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Wieder Vater/ Angstzustände

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  • Wieder Vater/ Angstzustände

    Sehr geehrter Herr Dr. Spruth,

    ich muss nochmal auf meinen Vater (61) zurückkommen (immer noch keine feste Diagnose, aber seit ca. 5-6 Jahren fortschreitende Demenz). Nach seinem Delir und stat. Aufenthalt und starker Verbesserung unter Einnahme von Axura, Mirtazapin und Risperdal (aufsteigende Tendenz ca. 9 Wochen) geht es seit 6 Wochen wieder bergab. Seit ca. 1 Woche leider wieder zunehmende Angstzustände, die er selber erkennt (ohne Grund) und Depression (sagt selber, er ist "blöd"), noch stärkere Aphasie und schwächere kognitive Leistungen (ich vermute, weil er so stark mit seiner Angst beschäftigt ist). Läßt sich noch gut ablenken, aber natürlich wahrscheinlich auf dem besten Weg zum nächsten Delir (damals bis zu Psychosen). Wie schon vormals beschrieben, nimmt er von keinem der Medikamente die höchste Dosis, die er erhalten könnte, vermutlich auch weil sich die Ärzte übrhaupt nicht klar sind, welche Form von Demenz er tatsächlich hat. In 2 Wochen haben wir mal wieder einen Termin bei einer neuen Station, ein Spezialist für Non-Alzheimer-Demenzen, da mir dies bei einer weiteren Sprechstunde von einer Oberärztin empfohlen wurde.
    Morgen gehen wir allerdings mit ihm zu seinem behandelnden Hausarzt/Geront., da wir ja wegen der Verschlimmerung nicht die 2 Wochen abwarten können.
    Ich habe Sie ja auch schon mal wegen Serotonin-Syndrom angeschrieben, und die Symptome meines Vaters wie auch den Verlauf kann ich trotz relativ instensiven Studierens aller Informationen aus dem Netz wie auch Gesprächen immer noch nicht einordnen. Vielleicht haben Sie doch mehr Erfahrung und können von ähnlichen Fällen berichten. Vielleicht kann sich auch ein Mitleser beteiligen? Vielleicht nochmal zu meinem Vater: immer stärker dement, d.h. alle bekannten Erscheinungen, aber immer sehr bewußt, d.h. hat noch nie irgendeinen "Blödsinn" gemacht, hat noch nie irgendwas kaputt gemacht, hat also noch nie irgendwas wirklich angefasst was er nicht sollte, vergisst aber langsam selbst die einfachsten praktischen Tätigkeiten wie z.B. mit Messer und Gabel hantieren etc. etc., er ist also auch nicht einfach ein "fröhlicher" Alzheimer-Patient, der nicht weiss wie ihm geschieht...
    Ich bitte alle um Berichte, damit ich mir endlich mal ein Bild machen kann (habe auf der geschlossenen Station viele Menschen kennengelernt, die waren alle komplett anders, die wussten einfach nicht mehr, dass sie immer das gleiche erzählen, oder fragten jeden Tag wieder warum sie jetzt nicht rausgehen und ihre Straßenbahn nach Hause nehmen dürfen....)
    Vielen Dank im Voraus
    Flieder


  • RE: Wieder Vater/ Angstzustände


    Hallo Flieder,

    das Schlimmste an der Demenz ist die Wirkung auf die betroffenen Patienten. Meine Mutter realisiert bis zu einem bestimmten Punkt, dass sie "blöd" ist, wie sie es auch selbst nennt. Einerseits weiss sie, dass sie alles vergißt und doch weiß sie nicht mehr, dass sie jeden Tag feststellt, dass sie sich nichts mehr merken kann. Das ist für uns Angehörige eine Belastung, da man die Patienten beruhigen will, aber ihre Verzweiflung bemerkt.

    Was die Unruhezustände betrifft, die kenne ich bezgl. meiner Mutter auch. Diese resultieren aus dem Realitätsverlust, der ihr bewußt ist oder wird und ihr Angst macht. Sie steht innerhalb einer halben Stunde 5 - 10 mal auf und schaut nach, ob wir noch Brot haben. Sie weiß manchmal, dass sie schon nachgeschaut hat, weiß aber nicht mehr, ob noch Brot da ist oder nicht. Auch das Durchsuchen der Schränke und Schubladen ist ein täglicher Ablauf. Sie will sich orientieren, die Kontrolle behalten, kann es aber nicht. Was ihr nicht klar ist. Also versucht sie es weiter.

