Frau mit Netzhautablösung wird augenärztlich untersucht.
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Netzhautablösung: Anzeichen, Ursachen & Notfall-OP

Von: Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 24.01.2024

Bei einer Netzhautablösung handelt es sich um einen medizinischen Notfall. Denn wenn die Netzhaut zu lange vom Augenuntergrund abgelöst ist, droht schlimmstenfalls eine Erblindung. Erfahren Sie, welche Symptome für eine Netzhautablösung sprechen können, was mögliche Ursachen sind und welche Operationen durchgeführt werden können.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zur Netzhautablösung

Häufig ist die Ursache ein Riss oder Loch in der Netzhaut, welches durch bestimmte Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Augenoperationen, Unfälle oder Kurzsichtigkeit begünstigt wird. 

Ja, eine Ablösung der Netzhaut kann unbehandelt zu einer Erblindung führen und ist deshalb ernst zu nehmen.

Eine Netzhautablösung sollte umgehend behandelt und operiert werden. 

Was ist eine Netzhautablösung?

Bei einer Netzhautablösung hebt sich die funktionelle Schicht der Netzhaut (Retina) im Auge vom darunterliegenden Pigmentepithel ab, welches für die Nährstoffversorgung der Netzhaut wichtig ist. In der Folge wird die Nährstoffversorgung unterbrochen, was unbehandelt innerhalb weniger Tage zu Sehstörungen führt. Schlimmstenfalls droht eine Erblindung. Oft löst sich die Netzhaut nur an einem Auge, es können jedoch auch beide Augen betroffen sein.

Fachleute bezeichnen die Ablösung der Netzhaut auch als Ablatio retinae oder Amotio retinae. 

Häufigkeit

Rund 1 von 10.000 Menschen erleidet jährlich eine Netzhautablösung. Die Erkrankung ist somit selten. Besonders häufig sind Menschen zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr betroffen. Bei rund 6 bis 10 Prozent der Betroffenen löst sich die Netzhaut an beiden Augen ab. 

Netzhautablösung: Erste Anzeichen und Symptome

Bereits vor der Ablösung der Netzhaut können einige Symptome auftreten, die durch ein Netzhautloch und Verletzungen der Blutgefäße entstehen. 

Erste Anzeichen einer drohenden Netzhautablösung können sein: 

  • Lichtblitze: Oft sehen Betroffene Lichtblitze im betroffenen Auge. Diese können entstehen, wenn es auf die Stelle, wo der Glaskörper an der Netzhaut angeheftet ist, eine Zugeinwirkung gibt. 

  • Rußregen: Dabei sehen Betroffene kleine schwarze Punkte oder Schwebeteilchen, welche nach unten absinken. 

Weitere Symptome bei Netzhautablösung

Kommt es zu einer Ablösung der Netzhaut, hängen die weiteren Symptome davon ab, an welcher Stelle sich diese ablöst. Weitere mögliche Beschwerden sind:

  • Gesichtsfeldausfälle: Betroffene sehen oft von unten aufsteigend eine Art Schatten oder Wand, wenn die Netzhautablösung fortschreitet.

  • Sehstörungen: Löst sich die Netzhaut im Bereich der Makula (gelber Fleck, Stelle des schärfsten Sehens), schränkt dies die zentrale Sehschärfe deutlich ein.

Ohne Behandlung verschlimmern sich die Symptome. Augenschmerzen treten in der Regel nicht auf.

Netzhautablösung: Ursachen und Risikofaktoren

Fachleute unterscheiden verschiedene Formen der Netzhautablösung, abhängig von der zugrunde liegenden Ursache. 

Rhegmatogene Netzhautablösung

Die häufigste Form ist die rhegmatogene Netzhautablösung durch einen Netzhautriss oder ein Netzhautloch. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein. Oft steckt eine altersbedingte Schrumpfung des Glaskörpers oder aber Verletzungen des Augapfels durch einen Unfall dahinter. Auch Kurzsichtigkeit kann das Risiko erhöhen.

Eine weitere mögliche Ursache beziehungsweise ein Risikofaktor für eine rissbedingte Netzhautablösung ist zum Beispiel ein kürzlich operierter Grauer Star (Katarakt).

Traktive Netzhautablösung

Darüber hinaus kann sich die Netzhaut auch infolge spezieller Verwachsungen ablösen. Dabei lösen Bindegewebsstränge oder Narbengewebe Zug auf die Netzhaut aus, wodurch sich diese von den darunterliegenden Schichten abhebt (zugbedingte Netzhautablösung).

Zu den Ursachen derartiger Verwachsungen zählen insbesondere Netzhauterkrankungen im Rahmen eines Diabetes mellitus, wie eine diabetische Retinopathie. Auch Netzhautveränderungen bei Frühgeborenen oder Netzhautoperationen können Verwachsungen verursachen.

Exsudative Netzhautablösung

Zudem kann es zu einer Netzhautablösung durch Flüssigkeitseinlagerung im Spalt zwischen der lichtempfindlichen Schicht der Netzhaut und der Aderhaut kommen. Die Flüssigkeit tritt meist aus beschädigten Gefäßen der Netz- oder Aderhaut aus. Ursache hierfür können Erkrankungen und Entzündungen im Auge oder Tumoren sein. 

In seltenen Fällen können auch Kombinationen der verschiedenen Formen vorliegen, zum Beispiel eine riss- und zugbedingte Netzhautablösung.

Netzhautablösung: Behandlung mit OP

Eine Netzhautablösung muss umgehend behandelt werden. Je schneller eine Behandlung erfolgt, desto günstiger sind die Heilungschancen. Die genauen Maßnahmen hängen davon ab, ob es sich um eine Vorstufe handelt oder ob sich die Netzhaut bereits abgelöst hat. Durch Medikamente lässt sich eine Ablösung der Netzhaut nicht behandeln.

