Eine Frau steht bekleidet vor dem Spiegel und tastet ihre Brust ab.
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Brustkrebs: Ein Gespräch über Ängste, Kompressions-BHs und Selbsthilfe

Von: Charlotte Herhold (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 01.10.2025

Brustkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten bei Frauen. Aber: Wie fühlt sich der Moment an, wenn plötzlich der Verdacht auf Krebs im Raum steht? Was hilft, sich bei Untersuchungen weniger ausgeliefert zu fühlen? Und wie geht man mit Ratschlägen von außen um? Eine Betroffene teilt ihre Erfahrungen – mit Tipps, die Mut machen.

Alexandra von Korff

Ich finde: Wer gut informiert ist, hat weniger Angst.

Alexandra von Korff ist selbst an Brustkrebs erkrankt. Sie engagiert sich heute als Bloggerin, Podcasterin und Content-Creatorin dafür, Brustkrebs zu enttabuisieren.

Onmeda: Frau von Korff, erinnern Sie sich an die erste Untersuchung – wie haben Sie sich gefühlt?

Alexandra von Korff: Ich war natürlich sehr aufgeregt und unsicher. Es ist eine ungewohnte Situation, sich so verletzlich zu zeigen. Ich hatte gerade abgestillt, und meine Frauenärztin sagte zunächst, das sei sicher nur eine Zyste in der Brust. Doch beim Ultraschall wurde sie plötzlich still, etwas hektisch, und organisierte sofort einen Termin bei der Senologin. [Anmerkung der Redaktion: Senolog*innen sind auf Erkrankungen der weiblichen Brust spezialisiert, etwa bei Verdacht auf Brustkrebs.] Als sie mir zum Abschied beide Hände drückte und "alles Gute" wünschte, war mir klar: Das ist ernst.

Onmeda: Viele Frauen empfinden die Wartezeit vor Untersuchungen als besonders belastend. Ging es Ihnen auch so?

Alexandra von Korff: Ja, die Ungewissheit ist oft schlimmer als die Untersuchung selbst. Ich habe versucht, mich abzulenken – mit einem Buch oder einer Zeitschrift.  Am nächsten Tag fragte die Senologin sofort nach meinen Kindern. Ihre Reaktion: "Wir machen auf jeden Fall eine Stanzbiopsie."

[Anm. d. Red.: Bei einer Stanzbiopsie handelt es sich um eine Gewebeproben­entnahme, bei der mit einer Hohlnadel eine kleine Probe aus dem verdächtigen Bereich der Brust entnommen wird, um sie feingeweblich untersuchen zu lassen. Gerade nach dem Abstillen baut sich das Brustgewebe noch um. Das kann zwar manche Veränderungen erklären – dennoch ist eine Biopsie wichtig, um sicherzugehen, dass nichts übersehen wird.]

 Ich wusste gar nicht, was das bedeutet – nur, dass es jetzt passiert. Danach fragte ich, was los sei. Sie sah mich an und sagte: "Wenn es das ist, wovon ich ausgehe, dann stehen Sie vor dem vollen Programm: Chemotherapie, Operation, Bestrahlung – alles."

Onmeda: Wie haben Sie diesen Moment erlebt, als die Diagnose zur Realität wurde?

Alexandra von Korff: Das war der Moment, in dem mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Ich dachte nur: Ich hab wahrscheinlich Krebs, ich sterbe, mein ganzer Körper ist vielleicht voll damit. Vielleicht habe ich nur noch Wochen zu leben, meine Kinder werden sich noch nicht mal an mich erinnern können und ohne Mama aufwachsen. Die Tage zwischen dem Verdacht und der Diagnose waren aber eigentlich am schlimmsten. Da war das Thema Tod ganz plötzlich ganz, ganz nah – das hatte ich ab dem Zeitpunkt der Diagnose nicht mehr.

Onmeda: Was hat Ihnen persönlich geholfen, mit der Unsicherheit rund um Ihre Erkrankung umzugehen?

Alexandra von Korff: Mir hat es geholfen, mich gut zu informieren und Entscheidungen mitzutragen. Wenn man sich nicht sicher ist, sollte auch immer eine zweite Meinung her. Ich habe aber auch gemerkt, wie sehr die innere Einstellung eine Rolle spielt – etwa später bei der Chemo. Wenn ich mich dagegen gesträubt habe, ging es mir schlechter als an den Tagen, an denen ich dachte: Das hilft mir jetzt.

Onmeda: Was können Angehörige in so einem Fall tun?

Alexandra von Korff: Für Angehörige ist wahrscheinlich Zuhören der beste Rat: Zum Beispiel, sich als Freundin hinzusetzen und zu sagen: "Erzähl es mir und sag mir alles" – und dann nicht mit Floskeln wie "Ach, das wird schon" zu reagieren. Sondern zuzuhören und die Situation auszuhalten. Auch die Angst stehenzulassen, ohne sie kleinzureden.

Onmeda: Gibt es etwas, das Sie anderen Frauen nach einer Brustkrebsdiagnose raten würden?

Alexandra von Korff: Das Wichtigste für mich: Hör auf dein Bauchgefühl. Das ist dein Weg. Lass dich nicht von anderen verunsichern. Viele meinen es gut, aber es kommen schnell Sätze wie "Das wird schon". Das hilft nicht – und kann sogar verletzen. Meine Chemo-Schwester hat mal gesagt: "Sie sind der Regisseur. Das ist Ihr Film." Das fand ich ein schönes Bild.

Onmeda: Sie sprechen offen über Ihre Erfahrungen – auch über die unbequemen. Was hat Sie dazu motiviert?

Alexandra von Korff: 2017 erhielt ich die Diagnose Brustkrebs. Damals fühlte ich mich allein – es wurde kaum darüber gesprochen. Heute arbeite ich bei patients today, wo wir aktuelle Studien und Kongressberichte in verständlicher Sprache aufbereiten, damit Betroffene informierte Entscheidungen treffen können. In meinem Podcast "2 Frauen, 2 Brüste" spreche ich zudem über Themen, die viele bewegen, über die immer noch selten gesprochen wird – etwa in der Folge "Ratschläge sind auch Schläge". Denn man wird schnell überflutet mit gut gemeinten Kommentaren wie: "Ach, du trinkst Alkohol? Du weißt ja schon…".

Ich finde: Wer gut informiert ist, hat weniger Angst und kann sich besser schützen – sei es im medizinischen Bereich, im sozialen Umfeld, auch bei ganz persönlichen Fragen wie der Ernährung oder der Kleidungswahl.

Onmeda: Welche Rolle spielt für Sie die Kleidung für das eigene Körpergefühl?

Alexandra von Korff: Ich hatte eine Glatze und dachte: Ich will nicht, dass alle mich seltsam ansehen. Also habe ich Kleider getragen, mich geschminkt, Lippenstift benutzt. Das war irgendwann ein sehr ausgefeilter Look. Nach jeder Chemo bin ich außerdem in einen Second-Hand-Shop in der Nähe – da hab ich mir irgendwas Buntes mitgenommen, weil mein Kleiderschrank vorher doch eher in gedeckten Farben war. Und vielleicht hat es auch mit etwas Bejahendem zu tun. Mir hat Farbe in der Kleidung unheimlich gutgetan – auch, um zu sagen: Ich bin da. Ich bin lebendig.

Onmeda: Welche Routinen waren für Sie außerdem wichtig?

Alexandra von Korff: Make-up fand ich super. Je weiter die Erkrankung vorschreitet, desto wichtiger war es für mich, etwas zu tun. Und natürlich redet man auch mit anderen darüber, was hilft und was nicht. Da gab es damals zum Beispiel Tattoo-Farbe für die Augenbrauen, die drei Tage gehalten hat. Im Nachhinein: schrecklich. Aber damals dachten wir: Boah, das ist ja toll. Heute gibt es aber viel bessere Sachen – so Augenbrauen zum Aufkleben, die sehen sogar richtig gut aus.

Und ganz klar: Das ist alles Geschmackssache. Aber für mich war das wichtig – eine gelebte Routine. Weil es mir in dem Moment ein gutes Gefühl gab. 

Onmeda: Was hilft dabei, sich während der Untersuchungen wohler zu fühlen?

Alexandra von Korff: Ich würde vor allem bequeme Kleidung empfehlen, die man leicht an- und ausziehen kann. Ein lockerer BH ohne Bügel kann gerade bei der Magnetresonanztomografie (MRT) hilfreich sein – denn da darf man ja kein Metall tragen. So muss man sich nicht komplett ausziehen und bewahrt sich ein Stück Privatsphäre in einem Prozess, in dem viele fremde Menschen den eigenen Körper sehen.

Ich hab mich damals auch in enge Sport-BHs reingequält. Heute weiß ich: Mir hätte ein Kompressions-BH zugestanden – sogar zwei. Aber damals hieß es nur: "Sie werden brusterhaltend operiert, da kriegen Sie keinen Kompressions-BH." Dabei sind Kompressions-BHs mit Frontverschluss viel praktischer als Sport-BHs, die man über den Kopf ziehen muss. Und sie stehen einem zu – diesen Tipp gebe ich gerne weiter!

Onmeda: Dass Sie Ihre Erfahrungen teilen, ist für einige Betroffene sehr wertvoll. Auch Selbsthilfegruppen können das sein und werden oft empfohlen. Wie sehen Sie das?

Alexandra von Korff: Ich wollte nie in einem Stuhlkreis mit "alten jammernden Weibern" sitzen – das war mein Klischee darüber. Aber Selbsthilfe ist viel mehr. Das habe ich später bemerkt. Es gibt großartige Gruppen und tolle Arbeit.

Ich selbst habe mich vor allem über Social Media mit Betroffenen vernetzt, die zu mir gepasst haben. Besonders hilfreich waren Erfahrungen von denen, die schon ein paar Schritte weiter waren. Wenn dir jemand aus eigener Erfahrung sagt, was gegen trockene Nasenschleimhäute hilft – wenn alles kratzt, weil du keine Nasenhaare mehr hast und dir ständig die Nase läuft – ist das oft hilfreicher als Tipps vom Fachpersonal oder aus Lehrbüchern.

Onmeda: Was wünschen Sie sich für die Zukunft – für die Versorgung von Brustkrebspatientinnen?

Alexandra von Korff: Ich wünsche mir mehr Digitalisierung. Ganz klar: Wir brauchen einen besseren Informationsfluss und eine stärkere Vernetzung, damit Betroffene schneller an die Informationen gelangen, die sie brauchen. Erstens, um bei Entscheidungen über ihren Körper mitsprechen zu können, und zweitens, um mit diesem Verständnis selbstbewusst die Fragen zu stellen, die ihnen wichtig sind – auch wenn sie unbequem sind.