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Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen!

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  • Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen!

    Hallo und guten Tag.

    Meine Mutter (79) ist sehr vergeßlich, was das sog. Kurzzeitgedächtnis betrifft. Sie hatte vor ca. 4 Jahren nach einer Brust-OP einen leichten Schlaganfall, vielleicht ist das die Ursache. Aber egal. Seit einigen Jahren nimmt ihre Vergeßlichkeit zu. Richtig schlimm seit vielleicht einem halben Jahr. Sie lebt zusammen mit meinem rüstigen Vater (83) in einer Mietswohnung. Mein Vater kümmert sich um alles.

    Meine Mutter weiß oft nicht mehr, wie manche Gerichte gekocht werden. Sie weiß nicht, wie lange sie nicht mehr geduscht hat. Sie sagt aber, das mache sie immer. Sie sagt auch, sie führe ihren Haushalt selbst. Aber die Organisation klappt nicht mehr und mein etwas ungeduldiger Vater übernimmt alles. Letztens saßen wir zusammen beim Kaffee und zeigten Urlaubsfotos. Sie fragte mehrfach, wann wir wo waren. Erzählt haben wir es schon vor der Fahrt, danach auch. Als wir später die Fotos nochmal zur Hand nahmen, wollte sie sie sehen und fragte, warum wir sie noch nicht gezeigt hätten.
    Wenn meine Eltern gegen 15 Uhr Kaffeetrinken, fragt sie 15.30, ob sie nicht mal Kaffee machen solle. Sucht dann aber den Kaffee, überlegt wie die Maschine zu handhaben ist etc. Dann "übernimmt" mein Vater. Für sie "existiert" nur noch Sommerbekleidung, wir erklären ihr vor ihrem Besuch bei uns sie möge an dicke Hose und geschlossene Schuhe denken und kommt dann jedesmal in der Sommerbluse. Wenn mein Vater vorher was sagt, motzt sie ihn an. Sie geht kaum noch mit raus (einkaufen). Legt sich tagsüber oft hin.

    Sie war vor über einem Jahr beim Neurologen. Hat auch von den Tests und "Rätselaufgaben" gesprochen. Das meiste konnte sie.

    Wir wissen nun nicht, WAS der Neurologe diagnostiziert hat. Kann ich dort hingehen und Auskunft verlangen? Wären Medikamente hilfreich??? Meine Mutter kann im Prinzip allein nicht mehr auf die Straße... Wie soll ich als Tochter jetzt handeln?? Wenn meine Mutter nicht so vergeßlich/dement wäre, ginge es den beiden für ihr Alter relativ gut.

    Sorry, das war viel Text, aber ich wollte ein halbwegs vollständiges Bild vermitteln. Danke im voraus für Eure Antworten!
    Gruß Jule


  • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


    Hallo jule paule,
    alles, was sie beschreiben, hört sich nach einer demenziellen Erkrankung an. Sie sollten baldmöglichst mit dem Arzt/Neurologen Ihrer Mutter sprechen und in Erfahrung bringen, was er diagnostiziert hat. Wieso ist sie seinerzeit alleine zur Untersuchung gegangen? Beim Verdacht auf Demenz sollte immer ein Angehöriger dabei sein.

    Seltsam finde ich, dass der Arzt kein Antidementivum verschrieben hat - oder hat Ihre Mutter sich das möglicherweise gar nicht besorgt? Versuchen Sie rasch Klarheit über den Zustand zu bekommen, damit Ihre Mutter die entsprechenden Medikamente bekommt und auch Sie wissen, worauf Sie sich einstellen müssen.

    Viel Erfolg und liebe Grüße

    Leona

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    • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


      Hallo Leona,
      vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
      Meine Mutter kam damals selbst auf die Idee, sich zum Neurologen überweisen zu lassen. Mein Vater war mit. Lt. Arzt ist alles im "grünen Bereich", er hätte beim letzten Besuch im Sommer 2007 auch bemerkt, er sei zufrieden mit meiner Mutter. Medikamente bekam sie keine verschrieben. Das handhabt eh alles mein Vater und er nimmt es sehr genau.
      Auch beim Hausarzt behauptet sie ja immer sie mache alles selbst und alles wäre bestens. Die tatsächlichen Probleme verschweigt sie leider. Mein Vater traut sich offensichtlich nicht, die Wahrheit zu sagen, weil sie dann böse wird. Bzw. weiß sie ganz genau was los ist, sie bricht oft genug in Tränen aus mit den Worten "ich bin eben dumm". Sie bricht ihre Arbeiten wie kochen auch weinend ab, weil sie genau weiß, daß sie alles vergißt...ist das bei Demenz/Alzheimer so? Ich dachte immer, die Betroffenen sind sich dessen gar nicht mehr bewußt?
      Ich werde versuchen, ein Gespräch beim Neurologen zu bekommen.
      Freundl. Grüße Jule

