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Erfahrungsbericht Analfissur

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    Verfasser/Autor: Melitta More

    Ganz egal in welcher Phase einer chronischen Fissur Sie sich befinden, ich wünsche Ihnen ganz viel Kraft und Erfolg, auf dem Weg der Genesung.
    Denken Sie daran, alles hat ein Ende! Nur Mut und auf zu einem neuen Lebensabschnitt. Zu meiner persönlichen Erfahrung mit F. (wie ich sie nenne), möchte ich Sie für einen Moment in meine Vergangenheit mitnehmen :

    Viele Monate sind verstrichen. Viele Male, bin ich an jedem neuen Morgen aufgewacht, um mich dem ewigen Kreislauf einer schmerzhaften Stuhlentleerung hinzugeben. Kaum ein neuer Tag, der angebrochen war, machte noch einen ernsthaften Sinn für mich. Das Thema einer Analfissur ist noch immer Tabu. Ich befürchte, solange der Mensch sich für seinen Po und dessen Vorgänge schämt, es nicht leichter wird, sondern nur noch schlimmer. Wer an einer Analfissur erkrankt ist, fördert lediglich seine Lebensfreude Stück für Stück abzugeben, wenn er nicht bereit ist frühzeitig zu handeln. Es gibt ein paar Glückspilze unter uns erkrankten, denen eine Salbe zu helfen scheint, doch den allermeisten von uns kann nur noch unter einer Vollnarkose und das Werk eines Chirurgen helfen. Bis hier hin kann ich noch nicht glauben, dass ich den Schritt gegangen bin. Ich habe sechs Monate an die Kraft meiner eigenen Selbstheilungskräfte geglaubt. Der Sommer und dessen unzählige Stunden, wurden von meinem unmittelbaren Umfeld genossen, jedoch nicht von mir. Enttäuscht von mir selbst, lies ich den Vorhang wieder zur Seite fallen und kippte das Fenster wieder zu, aus dem der Geruch von Grill Kohle und saftigen Steaks zu mir vordrang. Ich hörte meine Mitmenschen in ihren Gärten feiern, Vögel zwitschern, sah den Kindern aus meiner Nachbarschaft auf ihren Rollern dabei zu, wie sie das Leben genossen. Immer wieder fuhren sie die Straße rauf und runter, während man mich gar nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Spät am Abend ließ ich mich am Ufer des Rheins blicken, um einmal kurz tief Luft zu holen und nachzudenken. Zuvor versuchte ich mich in den Nachmittagsstunden Gesund zu schlafen. Ein Riss im Enddarm müsse von selbst heilen können, wenn ich vielerlei Bewegungsabläufe einfach vermeiden würde, hoffte ich. Ich machte unzählige Kamille Bäder. Setzte mich auf Stühle, nur noch mit zwei bis drei Decken, um es so gepolstert wie nur möglich zu haben. Dazu fütterte ich mein Wissen mit sämtlichen Erfahrungsberichten aus dem Internet. Ich lies die Zeit walten, vermisste mein altes Leben und ahnte, dass jeder weitere Tag, der Gleiche bleiben würde, mit all den selben Abläufen auch - wie sonst. Ich stellte für mich fest, dass es noch nicht einmal die Scham vor der Untersuchung war, die mich davon abhielt zu handeln. Ich hatte Angst vor noch mehr Schmerzen, denn es tat alles schon so entsetzlich weh. Es ging über meine Vorstellungskraft hinaus, was ich noch zu durchfühlen hätte, wenn der Tag der Untersuchung kommen würde. Ich stellte mich bei meinem Hausarzt mit meinem Problem vor und warnte ihn im Vorfeld: >> Bloß nicht anfassen!!! << Natürlich sind ihm mit dieser Konfrontation die Hände gebunden gewesen, und so verließ ich die Praxis geknickt, mit einem Rezept für eine weitere Salbe, die betäubend wirken soll, wie viele andere auch. Bloß...spürte ich nichts, keine betäubende Wirkung, keine Schmerzlinderung - Nichts. Da war nur noch
