Tranylcypromin

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 18.03.2011

Allgemeines

Tranylcypromin wird bei schweren Depressionen eingesetzt. Es wirkt antriebssteigernd und findet daher oft bei "gehemmten" Depressionen Anwendung. Auch wenn andere Antidepressiva nicht oder nicht ausreichend wirken, findet Tranylcypromin Anwendung.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • depressive Erkrankungen behandeln
  • Antrieb steigern
  • Stimmung aufhellen

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Tranylcypromin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Tranylcypromin nicht verwendet werden?

Tranylcypromin darf nicht eingenommen werden, wenn Überempfindlichkeit gegenüber diesem Arzneimittel besteht.

Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sollen nicht mit Tranylcypromin behandelt werden.

Auch Personen, die an akuten Verwirrtheitszuständen leiden, sollen es nicht bekommen. Keinesfalls darf bei akuten Vergiftungen oder Überdosierungen von Alkohol, Schlafmitteln, Schmerzmitteln oder Psychopharmaka Tranylcypromin gegeben werden.

Die Anwendung von Tranylcypromin sollte unterlassen werden bei schweren Nieren- oder Leberschäden oder bekannten Schädigungen der Gehirn- oder Herzgefäße beispielsweise bei Zerebralsklerose oder Angina Pectoris. Aber auch bei älteren Menschen und bei Patienten mit Blutdruckproblemen (zu hohem oder zu niedrigem) ist besondere Vorsicht geboten.

Tranylcypromin ist verboten bei maligner Hyperthermie (eine seltene Komplikation, die bei Narkosen auftreten kann), auch wenn diese längere Zeit vor der antidepressiven Behandlung aufgetreten ist.
Auch bei Störungen der Harnausscheidung wie dem Diabetes insipidus oder einer bestimmten Störung der Blutbildung (sogenannte Porphyrie) darf Tranylcypromin nicht angewendet werden.

Bei Diabetikern, epileptischen Patienten und bei Schilddrüsenüberfunktion darf die Anwendung von Tranylcypromin nur unter sorgfältiger Kontrolle erfolgen.

Vierzehn Tage vor einer Allgemeinnarkose ist Tranylcypromin abzusetzen! Narkosemittel zum Einatmen (außer Äther) sollten dabei bevorzugt verwendet werden.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Nach bisherigen Erfahrungen führen therapeutische Dosen von Tranylcypromin in der Schwangerschaft zu keinen Schädigungen des Keims. Dennoch sollte das Mittel während der Schwangerschaft und insbesondere in den ersten drei Monaten nur bei wirklich zwingenden Gründen unter Abwägung aller Risiken zum Einsatz kommen.

Das Arzneimittel geht geringfügig in die Muttermilch über und kann möglicherweise den Säugling beeinträchtigen. Deswegen sollte bei Anwendung von Tranylcypromin abgestillt werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren liegen keine Erfahrungen mit Tranylcypromin vor. Sie dürfen daher nicht mit diesem Arzneimittel behandelt werden.

Welche Nebenwirkungen kann Tranylcypromin haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Tranylcypromin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Kreislaufbeschwerden, Schlafstörungen, Blutdruckabfall.

Häufige Nebenwirkungen:
Blutdruckerhöhung, Angstzustände, Unruhe, Schwäche, Mundtrockenheit, Schwindel, Herzklopfen, Müdigkeit, Gewichtsveränderungen (Zu- oder Abnahme), Blutdruckkrise mit Gesichtsrötung, Nackensteifigkeit, Übelkeit, Lichtscheu, Erbrechen oder Kopfschmerzen (besonders im Hinterkopf) und Herzklopfen-

Seltene bis sehr seltene Nebenwirkungen:
Verstopfung oder Durchfall, allergische Hauterscheinungen, Blutbildveränderungen, Wassereinlagerung ins Gewebe oder verminderte Wasserausscheidung, Leberfunktionsstörungen, Anstieg der Leberwerte, Nervenschmerzen, Halluzinationen, Krampfanfälle im Gehirn, Verwirrtheitszustände, psychische Abhängigkeit, ausbleibender Orgasmus, Ejakulationsstörungen, Impotenz, Muskelkrämpfe, Muskel- und Gelenkschmerzen, Akkommodationsstörungen (Störung, das Scharfstellen der Augen betreffend), Haarausfall, Schwitzen.
bei Blutdruckkrisen: Blutungen in der Schädelhöhle.
bei Überdosierung: bösartige Körperüberhitzung (maligne Hyperthermie, eine Komplikation, die bei Narkosen auftreten kann).

