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Krise/ Psychose

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  • Krise/ Psychose

    Sehr geehrter Herr Dr. Spruth,

    heute hatte mein Vater das erste Mal eine richtige, krasse Psychose. Er war auf einmal total schlecht gelaunt, und als dann mein Cousin dazu kam (der tagsüber oft auf ihn aufpasst) wurde es immer schlimmer und er fing uns an zu beschimpfen. Er hörte nicht auf, bzw. es steigerte sich sehr schnell, und er fing an während wir aßen, dass er Sachen trat und immer jammerte, wie blöd wir doch wären, und er hätte den ganzen Tag gearbeitet und wir... er kann sich ja auch gar nicht mehr ausdrücken. Psychologisch gesehen verstehe ich sein Problem, gegen das wir aber nichts tun können, aber neurologisch brauche ich soviele Meinungen wie möglich. Jedenfalls steigerte das ganze sich so dermaßen, Ausrasten, Weinen auf den Knien, uns und sich selber Beschimpfen, dass ich bei einem gerontopsychatrischem Krankenhaus anrief und bei einem psychiatrischen Notdienst. Die Ärzte dort sagten uns, dass der Anfall sehr wahrscheinlich von alleine wieder geht, sobald mein Vater zu erschöpft sein würde, und letztendlich war es auch dann so (nach ca. 2 Stunden) und mit Hilfe von ein bisschen Musik und Fernseher. Dass wir alle selber (auch vor Furcht was noch kommt, ob er sich was tut oder uns oder umfällt oder wegläuft vor ein Auto) nicht gestorben sind war nur, weil wir zu viert mit meinem Vater waren in dem Moment, was einem doch eine gewisse Sicherheit gibt.
    Mein Vater war schon sehr lange depressiv aber ruhig, Psychosen entwickelten sich erst die letzten 2 Wochen aber gefahrlose, so einen Ausraster hatte er noch nie. Wir geben ihm seit ein paar Tagen kleine Dosen von Risperdal, und er bekommt immer noch seine 10mg Citalopram. Jetzt sagte der Arzt im Notdienst, ich solle das Citalopram sofort absetzen, es ist wohl nicht mehr das richtige für ihn (weil aufputschend).
    1) Ist es schlimm, wenn ich es nicht ausschleichen lasse?
    2) Reicht es tatsächlich weiterhin mit dem Risperdal zu arbeiten, d.h. ich würde ihm jetzt vorerst abends 0,5mg und tagsüber morgens und mittags 0,25mg geben? Vielleicht war die Dosis noch zu klein, aber ich wollte nicht so schnell steigern und es heisst ja bei Alzheimer reichenkleinere Dosen wegen dem verringerten Gehirnvolumen?
    3) Der eine Neurologe wollte ihm Reminyl geben (wie ich schon schrieb, und Sie schon antworteten), aber die neue Neurologin in der Alzheimer-Ambulanz meint, dass der Zeitpunkt sehr ungünstig ist jetzt damit anzufangen, wegen der eh schon bestehenden Unruhe. Stimmt das?
    4) Die neue Ärztin meinte auch, sie würde rein aus unseren Schilderungen ihn als "schwer" dement einstufen, wo sie kein Reminyl mehr geben würde, nach allen gängigen Einstufungen die ich kenne, ist mein Vater aber im mittleren Stadium. Ausserdem sprach sie dann mal wieder davon, dass das nach ihrer Erfahrung sowieso nur ein paar "Wochen" helfen würde, und die Nebenwirkungen eben so stark wären. Ausserdem sollte ich das Citalopram NICHT absetzen. Jetzt bin ich mit meinem Latein wieder am Ende. Soll ich doch mal einen erfahrenen Radiologen das neue CT-Bild auswerten lassen, dass die Ärztin nach ihrem eigenen Bekunden nicht anschaut, weil "sie es sowieso nicht beurteilen kann"?
    5) Es gibt doch auch Autoimmunreaktionen, z.B. auf Serotonin, soll ich das mal testen lassen?
    Entschuldigen Sie die vielen Fragen, aber vielleicht profitieren von Ihren Antworten auch noch andere
    Freundliche Grüße
    Flieder