    Ich - und der Schmerz. Ich schleifte mich weiter durch die Tage, betete und versagte mir Schlussendlich ganz die Nahrung. Zum bitteren Ende hin, trank ich Literweise Tee. Die körperliche Reaktion darauf, lies nicht lange auf sich warten. Mir ist unter all den reißenden Schmerzen ständig Schwindelig gewesen. Ich fühlte mich unsagbar müde und weinte viele Liter Tränen. Ich wünschte mir nichts sehnlichster, als endlich wieder Mutter und Frau sein zu können, stattdessen fühlte ich mich wie ein nicht mehr wiederzuerkennendes Monster.
    Eines, das im Schlafzimmer lebte und weder am Tage noch in der Nacht die Augen zu bekam. Das Einzige, das zu leben schien, waren die vorbeiziehenden Wolken am Himmel, die ich vom Bett aus gekrümmt anstarrte. Irgendwann sind so viele Monate verstrichen. Ich ahnte, dass in mir nichts mehr von alleine heilen würde. Ich hatte gehofft es würde so kommen, doch stattdessen wurde der Riss in meinem After tiefer und tiefer. Die letzten sechs Tage, vor der Untersuchung bei einem Arzt der Inneren Medizin, sind die schlimmsten gewesen. Ich kenne das Gefühl, zum Beispiel wie es ist, wenn man die Nacht zum Jahreswechsel komplett wach geblieben ist. Doch als ich am eigenen Leib spürte wie es ist, wenn man sechs Nächte am Stück wach liegt und vor lauter Schmerzen kein Auge zu bekommt und am Mittag nur schlummert, aber alles um sich herum mitbekommt. Es ist ein Ausmaß der Gefühle gewesen, denn ich wusste die nächste Nacht würde kommen. Ich glaubte irgendwann schlafen zu können und wenn es auch nur die Erschöpfung ist, die mich in den Schlaf zwingt. Aber dem ist nicht so gewesen. Ich blieb wach und lauschte den Zeigern auf dem Ziffernblättern unserer Uhren aus dem gesamten Haus. Am sechsten Tag fürchtete ich daran zu sterben und lies mich in die nächst größere Stadt fahren. Ich stand vor dem Schild mit der Aufschrift: Innere Medizin. Spätestens zu diesem Augenblick waren mir die Schmerzen der Proktologischen Untersuchung egal gewesen. Das Wartezimmer war leer zur Vormittagszeit und der Arzt leicht gereizt. Ich wartete meinen Aufruf ab, erklärte mich und legte mich auf die Seite. Drei mal hintereinander zerriss mich der Mediziner mit dem Gerät hinter meinem Rücken. Mit größten Schmerzen habe ich die Überweisung ins Krankenhaus bekommen. Schon am nächsten Tag wurde ich operiert. Ich freute mich regelrecht auf die Narkose. Ich war verzweifelt vor lauter Müdigkeit gewesen. Ich sollte mit der Maske über meiner Nase tief einatmen, bis alles aus meinem Sichtfeld verschwamm. Dann wachte ich im Aufwachraum auf und verspürte so höllische Schmerzen, dass ich nicht wusste wohin mit mir.
    Ich wusste nur, dass es nun kein Vor und kein Zurück mehr gab, sowie zuvor im Prinzip auch. Bis auf die Erkenntnis, dass der Eingriff nun hinter mir lag. Wieder konnte ich weitere drei Nächte nicht einschlafen, trotz eines Tropfs und einer Schlaftablette. Mit den Schmerzen nach der Operation baute sich eine riesige Angst vor dem nächsten Stuhlgang in mir auf, sodass ich alles zurück behielt, bis ich eine folgenschwere Verstopfung bekommen hatte. Diese konnte ich nur wieder loswerden, wenn ich die angereichten Becher mit Abführmittel austrinken würde. Das Martyrium schien nicht aufzuhören, bis es dann endlich klappte. Die nächsten Tage habe ich zu jeder Mahlzeit Flohsamen in einem Glas Wasser angerührt und getrunken. Diese sind in der Apotheke frei verkäuflich und regulieren den Stuhlgang. Seit drei Wochen bin ich wieder Zuhause. Meine ständigen Begleiter sind die Flohsamen.
    Zusammenfassend würde ich sagen, dass der Eingriff eher eine Bereicherung gewesen ist. Ich möchte jedem ans Herz legen, nicht länger zu warten, denn das Leben soll doch weitergehen. Die Zeit in der ich nicht gehandelt habe, kommt niemals wieder zu mir zurück.

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