Besonderheiten:
Die Nebenwirkungen des Tranylcypromins sind besonders zu Beginn der Behandlung am ausgeprägtesten und lassen nach, wenn sich der Körper an das Medikament gewöhnt hat.

Bei Auftreten einer manischen Verstimmung (= extrem übersteigerte Stimmung) und bei zusätzlichen depressiven Symptomen im Verlauf der Behandlung muss Tranylcypromin sofort abgesetzt werden.

Nach Beendigung der Therapie mit Tranylcypromin können Angst, Unruhe, Schlaflosigkeit, Benommenheit, Halluzinationen oder Verwirrheitszustände auftreten. Daher muss die Dosis schrittweise reduziert werden ("ausschleichen").

Welche Wechselwirkungen zeigt Tranylcypromin?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Die wichtigsten Wechselwirkungen des Tranylcypromin betreffen Lebensmittel. Viele von ihnen enthalten sogenannte "biogene Amine" (unter anderem das Tyramin). Diese Stoffe können aufgrund der durch Tranylcypromin hervorgerufenen kompletten Hemmung des Enzyms Monoaminoxidase (MAO) vom Körper nicht mehr ausreichend abgebaut werden. Dies kann zum Blutdruckanstieg bis hin zur Blutdruckkrise mit Gehirnblutung führen! Deshalb muss bereits einen Tag vor bis 14 Tage nach Beendigung der Therapie eine strenge Diät eingehalten werden. Manche Lebensmittel sind komplett verboten (zum Beispiel Käse, Sojabohnen, Schokoladeneis oder Rotwein), andere dürfen nur in genau vorgeschriebenen Mengen verzehrt werden. Eine komplette Liste aufzuführen ist hier nicht möglich, der Patient bekommt sie jedoch zu Behandlungbeginn ausgehändigt.

Die Wirkung von Alkohol und von Arzneimitteln, die auf die Psyche wirken (wie Neuroleptika, Antidepressiva, Schmerzmittel oder Benzodiazepine wie z.B. Diazepam) wird durch Tranylcypromin verstärkt. Besonders schwerwiegende Wechselwirkungen treten mit Arzneimitteln auf, die ebenfalls auf den Botenstoff Serotonin wirken. Dies sind besonders die Antidepressiva aus der Wirkstoffgruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer-wie z.B. Fluoxetin, Paroxetin und Fluvoxamin sowie das Clomipramin (ein trizyklisches Antidepressivum) und Venlafaxin (ein bicyclisches Antidepressivum). Hier kann es zu Fieber, Verwirrtheit und Unruhe bis hin zum schweren, sogenannten Serotoninsyndrom mit Steifheit oder übersteigerten Muskelreflexen kommen. Diese Arzneimittel dürfen daher keinesfalls kombiniert werden. Beim Wechsel von Tranylcypromin zu Antidepressiva aus der Wirkstoffgruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) oder umgekehrt muss der Arzt daher auch eine ausreichend lange Behandlungspause (abhängig von der Wirkdauer des SSRI) beachtet werden! Die Pause kann bis zu fünf Wochen dauern. Auch vor einem Wechsel vom Tranylcypromin zu trizyklischen Antidepressiva ist eine mindestens 14-tägige Behandlungspause erforderlich. Bei anderen Antidepressiva dagegen ist zum Teil nur eine Woche Pause erforderlich. Nur unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen dürfen in Ausnahmefällen trizyklische Antidepressiva (aber nicht Clomipramin!) zusammen mit Tranylcypromin gegeben werden.

Die Kombination von L-Tryptophan (zum Beispiel als Schlafmittel) und Tranylcypromin kann zu Delirien und Verwirrtheit führen.

Mit Disulfiram (einem Alkoholentwöhnungsmittel) kommt es zu schweren, nicht vorhersehbaren Wechselwirkungen; eine gemeinsame Anwendung verbietet sich daher.

Auch starke opioide Schmerzmittel (besonders Pethidin) werden in ihrer Wirkung verstärkt und dürfen daher nicht gleichzeitig mit Tranylcypromin eingenommen werden. Die Wechselwirkungen treten bei Pethidin sogar noch auf, wenn Tranylcypromin bis zu 14 Tage vorher genommen wurde.

Auch der Hustendämpfer Dextromethorphan, der in frei verkäuflichen(!) Erkältungsmitteln vorkommt, hat ein ähnliches Wirkprinzip wie die genannten Schmerzmittel. Er kann zusammen mit Tranylcypromin zu schweren Störungen des Nervensystems führen und sollte daher ebenso nicht gleichzeitig verwendet werden.