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      • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


        Hallo Jule,
        im Anfangsstadium sind sich die Betroffenen Ihrer Fehlleistungen durchaus bewusst. Vor den Angehörigen und der Öffentlichkeit ist es den Kranken aber überaus peinlich über die Ausfälle zu sprechen. Die Krankheitsverleugnung ist ein Selbstschutz. Die Verhaltensweisen Ihrer Mutter erinnern mich an meinen Vater, der selbst jetzt - im 2.Stadium - dem Arzt gegenüber stets von "seiner guten Gesundheit" und "dass ihm gar nichts fehle" spricht.

        Da ich - genau wie Ihr Vater - nicht in Anwesenheit des Kranken mit dem Arzt über die tatsächlichen Ausfälle sprechen kann, vereinbare ich entweder vorab einen eigenen Termin oder schreibe rechtzeitig vor der Konsultation einen Info-Brief an den Arzt, so dass er über die Entwicklung Bescheid weiß.

        Für Ihre Mutter wäre eine erneute Untersuchung wichtig, denn es scheint sich etwas verändert zu haben. Sollte sich der Alzheimer-Verdacht bestätigen, würde ich dringend zur Medikamentengabe raten, um wertvolle Zeit zu gewinnen.

        Liebe Grüße
        Leona

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        • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


          Hallo Leona,

          gestern konnte ich endlich ausführlich mit meinem Vater sprechen. Am Donnerstag steht ein neuer Termin beim Neurologen an. Meine Mutter hat außerdem schon vor längerem Exelon verschrieben bekommen, was sie auch regelmässig nimmt. Trotzdem scheint sich der Zustand verschlechtert zu haben. Ich wollte zum Termin mitgehen, aber das wollte mein Vater nicht.
          LG Jule

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          • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


            Liebe Jule,
            vielleicht ist es am gescheitesten, separat von Ihren Eltern einen Termin mit dem Neurologen zu machen, damit Sie Klarheit über das Krankheitsstadium Ihrer Mutter erhalten. Sie müssen das ja nicht zwingend mit den beiden besprechen. Ich würde das erst mal nur für mich selbst tun, um zu wissen, woran ich bin. Der Neurologe kann Ihnen vielleicht auch Kontaktadressen zu Hilfswerken und Selbsthilfegruppen nennen. Vielleicht hat er auch Info-Material da. Ich weiß, dass man am liebsten vor der Krankheit und all den belastenden Gedanken weglaufen möchte - klüger ist es aber, zu wissen womit man es zu tun hat. Machen Sie sich auf den Weg - informieren Sie sich! Viel Glück. Leona

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            • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


              Hallo Leona,

              danke für Ihre bisherigen Tipps.

              Meine Mutter war letzte Woche wieder beim Neurologen, Exolon wurde auf 3,5 mg erhöht. Aber sie hat dem Arzt wohl wieder erzählt, alles bestens, sie mache ihren Haushalt, gehe spazieren. Naja das Übliche. Und Vater wollte sie nicht bloß stellen. Mein Mitkommen war nicht erwünscht.

              Nun habe ich telefonisch die Auskunft von der Arztpraxis bekommen, daß sie der Schweigepflicht unterliegen und ich nur Auskunft in Anwesenheit der Patientin bekomme. Meine Eltern sprechen aber nicht das Wort Demenz aus, ich denke, Alzheimer schieben sie ganz weit weg. Ich bin erst mal sauer. Tausende Menschen warten auf Hilfe und wenn man helfen will, wird sie entweder nicht angenommen oder man bekommt wie üblich wieder Steine in den Weg gelegt.