    Diese Defizite versuche ich zu kompensieren, in dem ich sage, ich weiß nicht, ob wir noch Brot haben oder wo der Kaffee steht und sie solle doch mal im Hochschrank nachschauen. Meine andere Arbeit mache ich ruhig weiter. Damit beruhige ich sie und habe sie gleichzeitig beschäftigt.

    Ich denke, dass ist für das Abfangen der Angstgefühle sehr wichtig. Genauso wie kurze und klare Anweisungen. "Du muß noch ins Bad gehen und Zähne putzen". Wenn ich den Ton bestimmt treffe, "wehrt" sie sich nicht und macht es dann auch. Was die Vergeßlichkeit der Handhabung von Messer und Gabel betrifft, so kann man dies nur akzeptieren und kontrolliert eingreifen, so wie: "Bitte nimm das Messer in die andere Hand". Kurz aber bestimmt. Unsere Eltern werden dementer und schwerer umgänglicher.

    Damit sie nachts zur Ruhe kommt hat ein Neurologe ihr Antidepressiva verschrieben. Sie bekommt zum Nachtessen eine Tabelette und sie kann damit die Nacht halbwegs ruhig überstehen. Mehr kann man nicht tun, es sei den, sie ins Altenheim abzuschieben. Und genau das wollen wir nicht.

    Wenn ich sie nachts doch mal durch die "Gegend" laufen höre, mache ich mir bewußt, dass ich es nicht ändern kann und versuche weiterzuschlafen.

    Ganz wichtig für uns Angehörige ist auch der nötige Abstand. Ich lasse ganz bewußt (da sie keine Weglauftendenz zeigt) meine Mutter stundenweise allein. Dann mache ich einen Waldspaziergang oder treffe mich mit anderen Personen, um meine sozialen Kontakte zu erhalten. Es gibt definitiv auch wieder ein "Leben danach". Selbst wenn ich ein schlechtes Gewissen habe, ich zwinge mich dann dazu, mir und meinen Nerven zuliebe. Wenn ich dann wieder zurück komme, kann ich wieder ruhig auf meine Mutter eingehen.

    Gute Erfahrungen habe ich auch damit gemacht, dass ich, wenn sie mich "nervt" die Krisensituation verlasse. Dann gehe ich Kleinigkeiten einkaufen oder verschwinde eine Stunde in mein Zimmer und setze mich an den Computer, lese oder ähnliches. Sonst würde vielleicht die Situation eskalieren. Und das hilft definitiv keinem.

    Soviel zu meinen Vorgehensweisen.
    Liebe Grüße an alle und an dich
    Morla

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    • RE: Wieder Vater/ Angstzustände


      Sehr geehrte Flieder,

      wie ich schon in meiner etwas ausführlicheren Antrwort vom 27.08.06, 18:54 Uhr, schrieb, kann ich Ihnen bei diesen Problemen nicht weiterhelfen, insbesondere, da so weit ich es erinnere, bisher keine sichere Diagnose gestellt wurde. Die Frontotemporale Demenz, von der Sie einmal berichteten, zeichnet sich eben gerade nicht durch Gedächtnisstörungen aus, wie Sie sie in Ihrem Beitrag von einem Demenzpatienten erwarten. Wie ich aber bereits schrieb, läßt sich eine solche Diagnose über das Internet nicht stellen. Vielleicht bringt ja der Besuch bei dem Spezialisten für Non-Alzheimer-Demenzen Licht ins Dunkel.

