Welche Ernährung hält jung und gesund? Tipps von Longevity-Expertin Nina Ruge
Länger leben und gesund bleiben – dafür steht der Begriff Longevity. Die richtige Ernährung spielt dabei eine Schlüsselrolle. Sie beeinflusst Entzündungsprozesse im Körper, den Stoffwechsel und das Risiko für Krankheiten im Alter. Welche Ernährung länger jung und gesund hält und welche Mythen sich als Irrtum entpuppen, erklärt Longevity-Expertin Nina Ruge in ihrem neuen Buch "Verjüngung – der Ernährungsplan".
Ich möchte jung sterben – so spät wie möglich.
Onmeda: Sie schreiben, dass Ernährung helfen kann, biologisch jünger zu bleiben. Was heißt das genau – und wie funktioniert es?
Nina Ruge: Wir wissen beispielsweise heute so viel darüber, was in unserem Stoffwechsel, in unseren Zellen geschieht, wenn wir regelmäßig Zucker essen. Schleichend entwickeln sich Insulinresistenz, Diabetes, niederschwellige Entzündungen im ganzen Körper – dann Herzinfarkt, sogar Demenz. Fettpolster, die wegen hohen Zuckerkonsums auch im Bauchraum entstehen, beschleunigen diese Talfahrt der Gesundheit enorm. Kurz gesagt: Zucker macht alt und krank. Zuckerfrei leben hält jung.
Onmeda: Welche Ernährungsfehler lassen uns außerdem schneller altern und sind leicht zu vermeiden?
Nina Ruge: Man sollte nicht nur Zucker möglichst vermeiden, sondern auch keine hochverarbeiteten Lebensmittel essen und möglichst wenig Fleisch. Wichtig ist die Qualität: frisches Gemüse, Fisch aus zertifiziertem Fang und kaltgepresste Öle. Außerdem sollte man Zwischenmahlzeiten weglassen, da ständiges Snacken den Stoffwechsel belastet. Und abends gilt: lieber etwas Leichtes essen.
Onmeda: Wie sollte wir uns idealerweise ernähren?
Nina Ruge: Wichtig ist ein buntes Potpourri an Gemüsen, hochwertiges Oliven- oder Rapsöl, Vollkornprodukte und fermentierte Milchprodukte wie Joghurt oder Kefir. Ich setze stark auf eine pflanzliche Ernährung – denn sie hat zwei Superfood-Komponenten, die in tierischen Produkten null vorhanden sind: Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Ballaststoffe werden in ihrer Schutzwirkung für Herz und Gehirn total unterschätzt – und die sekundären Pflanzenstoffe scheinen jede Menge Longevity-Effekte liefern zu können. Gleichzeitig enthält pflanzliche Kost keine oder kaum gesättigte Fettsäuren, Cholesterin und Nitrite.
Onmeda: Welche drei einfachen Änderungen in der Ernährung haben den größten Effekt?
Nina Ruge: Langsam, aber konsequent das Weglassen üben: Nachmittags kein Kuchen oder Müsliriegel, sondern vielleicht einen grünen Tee mit Nüssen – oder einfach nichts. Zucker weglassen im Kaffee. Seltener Fertigprodukte kaufen und wenn es schnell gehen muss, – gutes Tiefkühlgemüse verwenden und proteinreich kombinieren.
Onmeda: Wie viel Protein sollten wir denn täglich aufnehmen?
Nina Ruge: Die gängige Formel lautet 0,8 Gramm Protein pro Kilo Körpergewicht, wobei man das Idealgewicht zugrunde legen sollte. Ab 60 brauchen wir sogar noch mehr pro Tag, nämlich 1,2 Gramm pro Kilo. Wer vegetarisch isst, sollte auf genug Milchprodukte und Eier achten. Ausschließlich vegane Ernährung muss mit Linsen, Hülsenfrüchten, etc. ziemlich jonglieren, um auf die empfohlene Menge zu kommen.
Onmeda: Sie betonen besonders die Bedeutung von Ballaststoffen und einer gesunden Darmflora. Warum sind sie so wichtig, um lange gesund zu bleiben?
Nina Ruge: Lösliche Ballaststoffe aus Gemüsen und Früchten sind Futter für unsere Darmbakterien und schützen unsere Darmschleimhaut. Sie bilden Stoffe wie Butyrate, die uns vor Entzündungen bewahren und über die Darm-Hirn-Achse schützend bis ins Gehirn wirken können.
Onmeda: Viele Gesundheitstrends versprechen Gesundheit und Langlebigkeit. Welche Mythen oder Superfoods halten Sie für überschätzt?
Nina Ruge: Dass Kohlenhydrate grundsätzlich schädlich seien und durch Proteine ersetzt werden sollten. Kohlenhydrate in Form von Ballaststoffen sind sehr gesund – und zuviel Proteine sind problematisch. Auch viel Obst zu essen ist nicht automatisch gesund. Sehr süßes Obst liefert zwar viele Vitamine und Mineralstoffe – aber eben auch jede Menge Fructose. Und sogenannte Superfoods wie Goji- oder Acai-Beeren enthalten nicht mehr Antioxidantien als heimische Beeren. Chia-Samen sind nicht besser als Leinsamen – oft nur stärker belastet.
Onmeda: Welche Rezepte aus Ihrem Buch essen Sie am liebsten und warum?
Nina Ruge: Bittersalat mit Frischkäse. Bittergemüse enthält jede Menge schützende Pflanzenstoffe. Sehr gerne mag ich auch die Mangoldsuppe mit Kokos. Mangold ist der Superstar unter den Gemüsen in Sachen Polyphenolgehalt, also Gesundheits-Wirkstoffen.
Onmeda: Wenn nur ein Gedanken aus Ihrem Buch hängen bleiben dürfte – welcher wäre das?
Nina Ruge: Alles wird gut – aber nicht von alleine!