Cholinesterase-Hemmstoffe

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 13.12.2007

auch bezeichnet als:
Acetylcholinesterasehemmer; Cholinergika; Cholinesterase-Hemmer; Cholinesterase-Inhibitoren; Cholinesterasehemmer

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Cholinesterase-Hemmstoffe" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Acetylcholin ist einer der wichtigen Botenstoffe im Körper, der für die Signalübertragung zwischen Nerven benötigt wird. Soll ein elektrisches Signal von einem zum anderen Nerven übertragen werden, wird an der Kontaktstelle vom gereizten Nerv unter anderem Acetylcholin ausgeschüttet. Dieses bindet sich am reizempfangenden Nerv an entsprechende Rezeptoren und löst dort ein elektrisches Signal aus, das am Nerven entlang weitergeleitet wird. Hat das Acetylcholin solchermaßen seine Aufgabe erledigt, wird es entweder wieder in den ausschüttenden Nerv aufgenommen oder unwirksam gemacht. Das geschieht mittels eines Enzyms, der Cholinesterase, die das Acetylcholin spaltet.

Bei manchen Krankheitsbildern besteht ein Acetylcholin-Mangel. Dann ist es wünschenswert, die Konzentration an diesem Botenstoff möglichst hoch zu halten. Dies wird erreicht, indem man das Enzym Cholinesterase hemmt und damit den Abbau von Acetylcholin verhindert. Entsprechende Substanzen sind die Cholinesterase-Hemmstoffe.

Die Substanzen dieser Gruppe sind einzuteilen in Cholinesterase-Hemmstoffe mit vorübergehender (reversibler) und solche mit dauerhafter (irreversibler) Wirkung.

  • Zu den reversiblen Cholinesterase-Hemmstoffen zählen
    1. Tacrin, Donepezil, Galantamin und Rivastigmin, welche zur Milderung der Symptome bei leichter und mittelschwerer Alzheimer-Demenz eingesetzt werden. Diese Stoffe können in das Gehirn gelangen.
    2. Pyridostigmin, Ambenoniumchlorid und Edrophoniumchlorid, die bei der Behandlung einer bestimmten Muskelschwäche (Myasthenia gravis) zum Einsatz kommen. Diese Substanzen überwinden die Blut-Hirnschranke nicht, bleiben in ihrer Wirkung also auf den übrigen Körper beschränkt und sparen das Gehirn aus.

  • Zu den irreversiblen Cholinesterase-Hemmstoffen zählt eine Gruppe sehr stark wirksamer und giftiger Insektenvernichtungsmittel wie unter anderen Paraoxon, Dichlorvos, Nitrostigmin, Methyldemeton und Proxopur.

Wirkung

Die Cholinesterase-Hemmstoffe verändern das Enzym Cholinesterase derartig, dass es seine Aufgabe, Acetylcholin zu spalten, nicht mehr erfüllen kann. Je nach Dauer ihrer Bindung an die Cholinesterase haben die Cholinesterase-Hemmstoffe sehr unterschiedliche Auswirkungen.

Reversible Cholinesterase-Hemmer, also solche mit vorübergehender Wirkung, verstopfen lediglich zeitweilig das Reaktionszentrum des Enzyms. Durch Verhinderung des Acetylcholin-Abbaus erhöhen sie gezielt das Angebot an Acetylcholin im Gehirn und in der Muskulatur:
  • Bei der Alzheimer-Demenz nimmt die Anzahl der Nervenzellen im Gehirn ab. Signale können nicht wie zuvor übertragen werden. Um die Denkleistung der Patienten zu verbessern, muss die Signalstärke erhöht werden. Cholinesterase-Hemmstoffe, die in das Gehirn gelangen können, verhindern den Abbau des wichtigen Signalstoffs Acetylcholin und verstärken dadurch die Signale der Nerven.
  • In der Muskulatur wird durch Acetylcholin das Zusammenziehen (Kontraktion) ausgelöst. Ein Mangel bedingt die Krankheit Myasthenia gravis mit zunehmender Muskelschwäche. Wird hier der Abbau des Botenstoffs verhindert, steht mehr Acetylcholin zur Verfügung und die Muskeln können sich wieder zusammenziehen.
Irreversible Cholinesterase-Hemmer wirken als starke Gifte. Sie reagieren chemisch mit Teilen des Enzyms und zerstören es unumkehrbar. Dadurch kommt es zu allgemeinen Lähmungen auch der Herztätigkeit und der Atmung, was zum Tode führt.