  • RE: Krise/ Psychose


    hallo,

    habe ihren beitrag gelesen und möchte ihnen von meinen / unseren erfahrungen im pflegeheim weitergeben.
    seit einiger zeit beschäftigen wir uns mit der methode der validation nach nicole richards ( IVA )
    mit dieser methode haben wir sehr gute erfahrungen gemacht. es gibt auch seminare mit speziellen trainern, die diese methode vermitteln

    mfg monika zilke

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    • RE: Krise/ Psychose


      Sehr geehrte Flieder,

      ich habe eben schon auf Ihre diesbezüglichen Fragen in einem vorangegangenen Beitrag geantwortet, daher hier nur einige Ergänzungen. Nochmals möchte ich allerdings darauf hinweisen, daß ich bezüglich einer konkreten Therapieempfehlung nicht der richtige Ansprechpartner bin, da ich Ihren Vater nicht persönlich kenne. Meine Anmerkungen haben daher nur den Charakter von subjektiven grundsätzlichen Überlegungen.
      Ad 1: In dieser Situation würde ich vermutlich Cipramil absetzen.
      Ad 2: Die Regel lautet: Start low, go slow. Theoretisch ist aber noch Spielraum für eine weitere Dosiserhöhung (in Absprache mit der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt). Ggfs. kann auch eine Kombination mit anderen Medikamenten erfolgen. Nach einer gewissen Zeit sollte das Präparat wieder abgesetzt werden, um die Notwendigkeit der Weiterverordnung zu überprüfen. Die meisten Patienten brauchen es nicht dauerhaft.
      Ad 3: Ich würde eine antidementive Therapie vermutlich ansetzen. AChI oder Memantine? Lesen Sie hierzu bitte meinen Beitrag weiter unten.
      Ad 4: Ich würde Citalopram versuchsweise absetzen und nach dem klinischen Verlauf die Indikation zur weiteren Verordnung einschätzen.

      Mit freundlichen Grüssen,

      Spruth

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      • RE: Krise/ Psychose


        Hallo,

        würde mich interessieren. Weiss zwar tendenziell um was es geht, aber gerade in unserem Fall kann ich mir nicht mehr viel vorstellen, was es noch für Methoden geben könnte, den "Patienten" aufzubauen und ihm das Leben so gerecht wie nur möglich zu gestalten. Ich denke, wir waren da schon sehr einfühlsam und haben ihm auch ein sehr beschütztes Leben geboten, vielleicht deshalb auch jetzt erst der plötzliche Ausbruch der Psychosen (die natürlich tendenziell schon da waren), der meiner Meinung nach sehr stark an seinen immer stärkeren Ängsten festzumachen ist.
        Ich kann mir nicht so recht vorstellen, wie man ihm diese nehmen kann, mit dem Bewußtsein, das er noch hat. Vor allem durch seine Aphasie, denn er kann schlicht sich nicht so mitteilen, wie er möchte, auch wenn wir versuchen ihm das abzunehmen.
        Kann man dafür auch Spezialisten ins Haus holen? Er ist jetzt leider in eine Klinik gekommen, da er zu sehr gelitten hat (wir natürlich mit ihm). Dort ist er jetzt zwar in einer Dauer-Psychose (allerdings nicht mehr so aggressiv), aber ich hoffe irgendwann wirken die Medikamente, die übrigens in einem viel sanfteren Maße vergeben werden, als es die Ärzte "draussen" uns empfohlen haben. Die anfängliche Dosis war bezüglich der Nebenwirkungen, die man von außen nicht erkennen kann, viel zu hoch. Der arme Mann muss ziemlich krasse Empfindungen daraufhin gehabt haben, denn erst seit den Antipsychotika möchte er von Medizin nichts mehr wissen, davor hatte er Vertrauen. Er deutet mir an, dass das etwas total Schlimmes ist, und ich bin fest davon überzeugt, dass er die Wirkung meint. Also, langsam langsam, und wenn möglich nicht nur über Pharmaka.
        Dies zur Warnung an andere Angehörige, bitte wirklich einschleichen!
        Grüße
        Flieder

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