Eine Ärztin im weißen Kittel sitzt gemeinsam mit einer Frau mittleren Alters und spricht mit ihr.
© Getty Images/ AzmanL

Mit Klarheit und KI-Hilfe: So kann das ärztliche Gespräch gelingen

Letzte Aktualisierung: 15.07.2025

Wenn Menschen eine Diagnose erhalten, die ihr Leben verändert, steht für viele die Welt einen Moment lang still: Was eben noch selbstverständlich war, wirkt plötzlich weit weg. Auch wenn man weiß, dass es viele weitere Betroffene gibt, fühlt man sich mit seinen Sorgen erst einmal allein. Denn schwere und chronische Erkrankungen belasten nicht nur den Körper, sondern auch die seelische Gesundheit.

Umso wichtiger ist es, darüber zu sprechen – mit dem eigenen Umfeld, aber insbesondere auch mit Ärzt*innen – und dabei die eigenen Bedürfnisse im Blick zu behalten. Die Initiative "Aussprechen, was bewegt" ermutigt Betroffene, offen über ihre Situation zu sprechen. Denn gelungene Kommunikation kann Teil einer erfolgreichen Behandlung sein und dabei helfen, besser mit der Situation umzugehen.

Still vor Sorge? Warum Betroffene oft schweigen

Studien¹ zeigen beispielsweise, dass Patient*innen nach einer Krebsdiagnose häufig Überforderung, Angst und Sprachlosigkeit empfinden. Gleichzeitig sprechen viele Erkrankte nicht offen mit ihren Angehörigen, weil sie Angst haben, sie zu belasten. Auch gesellschaftliche Rollenbilder wie "Ich muss stark sein" führen oft zum Schweigen – insbesondere Männer neigen dazu, ihre Gefühle seltener zu zeigen.

Ein offenes ärztliches Gespräch wirkt sich positiv aus

Gerade die Kommunikation mit dem Behandlungsteam bedeutet, sich mit der eigenen Diagnose und deren medizinischen Folgen auseinanderzusetzen. Das fällt vielen im ersten Schritt schwer. Doch dieser Austausch ist gleichzeitig die Basis für gegenseitiges Verständnis und Vertrauen. 

Studien zeigen, dass eine offene und gut vorbereitete Kommunikation nicht nur das Verständnis verbessert, sondern auch den Umgang mit Beschwerden erleichtern und zu einer höheren Zufriedenheit mit der Behandlung beitragen kann². Wer Fragen stellt und vorbereitet ins ärztliche Gespräch geht, kann Unsicherheiten abbauen und die Therapie aktiver mitgestalten.

Checkliste – Vorbereitung auf das ärztliche Gespräch

  • Unterlagen mitbringen: Nehmen Sie alle relevanten Dokumente mit – dazu gehören eine Liste Ihrer Medikamente, frühere Befunde und ärztliche Briefe. Das Angebot der elektronischen Patientenakte (ePA) kann dabei hilfreich sein.

  • Fragen notieren: Halten Sie Ihre wichtigsten Anliegen zuvor schriftlich fest – so vergessen Sie nichts.

  • Begleitung organisieren: Eine vertraute Person gibt Sicherheit und kann mithören und -schreiben.

  • Unklarheiten ansprechen: Fragen Sie nach, wenn Ihnen etwas unverständlich ist – das ist völlig in Ordnung. Es kann zudem hilfreich sein, das bisher Verstandene in eigenen Worten zusammenzufassen (sog. Teach-Back-Methode).

  • Entscheidungsklarheit: Steht eine konkrete Therapieentscheidung an, prüfen Sie, was Sie bereits wissen und notieren Sie sich Ihre möglichen Bedenken. Sie müssen nicht allem sofort zustimmen – denken Sie in Ihrem Tempo über die nächsten Schritte nach.

  • Zweitmeinung einholen: Wenn Sie unsicher sind, können Sie eine weitere medizinische Meinung einholen.

