Vater und Tochter spülen Geschirr ab
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Erziehung

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 17.09.2021

Über die Erziehung von Kindern kann man prächtig streiten! Antiautoritär, autoritär, ein gesunder Mittelweg (aber was ist das genau) – was ist denn jetzt die richtige Methode, mein Kind zu einem passablen Menschen zu erziehen?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

So geht Erziehung heute

Wer später nicht überall anecken möchte, sollte ein paar Dinge im sozialen Miteinander von seinen Eltern mit auf den Weg bekommen. Dazu gehört es beispielsweise, Ordnung zu halten oder gewisse Tischmanieren und Umgangsformen einzuhalten. Aber mit welchen Mitteln kann man das seinem Kind beibringen? Sollte man spärlich oder großzügig mit Lob umgehen? Ist es schlimm, wenn Eltern auch einmal ausrasten?

Oberste Regel in der Kindererziehung: Machen Sie es vor!

Nichts bleibt so sehr im Gehirn Ihres Kindes verhaftet wie das, was es bei Ihnen beobachtet. Strafen, Belohnungen und andere Mittel zum Zweck können da kaum mithalten. Machen Sie sich aber auch klar, dass es ein langer Weg ist bis zum Ziel. Kleinkinder lernen durch Wiederholungen! Da müssen Sie den längeren Atem haben, wenn es darum geht, immer wieder gemeinsam das Zimmer aufzuräumen oder den Boden unterm Tisch zu wischen, wenn doch mal zu sehr gematscht wurde.

Aber keine Sorge: Gelernt haben es am Ende noch alle!

Wie lernt mein Kind, Ordnung zu halten?

Spätestens im Kindergarten lernt Ihr Kind ein Spielzeug erst wegzuräumen, bevor es sich ein anderes nimmt. Anders wäre der Alltag mit mehr als zwanzig Kindern in einem Raum gar nicht zu bewältigen. Nur zu Hause, da klappt es nicht annährend so gut. Oft ist der Fußboden des Kinderzimmers übersäht mit Spielsachen, mit denen Ihr Kind seit Tagen nicht mehr gespielt hat. Aufforderungen, nun endlich mal aufzuräumen, verhallen in aller Regel unerledigt.

Das liegt zum einen daran, dass kleine Kinder überfordert damit sind, ein ganzes Zimmer aufzuräumen. Ihnen fehlt einfach der Überblick, wie ein wildes Durcheinander zu ordnen wäre. Zum anderen empfinden sie ihr Kinderzimmer zunehmend als eigenen Raum, über den sie selbst bestimmen möchten. Sie persönlich stört das Durcheinander gar nicht, und so erkennen sie den Zweck des Aufräumens nicht.

Irgendwann wird Ihr Kind einen ähnlichen Ordnungssinn entwickeln wie Sie. Bis es soweit ist, müssen Sie ihm noch eine ganze Weile helfen:

  • Sucht Ihr Kind verzweifelt nach einem bestimmten Spielzeug, lassen Sie es ruhig eine Weile alleine damit. So begreift es irgendwann, welche Vorteile das Ordnunghalten haben kann, zum Beispiel um gesuchte Dinge besser wiederzufinden.
  • Kündigen Sie Ihrem Kind an, dass jetzt sein Zimmer aufgeräumt wird, und beteiligen Sie es daran, indem Sie es aktiv einbinden: Ich welche Kiste kommen die Puppen, in welche die Autos, die Bälle etc.? Natürlich braucht es dazu genügend Stauraum.
  • Es ist ratsam, wenn Sie Ihrem Kind klarmachen, dass es nicht auch noch die anderen Räume der Wohnung in Beschlag nehmen kann, wenn es ihm im eigenen unordentlichen Zimmer zu eng wird. Braucht es Platz zum Spielen, bieten Sie ihm an, gemeinsam sein Zimmer aufzuräumen.

Sieht man vom eigenen Zimmer ab, lassen sich kleine Kinder durchaus gern und regelmäßig an kleinen, zeitlich überschaubaren Aufräumaktionen beteiligen. Zum Beispiel, dass nach dem Essen jeder seinen Teller zur Spüle bringt. So funktioniert es auch im Kindergarten.

Ab wann brauchen Kinder Umgangsformen?

Es ist wichtig, dass Kinder auf Freundlichkeit und Rücksichtnahme bedachte Umgangsformen lernen, auch wenn sie in den ersten Lebensjahren ganz natürlicherweise noch kleine Egoisten sind. Sie müssen erst noch lernen, dass andere Menschen die gleichen Bedürfnisse haben wie sie selber. Die Frage ist nur, ab wann ein Kind die allgemeinen Umgangsformen beherrschen sollte.

Die Antwort lautet: Wie alles im Leben von Kindern braucht aus dies seine Zeit und sollte nicht erzwungen werden. Erst wenn Kinder begreifen können, worin der Sinn freundlicher Umgangsformen besteht, werden sie sich entsprechend verhalten. Aufgesetzte Artigkeiten sind kein Ersatz für soziale Kompetenz.

Beispiel: Niemand hat etwas davon, wenn Ihr Kind vom Metzger eine Scheibe Wurst geschenkt bekommt und sich nur auf Ihr Drängen: "Wie sagt man denn?" zu einem "Danke" durchringen kann. Besser ist, Sie bedanken sich an seiner Stelle. Irgendwann, wenn Ihr Kind erkennt, dass der Metzger freundlich zu ihm ist, indem er die Wurst verschenkt, wird es auch verstehen, weshalb Sie sich stets dafür bedanken, und es schließlich ebenfalls tun.