  • Laserbehandlung: Bei Vorstufen einer Ablösung wie zum Beispiele Risse oder Löcher in der Netzhaut können diese mithilfe eines speziellen Lasers behandelt werden. Dabei werden die Schichten miteinander verbunden, um so zu verhindern, dass die Netzhaut weiter einreißt und sich ablöst.

  • Kryotherapie: Auch durch eine Kältesonde können Risse in der Netzhaut behandelt werden. Durch die Kältetherapie soll die Narbenbildung angeregt werden, damit sich die Netzhautschichten wieder miteinander verbinden.

  • eindellendes OP-Verfahren: Eine fortgeschrittene Ablatio retinae wird durch eine chirurgische OP behandelt. Fachleute dellen dabei den Augapfel ein, um die Aderhaut wieder an die Netzhaut anzunähen. Hierfür kann eine Plombe aus Silikon auf das Auge oder ein Silikonband (Cerclage) um das Auge gelegt werden, wenn mehrere Risse und Löcher bestehen. 

  • Entfernung des Glaskörpers: Bei einer komplizierten Netzhautablösung kann der Glaskörper durch eine OP entfernt (Vitrektomie) und durch Gas oder durchsichtiges Silikonöl ersetzt werden. Eine solche Tamponade aus Gas oder Silikonöl sorgt dafür, dass sich die Netzhaut wieder fest an den Untergrund anlegt.

Netzhautablösung: Schnelle Diagnose besonders wichtig

Bei einer Netzhautablösung ist eine schnelle Behandlung essenziell. Bei ersten Anzeichen wie dem Sehen von Lichtblitzen oder schwarzen Punkten sollten Betroffene umgehend eine augenärztliche Praxis oder Klinik aufsuchen.

Zunächst stellen Ärzt*innen im Rahmen der Anamnese Fragen zu den Beschwerden und möglichen Vorerkrankungen. Danach folgt eine genaue Untersuchung beider Augen, auch wenn die Symptome gegebenenfalls nur einseitig auftreten. So können auch mögliche Vorstufen einer Ablösung am symptomlosen Auge festgestellt und behandelt werden. 

Vor der eigentlichen Untersuchung werden die Pupillen mithilfe von Augentropfen geweitet. Bei einer Augenspiegelung (Ophthalmoskopie) können Fachleute den Augenhintergrund und die Netzhaut genauer untersuchen. Hierfür wird eine Spaltlampe verwendet, ein spezielles Instrument mit Lichtquelle und Lupe. 

Darüber hinaus wird auch die Sehschärfe durch verschiedene Tests bestimmt. Um mögliche Blutungen im Glaskörper auszuschließen, kann eine Ultraschalluntersuchung der Netzhaut veranlasst werden. Eine optische Kohärenztomographie (spezielles bildgebendes Untersuchungsverfahren der Netzhaut) wird durchgeführt, wenn sich die Netzhaut vermutlich im Bereich der Makula abgelöst hat.

Netzhautablösung: Verlauf, Prognose und Spätfolgen

Verlauf und Prognose hängen bei einer Netzhautablösung vor allem davon ab, wie weit und an welcher Stelle sich die Netzhaut abgelöst hat und wie schnell die Behandlung erfolgt. In rund 90 Prozent der Fälle kann eine rissbedingte Netzhautablösung durch eine OP geheilt werden. 

Bis zu welchem Grad die Sehkraft wiederhergestellt werden kann, hängt jedoch davon ab, wie lange die Netzhaut abgelöst war. Unbehandelt schreitet eine Netzhautablösung in der Regel fort und führt fast immer zur Erblindung.

Komplikationen und Spätfolgen

Eine Netzhautablösung kann mit einigen Komplikationen und weiteren Schäden im Auge verbunden sein: 

  • Möglich sind Einblutungen in den Glaskörper durch Gefäßeinrisse, was das Sehvermögen verschlechtert.
  • Nach einer Operation kann es zu einer Narbenreaktion der Netzhaut kommen. Diese proliferative Vitreoretinopathie (PVR) kann zu einer erneuten Abhebung der Netzhaut mit Sehverlust führen. 
  • Eine Vitrektomie beschleunigt die Entwicklung einer Linsentrübung (Grauer Star).
  • Zudem kann sich der Augeninnendruck nach einer OP erhöhen und ein Glaukom (Grüner Star) entstehen.

Unter Umständen kann sich die Netzhaut wieder lösen, was eine erneute OP erforderlich macht. Deshalb sind regelmäßige Kontrollen beider Augen in einer augenärztlichen Praxis besonders wichtig.

Lässt sich einer Netzhautablösung vorbeugen?

Eine vollständige Ablösung der Netzhaut kann verhindert werden, indem Betroffene bei ersten Anzeichen wie Lichtblitzen und plötzlich auftretenden schwarzen Punkten im Sichtfeld schnellstmöglich eine augenärztliche Praxis aufsuchen.

Besteht ein erhöhtes Risiko für eine Netzhautablösung, sollten Menschen ab 40 Jahren regelmäßig ihre Augen kontrollieren lassen. Die Wahrscheinlichkeit einer Netzhautablösung ist beispielsweise erhöht

  • bei Diabetes mellitus,
  • bei Kurzsichtigkeit,
  • nach einer kürzlich erfolgten OP eines Grauen Stars (Katarakt) oder
  • wenn es in der Vergangenheit bereits zu einer Netzhautablösung kam.