              Herzl. Grüße Jule

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              • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


                Hallo Jule,

                das kommt mir bekannt vor. Seit Monaten bitte ich Mutter, es einfach drauf ankommen zu lassen, wenn sie beide in der Sprechstunde ihres Arztes sind. Aber sie bringt es einfach nicht fertig und Vater kann zuweilen ganz gut seine Fassade aufrecht erhalten. Immer wieder sagt sie mir, sie müsse den Arzt mal alleine sprechen, was aber bislang noch nicht geschehen ist. Und so gewinnt der Arzt kein ganz korrektes Bild über den tatsächlichen, d.h. aktuellen Zustand von Vater (obwohl er ihn ja u.a. mit Reminyl behandelt). Tests (z.B. eine Uhr zeichnen) hat der Arzt schon länger nicht mehr gemacht, der letzte Blutbefund (von diesem Monat) ist allerdings sehr gut, v.a. die Cholesterinwerte sind exzellent.

                Ich kann mir das alles gut vorstellen, denn immer, wenn ich komme, ist Vater die ersten zwei Tage fast ganz normal. Als würde er alle noch verfügbaren Reserven in sich mobilisieren, gibt er sich große Mühe, fast ganz der Alte zu sein und es gelingt ihm zeitweise auch. Dasselbe habe ich bei Besuch beobachtet. Zwar fallen manchmal doppelte Fragen und leichte Wortfindungsstörungen auf, aber das könnte ein nur kurz mit meinem Vater konfrontierter Außenstehender auch als normalen Altersverschleiß ansehen. Von den „fixen Ideen“ und dem Anhangen an Rasierapparat und Brillen weiß ein Außenstehender ja nichts und er wird auch kaum Zeuge der Phasen völliger kurzfristiger Desorientiertheit, die derzeit abends ein- bis zweimal pro Woche auftreten.

                Im März bin ich zwei Wochen bei meinen Eltern und wenn es dann nicht endlich gelingt, in dieser Sache einen klaren Kurs zu fahren, werde ich mich selber an den Arzt wenden. Notfalls schreibe ich ihm unter Verwendung meiner Notizen über Vater den ganzen Sachverhalt und über die Angst Mutters, eine weitere Verwirrung zu produzieren, falls sie in Gegenwart Vaters die Probleme, die dieser leugnet, anspricht. Das ist ja auch immer das Problem, wenn ich bei meinen Eltern bin, denn es ist schwierig, mit meiner Mutter mal ohne Vaters Gegenwart über ihn zu sprechen. In der Tat widerspricht es dem Prinzip „in den Schuhen des Kranken“ zu gehen, d.h. in seiner Welt zu leben versuchen und dann wieder über die Realität zu reden in seiner Gegenwart. Wenn es aber gar nicht anders geht und unbedingt erforderlich ist, muss man es drauf ankommen lassen. Der Streitpunkt ist nur das „unbedingt erforderlich“. Wann ist es unbedingt erforderlich? Möglicherweise kann das oft nur durch den leider sich erhöhenden Leidensdruck bewirkt werden.

                Mit der Annahme von Hilfe ist es zuweilen auch ein Problem. Mutter meint z.B. immer wieder, besonderes Essen kochen zu müssen, wenn ich zu Besuch bin. Es gelingt mir erst langsam, mich mehr und mehr in die Hausarbeit, den Einkauf, usw. einzubringen. Ich bin immer zuerst „ihr Kind“ und das ist nun mal immer unerfahrener als die Eltern (alter Lieblingsspruch meiner Mutter: „Das Küken will wieder schlauer sein als die Henne“). Ich bin eben ein Einzelkindschicksal, zwischen hohen Erwartungshaltungen (hatte keinen „Eisbrecher“ vor mir und immer große Angst, mit einer schlechten Zensur von der Schule zu kommen) und Verwöhnung aufgewachsen.

                Gruss
                Egon-Martin

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                • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


                  Hallo Egon-Martin,

                  das schwierigste für uns Angehörige ist, daß wir uns mit der Veränderung abfinden müssen. Noch gibt es keine medizinischen Möglichkeiten, diese Demenzen wirklich aufzuhalten bzw. zu heilen.

