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Torsionale Sakkaden??

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  • Torsionale Sakkaden??

    Hallo Zusammen.

    Ich habe folgendes Problem.
    Ich messe mittels Videookulographie die Augenbewegungen in der klinischen Forschung. bei der Messung wird ein Punkt fixiert und der Kopf relativ langsam nach links und rechts geneigt, sodass es zu rotatorischen Augenbewegungen kommt.
    Die Auswertung ergab bis jetz etwas widersprüchliche Werte.
    Sind generell auch torsionale Sakkaden möglich oder sind das nur Konvergenzbewegungen??
    Ich habe von den Werten her ruckartige 5-10° schwankungen in beide richtungen (torsional). Sind das Überflussakkaden?? bereits bei so einer langsamen Bewegungen?
    Bis zu welchem Winkel lassen sich die Augäpfel um die Sagitalachse überhaupt drehen (Zykloduktion)? und ab welchem Winkel erfolgt die Rückstellung?
    Hoffe Sie können mir einige Fragen beantworten.

    Grüße Leo


  • Re: Torsionale Sakkaden??


    Hallo Leo, das sind ja interessante Fragen. Also:

    1. es gibt auch torsionale Bewegungen, die als Ausgleichsbewegung im Sinne des vestibulo-okulären Reflexes auftreten. Allerdings entspricht deren Geschwindigkeit der der Kopfbewegung, es sind also keine Sakkaden im eigentlichen Sinne. Sakkaden dienen der Fixationsaufnahme und entstehen im Zuge der Vermeidung von Lokaladaption oder als optokinetischer Nystagmus, den es meines Wissens aber nur in der Horizontalen und Vertikalen gibt. Von einem rotatorischen OKN habe ich, glaube ich, noch nichts gehört. Das würde auch keinen Sinn machen, da der OKN an eine zentrale Fixation gekoppelt ist, die bei torsionalen Bewegungen ja nicht verlassen wird. Mit "Konvergenzbewegungen" hat das allerdings nichts zu tun. Dies ist eine horizontale Vergenzbewegung, bei der sich die Gesichtslinien beider Augen vor denselben schneiden.

    2. Die ruckartigen Bewegungen in torsionaler Richtung deutet darauf hin, daß das Ende der monokularen Exkursionsfähigkeit des Auges in dieser Drehrichtung erreicht ist. In der Horizontalen und Vertikalen spricht man hier je nach Ausprägung von Endstellnystagmus, Blickrichtungsnystagmus und blickparetischem Nystagmus, wobei die erste Variante physiologisch ist, die beiden anderen bereits pathologisch. Das scheint m. E. die Antwort auf Ihre Frage. Den Begriff "Überflußsakkade kenne ich nicht.

    3. Das Ausmaß maximaler Zyklodeviationen, also die monokulare rotatorische Exkursionsfähigkeit, liegt meines Wissens bei etwa 40° bei Rechts- und Linksneigung. Man kann sich das auch in etwa ausrechnen, wenn man die anatomischen Gegebenheiten und den Verlauf der schrägen Vertikalmotoren (Mm. obliquii) kennt.

    Wir sprechen hier immer über die monokularen Blickfelder, nicht über die binokularen oder das Fusionsblickfeld!

    Zur Information: es gibt eine sehr seltene, pathologische Form eines Mikrotremors, der neben einer vertikalen Ausprägung auch eine rotatorische Komponente aufweist. Dies ist abhängig von der aktuellen Blickrichtung. Man nennt das Krankheitsbild "Obliquus superior Myokymie".

    Ansonsten bin ich der Ansicht, daß das Erreichen des Endes der monokularen Exkursionsstrecken vermutlich die korrekte Erklärung für das von Ihnen geschilderte Phänomen ist.

    Weiterhin gutes Gelingen!

    Kommentar


    • Re: Torsionale Sakkaden??


      Hallo,

      erstmal Danke für die schnelle und ausführliche Antwort

      Korrektur: Ich meinte Überschusssakkaden, wo das Auge in horizontaler Richtung bei der Sakkadenbewegung über die quasi Nullstellung zur Fixation des Bildes hinausschießt und dann wieder zurückläuft in die "Normlastellung" zur Verfolgung des Bildes.
      Allerdings ist das Auftreten bei horizontalen Bewegungen überweigend pathologisch und weniger physiologisch.


      Ich fasse das mal kurz zusammen:

      1. Forschung und diagnostische Möglichkeiten/Auswertungen sind bei torsionalen Augenbewegungen noch nicht soweit wie bei horizontal/vertikal.

