Galaktorrhoe: Was hinter krankhaftem Milchfluss steckt
Wenn plötzlich Milch aus der Brust austritt, ohne dass eine Schwangerschaft vorliegt, sorgt das oft für Verunsicherung. Galaktorrhoe nennt sich dieses Phänomen – und es kann viele Ursachen haben, von hormonellen Veränderungen über Stress bis hin zu Tumoren. Wann sollten Betroffene ärztlichen Rat einholen und wie wird der krankhafte Brustmilchausfluss behandelt?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Galaktorrhoe
Milchausfluss außerhalb von Schwangerschaft oder Stillzeit kann durch hormonelle Veränderungen, einen erhöhten Prolaktinspiegel, bestimmte Medikamente, gutartige Tumoren – aber auch durch harmlose Auslöser wie Stress oder körperliche Reize entstehen.
Galaktorrhoe ist nicht grundsätzlich gefährlich, kann aber ein Hinweis auf eine behandlungsbedürftige Störung sein – etwa einen Hormonüberschuss oder seltener einen Tumor. Deshalb sollte sie ärztlich abgeklärt werden.
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache: Häufig kommen hormonregulierende Medikamente zum Einsatz. Bei Entzündungen erfolgt eine gezielte Behandlung, bei medikamentenbedingtem Milchfluss wird das auslösende Präparat meist abgesetzt oder ausgetauscht.
Galaktorrhoe: Was ist das?
Als Galaktorrhoe bezeichnen Fachleute einen Milchfluss aus der Brust, der unabhängig von Schwangerschaft oder Stillzeit auftritt – spontan oder durch Druck auf die Brustwarze. Die Ursache ist meist eine hormonelle Störung. Galaktorrhoe ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Symptom.
Der Begriff "Galaktorrhoe" stammt aus dem Griechischen und bedeutet sinngemäß "Milchfluss" (galaktos = Milch, rheo = ich fließe).
Frauen im gebärfähigen Alter, also vor Eintritt der Wechseljahre, sind am häufigsten betroffen. In seltenen Fällen kann eine Galaktorrhoe auch bei Männern, Kindern oder Neugeborenen auftreten. Bei Säuglingen handelt es sich meist um eine sogenannte neonatale Galaktorrhoe – umgangssprachlich auch "Hexenmilch" genannt. Ursache ist der noch nachwirkende Einfluss mütterlicher Hormone wie Prolaktin. Diese Form ist in der Regel harmlos und verschwindet nach kurzer Zeit von selbst wieder.
Anatomie: Wie die Brust Milch bildet
Die Brustdrüse besteht aus rund 15 bis 20 Einzeldrüsen mit kleinen Drüsenläppchen, in denen unter hormonellem Einfluss Milch gebildet wird. Über feine Milchgänge gelangt sie zur Brustwarze. Aktiv ist dieses System normalerweise nur während Schwangerschaft und Stillzeit – hormonelle Störungen können es jedoch auch außerhalb dieser Phasen anregen.
Häufigkeit
Schätzungen zufolge ist etwa eine von hundert Frauen vor den Wechseljahren im Laufe ihres Lebens von einer Galaktorrhoe betroffen.
Was sind die Ursachen einer Galaktorrhoe?
Die häufigste Ursache für Galaktorrhoe ist ein überschüssiger Prolaktinspiegel im Blut – eine sogenannte Hyperprolaktinämie. Prolaktin ist ein Hormon, das in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) gebildet wird und die Milchbildung in der Brust anregt. Wird zu viel Prolaktin ausgeschüttet, kann es auch außerhalb von Schwangerschaft und Stillzeit zu einem Milchfluss kommen.
Eine Hyperprolaktinämie kann verschiedene Ursachen haben. Dazu zählen:
Prolaktinome: gutartige Hypophysentumoren in der Hirnanhangsdrüse, die Prolaktin direkt überproduzieren
weitere Hirnveränderungen: Tumoren, die nicht selbst Hormone bilden, aber die Prolaktinregulation stören – z. B. durch Druck auf die Hypophyse
Erkrankungen der Brustdrüse: etwa eine Mastitis (Brustentzündung) oder seltener Brustkrebs im Frühstadium
Störungen der Schilddrüsenfunktion: insbesondere eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), die indirekt den Prolaktinspiegel erhöhen kann
- Abszesse: eitrige Entzündungsherde in der Brust, die Druck auf Milchgänge oder Drüsengewebe ausüben können
Auch bestimmte Medikamente können den Prolaktinspiegel erhöhen – darunter:
- einige Psychopharmaka (z. B. Neuroleptika)
- Blutdruckmittel
- Magen-Darm-Medikamente
- Opiate
- die Antibabypille
Kein Krankheitszeichen: Wann Milchfluss harmlos sein kann
Ein milchiger Brustausfluss muss nicht zwangsläufig mit einer Erkrankung zusammenhängen. Neben hormonellen Störungen können auch körperliche oder emotionale Belastungen vorübergehend Milchfluss auslösen. Mögliche Auslöser sind:
- Stress
- körperliche Anstrengung
- Reizung der Brustwarzen, z. B. bei sexuellen Handlungen
Druck auf die Brust durch Bauch- oder Seitenlage beim Schlafen
Solche Reaktionen sind meist vorübergehend und harmlos – sollten aber beobachtet und bei Unsicherheit ärztlich abgeklärt werden.