                  Ich schwanke immer zwischen unbedingt unterstützen wollen und damit etwas zu bessern (aus meiner Sicht) und dem sie einfach machen lassen wie sie sich wohlfühlen. Das ist meiner Meinung nach ein nicht zu unterschätzender Aspekt. Denn ob sich meine Eltern besser fühlen, wenn ich ihnen meine Ansichten hinsichtlich Lebenserleichtung aufzwingen will, glaube ich nicht. Denn diesem hohen Alter geht eine gewaltige Entwicklung voraus. Und diese Vergeßlichkeit hat ja nicht von heute auf morgen eingesetzt sondern entwickelt sich schleichend und die Patienten und Ehepartner gewöhnen sich sozusagen an die Umstellungen. Schneller wahrscheinlich als wir Kinder, die wir unsere Eltern wöchentlich oder monatlich sehen.

                  Ich habe noch den Vorteil, daß ich eine Schwester vor Ort habe und einen Bruder. Wir können uns wenigsten absprechen, wie und was wir tun wollen.

                  Die größte Angst derzeit ist, daß sich die Symptome so verschlechtern, das irgendwann ein Umzug in ein betreutes Wohnen ansteht. Denn davon wollen sie nix wissen und hören. Wir planen jetzt erst mal den Einbau einer Dusche, soll Mutter zu ihrem 80. Geburtstag geschenkt bekommen. Freiwillig würden sie eine solche Umrüstung ja nicht wollen. Sie betrachten sich halt immer noch mit jüngeren Augen. Tun wir das nicht mit uns selbst auch? Bin erst vor kurzem 40 geworden. 40??? Ich fühle mich oft noch wie zwischen 20 und 30. Bin zwar reifer, aber doch nicht älter. Und unseren Eltern wird es oft nicht anders gehen.

                  Wichtig auch für uns, wir dürfen uns nicht mit diesen Problemen kaputt machen, mich selbst zieht es gewaltig nach unten wenn ich nicht aufpasse, und das hilft leider niemandem weiter.

                  Sorry das war eine Menge Text, es beschäftigt mich jedoch tagtäglich. Ich wünsche Ihnen viel Kraft und vor allem viel Geduld!
                  Herzl. Grüße Jule

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                  • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen!


                    Sehr geehrte Jule,

                    Sie sollten versuchen, beim nächsten Arztbesuch dabei zu sein, überreden Sie Ihren Vater dazu, Sie mitzunehmen. Das "Drumherum-Reden" um die Diagnose ist m.E. der falsche Weg, es erschwert die Kommunikation in der Familie erheblich. Drüber hinaus brauchen Ihre Eltern nur einmal die Packungsbeilage des Präparates Exelon zu lesen, dort steht Schwarz auf Weiß, welche Diagnose der Neurologe vermutet.
                    Da wir gerade bei der Medikation sind: Exelon sollte unbedingt weiter aufdosiert werden, sofern es vertragen wird. Die Zieldosis liegt bei 2 x 6 mg als Tablette bzw. 9,5 mg/24 Std. als Pflaster.

                    Mit freundlichen Grüssen,

                    Spruth

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                    • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen!


                      Hallo und Guten Tag,

                      ich bin in die Geschichte mit meiner Mutter völlig unvorberietet hinein geschlittert. Sie lebte sehr selbstbewußt und selbstbestimmt, hielt noch im Rentenalter aktiv Pilzberatungen ab, hatte einen großen Freundeskreis, bis plötzlich das Portemonnaie nicht mehr gefunden wurde, dann wurde Freunden unterstellt, mit einem von ihr selbst hinterlegten Schlüssel die Wohnung zu durchsuchen. Nach dem 3. Schloßwechsel wurde ich stutzig, dachte mir noch nichts. Dann ging es erst ganz langsam, dann immer schneller die ganze Bandbreite der Demenzsymptome hinab, die Vergeßlichkeit machte schnell dem Alleinwohnen ein Ende , weil auch die Technik nicht mehr bedient werden konnte und sie zur Gefahr für alle Hausbewohner wurde. Nach neurologischer Abklärung hatte ich ein Beratungsgespräch gesucht und als gangbaren Weg das betreute Wohnen gefunden. Der Arzt sagte bei ihrer Entlassung, das wäre sinnlos, was ich nicht akzeptieren wollte. In 1,5 Jahren war es dann dort tatsächlich soweit, sie rannte zu unmöglichen Zeiten verwirrt durchs Haus, so daß wir ein Pflegeheim anvisieren mußten. 2 Jahre später wußte sie nicht einmal mehr, daß ich der Sohn bin und versinkt bei relativ guter körperlicher Verfassung langsam aber sicher im geistigen Nirwana. Es ist schrecklich, diesen Verfall so mit ansehen zu müssen, es ist wie eine Trennung des Sterbens von Seele und Körper. Die Seele ist weg, der Körper ist noch da!
                      Was bleibt, sind Gedanken, ob es einen selbst treffen könnte...