Dasselbe gilt für das Grüßen und das Händeschütteln. Kleine Kinder haben bei fast allen ihren Tätigkeiten den sogenannten Tunnelblick. Sie sind extrem konzentriert auf das, was sie gerade tun oder tun wollen. Kommen Kinder zu Besuch, stürmen sie meist grußlos an Ihnen vorbei ins Kinderzimmer. Sagen Sie trotzdem beharrlich "Hallo!" Irgendwann wird Ihr freundlicher Umgangston erwidert.

Loben – ja oder nein?

Jedes Kind möchte gelobt werden, und wer könnte schon von sich behaupten, von seinen Eltern zuviel gelobt worden zu sein. Kinder brauchen das Lob wie die Luft zum Atmen, es stärkt ihr Selbstwertgefühl, es ermutigt sie, neue Entwicklungsschritte zu wagen, und bestätigt, dass sie auf einem guten Weg sind.

Trotz dieser positiven Wirkung können Eltern durchaus auch zu viel oder in gewisser Weise falsch loben. Ein Lob kann beispielsweise schal wirken, wenn Eltern nicht bei der Sache sind und das Loben gewissermaßen ritualisieren. Loben muss konkret sein und von Herzen kommen, sonst bewirkt es am Ende das Gegenteil.

Lesetipp:Kinderfragen  – Wieso, weshalb, warum

  • Zuviel des Guten kann dazu führen, kann Ihr Kind sich nur noch Mühe gibt, weil es von Ihnen gelobt werden will. Bleibt das Lob einmal aus, stellt es sein Engagement möglicherweise ein.
  • Übertriebenes Loben kann auch Selbstüberschätzung verursachen. Gleichzeitig hängt dann das Selbstwertgefühl des Kindes dann davon ab, dass es stets auch für Kleinigkeiten über den Klee gelobt wird.
  • Wenn Sie Ihr Kind loben, ist es gut, sich Zeit zu nehmen und sich konkret mit dem Anlass des Lobens zu befassen, sei es ein gemaltes Bild, ein Bauklötzchenturm oder eine Papierschnipselkollage. Details wollen benannt sein. Ein stereotyp vorgebrachtes „Toll gemacht“ wirkt schnell unglaubwürdig. Haben Sie im Augenblick keine Zeit, sich dem zu widmen, was Ihr Kind Ihnen zeigen möchte, ist es oft besser um Geduld zu bitten, anstatt ein flüchtiges Lob zu verteilen.
  • Gefällt Ihnen das Gezeigte nicht wirklich, sollten Sie nicht so tun als ob. Ihr Kind spürt es sofort. Wichtig ist jedoch, stets das Bemühen Ihres Kindes anerkennen.
  • Loben Sie nicht allgemein Ihr Kind ("ich bin stolz auf dich") sondern gezielt eine Fähigkeit oder Eigenschaft, z.B.: "Ich freue mich, dass du so gerne puzzelst."

Wenn Eltern ausrasten

Dass Kinder ohne Gewalt aufwachsen sollen, werden wohl die meisten Eltern unterschreiben. Deshalb geben sie sich auch große Mühe, einfühlsam und geduldig zu sein – was auch immer die Kinder tun. Das ist anstrengend, und im Übrigen von niemandem immer durchzuhalten.

Kinder scheinen mitunter dafür auf die Welt gekommen zu sein, ihre Eltern an jede erdenkliche Belastungsgrenze zu bringen. In manchen Dingen erscheinen sie geradezu erziehungsresistent. Kein Wunder, dass die elterliche Geduld oft bis zum Zerreißen strapaziert wird – und es immer wieder zu Ausrastern kommt.

Alle Eltern rasten gelegentlich aus, auch jene, die sich geschworen haben, ihr Kind niemals anzubrüllen, herumzuschubsen oder gar zu schlagen. Auch wenn davon die Welt nicht untergeht, sollten Eltern trotzdem lernen, an sich zu halten. Ein Kind, das wegen seines Verhaltens angebrüllt oder geschlagen wird, lernt lediglich, dass man jeden anbrüllen und schlagen darf, wenn er etwas tut, das einem nicht gefällt.

Mit einigen Grundregeln gelingt es vielen Eltern, seltener auszurasten, und wenn, dann keine Gewalt anzuwenden:

  • Bedenken Sie, Sie sind das Vorbild Ihres Kindes – im Guten wie im Schlechten.
  • Ihr Kind ist frühestens mit vier Jahren zu wirklicher Einsicht und Rücksichtnahme fähig.
  • Drücken Sie stets klar aus, was Ihr Kind darf oder nicht. Gehorcht es nicht, lassen Sie statt einer Strafe eine Konsequenz folgen: Lieber dem Kind etwas aus der Hand nehmen und (vorübergehend) wegschließen, als es anzubrüllen oder zu schlagen.
  • Wenn Sie merken, dass Ihnen bald der Kragen platzt, ist es gut, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen. Verlassen Sie am besten kurz den Raum und trinken Sie ein Glas Wasser. Mit beruhigtem Puls lösen sich viele Konfliktsituationen von selbst wieder auf.
  • Rutscht Ihnen die Hand aus, ist es nicht nur wichtig, sich bei Ihrem Kind zu entschuldigen. Reden Sie auch mit Ihrem Partner und nahestehenden Freunden darüber.
  • Finden Sie keinen Weg aus der Stress-und-Ausraster-Spirale, scheuen Sie sich nicht, eine professionelle Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen.