtungsschmerz.

Da ein geplatztes Aneurysma meist mit einem großen Blutverlust einhergeht, führt es neben den Schmerzen meist auch zu Schwindel, Bewusstlosigkeit und schließlich zum Kreislaufzusammenbruch.

Bei einem Hirnaneurysma fließt das Blut in den sogenannten Subarachnoidalraum, der zwischen zwei Hirnhäuten liegt. Ärzte sprechen dann von einer Subarachnoidalblutung. Das Blut nimmt dann immer mehr Platz ein und übt zunehmend Druck auf das Hirngewebe aus, wodurch dieses beschädigt wird.

Aneurysma: Ursachen

Ein unechtes Aneurysma(Aneurysma spurium) entsteht in der Regel durch Verletzungen der Gefäßwand. In den meisten Fällen sind diagnostische Katheter-Eingriffe wie zum Beispiel bei einem Verdacht auf einen Herzinfarkt die Ursache.

Ein echtes Aneurysma entwickelt sich, wenn die Wand eines Blutgefäßes geschädigt ist und nachgibt. Manchmal geschieht dies durch eine starke Verletzung, etwa bei einem Unfall. Häufig entwickeln sich Aneurysmen jedoch ohne äußere Einwirkung bei Menschen, deren Gefäßwände bereits durch Arteriosklerose (Arterienverkalkung) beschädigt sind und an Elastizität verloren haben.

Arteriosklerose trifft vor allem ältere Menschen, die

  • rauchen,
  • übergewichtig sind,
  • Bluthochdruck haben,
  • sich fettreich ernähren und erhöhte Cholesterinwerte haben, und/oder
  • an Diabetes erkrankt sind.

Bluthochdruck erhöht das Risiko für Aneurysmen zusätzlich, weil die Gefäßwände dadurch stark belastet werden. Außerdem scheint die erbliche Veranlagung bei der Entstehung der Arteriosklerose und von Aneurysmen eine Rolle zu spielen.

Übrigens: Ein erhöhtes Risiko für ein Aneurysma der Bauchaorta besteht vor allem bei Männern über 65.

Video: Wie Rauchen dem Herz-Kreislauf-System schadet

Jüngere Menschen erkranken generell seltener an Aneurysmen. Wenn, sind meist nicht Arteriosklerose und/oder Bluthochdruck die Ursache, sondern Verletzungen, Erbkrankheiten, Infektionen oder Drogenkonsum (z.B. Kokain).

Erbkrankheiten, die zu Aneurysmen führen können, sind etwa

Infektionskrankheiten, die die Gefäßwände schädigen und Aneurysmen auslösen können, sind zum Beispiel

Aneurysma: Diagnose

Aneurysmen können durch bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Computertomographie oder Magnetresonanztomographie sichtbar gemacht werden. Manchmal entdeckt der Arzt sie zufällig im Rahmen einer Routineuntersuchung oder, wenn er die betroffene Körperregion wegen einer anderen Erkrankung untersucht.

Häufig werden Aneurysmen jedoch erst erkannt, wenn sie reißen und heftige Schmerzen und Schocksymptome auslösen. In diesem Fall muss der Betroffene sofort ins Krankenhaus. Dort werden die Ärzte zunächst CT-Aufnahmen vom betroffenen Gefäß anfertigen lassen, um das Ausmaß und die genaue Lage des Risses zu ermitteln und die Operation planen zu können. Eine OP ist im Falle eines Risses immer notwendig.

Früherkennung von Bauchaortenaneurysmen

Da Männer über 65 Jahre ein erhöhtes Risiko für Bauchaortenaneurysmen haben, kann der Arzt ihnen eine Früherkennungsuntersuchung anbieten. Dabei untersucht er die Bauchschlagader mit einem Ultraschallgerät. Die Früherkennung bietet den Vorteil, dass der Arzt Aneurysmen rechtzeitig entdecken und operativ entfernen kann, bevor sie reißen.

Andererseits birgt die Operation selbst auch Risiken und ist nicht immer notwendig: Es wird geschätzt, dass etwa die Hälfte aller entdeckten Aneurysmen nie zu Problemen führt. Ob ein Aneurysma gefährlich wird oder nicht, lässt sich jedoch vorher nicht sicher abschätzen.

Aneurysma: Behandlung

Ob ein Aneurysma behandelt werden muss oder nicht, hängt unter anderem von dessen Größe und Lage ab. Bei einem kleinen Aneurysma, welches nicht größer wird und keine Beschwerden verursacht, ist ein operativer Eingriff oft nicht nötig. Der Patient sollte das Aneurysma jedoch in regelmäßigen Abständen untersuchen lassen, um sicherzustellen, dass es nicht unbemerkt wächst.

Zudem kann der Erkrankte selbst dazu beitragen, das Risiko eines Risses zu verringern, indem er

Besteht aufgrund der Größe, Lage oder anderen Gründen die Gefahr, dass das Aneurysma reißt, wird der Arzt zu einer Operation raten.

Behandlung eines Bauchaortenaneurysmas oder thorakalen Aneurysmas

Es gibt zwei Möglichkeiten, ein Aneurysma im Bauchraum oder in der Brustregion zu operieren:

  • offene Operation: Der Chirurg verschafft sich Zugang über einen Bauschnitt und schneidet das Aneurysma längs auf. Dann setzt er eine rohr- oder Y-förmige Kunststoffprothese ein und verschließt die Gefäßwand über der Prothese mit einer Naht.
  • endovaskulärer Eingriff: Der Chirurg setzt einen kleinen Schnitt in die Leiste und führt mithilfe eines sehr feinen Schlauches (Katheters) ein Kunststoffröhrchen (Stent-Prothese) in die Oberschenkelarterie ein. Durch die Arterie kann er das Röhrchen bis zur betroffenen Stelle in der Aorta schieben. Das Röhrchen verstärkt die Gefäßwand von innen und kann somit verhindern, dass sie weiter nachgibt und reißt.

Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile. Ein wichtiger Vorteil des endovaskulären Eingriffes ist etwa, dass er seltener zu gefährlichen Komplikationen (z.B. Schlaganfällen oder Verletzungen des Herzmuskels) führt als die offene OP. Menschen, die etwa aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereits ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle haben, werden daher meist endovaskulär behandelt.

Ein großer Nachteil des endovaskulären Eingriffes ist jedoch, dass es beim Einsetzen des Stents zu Problemen kommen kann, die einen weiteren Eingriff nötig machen. Zum Beispiel kann die Innenwand der Oberschenkelarterie beschädigt werden oder die Stent-Prothese verrutschen. Zudem gibt es für ungünstig gelegene Aneurysmen mitunter keine passende Prothese.

Welches Verfahren am besten geeignet ist, kann der Arzt einschätzen, sobald er sich ein genaues Bild vom Gesundheitszustand des Patienten und von der Lage und Größe des Aneurysmas gemacht hat.

Behandlung eines Aneurysmas im Gehirn: Clipping, Wrapping oder Coiling

Ein Aneurysma im Gehirn lässt sich mit zwei Verfahren behandeln:

  • offene Operation mit "Clipping" oder "Wrapping": Der Chirurg öffnet den Schädel und klemmt das Aneurysma mit einem Clip aus Titan ab. Das Blut im Aneurysma wird nicht entfernt. Da es nicht abfließen kann, gerinnt es mit der Zeit. Dann kann der Körper es zu Bindegewebe umbauen. Ist das "Clipping" nicht möglich, wird das Aneurysma "gewrappt". Wrapping (engl. für Einwickeln) bedeutet, dass die Wand des Aneurysmas zum Beispiel aus Durast verstärkt wird, um einen möglichen Riss zu verhindern.
  • endovaskulärer Eingriff mit "Coiling": Der Chirurg setzt einen kleinen Schnitt in die Leiste, um einen feinen Schlauch (Katheter) in die Oberschenkelarterie einzuführen. Am Katheter ist eine kleine Spirale (ein sogenannter Coil) befestigt. Diese schiebt der Arzt mithilfe des Katheters durch die Oberschenkelarterie und die Aorta bis ins Gehirn. Die Spirale wird ins Aneurysma eingesetzt und bewirkt, dass das Blut im Inneren gerinnt. So kann sich das Aneurysma nicht weiter mit Blut füllen und platzen.

Die offene OP ist belastender und birgt ein höheres Risiko für Komplikationen (z.B. Schädigung von Hirngewebe, Wundinfektionen) als der Eingriff mittels Katheter. Wenn die Lage und Größe des Aneurysmas es erlauben, werden Ärzte daher eher zum endovaskulären Eingriff raten. Dieser ist zwar auch nicht frei von Risiken, aber schonender als die offene OP und daher vor allem für älteren Menschen oder Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser geeignet.

Aneurysma: Verlauf und Prognose

Kleine Aneurysmen, die sich nicht ausdehnen, können ein Leben lang unbemerkt bleiben. Gerade bei größeren Aneurysmen besteht jedoch die Gefahr, dass sie reißen, was häufig tödlich endet. Wie hoch dieses Risiko ist, lässt sich nicht pauschal sagen, sondern hängt von der Art, Form und Lage des Aneurysmas ab.

Bei einem Riss ist die Prognose generell schlecht:

  • An einer durch ein geplatztes Hirnaneurysma entstandenen Blutung im Gehirn (Subarachnoidalblutung) sterben fast die Hälfte aller Betroffenen – rund 15 von 100 Patienten noch vor der Einlieferung ins Krankenhaus.
  • Ein gerissenes Bauchaortenaneurysma führt bei 40 bis 80 von 100 Betroffenen zum Tod.

Grundsätzlich gilt: Je eher der Patient behandelt wird, umso besser sind seine Überlebenschancen.

Aneurysma: Vorbeugen

In vielen Fällen entstehen Aneurysmen als Folge vonArteriosklerose und/oder Bluthochdruck. Beiden Erkrankungen kann man vorbeugen durch

Auch wer bereits Bluthochdruck und/oder einen erhöhten Cholesterinspiegel hat, kann sein Risiko für Aneurysmen durch einen gesünderen Lebensstil senken. Gelingt dies nicht, sollte er seinen Blutdruck beziehungsweise seine Blutfettwerte mithilfe von Tabletten senken.

Für Männer ab 65 Jahren ist der einmalige Ultraschall der Bauchschlagader kostenlos im Rahmen der Früherkennung. Dass sich das Angebot nur an ältere Männer richte, liegt daran, dass das Risiko für ein Aneurysma im Laufe des Lebens zunimmt und vor allem Männer betroffen sind.

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