Das Bild zeigt eine Patienten, die im Krankenhausbett liegt.
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Medikamentenpumpen

Von: Till von Bracht (Medizinredakteur, M.A. Sportwissenschaften), Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 30.03.2021 - 07:33 Uhr

Medikamentenpumpen sind Hilfsmittel bei einer medikamentösen Therapie. Sie werden in oder am Körper getragen und geben kontinuierlich oder in regelmäßigen Abständen einen Wirkstoff ab.

Allgemeines

Eine Medikamentenpumpe wird vor allem bei der Schmerztherapie eingesetzt. Menschen, die besonders starke Schmerzen haben, zum Beispiel direkt nach einer Operation oder durch bestimmte Krebserkrankungen, benötigen eine intensive und zuverlässige Schmerztherapie. Oft hilft hier eine kontinuierliche Gabe von Schmerzmitteln direkt ins Blut oder in die Hirnflüssigkeit (Liquor) mithilfe von Medikamentenpumpen (Schmerzmittelpumpen). Wenn der Patient die Medikamentenabgabe in Grenzen selbst seinem Bedarf anpassen kann, spricht man von patientengesteuerter Schmerztherapie (PCA). Auch bei Diabetes mellitus ("Zuckerkrankheit") können Medikamentenpumpen sinnvoll sein. Diese geben dann das blutzuckersenkende Hormon Insulin ab.

Medikamentenpumpen gewährleisten eine konstante Wirkstoffmenge im Blut (Medikamentenspiegel). Nehmen Patienten Arzneimittel in Form von Tabletten ein, schwankt der Medikamentenspiegel im Blut. Dafür sind verschiedene Störfaktoren verantwortlich. So beeinflussen der Füllungszustand oder der Säuregehalt des Magens sowie bestimmte Speisen die Aufnahme des Wirkstoffs.

Außerdem baut die Leber über den Mund (oral) aufgenommene Medikamente teilweise ab, bevor sie sich im Organismus verteilen können (sog. First-pass-Effekt). Mit der direkten Gabe eines Medikaments über eine Vene oder in die Hirnflüssigkeit lassen sich diese Nachteile vermeiden.

Um eine kontinuierliche Medikamentenmenge im Blut aufrecht zu erhalten, bedient man sich einer Infusionspumpe. Diese befördert innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls eine vorherbestimmte Wirkstoffmenge in den Blutkreislauf. Diese Geräte sind oft sehr groß, schwer und kabelgebunden, sodass sie sich nur für den ortsgebundenen Einsatz innerhalb eines Krankenhauses eignen.

Durch Fortschritte in der Mikromechanik und der Mikroelektronik ist es gelungen, Infusionspumpen so stark zu verkleinern, dass der Patient sie ohne Belastung mit sich führen kann. Es gibt sowohl tragbare Medikamentenpumpen (externe Medikamentenpumpe) als auch unter die Bauchdecke oder am Oberarm einpflanzbare Systeme.

Für den Träger haben in den Körper einpflanzbare (implantierbare) Medikamentenpumpen, ähnlich wie etwa implantierbare Herzschrittmacher, einige Vorteile gegenüber den tragbaren (externen) Systemen. Zum Beispiel entfallen mitzuführende Geräte und außerhalb des Körpers befindliche Kunststoffschläuche (externes Kathetersystem).

Es gibt jedoch auch Nachteile bei einpflanzbaren Pumpsystemen. Die implantierten Medikamentenpumpen müssen regelmäßig gewartet und oft nach einigen Jahren ausgetauscht werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass ein Blutgerinnsel (Thrombus) das Beförderungssystem (Kathetersytem) verstopft. Darüber hinaus löst die implantierte Medikamentenpumpe manchmal ein verstärktes Bindegewebswachstum aus. Dadurch kann das offene Ende des Pumpsystems zuwachsen.

Auch bei der Aufbereitung der Arzneimittel (Galenik) für die Medikamentenpumpen ist es wichtig, bestimmte Gesichtspunkte zu berücksichtigen. So ist es erforderlich, dass eine konzentrierte Wirkstofflösung unter den Bedingungen der Körperwärme lange stabil bleibt und das Infusionssystem nicht verstopft.

Sicherheitstechnik

Bei Medikamentenpumpen gewährleistet eine ausgeklügelte Sicherheitstechnik die reibungslose Funktion. Die Steuerelektronik ist doppelt vorhanden. Sie überwacht zum Beispiel die Abgabe der Wirkstoffe und informiert den Patienten über jede Fehlfunktion der Medikamentenpumpe. Fällt ein Steuersystem aus, übernimmt das andere die Funktion und meldet gleichzeitig die Störung. Eine optische Anzeige und akustische Signale zeigen den aktuellen Zustand der Medikamentenpumpe an und melden unverzüglich jede Störung.

Die sogenannte Totmann-Funktion verhindert eine unkontrollierte Wirkstoffabgabe, wenn der Träger der Pumpe beispielsweise bewusstlos ist. Außerdem fordert die Medikamentenpumpe den Träger durch einen Signalton regelmäßig zur Betätigung einer "Quittungstaste" auf. Bleibt diese Bestätigung (Quittung) aus, unterbindet das Gerät jede weitere Medikamentenabgabe.