Einige Arzneimittel können mit Tranylcypromin zu gefährlichen Blutdrucksteigerungen führen und sollten nicht gemeinsam angewendet werden. Dies sind zum Beispiel der angstlösende Arzneistoff Buspiron oder die sogenannten Triptane (wie Sumatriptan), die gegen Migräne eingesetzt werden. Auch Arzneimittel gegen niedrigen Blutdruck (die zum Teil frei verkauft werden) und andere sogenannte Alpha-Sympathomimetika werden in ihrer Wirkung verstärkt. Sympathomimetika kommen unter anderem in Kreislaufmitteln, Nasentropfen, Grippemitteln oder Appetitzüglern vor. Auch als gefäßverengender Zusatz in betäubenden Spritzen sind sie enthalten.

Arzneimittel, die den Blutdruck senken, wie Guanethedin oder Methyldopa, können in ihrer Wirkung verstärkt werden. Gelegentlich kann es paradoxerweise aber auch zu einer Blutdruckerhöhung mit diesen Mitteln kommen.

Auch die Wirkung von Insulinen und anderen Mitteln gegen Diabetes zum Einnehmen (orale Antidiabetika) wird durch Tranylcypromin verstärkt.

Narkosemedikamente dürfen nicht gleichzeitig mit Tranylcypromin angewendet werden. Sollte dennoch eine Narkose im Notfall unumgänglich sein, so sollten dabei Narkosemittel zum Einatmen (außer Äther) bevorzugt verwendet werden.

Außer mit Benserazid und Carbidopa darf Tranylcypromin nicht mit Antiparkinsonmitteln kombiniert werden.

Da es bei gleichzeitiger Anwendung von Tranylcypromin mit Amfebutanon (auch Bupropion genannt - ein atypisches Antidepressivum und Raucherentwöhnungsmittel) zu erhöhter Krampfanfälligkeit kommt, sollten diese Arzneimittel nicht gemeinsam angewendet werden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Während der Behandlung müssen strenge Diätvorschriften eingehalten werden, da es mit vielen Nahrungsmitteln zu starken Blutdrucksteigerungen kommen kann.
  • Schwer Depressive und junge Ewachsene unter 30 Jahren haben trotz Behandlung ein besonderes Selbstmordrisiko und müssen vor allem zu Therapiebeginn gut überwacht werden.
  • Selbstmordgefährdete Patienten dürfen stets nur die kleinsten Packungsgrößen erhalten, da sie ansonsten in den Besitz tödlicher Dosen des Arzneimittels gelangen könnten.
  • Schlaf- und Beruhigungsmittel (Benzodiazepine) verstärken die Wirkung des Medikaments und dürfen nicht zusammen mit diesem eingenommen werden.
  • Jeder Arzt oder Zahnarzt muss über die Einnahme von Tranylcypromin informiert werden.
  • Ist eine Operation mit Allgemeinnarkose geplant, so sollte das Medikament 14 Tage vorher abgesetzt werden.
  • Die Einnahme des Mediakments darf besonders nach Langzeitanwendung nicht plötzlich beendet werden. Es ist mit langsam verminderter Dosierung "auszuschleichen".
  • Das Reaktionsvermögen kann - besonders in den ersten Tagen - durch das Medikament so weit beeinträchtigt sein, dass Autofahren und das bedienen von Maschinen gefährlich sind. Dies gilt besonders im Zusammenwirken mit Alkohol.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Tranylcypromin?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Tranylcypromin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

So wirkt Tranylcypromin

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Tranylcypromin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen MAO-Hemmer, Antidepressiva, zu welcher der Wirkstoff Tranylcypromin gehört.

Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Tranylcypromin

Tranylcypromin wird bei schweren Depressionen eingesetzt. Es wirkt antriebssteigernd und findet daher oft bei "gehemmten" Depressionen Anwendung. Auch wenn andere Antidepressiva nicht oder nicht ausreichend wirken, findet Tranylcypromin Anwendung.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Tranylcypromin sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Tranylcypromin

Tranylcypromin gehört zur Wirkstoffgruppe der sogenannten irreversiblen, unselektiven MAO-Hemmer. Irreversibel bedeutet, dass das körpereigene Enzym Monoaminoxidase auf Dauer blockiert wird. Auf Dauer bedeutet, dass die Wirkung drei bis fünf Tage anhält, bis der Körper neue Monoaminoxidasen hergestellt hat. Unselektiv heißt, dass die Substanz auf beide Untereinheiten des Enyms Monoaminoxidase, also auf die MAO-A und auf die MAO-B, wirkt. Daher bestehen viele Wechselwirkungen mit bestimmten tyraminhaltigen Lebensmitteln wie beispielsweise Rotwein und Käse und mit anderen Arzneimitteln.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.