Androgene

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 13.09.2007

auch bezeichnet als:
Anabolika; C 19-Steroidhormone; Keimdrüsenhormone, männliche; männliche Keimdrüsenhormone ; männliche Sexualhormone; Sexualhormone, männliche

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Androgene" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Unter Androgenen versteht man die Gesamtheit aller männlichen Sexualhormone. Das Wort kommt von dem griechischen Begriff "andros" für "Mann". Das wichtigste Androgen ist das männliche Sexualhormon Testosteron. Es wird auch im Körper der Frau produziert, wenngleich in deutlich geringeren Mengen. Das natürliche Testosteron kann nur gespritzt werden und ist relativ kurz wirksam. Daher wurden daraus weitere chemisch veränderte Wirkstoffe entwickelt, die sich auch zur Einnahme eignen oder eine längere Wirkung haben.

Eine Unterfunktion der männlichen Keimdrüsen (Gonaden) hat eine zu geringe Produktion männlicher Hormone zur Folge. Die Androgene werden in solchen Fällen zur Ersatztherapie (Substitutionstherapie) verwendet. Die Unterfunktion (Hypogonadismus) kann bei Knaben erblich und angeboren sein, sie kann aber auch durch Erkrankungen und Fehlbildungen der Hoden jederzeit in einem späteren Alter auftreten. Eine weitere Ursache für die Unterfunktion liegt häufig in einer Störung der übergeordneten Hormonregelkreise von Zwischenhirn (Hypothalamus) und Hirnanhangdrüse (Hypophyse). Ein Mangel an entsprechenden Hypothalamushormonen oder Hormonen der Hypophyse führt zur Unterfunktion der Keimdrüsen.

Für eine Androgen-Ersatztherapie beim Mann sind Testosteronenantat, Testosteronpropionat, Testosteronundecanoat und Mesterolon in Gebrauch.

Die wichtigsten therapeutisch bei der Frau genutzten Androgene heißen Dehydroepiandrosteron (DHEA) und Androstendion. Sie werden zur Behandlung von Brustkrebsformen eingesetzt, die nicht operierbar sind. Man macht sich dabei die Tatsache zunutze, dass Androgene Gegenspieler des weiblichen Hormons Östrogen sind. Da Brustkrebszellen durch Östrogen zum Wachstum angeregt werden, ist es sinnvoll, seine Wirkung durch Androgene zu unterdrücken. Allerdings zieht man ihnen heute die Anwendung von Antiöstrogenen und Hypothalamushormonen vor.

Ein weiteres Anwendungsgebiet der Androgene ist die Kräftigung bei schwächenden Krankheitsprozessen wie Krebs. Hier kommen sie in Form von synthetischen Testosteron-Abwandlungen als so genannte Anabolika zum Einsatz. Anabolika kehren die negative Stoffwechsellage vom Abbau zum Aufbau von Körpergewebe um. Zu der Anabolika-Gruppe gehören Nandrolondecanoat, Clostebolacetat und Metenolonacetat.

Verbotenerweise werden Anabolika auch als Dopingmittel im Sport eingesetzt.

Wirkung

Die natürlichen Androgene werden überwiegend im Hoden produziert, in geringerem Ausmaß auch in den Eierstöcken und in der Nebennierenrinde. Je nach Geschlecht beeinflussen Androgene die Entwicklung der Geschlechtsteile, regulieren die Sexualfunktion und nehmen Einfluss auf das Verhalten. Androgene steuern beispielsweise den Reifeprozess der Spermien, sind für die Drüsentätigkeit der männlichen Geschlechtsorgane sowie Haarmuster (Bart und zum Teil Glatze) und Fettverteilung des Mannes verantwortlich. Sie regen zudem die Eiweißproduktion an und unter ihrem Einfluss nehmen Muskelmasse und Muskelkraft zu (so genannter anaboler Effekt). Sie tragen außerdem zur Bildung der roten Blutkörperchen bei. Deshalb haben Männer auch mehr rote Blutkörperchen als Frauen. Androgene beeinflussen die Talgproduktion der Haut, regulieren den Knochenstoffwechsel und bewirken generell eine Zunahme der fettfreien Körpermasse. Die Androgene gelangen auch in das Gehirn und haben dort auf eine teilweise noch ungeklärte Weise eine steuernde Wirkung auf das Verhalten.

Alle diese Wirkungen erreichen die natürlichen Androgene und auch ihre künstlichen Abwandlungen durch die Bindung an spezielle Androgen-Rezeptoren an den Zellen der Zielgewebe. So können sie in Muskelzellen, Fettzellen, Haarzellen und allen anderen Androgen-empfindlichen Zellen die entsprechenden Reaktionen auslösen.