      2. Die maximale monokulare rotatorische Exkursionfähigkeit liegt bei ca. 40 Grad. Nach Ihren Aussagen entstehen die ruckartigen torsionalen Bewegungen beim erreichen dieser Grenze.
      Die Kopfbewegungen bei der Messung belaufen sich auf maximal 30° Neigung. Ich nehme mal an das 40° Grad der theoretische Wert ist, die Augenbewegung aber viel früher einsetzt, um die Horizontalachse wieder auszurichten. Das ist zumindest das Fazit aus den ersten Messungen.

      3. Auf die Überschusssakkaden oder diesem Typus ähnliche Bewegungen komme ich durch meine grafische Auswertung des Kurvenverlaufs. Die ist mir noch ein bisschen Rätselhaft.
      Zeitlich-grafisch etwas gestreckt, kommt es zu Beginn der Kopfbewegung bei den Augen zu 2-3 Bewegungsspitzen (bei einer Kopfneigung alle ca. 10-15°). Beide Kurven verlaufen anfangs linear zueinander. Ab einem bestimmten Punkte fällt die Augenbewegung schlagartig um 5° ab und kommt dann wieder hoch. Allerdings nicht ganz bzw. nur annähernd auf das vorherige Niveau. Am Umkehrpunkt der Kopfbewegung ist es wieder syncron. Bei der Rückbewegung treten ebenfalls diese Spitzen auf.
      Deswegen frage ich mich ob das Auge erstmal über die gedachte Horizontalachse hingerollt und sich dann wieder "einpendelt" oder ob das mit der parallel weitergeführten Kopfbewegung zu tun hat, bei der die Augen widerrum mit rollen müssen. Große Ausschläge sind bereits mit dem bloßen Auge bei der Videoauswertung zu sehen...und diese gehen auch in beide Richtungen, ähnlich einer Pendelbewegung.

      Fürs bessere Verständins kann ich auch gerne ein Diagramm mit anhängen, wenn das gewünscht ist.

      Grüße Leo

      Kommentar


      • Re: Torsionale Sakkaden??


        Soweit ich das richtig verstehe, geht es also um die Beurteilung der Okulomotorik bei gleichzeitig (!) induzierten Versionen - also Blickbewegungen nach rechts, links, oben, unten - und torsionalen Bewegungen durch Kopfneigung.

        Zu Punkt 1.: kann ich nicht mir Bestimmtheit sagen

        Zu Punkt 2.: Ich verstehe nicht ganz, um welche "einsetzenden Augenbewegungen" es sich hier handelt, die die Horizontalachse wieder "ausrichten" sollen.

        Zu Punkt 3.: siehe Punkt 2. In der Regel sind überschiessende Sakkaden zur Fixationsaufnahme Zeichen eines pathologischen Geschehens, bspw. durch Hirnstammschädigung, aber auch bei Veränderungen der Muskelstrukturen (z. B. endokrine Orbitopathie).

        Bei Ihrer Untersuchungsanordnung ist zu beachten, dass die Augen durch eine gleichzeitige horizontale Bewegung und eine um die Saggitalachse verlaufende Zyklodeviation in eine sogenannte "Tertiärstellung" gelangen. Während bei horizontalen Blickbewegungen die motorische Fusion in der Regel durch eine zentrale, foveolare Fixation aufrecht erhalten wird, geschieht dies in der Tertiärstellung durch periphere, aber immer noch miteinander korrespondierende Netzhautstellen. Irgendwann kommt es jedoch zu einer sog. "Tertiärneigung", die nicht mehr fusioniert werden kann, obwohl noch beidseits zentral (!) fixiert und fusioniert wird. Dies ist der Grund dafür, warum man das "Binokulare Blickfeld" (beidäugige foveolare Fixation trotz nicht mehr fusionierter peripherer Objekte wegen Tertiärneigung) vom "Fusionsblickfeld" (beidäugiges Einfachsehen mit foveolarer Fixation bei Fusion auch der Tertiärneigung) unterscheidet. Das Fusionsblickfeld ist also kleiner als das binokulare Blickfeld.

        Um nun wieder auf Ihre Untersuchungsanordnung zurückzukommen: eine Diplopie, also ein Verlust der Fusion, ist bei normalem Binokularsehen auch immer mit dem Bestreben verbunden, wieder binokular einfach zu sehen, was mit entsprechenden Fusionsbewegungen einhergeht. Fusionsbewegungen sind aber "Vergenzbewegungen", während Blickbewegungen "Versionen" darstellen. Wenn also "ihre" sakkadierten Bewegungen, die Sie messen, beidseits gegensinnig (!) verlaufen, könnte dies der Ausdruck von Fusionsbewegungen sein. Verlaufen sie gleichsinnig, stellen sie Blickbewegungen dar. Der Grund für die Sakkaden wäre dann vermutlich pathologisch, wenn er sich nicht durch die Grenzen des monokularen Blickfeldes erkären ließe (Endstellung).

