Das Bild zeigt die schematische Darstellung eines Kopfes mit verschiedenen Puzzleteilen.
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Vergesslichkeit

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 07.02.2022

Wen das Gedächtnis mal im Stich lässt, muss sich nicht gleich Sorgen machen, dement zu sein. Im Alter nimmt das Erinnerungsvermögen ganz natürlich ab. Vergesslichkeit ist aber auch ein Symptom vieler Krankheiten. Bis wann Vergesslichkeit normal ist und wann es Krankheitswert hat.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Vergesslichkeit

Zum Glück können wir vergessen! Hätte das Gehirn nicht diese Fähigkeit, würde es bald überlaufen vor abgespeicherten Informationen. Vergessen ist also ein ganz natürlicher, notwendiger Prozess des Gehirns, um unwichtige Informationen aus dem Erinnerungsschatz herauszufiltern.

Trotzdem ist es ärgerlich, wenn man beim Einkaufen etwas vergessen hat oder einem der Name des Gegenübers partout nicht mehr einfallen will. Von Demenz oder Alzheimer ist dies noch weit entfernt. Auch dass das Erinnerungsvermögen im Alter leicht nachlässt, muss noch kein Anlass zur Sorge sein. Wenn man im Alltag etwas vergisst, kann das auf eine vorübergehende Ablenkung oder auf akuten Stress zurückzuführen sein.

Ab wann Vergesslichkeit zum Problem wird

Vergesslichkeit kann aber auch Zeichen für eine schwerwiegendere Störung sein: Bei einer Gedächtnisstörung ist die Fähigkeit, neue Inhalte längerfristig zu speichern und gespeicherte Informationen aus dem Gedächtnis abzurufen, vermindert oder ganz verloren gegangen. Bei Letzterem spricht man von Amnesie (wobei nicht alle Gedächtnisinhalte gleichermaßen betroffen sein müssen).

Menschen mit einer Merkfähigkeitsstörung können sich hingegen neue Informationen nicht mehr so gut oder gar nicht mehr merken und vergessen nach wenigen Minuten alles wieder.

Vom Kurz- und Langzeitgedächtnis

Das Gedächtnis setzt sich aus mehreren Teilen zusammen: Wenn der Mensch Informationen aufnimmt, kann er sie vorübergehend im Kurzzeitgedächtnis speichern. Dieses verfügt aber nur über eine begrenzte Speicherkapazität. Von dort gehen die Informationen nach kurzer Zeit entweder wieder verloren (d.h. der Mensch vergisst sie wieder, z.B. weil er sie für unwichtig hält oder abgelenkt ist) oder sie gehen ins Langzeitgedächtnis über, dessen Speicherkapazität unbegrenzt ist. Dort sind die Informationen dauerhaft gespeichert.

Vergesslichkeit, die sich im normalen Rahmen bewegt, betrifft oft das Kurzzeitgedächtnis. Wenn jemand Inhalte aus dem Langzeitgedächtnis scheinbar vergessen hat, dann vermutlich deswegen, weil es ihm nicht mehr gelingt, die noch vorhandenen Erinnerungen abzurufen. Die Informationen sind also nicht aus dem Langzeitspeicher gelöscht, sondern "verschüttet".

Von Vergesslichkeit abzugrenzen sind Konzentrationsstörungen. Lesen Sie hier mehr zu Konzentrationsschwäche.

Vergesslichkeit: Ursachen

Vergesslichkeit kann viele verschiedene Ursachen haben. Wenn gesunde Menschen im Alltag bei sich bemerken, dass sie zuletzt vergesslich sind, sind meistens Stress oder Ablenkung der Grund. Auch ein vorübergehender Nahrungsmangel kann unkonzentriert und vergesslich machen. Darüber hinaus kann das Erinnerungsvermögen durch den Missbrauch von Drogen, Alkohol oder Medikamenten eingeschränkt sein.

Altersvergesslichkeit und Demenz

Aber auch im Rahmen natürlicher Alterungsprozesse des Gehirns kann die sogenannte Altersvergesslichkeit (leichte kognitive Störung) auftreten: Die Verbindungen in den Nervenbahnen älterer Gehirne sind schwächer, und die Nervenzellen geben seltener Signale ab. Eine sich zunehmend verschlechternde Merkfähigkeit kann aber auch Anzeichen für eine Demenz sein: Vor allem bei einer Vergesslichkeit im Alter kommen als Ursachen Demenzerkrankungen wie Alzheimer infrage. Dann sind häufig gleichzeitig eine Orientierungslosigkeit sowie eine Einschränkung der Lernfähigkeit und der alltäglichen Aktivitäten zu beobachten.