Anwendungsgebiete

Schmerztherapie

Medikamentenpumpen in der Schmerztherapie (Schmerzmittelpumpen) sorgen für eine gleichmäßige Wirkstoffabgabe ins Blut oder in die Hirnflüssigkeit. Auch kann eine solche Pumpe Schmerzmittel direkt ins Gewebe abgeben, zum Beispiel zur örtlichen Betäubung (Lokalanästhesie). In der Schmerztherapie hilft eine Medikamentenpumpe insbesondere Menschen mit sehr großen Schmerzen, zum Beispiel nach einer Operation oder durch bestimmte Krebserkrankungen.

Bei besonders starken Beschwerden reicht die klassische Schmerztherapie mit Tabletten oft nicht aus, um die Schmerzen ausreichend zu lindern. Eine kontinuierliche Gabe von Schmerzmitteln über die Vene (Infusion) kann hier Vorteile bringen. Wenn der Patient die Medikamentenabgabe in Grenzen selbst seinem Bedarf anpassen kann, spricht man auch von einer patientengesteuerten Schmerztherapie (PCA).

Medikamentenpumpen in der Schmerztherapie funktionieren nach dem sogenannten Basis-Bolus-Konzept: Abhängig von der individuellen Konstitution, der Tageszeit und der Aktivität des Erkrankten legt der Arzt für 24 Stunden eine gewisse Menge an Schmerzmittel fest, welche die Medikamentenpumpe kontinuierlich und langsam freisetzt (Basis-Konzept). Bei besonderen Schmerzspitzen kann der Patient eigenständig eine zusätzliche, vorher festgelegte Medikamentenmenge (Bolus) abrufen. Um eine Überdosierung zu vermeiden, wird die Zahl der möglichen Bolus-Gaben innerhalb von 24 Stunden elektronisch begrenzt. Mit der Medikamentenpumpe kann sich der Patient frei bewegen, die Schmerzmitteldosis je nach Bedarf individuell anpassen und dadurch eine größere Unabhängigkeit sowie eine bessere Lebensqualität erlangen.

Diabetes mellitus und Insulinpumpe

Medikamentenpumpen kommen auch bei Diabetes mellitus ("Zuckerkrankheit") zum Einsatz. Diabetes mellitus ist eine chronische Erkrankung: Unter bestimmten Voraussetzungen – zum Beispiel wenn ein sogenannter Typ-I-Diabetes vorliegt – sind Diabetiker zeitlebens auf die Gabe des Hormons Insulin angewiesen. Häufig reicht es aus, wenn sich der Erkrankte je nach Bedarf, zum Beispiel vor dem Essen, Insulin verabreicht. Bei einigen Formen der Erkrankung ist es jedoch wünschenswert, eine gleichmäßige Abgabe von Insulin zu gewährleisten. Hierbei hilft eine Insulinpumpe, die im Laufe des Tages kontinuierlich eine vorgegebene Menge des Wirkstoffs freisetzt. Die Medikamentenpumpen sind so ausgestattet, dass sie auch den individuellen Bedarf der Patienten berücksichtigen: Braucht der Träger im Laufe des Tages mehr Insulin, kann er sich eigenständig eine vorher festgelegte Menge des Hormons verabreichen (Bolus).

Tumortherapie

Medikamentenpumpen haben einen wichtigen Stellenwert in der Tumortherapie. Sie ermöglichen Betroffenen eine örtliche Flexibilität. Arzneimittel gegen Krebs wirken häufig nur, wenn sie direkt in den Blutkreislauf verabreicht werden (Infusion). Oft dauert die Infusion einige Minuten bis wenige Stunden. Manchmal ist jedoch auch eine Dauerinfusion über 24 Stunden nötig. Eine tragbare Medikamentenpumpe ermöglicht es dem Betroffenen, sich frei zu bewegen.

Ausblick

Medikamentenpumpen helfen Menschen mit starken Schmerzen oder chronischen Erkrankungen, besser mit ihren Beschwerden zurechtzukommen und eine höhere Lebensqualität zu erreichen. Ausgeklügelte Sicherheitsmaßnahmen gewährleisten einen zuverlässigen Einsatz der Pumpen. Der Entwicklungsbedarf bleibt jedoch weiterhin hoch. Zum Beispiel ist es bislang noch nicht gelungen, über Jahrzehnte hinweg zuverlässige Systeme zu entwickeln. Die Medikamentenpumpen müssen noch immer regelmäßig ersetzt werden.

Forscher arbeiten außerdem an Medikamentenpumpen, die selbstständig den individuellen Wirkstoffbedarf des Trägers erfassen und anschließend freisetzen können (closed loop system). Solche Pumpen sind bislang noch nicht technisch ausgereift. Am Beispiel eines Diabetikers kann man sich darunter eine Insulinpumpe vorstellen, die den Blutzuckerspiegel laufend durch einen eingepflanzten Sensor bestimmt und die Insulinabgabe dem Bedarf angepasst reguliert. Entsprechende Sensoren wurden bereits entwickelt. Allerdings steht ihrem Einsatz bisher noch die fehlende Langzeitstabilität der verwendeten Materialien entgegen. Die teilweise sehr aggressiven körpereigenen Substanzen, zum Beispiel bestimmte Körperflüssigkeiten, schädigen die verwendeten Materialien so sehr, dass die Medikamentenpumpen schnell ihre Funktion verlieren.