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                      • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


                        Lieber inselfan,
                        was Sie beschreiben, ist der traurige Abschied von einem geliebten Menschen - so wie wir es hier im Forum alle auf irgendeine Weise erlebt haben oder immer noch erleben. Ich kenne dieses "Nicht-wahr-haben-Wollen" so gut - gerade in der ersten Phase der Erkrankung sucht man ja selbst immer wieder nach plausiblen Erlärungen - kann und will den grausamen Fakten nicht ins Gesicht sehen. Ich erlebte und erlebe einen ähnlichen Abstieg, wie den von Ihnen beschriebenen, bei meinem Vater.
                        Hat Ihre Mutter denn irgendwelche Antidementiva bekommen, die doch immerhin in der Regel eine Verzögerung der Erkrankung bewirken? Wo und wie ist sie jetzt untergebracht? Sind Sie mit der Versorgung und Betreuung zufrieden? Erkennt die Mutter Sie dauerhaft nicht oder ist auch dies Schwankungen unterworfen? Spricht Sie noch aus der Vergangenheit? - Einen Trost gibt es tatsächlich nicht, es ist ein Abschied auf Raten - der geliebte Mensch geht mit dem Kopf zuerst. Und ich glaube, jeder von uns hier, kennt die Angst, dass man möglicherweise selbst in diese hilflose Situation geraten könnte...
                        Bleibt nur die Hoffnung, dass die Wissenschaftler in naher Zukunft mehr über die dementiellen Erkrankungen herausfinden und das es irgendwann eine ursächliche Behandlungsmöglichkeit gibt. Mit den besten Wünschen, Leona

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                        • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


