Erstchemo mit 83 Jahren?

[besorgteenkelin]

Hallo liebe Forumsmitglieder!
Ich hoffe, ich kann ein paar Meinungen sammeln. Und zwar geht es um meinen Opa.
Er ist jetzt 83 Jahre und hat sein 5 Jahren einen Prostatakrebs.
Im letzten Jahr wurde ihm der Hoden entfernt (Stoppung der Testosteronproduktion).
Seit letzten Herbst ist der PSA von 30 auf jetzt 88 gestiegen. Letze Woche durchlief er sämtliche Untersuchungen. Der ganze Körper ist metastasenfrei

Da sich der Krebs nur lokal befindet, und noch nicht gestreut hat, möchte sein Urologe nun eine Chemotherapie anstreben.
Was meint Ihr dazu?
Er nimmt zur Zeit 2 x 300 mg Estramustin. Die Nebenwirkungen dieser Chemotabletten wirken sich bei ihm sehr, sehr stark aus, sind aber erträglich.
Vorab schon vielen Dank für Eure Meinung!
Viele Grüße

[Dr.Hennesser]

Re: Erstchemo mit 83 Jahren?


Estramustin hat in keiner Studie bisher einen positiven Einfluß auf die Lebenserwartung gehabt, auch der Einfluß anderer Präparate bringt nur einen Vorteil im Bereich weniger Monate. Insofern ist m.E. der PSA-Wert alleine kein Marker, der die Chemotherapie begründen kann. Wenn Ihr Opa seitens des Tumors beschwerdefrei ist und offenbar Nebenwirkungen durch die Chemotherapie hat muß die Therapie hinterfragt werden.

[besorgteenkelin]

Re: Erstchemo mit 83 Jahren?


Hab mich schon vor längerer Zeit über Estramustin erkundigt, da er eine Leberentzündung hatte fast alle Tabletten weglassen musste.
Da hab ich das gefunden:
"Die Auswertung der Überlebenszeiten ergab, dass sich eine Chemotherapie mit Estramustin sowie - zu Beginn der Behandlung - ein PSA-Wert bis 130ng/ml, ein guter Allgemeinzustand und ein normaler Hämoglobin-Wert (Farbstoffgehalt des Blutes) unabhängig voneinander positiv auswirkten, während das Alter keine Rolle spielte. So waren bei zusätzlicher Gabe von Estramustin das Sterblichkeitsrisiko um 23% niedriger und die Überlebensrate im ersten Jahr nach Beginn der Behandlung um fast 10% höher (61,1% gegenüber 51,6%), im zweiten Jahr immerhin noch um 3,5% (25,7% gegenüber 22,2%)."

Stimmt das nicht?
Viele Grüße

[Dr.Hennesser]

Re: Erstchemo mit 83 Jahren?


Sie zitieren zu Recht das 1-Jahresüberleben, was jedoch nicht identisch mit dem Gesamtüberleben ist, denn man betrachtet hier nur das Überleben innerhalb eines begrenzten Zeitraumes, nicht die Lebenserwartung an sich. Interessant wäre zudem, ob in dieser Studie die Teilnehmer die gleichen Eingangsvoraussetzungen hatten (kein Ansprechen mehr auf antihormonelle Therapie=Hodenentfernung). Grundsätzlich bleibt jede Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie eine Einzelfallbetrachtung des einen individuellen Patienten, da sind Studien nicht immer das alleinige Kriterium. Meine Entscheidung wäre bei den von Ihnen zitierten "sehr, sehr schweren" Nebenwirkungen eher zurückhaltend.