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Onmeda-Redakteurin Wiebke Raue

Daneben ist Vergesslichkeit ein typisches Begleitsymptom folgender Krankheiten:

Eine mangelnde Durchblutung des Gehirns (z.B. bei Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose)), Kopfverletzungen oder Hirntumoren können ebenfalls mit Vergesslichkeit verbunden sein.

Vergesslichkeit: Diagnose

Nicht jede Vergesslichkeit im Alltag macht eine ärztliche Diagnose erforderlich. Wenn man aber darunter leidet oder die Vergesslichkeit stark zunimmt, sollte man mit einem Arzt sprechen, um die Ursachen der Vergesslichkeit abzuklären.

Typische Fragen sind dann:

  • Wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, dass Sie vergesslich sind?
  • Wie oft vergessen Sie Dinge?
  • Treten gleichzeitig andere Beschwerden auf?
  • Sind Grunderkrankungen bekannt?

Solche Fragen können dem Arzt erste Hinweise auf die Ursache der Vergesslichkeit geben. Sinnvoll kann auch sein, enge Angehörige oder Betreuer in das Gespräch miteinzubinden.

Bei einer körperlichen und neurologischen Untersuchung kann der Arzt zum Beispiel auch die Sehleistung und das Gehör überprüfen, um auszuschließen, dass Seh- oder Hörfehler hinter der vermeintlichen Vergesslichkeit stecken.

Um bei der Diagnose das Gedächtnis und seine Defizite zu bewerten, stehen neuropsychologische Tests zur Verfügung, zum Beispiel der MMSE (Mini-Mental-State -Examination) oder der Wechsler-Gedächtnistest. Hierbei testet der Arzt wichtige kognitive Funktionen wie beispielsweise logisches Denken, Merkfähigkeit, Sprachverständnis sowie zeitliche und räumliche Orientierung.

Je nachdem, welchen Grund der Arzt für die Vergesslichkeit vermutet, können zur weiteren Diagnose zusätzliche Untersuchungen zum Einsatz kommen, wie zum Beispiel eine Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT), Hirnwasser- (Liquor-) und Blutuntersuchung.

Vergesslichkeit: Behandlung

Die Therapie gegen Vergesslichkeit mit Krankheitswert richtet sich vor allem nach der Ursache: Wenn zum Beispiel eine Demenz für die Vergesslichkeit verantwortlich ist, können zur Behandlung verschiedene Medikamente zum Einsatz kommen, beispielsweise Antidementiva und Acetylcholinesterase-Hemmer. Diese Medikamente können eine Demenz zwar nicht heilen, ihren Verlauf im besten Fall aber verlangsamen.

Ist die Vergesslichkeit Begleitsymptom einer anderen Grunderkrankung, wie zum Beispiel eines Hirntumors oder einer Parkinsonerkrankung, ist eine gezielte Therapie dieser Grunderkrankung notwendig.

Natürliche Prophylaxe

Um einer Vergesslichkeit im Alter vorzubeugen, sind ausreichende Bewegung, gesunde Ernährung und ein gezieltes Training des Gehirns empfehlenswert: Dazu gehören beispielsweise Gedächtnistraining, Denksport oder das Schachspiel. Daneben wirkt besonders der regelmäßige Kontakt zu Mitmenschen anregend und hält geistig fit: Daher ist es wichtig, auch im Alter familiäre und freundschaftliche Beziehungen zu pflegen.

Schon lange kommen verschiedene pflanzliche Mittel gegen Vergesslichkeit zum Einsatz, wie zum Beispiel Ginkgo und . Von ihnen erhofft man sich, dass sie die Gedächtnisleistung verbessern, indem sie die Hirndurchblutung steigern oder die Tätigkeit der Gehirnzellen anregen. Ob bei Vergesslichkeit eine solche Therapie tatsächlich wirkt, ist jedoch nicht hinreichend belegt: So kann Ginseng weder die geistige Leistung gesunder Menschen verbessern noch nachweislich etwas gegen Demenz ausrichten. Auch in der Behandlung von Demenzen mit Gingko sind die Ergebnisse nicht einheitlich.