Typische Symptome einer Galaktorrhoe
Das auffälligste Anzeichen einer Galaktorrhoe ist ein Austritt milchiger Flüssigkeit aus der Brust – ohne, dass sich die betroffene Frau in einer Schwangerschaft oder Stillzeit befindet.
Die Absonderung kann spontan oder durch leichten Druck auf die Brust ausgelöst werden und betrifft eine oder beide Seiten. Der Brustausfluss ist meist weißlich bis bernsteinfarben und variiert in der Menge, von einzelnen Tropfen bis zu einem deutlich stärkeren Milchfluss.
Häufig bleibt es bei diesem einen Symptom, doch je nach Ursache können weitere Beschwerden hinzukommen – besonders dann, wenn die hormonelle Regulation im Körper gestört ist.
Weitere mögliche Symptome sind:
Zyklusstörungen: unregelmäßige, verlängerte oder ausbleibende Monatsblutungen (Amenorrhö), insbesondere bei hormoneller Ursache
Spannungsgefühl in der Brust: gelegentlich auch Druckempfindlichkeit oder leichte Schmerzen
Kopfschmerzen und Sehstörungen: möglich bei größeren Hypophysenadenomen (z. B. Prolaktinom), die auf umliegende Strukturen drücken
Libidoverlust oder sexuelle Funktionsstörungen: insbesondere bei langfristigem Prolaktinüberschuss
Wichtig: Auch wenn Galaktorrhoe oft harmlos und schmerzfrei verläuft, sollte der Ausfluss – insbesondere, wenn er neu auftritt oder länger anhält – ärztlich abgeklärt werden, um hormonelle Ursachen oder Erkrankungen wie einen Tumor auszuschließen.
Wie wird eine Galaktorrhoe diagnostiziert?
Bei Verdacht auf eine Galaktorrhoe wird zunächst eine gründliche Befragung (Anamnese) durchgeführt. Die*der Ärztin*Arzt erfragt unter anderem, seit wann der Brustmilchausfluss auftritt, ob er ein- oder beidseitig ist und ob weitere Beschwerden wie Zyklusstörungen vorliegen. Auch Medikamente, der Menstruationszyklus und eventuelle hormonelle Veränderungen spielen eine wichtige Rolle bei der ersten Einschätzung.
Im Anschluss folgt meist eine körperliche Untersuchung sowie mehrere Tests:
Abtasten der Brust: zur Beurteilung des Brustgewebes und möglicher Knoten oder Verhärtungen
Beurteilung von Farbe und Konsistenz des Sekrets: bei eitrigem, blutigem oder wässrigem Ausfluss handelt es sich nicht um Galaktorrhoe, hier sollten andere mögliche Ursachen geprüft werden
Blutuntersuchung: getestet werden meist Prolaktin, Östrogen und Gestagen, Schilddrüsenhormone sowie gegebenenfalls weitere hormonelle Marker
Zur weiteren Abklärung können bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen:
Ultraschall (Sonographie): zur Untersuchung von Brustgewebe und Milchgängen
Röntgenuntersuchung der Brust (Mammographie): bei unklaren Befunden oder zur Abklärung auffälliger Strukturen
Untersuchung der Milchgänge: mithilfe von Röntgenaufnahmen (Galaktographe) oder seltener durch eine Spiegelung (Galaktoskopie) – vor allem bei einseitigem, nicht milchigem Ausfluss oder Verdacht auf kleine Gewebeveränderungen im Milchgang (z. B. Papillome)
Bei Verdacht auf ein hormonell aktives Prolaktinom – also einen gutartigen Tumor der Hypophyse – werden ergänzend eine Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) des Schädels eingesetzt.
Typischer Verlauf einer Galaktorrhoe
In den meisten Fällen verläuft eine Galaktorrhoe harmlos und ist gut behandelbar. Wenn die Ursache – etwa ein erhöhter Prolaktinspiegel oder eine hormonelle Störung – erkannt und gezielt therapiert wird, lässt sich der Milchfluss meist zuverlässig stoppen. Auch bei medikamentös bedingter Galaktorrhoe bessern sich die Symptome in der Regel, sobald das auslösende Präparat angepasst oder abgesetzt wird.
Die Prognose ist daher überwiegend günstig. Nur in seltenen Fällen steckt eine ernste Grunderkrankung wie Brustkrebs hinter dem Symptom. In solchen Situationen hängt der weitere Verlauf davon ab, wie früh der Tumor erkannt wird und wie gut er auf die Behandlung anspricht.