Das Bild zeigt einen Kletterer am Felsen.
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Klettern – Abenteuer in der Höhe

Von: Till von Bracht (Medizinredakteur, M.A. Sportwissenschaften)
Letzte Aktualisierung: 03.01.2022

Klettern ist nicht nur etwas für Extrem-Bergsportler wie Reinhold Messner: Immer mehr Menschen begeistern sich seit einigen Jahren für diesen Trendsport – und tun damit in Kletterhallen oder in der Natur ihrer Gesundheit etwas Gutes.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Allgemeines

Denn Klettern stärkt unter anderem die Muskeln und sorgt für eine ausgewogene Körperhaltung. Rückenproblemen lässt sich dadurch ideal vorbeugen. Und vom Klettern können wir auch im Beruf und im Alltag profitieren: Das ständige Suchen nach dem nächsten Griff und Tritt schult unter anderem Aufmerksamkeit und Konzentration.

Erlebnis in der Kletterhalle oder in der Natur

Heutzutage muss man nicht mehr einen weiten Abstecher in die rauen Berge unternehmen, um an Felsen und Hängen das Abenteuer in der Höhe zu suchen. Man findet es zum Teil direkt um die Ecke: Über 300 Kletterhallen in Deutschland bieten mittlerweile die Möglichkeit zum Klettern.

Die Vorteile des Indoor-Kletterns – also dem Klettern in der Kletterhalle – überzeugen allein in Deutschland mittlerweile mehr als 200.000 Menschen. Ob jung oder alt, mit der Freundin, dem Partner oder gar mit der ganzen Familie: In der Kletterhalle findet jeder den idealen Einstieg in diesen Abenteuersport. Die meisten Betreiber weisen Einsteiger in die Sicherungstechniken ein und bieten Anfängerkurse an. Außerdem gibt es in Kletterhallen zahlreiche Kletterwände, die für Anfänger und Kinder geeignet sind.

Wer in erster Linie das Naturerlebnis sucht, dem stehen in Deutschland zahlreiche Klettergebiete offen. Sei es Klettern in der fränkischen Schweiz, in der Südpfalz, in der Eifel oder eben in den Alpen – vielerorts ragen zahlreiche Felswände in die Höhe, die sich zum Klettern für Anfänger eignen. Allerdings erfordert das sogenannte Outdoor-Klettern etwas Erfahrung, und Anfänger sollten nicht ohne einen geübten Kletterpartner das Abenteuer in der Natur suchen.

Sportklettern, Bouldern oder Bergsteigen

Bis vor einigen Jahren setzte man Klettern noch mit Bergsteigen gleich – das ist heute nicht mehr der Fall. Mittlerweile gibt es verschiedene Kletter-Disziplinen die grob in drei Bereiche fallen: Sportklettern, Bouldern und Bergsteigen (Alpinklettern).

Sportklettern – Klettern für jedermann

Sportklettern eignet sich sehr gut für Anfänger. "Outdoor", also draußen in der Natur, klettert man dabei an Felsblöcken entlang, die maximal 30 Meter hoch sind. Den idealen Einstieg für das Sportklettern bietet allerdings das Indoor-Klettern in einer der zahlreichen Kletterhallen. Hier kann man mit Kletter-Routen beginnen, die sich zunächst leicht bezwingen lassen und sich dadurch allmählich an die Höhe und die speziellen Bewegungen gewöhnen.

Bouldern – Klettern auch ohne Seil

Wem Seil und Höhe nicht so geheuer sind, kann es mit Bouldern versuchen. Bouldern steht für Klettern ohne Seil in einer Höhe von maximal fünf Metern. Fast jede Kletterhalle bietet Möglichkeiten zum Bouldern. Aber auch in natürlichen Klettergebieten finden sich zahlreiche Felswände, die zum Bouldern einladen. Und was passiert, wenn man trotzdem einmal den Halt verlieren sollte? Dann fällt man auf spezielle Schaumstoffmatten, die sogenannten "Crashpads". Viele Hallen legen an Boulder-Wänden auch klassische Turnmatten aus, die einen sanft auffangen.

Bergsteigen (Alpinklettern) – Dem Himmel ganz nah

Das klassische Bergsteigen (Alpinklettern) üben heute natürlich immer noch viele Menschen aus. Bergsteiger klettern beispielsweise Felswände in den Alpen hoch, die teilweise mehrere hundert Meter in den Himmel ragen. Ihr Ziel: Am Ende der Tour den Panorama-Blick auf der Spitze eines Berges genießen. Klingt traumhaft, erfordert allerdings sehr viel Erfahrung und ist mit einem höheren Risiko verbunden als das Sportklettern.

Training für unseren Körper

Klettern bringt nicht nur jede Menge Spaß – es ist auch gut für die Gesundheit: Wer klettert, stärkt und strafft die Muskeln in Armen und Beinen und tut zudem auch Gutes für seinen Rücken. Nicht umsonst schicken immer mehr Physiotherapeuten Rückenschmerzgeplagte Kletterwände hoch. Mit Erfolg: Klettern trainiert den ganzen Körper, kräftigt unter anderem Bauch- und Rückenmuskulatur, fördert Koordination sowie Gleichgewichtssinn und sorgt für eine ausgewogene Körperhaltung.