                          Danke für Ihre Antwort, es ist genauso, wie Sie beschrieben, am Anfang will man es nicht wahr haben, kann damit auch nicht umgehen, weil scheinbar alles normal ist, aber manche Handlungen plötzlich irrational werden. Wenn dann die Anzeichen und der Zustand der Wohnung unübersehbar geworden sind, kommt erstmal der Schreck, mein Gott, was mache ich jetzt. Die Hausärztin wies sie erstmal in die Nerven-Klinik ein, die Diagnose war klar und brutal. Seit diesem Zeitpunkt wird sie auch medikamentös behandelt. Ob´s geholfen hat, den Verlauf zu verzögern, kann ich nicht sagen, da man ja das Gegenteil nicht kennt. Man kann nur hoffen.
                          Die eigene Tabletteneinnahme scheiterte trotz Hilfsmittel an ihrer zunehmenden Vergeßlichkeit. Ich habe dann einen Pflegedienst kommen lassen, der dies übernahm und Hilfestellung bei der Essenszubereitung gab. Aber auch das war nicht lange durchzuhalten, auch haben die Lage am anderen Ende der Stadt und meine Selbstständigkeit die Sache zeitlich sehr behindert. Wie schon gesagt, über die Station Betreutes Wohnen ist sie jetzt in einem Pflegeheim, das ich zwischendurch auch gewechselt habe, weil mir der Geruch im Aufenthaltsraum mangelnde Betreuung suggerierte. Sie erkennt mich generell nicht mehr als Sohn, sondern freut sich über ein bekanntes (???) Gesicht und redet unverständliches und zusammenhangloses Zeug. Vor Jahren glaubte ich, sie korrigieren zu müssen, was die Kranken eher noch unglücklicher macht. Das habe ich mir schnell abgewöhnt und antworte irgendwie. Mit Inbrunst singt sie Kinderlieder, ihr Erinnerungshorizont ist in der frühesten Kindheit angekommen. Lesen oder schreiben geht schon lange nicht mehr!
                          Man beschäftigt sich schon mit Ihnen so gut es geht, sie singen, werden mit kleinen Ballspielen beschäftigt, aber selbst das geht zunehmend nicht mehr. Gut empfand ich im großen Pflegeheim, daß lange Gänge die Damen, es handelt sich interessanterweise fast nur um Damen(!), die Gänge entlanglaufen konnten, was sie körperlich fit hielt. Mit funktionierenden Verstand zieht man sicher lieber ein kleines familiäres Pflegeheim vor, für Demenzkranke ist dies meiner Meinung nach nicht das Richtige! Ich komme immer unangemeldet zeitlich unregelmäßig nach dem rechten gucken, weil es auch in der Nähe meines Arbeitsplatzes liegt und bin bis auf Kleinigkeiten zufrieden. Eine Betreuung zuhause bekommt man als Berufstätiger selbst bei gutem Willen nicht in die Reihe, weil die Kranken ja ununterbrochen Aufsicht benötigen.
                          Es ist schon ein Kreuz, zusehen zu müssen, wie die Persönlichkeit der Mutter im Nichts versinkt. EgonMartin schrieb in einer Anwort, wir wissen nicht, was diese Welt für die Kranken bereit hält..... Erstaunlich war für mich die Tatssache, daß vor kurzem inmitten des zusammenhanglosen Gebrabbels plötzlich die Frage nach meinem kürzlich verstorbenen jüngeren Bruder kam. Meine Antwort, daß er gestorben sei, machte sie sichtlich bestürzt, Tränen rollten über ihre Wangen und ein paar Sekunden später war das Fenster in unsere Wirklichkeit wieder geschlossen. Man macht sich schon Gedanken, was ist diese Krankheit eigentlich? Wieso kann der Vorhang auch zerreißen, und wenn es nur für Sekunden ist?
                          Hier tappt die Medizin wohl noch im Dunkeln.
                          Zur Vorbeugung mache ich mir schon so meine Gedanken, handfeste Argumente sind für mich Ergebnisse ziemlich ausführlicher Studien, die unter mediterraner Ernährung ein bis zu 40% geringeres Risiko, an Alzheimer zu erkranken, feststellten. Als Ingenieur läuten bei mir alle Alarmglocken, wenn die Änderung eines einzigen Paramters (Ernährung) in der Vielzahl der Einflußfaktoren auf das Leben eines Menschen so eine große Wirkung zeigt. Man muß daraus schließen, daß diese Erkrankung wie so viele andere auch eine Reaktion des Körpers auf eine lang anhaltende Fehlernährung darstellt. Umgekehrt beginnt das Problem erst mit der Frage, was ist eigentlich "Gesunde Ernährung"? Die Wust an Widersprüchlichkeiten stellt einem schier vor unlösbare Probleme, weil (fast) alle Empfehlungen mehr oder weniger interessensgesteuert sind. Für mich persönlich fand ich logisch und nachvollziehbar, daß der Mensch genetisch an die bei seinem Erscheinen auf der Welt für ihn erreichbaren, zerkleiner- und verdaubaren Lebensmittel ohne Feuer und mit primitivsten Werkzeug angepaßt sein muß. Dies wird im wesentlichen aus rohem pflanzlichem Material, gelegentlich vielleicht mal aus einem Tier bestanden haben. Aus dieem Ansatz entwickelte z.B. Dr. J.G.Schnitzer die "Zivilierte Urnahrung", eine Anpassung an das heutige Angebot und erzielte große Erfolge bei der Heilung vieler sogenannter Zivilisationskrankheiten. Da tierisches Eiweiß in so hoher Menge wie heutzutage sicher nicht zur Urnahrung gehörte, vermutet er, Kollath und andere, daß in dieser artfremden Ernährungsweise die tieferen Ursachen für die seltsamen Eiweißablagerungen im Gehirn von Alzheimerpatienten liegen! Oder schlicht, ich bekomme zwar meinen Kachelofen auch mit alten Autoreifen heiß, nur macht er das eben nicht lange mit, ohne kaputt zu gehen.
                          Mensch, iß das, wofür Dich der liebe Gott gebaut hat und nicht jeden Mist, den die Nahrungsgüterwirtschaft unter Zuhilfenahme von Zusatzmitteln, Chemie und Superköchen im Einsatz auf tollen Geschmack getrimmt hat!
                          Meine eigene Entwicklung innerhalb der letzten 2 jahre gibt dem recht und mir die Hoffnung, vielleicht so dem Schicksal meiner Mutter, einer begeisterten Fisch- und Fleischesserin, zu entgehen!