        Im Übrigen kenne ich die Fragestellung Ihrer Untersuchungen nicht. Vielleicht sollten Sie prinzipiell erst einmal separat die monokularen Blickfelder des rechten und linken Auges messen, um eine Grundlage für die weiteren Beurteilungen zu erhalten. Messungen von Blick- oder Blickzielbewegungen sind immer auch von der Qualität der motorischen und sensorischen (!) Fusionsfähigkeit beeinflusst. Es ist also auch essentiell, etwas über die Qualität des sensorischen Binokularsehens zu wissen, bevor man versucht, die Motorik zu begreifen. Vielleicht sind Ihre Probanden gar nicht in der Lage über die geforderten Strecken hinweg zentral zu fusionieren, obwohl die Motorik es zulassen würde.

        Kommentar



        • Re: Torsionale Sakkaden??


          Hab ich vergessen: in welcher Entfernung befindet sich das Fixierobjekt bei der Messung?

          Kommentar


          • Re: Torsionale Sakkaden??


            nochmal vielen Dank für die Antwort.

            Wie gesagt ich arbeite mich jetz erst in die Materie rein udn muss dass alles erstmal sacken lassen und durchforsten.

            Zu ihrer Frage. Der Proband sitzt ungefähr in 2,5 Metern Entfernung zum Fixtionspunkt. Und ja es handelt sich hierbei um die Untersuchung der Okularmotorik. Versucht wird aber nur die torsionale zu erreichen. Horizontale oder vertikale Elemente sollen möglichst vermieden werden. Wir möchten rausfinden was bei Kopfneigung eine normale Okularmotorik und wie sich das bei gleichgewichtsgestörten Patienten eventuell anders verhält.

            Vielleicht noch eine abschließende Frage.
            Können sie mir aktuelle Fachliteratur oder Publikationen zu diesem Thema torsionale Okularmotorik oder ocular counter rolling empfehlen oder posten?
            Die Standardliteratur enthält nur wenig Informationen, lediglich Muskelaufbau etc. und die Nytagmographie beschränkt sich auf horizontal oder vertikal.
            Ich möchte ja nicht das Rad neu erfinden müssen.

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            • Re: Torsionale Sakkaden??


              Nun ja, wenn es um das Thema Nystagmus geht, betrachtet man natürlich in erster Linie die horizontalen und ggf. vertikalen Ausschläge. Beim Fixationsnystagmus ist ja die rotatorische Komponente eher weniger von Belang.

              Wenn ich Ihre Antwort richtig verstanden habe, dann untersuchen Sie ausschließlich Zyklodeviationen? Wenn die Fixationsentfernung nur 2,5 Meter beträgt, dann muß der Proband - wenn auch nur sehr gering - konvergieren und die Mm. obliquii geraten in eine Position, in der ihre hebende bzw. senkende Wirkung zunimmt, während ihre rotatorische Funktion weniger wird. Ist das im Sinne des Versuchsaufbaus? Zudem nimmt die rotatorische Funktionskomponente der vertikalen Recti mit einer Konvergenzbewegung zu. M. E. sollte die Fixationsdistanz deshalb 5-6 Meter betragen. Wenn Sie hingegen die "reinen" rotatorischen Funktionen der vertikalen Recti und der Obliquii ableiten wollen, müssten Untersuchungen in Sekundär- und Tertiärpositionen durchgeführt werden.

              Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Vestibularisstörungen und einer Kopfneigung, ggf. als Kompensationsmechanismus?

              Leider ist mir keine spezielle Literatur bekannt, die Ihnen hier weiterhelfen könnte. Empfehlenswerrte Standardwerke wären "Neuroophthalmologie" von Rudolf Sachsenweger, ggf. "Klinische Neuroophthalmologie" von Alfred Huber und Detlef Kömpf.

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              • Re: Torsionale Sakkaden??


                Hier noch eine Literaturquelle:

                "Strabismus" Hrsg. Herbert Kaufmann, besonders das Kapitel 1.3 "Neurophysiologie der Augenbewegungen" von Guntram Kommerell.

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                • Re: Torsionale Sakkaden??


                  Guten Abend, Leo,

                  es gibt auch torsionale Bewegungen/ Sakkaden. Die genauen Winkel kann ich Ihnen nicht nennen.

                  Mit freundlichen Grüßen,
                  Priv.-Doz. Dr. A. Liekfeld.

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