Klettern – Krafttraining am Seil

Allgemein stellt Klettern durch den ständigen Wechsel zwischen An- und Entspannung der Muskeln ein ideales Krafttraining dar. Denn während man sich Meter für Meter nach oben bewegt, trainiert man verschiedene Bereiche seiner Kraft, unter anderem folgende:

  • Sobald der Kletterer sich mit den Armen nach oben zieht beziehungsweise sich mit den Beinen "hochdrückt", betreibt er ein sogenanntes dynamisches Krafttraining: Er trainiert die Fähigkeit der Muskeln, sich zusammenzuziehen und damit den Körper gegen einen Widerstand – in diesem Fall vor allem die Schwerkraft – zu bewegen.
  • Der Kletterer muss immer wieder in einer bestimmten Position an der Kletterwand für einige Sekunden verharren: Er stabilisiert dabei seinen Körper in einer statischen Haltung, beispielsweise als Vorbereitung für den nächsten Schritt mit den Beinen. Er leistet also Haltearbeit, was Sportwissenschaftler als sogenanntes statisches Krafttraining bezeichnen.
  • Eine Kletterwand zu erklimmen kann einige Minuten dauern. Der Kletterer muss also über einen längeren Zeitraum hinweg Kraft aufbringen – womit er seine Kraftausdauer trainiert.

Beweglicher durch Klettern

Zudem muss ein Kletterer sich immer wieder drehen und strecken sowie Arme und Beine überkreuzen, um mit Händen und Füßen den nächsten Griff beziehungsweise Tritt zu erreichen. Solche Bewegungen dehnen Muskeln und Sehnen und wirken wie Gymnastik: Die Bewegungen in der Höhe machen den Körper beweglicher und flexibler.

Wohltat für Geist & Psyche

Auch die geistigen (kognitiven) Fähigkeiten und die Psyche können von den schweißtreibenden Bewegungen an der Wand profitieren:

  • Die vielfältigen Bewegungen mit Händen und Füßen an der Kletterwand erfordern vom Kletterer ein hohes Maß an Konzentration, Aufmerksamkeit und Kreativität – Fähigkeiten, die sich mit regelmäßigem Klettertraining noch weiter verbessern können; dies kann sich eventuell auch im Beruf und im Alltag positiv bemerkbar machen.
  • Das Klettern kann helfen, die eigenen Fähigkeiten besser einzuschätzen (sog. Selbsteinschätzung) und persönliche Grenzen zu erkennen und zu erweitern.
  • Beim Klettern kann man Erfolgserlebnisse sammeln: Das Ersteigen einer Wand in der Halle oder am Naturfels ist für viele ein Erlebnis, das positive Gefühle wie Stolz, Freude oder Zufriedenheit auslöst. Und Erfolgserlebnisse steigern in der Regel Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein – aus diesem Grund versuchen auch immer mehr Schulen und soziale Einrichtungen, Kinder und Jugendliche für diesen Sport zu begeistern.
  • Und wer sich mit seinen Gedanken nur damit beschäftigt, wie er von einem Tritt zum nächsten kommt, der schaltet ab, lässt Beruf und Alltag für eine Weile hinter sich, und sorgt damit für geistige Entspannung.

Therapeutisches Klettern

Seit einigen Jahren behandeln immer mehr Sport- und Physiotherapeuten Erkrankte und Verletzte mit einer neuen Methode: Sie lassen sie an Griffen und Tritten an Kletterwänden hochklettern. Dies nennt man therapeutisches Klettern. Aber warum ausgerechnet Klettern? Weil das Klettertraining Bewegungseinschränkungen nach Verletzungen oder bei neurologischen Erkrankungen lindern kann. So zeigen sich Erfolge des therapeutischen Kletterns beispielsweise bei:

Klettern als Hilfe bei ADHS und bei psychischen Erkrankungen

Der große Vorteil des Kletterns liegt darin, dass viele Menschen diesen Sport als sehr abwechslungsreich erleben. Vor allem Kinder lassen sich leicht zum Klettern motivieren. Diesen Vorteil nutzen viele Therapeuten beispielsweise in der Behandlung von Kindern, die sich nur schwer konzentrieren können und körperlich überaktiv sind (sog. Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, ADHS).

Diesen Kindern kann therapeutisches Klettern helfen, ihre Konzentrationsfähigkeit zu verbessern – was sich auch auf Schule und Alltag übertragen kann. Viele Kinder mit ADHS haben außerdem Probleme mit der Motorik: Das Fangen von Bällen fällt ihnen zum Beispiel schwer oder sie kommen beim Balancieren schnell aus dem Gleichgewicht. Auch solche Einschränkungen lassen sich durch therapeutisches Klettern positiv beeinflussen und teilweise beheben.

Aber auch in der Behandlung von Menschen, die von einer psychischen Erkrankung betroffen sind, kann therapeutisches Klettern psychotherapeutische Therapien ergänzen. Hier dient das Klettern beispielsweise dazu, das Selbstvertrauen der Erkrankten zu fördern oder bestimmte Ängste wie etwa soziale Phobien zu lindern.

Beachten Sie bitte Folgendes:

Falls Sie von einer Krankheit oder einer Verletzung betroffen sind, sprechen Sie zunächst mit Ihrem Arzt, bevor Sie mit dem Klettern beginnen. Bei bestimmten Erkrankungen, wie zum Beispiel einem Bandscheibenvorfall, ist die Begleitung beziehungsweise Beratung durch einen erfahrenen Physio- oder Sporttherapeuten sinnvoll. Das gilt insbesondere für Menschen mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Zudem ist therapeutisches Klettern bei bestimmten psychischen Erkrankungen – wie etwa einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) oder einer akuten Schizophrenie – nicht immer beziehungsweise nur in Absprache mit ihrem Arzt oder Psychologen zu empfehlen.

Sicherheit – Wie ist man eigentlich gesichert?

Anfänger lernen das Klettern in der Kletterhalle im "Toprope", wie die Kletterer es nennen. Das bedeutet nichts anderes, als das am hohen Ende der Kletterroute ein Haken in die Wand eingebohrt ist, in den ein Seil eingehängt wurde. Das Seil reicht mit beiden Enden bis zum Boden. An das eine Ende bindet sich der Kletterer mit einem speziellen Kletterknoten in seinen Klettergurt ein " in der Regel wird hierbei der sogenannte doppelte Achterknoten verwendet.

Das andere Ende führt der Kletterpartner – der "Sicherer" – durch ein spezielles Sicherungsgerät, welches er wiederum an seinem Gurt befestigt. Der Kletterer besteigt dann die Kletterwand, während sein Partner das Seil durch sein Sicherungsgerät nachzieht. Rutscht der Kletterer ab, blockiert das Seil im Sicherungsgerät des "Sicherers" und schützt den Kletterer vor einem Fall.

Das ist einfacher, als es zunächst klingt. Jeder Anfänger wird in einer Kletterhalle anfangs von einem Klettertrainer in die Sicherungstechniken eingewiesen, bevor er loslegen darf. Der Klettertrainer lässt Sie auch erst dann die Wände erklimmen, sobald Sie die Sicherungstechniken beherrschen. Das geht in der Regel relativ schnell.

Unser Tipp: Führen Sie die Anleitungen des Klettertrainers bitte exakt durch. Klettern ist keine gefährliche Sportart, solange man sich an bestimmte Regeln hält. Die meisten Unfälle im Klettersport passieren aus Unachtsamkeit, Leichtsinn oder Selbstüberschätzung!

Kletterausrüstung

Falls Sie erst einmal in einer Kletterhalle das Klettern ausprobieren möchten, dann brauchen Sie zunächst keine Kletterausrüstung – bis auf normale Sportkleidung: Die meisten Kletterhallen verleihen gegen einen geringen Betrag das nötige Klettermaterial. Und die Seile sind bereits überall vorhanden.

Wer dann Geschmack am Klettern gefunden hat und sich die Leihgebühr in der Kletterhalle sparen möchte, der braucht einen Klettergurt, Kletterschuhe und ein Sicherungsgerät:

Klettergurt

Klettergurte gehören zum Standard einer jeden Kletterausrüstung. Klettergurte finden Sie in jedem Outdoor-Geschäft, sie kosten zwischen 50 und 250 Euro. Die Preisunterschiede haben allerdings nichts mit der Sicherheit des Klettergurts zu tun: Jeder Klettergurt muss in Deutschland eine bestimmte DIN-Norm erfüllen, damit er verkauft werden darf. Klettergurte der oberen Preiskategorie lassen sich oft bequemer tragen und leichter an- und ausziehen.

Kletterschuhe

Spezielle Kletterschuhe sind nicht unbedingt nötig für die Kletterausrüstung, erleichtern aber das Klettern aufgrund ihrer besonderen Beschaffenheit: Sie haben mehr Halt mit diesen Schuhen und rutschen nicht so schnell von den Tritten ab, wie beispielsweise mit normalen Turnschuhen. Kletterschuhe der unteren Preiskategorie kosten um die 60 bis 70 Euro.

Sicherungsgerät

Es existieren verschiedene Geräte, mit denen man beim Klettern seinen Partner sichert: vom sogenannten Abseilachter, über Grigri bis ATC. Welches Gerät man benutzt, hängt auch von persönlichen Vorlieben ab. Am besten ist es, mit einem der Klettertrainer in einer Kletterhalle die verschiedenen Geräte auszuprobieren und dann das Gerät für die eigene Kletterausrüstung zu wählen, mit welchem man sich am wohlsten fühlt.