                          ein nachdenklicher Inselfan

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                          • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


                            Lieber inselfan,
                            es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie parallel die hier dargestellten Krankheitsfälle laufen. Ich löste die regelmäßige Tablettengabe und die Nahrungsaufnahme genauso wie Sie.Was die Wohnung anging, so wurde mein Vater, der vorher ein Sammler war, eher immer puristischer, trennte sich von mehr und mehr Gegenständen, wohl ein verzweifelter Versuch die Kontrolle über den Alltag zu behalten - weniger lässt sich leichter überblicken.
                            Er versucht bis heute - im Plegeheim - zu ordnen und zu sortieren, was zunehmend misslingt. Die Wirkungsweise der Medikamente wurde bei uns vierteljährlich durch den MMT-Test kontrolliert und - bis zum massiven Einbruch nach der Übersiedlung ins Heim - waren die Ergebnisse anfangs steigend, später konstant. Darauf folgere ich, dass die Einnahme doch Wirkung zeigt. Auch mein Vater singt plötzlich wieder gerne Lieder aus der Jugendzeit und spielt wieder auf der Mundharmonika, was er im Erwachsenenleben eher selten getan hat. Offenbar geben ihm diese Tätigkeiten das Gefühl noch etwas zu können und bestätigen ihn.

                            Was die Möglichkeit einer Betreuung und Pflege zu Hause angeht, so ist es wohl den meisten unter uns wegen Berufstätigkeit und Singlehaushalten nicht möglich - wobei auch fraglich ist, inwieweit man die Hinfälligkeit besonders in der 3.Phase überhaupt auffangen kann. Bei Vater, der eine Mietwohnung bewohnte, war es schon wegen der zunehmenden Inkontinenz - die hauptsächlich darauf basierte, dass er das WC nicht fand und dann einfach im Wohnraum urinierte - kaum möglich, ihn im normalen Wohnen zu belassen. Auch nahm die Gefahr des Weglaufens und sich Verirrens immer mehr zu. Es muss schon ein großer, sich verantwortlich fühlender Familienverband vorhanden sein, um all das zu Hause aufzufangen.

                            Die Unterbringung in den Pflegeheimen scheint mir in den meisten Fällen ebenfalls unzulänglich - man wird den Bedürfnissen der Demenzkranken einfach nicht gerecht. Letztlich ist es dann wieder eine finanzielle Frage, ob man seinen Angehörigen angemessen versorgen lassen kann oder nicht. (Ganz massiv auch ein gesellschafts- und gesundheitspolitisches Problem!)

                            Auch ich erwäge eine erneute Heimverlegung, habe aber noch nichts wirklich Besseres und noch dazu Bezahlbares gefunden. Das Optimalste habe ich in Dementen-WGs gesehen, die aber für Normalsterbliche kaum bezahlbar sind, da die Pflegekasse hier nur den ambulanten Satz (wie zu Hause) zusteuert. Dies kann sich dann nur eine finanziell sehr gut situierte Familie oder der Sozialhilfeempfänger leisten (bei ihm tritt das Sozialamt ein).

                            Die langen Gänge, die Sie als Vorteil angesichts der Ruhelosigkeit und Mobilisierung der Demenzkranken anführen, führen bei meinem Vater eher zu Verwirrung und Desorientierung, aber Ihr Argument leuchtet mir trotzdem ein.
                            Sie haben mit Ihrer Beobachtung, dass in erster Linie alte Damen die Heime bevölkern, völlig Recht - die Mortalität ist bei Männern höher, sie sterben früher. Im Heim hat das den Nachteil, dass zum Beispiel die Beschäftigungstherapien hauptsächlich auf Frauen ausgelegt sind - Backen, Kaffee trinken, Basteln, Blumen pflanzen u.ä. Meinem Vater ist meist unglaublich langweilig, was dann wieder zum Herumwandern führt und zum Weglaufen (5x seit Oktober 2007). Ich will nun anregen, dass auch für die Hand voll Männer eigene Stategien entwickelt werden - sportliche Betätigung, ein Vogelhaus basteln, Altpapier sammeln und weg bringen, Werkzeuge und Schrauben sortieren...vielleicht haben Sie noch eine Idee, die Sie mir mitteilen können.