      Mit freundlichen Grüssen,

      Spruth

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      • RE: Wieder Vater/ Angstzustände


        Sehr geehrter Herr Dr. Spruth,

        vielen Dank für Ihre Antwort.
        Es tut mir sehr leid, wenn ich Sie hier überbeanspruche, aber mir ist Ihre Meinung relativ wichtig. Ich möchte betonen, dass wir uns mit meinem Vater natürlich immer ärztlich betreuen lassen, und keinen Schritt alleine wagen. Aber Zweit- oder sogar Drittmeinungen sind trotzdem sehr hilfreich.
        Ich erwarte natürlich auch nie eine (Fern-)Diagnose von Ihnen, aber Denkanstösse sind trotzdem gut. Und Sie können sich vielleicht vorstellen, dass man sich trotz einem Arztbesuch irgendwie alleine auf weiter Flur fühlt, auch wenn man Kontakt zu anderen Betroffenen hat, jeder Fall ist anders. Wir haben übrigens wenn man so will schon zweimal nun eine sogenannte "Diagnose" bekommen, die heisst "V.a. Alzheimer". Tja, in Worten lautet das folgendermaßen, man denkt dass es eine etwas ungewöhnlichere Form einer Alzheimer-Demenz ist, die wahrscheinlich eher frontal angefangen hat, aber inzwischen schon mehrere Areale des Gehirns betrifft, das schliessen die Ärzte aus unseren Schilderungen des Verlaufs und aus den MRT-Bildern ,auf die sie leider für meinen Geschmack zu kurz, schauen. Dort sieht man eine Atrophie, vor allem äußerlich und vorne. Und man sieht angeblich keine (richtigen) kleinen Schlaganfall- oder sonstwas für Herde.

        Es ist nur wirklich tragisch, weil mein "junger" Vater eben alles mitbekommt, und immer mehr verzweifelt wenn er merkt, was er jetzt schon wieder verlernt hat, es schreitet immer mehr fort. Er ist komplett verunsichert, so dass er sich fast gar nicht merh traut richtig aufzutreten, also bei jeder Handbewegung ist ein Fragezeichen in seinem Gesicht. Sobald er merkt, dass er was nicht richtig gemacht hat, fällt er in sich zusammen. Wir versuchen ihn natürlich ständig aufzuheitern und zu ermuntern. Und ganz schlimm ist die Tendenz zu Psychosen. Soviel ich verstehe gehen die Ärzte davon aus, dass die dafür zuständigen Hirnareale bei manchen Patienten im Laufe der Zeit auch mitbetroffen sind. So also bei meinem Vater. Ich frage mich nur, wie das weitergehen soll. Risperdal können wir jetzt noch ein bisschen erhöhen, abe dann ist bald Schluß, d.h. was machen wir mit ihm in einem halben Jahr wenn das nicht mehr reicht? Ich weiss es gibt noch heftigere Medikamten, mit denen wir ihn dann komplett ausknocken können. Aber das sind wirklich tolle Aussichten.
        Es ist übrigens so, dass wieder die leichte Dosissteigerung von Memantinen und Risperdal bei ihm voll anschlägt, d.h. ziemlich schnell, aber leider geht das genauso schnell auch wieder bergab dann.
        Eine Frage habe ich noch(mal): Wenn die Memantine sooo schnell anschlagen, was ja auch mit Durchblutungsförderung zu tun hat, kann das kein Zeichen für irgendwas sein?
        Noch eine Frage: Antibiotika, sind die kritisch in der Verabreichung mit Memantinen, Mirtazapin und Risperdal?
        Danke im Voraus
        Flieder

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        • RE: Wieder Vater/ Angstzustände


          Sehr geehrte Flieder,

          zu ihren Fragen:
          "Wenn die Memantine sooo schnell anschlagen, was ja auch mit Durchblutungsförderung zu tun hat, kann das kein Zeichen für irgendwas sein?" Nein, leider kann man daraus nichts ableiten. Mit "Durchblutungsförderung" hat der Wirkmechanismus von Memantine übrigens nicht viel zu tun, das ist schon etwas komplizierter.
          "Antibiotika, sind die kritisch in der Verabreichung mit Memantinen, Mirtazapin und Risperdal?" Grundsätzlich nicht, das kommt aber immer auf das Antibiotikum an. Manche Medikamente werden über die gleichen Stoffwechselwege abgebaut, so daß sie sich gegenseitig beeinflussen könnnen. Dies ist aber dem Beipackzettel bzw. den Produktinformationen, auf die ein Arzt zugreifen kann zu entnehmen. Im Zweifelsfall sollte der verschreibende Arzt dort noch einmal nachsehen.

          Mit freundlichen Grüssen,

          Spruth

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