                            Auch was Sie über die Reaktion Ihrer Mutter auf den Sterbefall des jüngeren Bruders berichten, deckt sich mit dem Verhalten meines Vaters. Jeder Tod eines in der Vergangenheit Verstorbenen ist wieder neu für ihn und löst Trauer und Entsetzen aus, bis hin zu Tränen, wenn es zum Beispiel um die eigenen Eltern geht.

                            Diese Realitätsfenster, die Sie beschreiben, sind bei meinem Vater noch relativ häufig, was einen selbst immer wieder dazu verleitet, zu hoffnungsvoll zu sein und zuviel von ihm zu erwarten. Er ist erstaunlicherweise auch immer noch in der Lage nicht zu komplexe Texte zu lesen und zu verstehen. Allerdings liest er sie immer wieder "neu" - eine Tageszeitung bleibt so ziemlich lange aktuell. Alte Briefe holt er sich in die Gegenwart und meint, sie umgehend beantworten zu müssen.
                            Es ist eine skurril, traurige Welt!

                            Was Sie zur Ernährung schreiben, wirkt überzeugend auf mich und ich habe mir fest vorgenommen, trotz des Zeitmangels und des immensen Stresses auch selbst wieder mehr auf eine naturbelassene, möglichst pflanzliche Ernährung zu achten.
                            Was die Heimernährung angeht, so ist sie weit entfernt von diesen Richtlinien...Fertigsuppen und Soßen, Geschmacksverstärker, vitaminarme Kost, sehr wenig Gemüse und frische Salate, so gut wie kein Obst...höchsten mal als Kompott - eine Katastrophe!

                            Wenn also die mediterrane Ernährung eine bis zu 40% niedrigere Erkrankungsrate hervorzubringen vermag, so müsste man doch in Kombination mit regelmäßiger körperlicher Bewegung (Jogging, Walking, Schwimmen etc.) - denn hier habe ich sehr positive Studien verfolgt - eine recht gute Risikoverminderung erreichen können.


                            Interessant wäre, ob auch bereits Erkrankte unter idealen Ernährungs- und Bewegungsbedingungen eine Verbesserung zeigen.
                            Hier wird m.E. viel zu wenig versucht und geforscht.

                            Danke nochmals für Ihren engagierten Beitrag und hoffentlich auf weiteren fruchtbaren Austausch!
                            Leona

                            Kommentar


                            • Re: Demenz bei meiner Mutter? So viele Fragen


                              Liebe Leona,

                              es ist ein wenig tröstlich, daß auch andere so ihr liebe Not und Probleme mit demenzkranken Angehörigen haben. Ich habe den Eindruck, daß die Pflegeheime noch weitgehend hilflos sind, man sieht die Kranken noch zu oft apathisch herumsitzen. Damit einher geht aber auch ein schneller Verfall der physischen Fähigkeiten. Deshalb gefielen mir die langen Gänge, weil meine Mutter als nimmermüder Pilzgänger früherer Jahre mit einer "Gleichgestrickten" unermüdlich die Gänge auf und ab trippelte. Worauf ich beim Heimwechsel auch achtete, Einzelzimmerunterbringung! Bei der in diesen Heimen üblichen Wechselrate passiert es ganz schnell, daß ein Mitbewohner ständig die Ruhe stört und sie vom Schlafen abhält! Auch weil ja die üblichen Zeiten und Einteilungen verloren gehen.
                              Den Tod meines Bruders im November hatte sie gar nicht mitbekommen oder zur Kenntnis genommen. Ich hatte mir auf ihre überraschende Frage (Was macht Peter?) noch überlegt, was sagst du jetzt, hatte aber dann doch gesagt, daß er tot sei, und mich über ihre Reaktion, auch wenn sie nur Sekunden anhielt, sehr gewundert. Zum Verständnis, was in den Köpfen unser Demenzkranken vorgeht, hat ja Egon-Martin viel geschrieben, ich hatte ihm mit Hinweisen auf das Seth-Material geantwortet, letztendlich ist es vielleicht für uns Angehörige schwerer, das zu verarbeiten, als dem Kranken selbst, wenn es sich tatsächlich um ein selbstgewähltes Schicksal handelt. Es bleiben viele Frage....

                              Viele Grüße
                              Inselfan

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