Gemeinsam entscheiden: Was hinter "Shared Decision Making" steckt

Für bestimmte Krankheiten gibt es oftmals auch verschiedene Therapiemöglichkeiten – aber nicht jede passt zu jedem Menschen. Bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung, dem Shared Decision Making, werden Patient*innen aktiv in alle relevanten Therapieentscheidungen einbezogen. Gemeinsam mit dem Behandlungsteam sucht man nach der bestmöglichen Entscheidung für den individuellen Fall.

Dieser Prozess kann sich über mehrere Gespräche und Behandlungsschritte erstrecken. Eine Entscheidung basiert dann auf medizinischen Fakten – bezieht aber auch persönliche Wünsche, Alltagserfahrungen und individuelle Lebensplanung mit ein. 

Weitere Informationen bietet unter anderem die Initiative #gemeinsamgegenkrebs. Am Beispiel einer Krebserkrankung greift sie diesen Gedanken auf und macht sichtbar, wie wichtig es ist, gemeinsam zu entscheiden, sich auszutauschen und Erfahrungen im Umgang mit der Erkrankung zu teilen. 

"Shared Decision Making": Ablauf und wichtige Fragestellungen"

Worum geht’s?Was passiert?Beispielfragen für Patient*innen

1. Information

Ärzt*innen erklären alle medizinisch sinnvollen Optionen zur Behandlung. 
  • Welche Therapieformen kommen für mich infrage?
  • Was sind die Ziele der jeweiligen Behandlung?

2. Austausch 

Patient*innen schildern eigene Wünsche, Bedenken, den Lebensstil und persönliche Prioritäten.
  • Wie wirkt sich die Behandlung auf meinen Alltag oder meine Lebensqualität aus?
  • Wie häufig können Nebenwirkungen auftreten – und was sind diese?
  • Gibt es klinische Studien, an denen ich teilnehmen könnte?
3. AbwägenÄrzt*innen und Patient*innen besprechen gemeinsam Vor- und Nachteile der Optionen.
  • Was spricht für oder gegen eine bestimmte Therapie?
  • Wie gut passt diese Behandlung zu meiner Lebenssituation?
4. Entscheidung Beide Seiten treffen auf Basis der Informationen und persönlichen Vorstellungen gemeinsam eine Entscheidung.
  • Was ist die ärztliche Empfehlung und aus welchen Gründen? 
  • Gibt es womöglich Alternativen, die besser zu meinen persönlichen Wünschen passen?
  • Welche ergänzenden Maßnahmen (z. B. Physio- oder Psychotherapie) könnten sinnvoll sein?  
5. NachsorgeNach einer Entscheidung ist es sinnvoll, regelmäßig gemeinsam zu überprüfen, ob die gewählte Behandlung weiterhin passend ist.
  • Habe ich (neue) Beschwerden/Nebenwirkungen?
  • Möchte ich die getroffene Entscheidung noch einmal überdenken und was sind die Optionen?

Wie KI bei Gesundheitsfragen unterstützt – und wo ihre Grenzen liegen

Wer gut vorbereitet ins ärztliche Gespräch geht, kann seine Fragen gezielter stellen und informierter entscheiden. Digitale Anwendungen auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI) können dabei helfen, sich im Gesundheitsalltag besser zurechtzufinden. Doch es gilt: Technik kann den Austausch mit Ärzt*innen ergänzen – nicht aber ersetzen.

Wo KI helfen kann

KI-Tools wie Chatbots oder Gesundheits-Apps können Patient*innen helfen, ihre Situation besser zu verstehen und sich gezielter auf medizinische Gespräche vorzubereiten. Einsatzmöglichkeiten sind etwa:

  • Verständliche Erklärungen: Komplexe medizinische Begriffe und Zusammenhänge können in einfachen Worten erklärt werden. Das kann beispielsweise helfen, Diagnosen oder Befunde besser nachzuvollziehen.

  • Fragen und Notizen formulieren: KI kann dabei unterstützen, eigene Gedanken zu ordnen, Fragen zu priorisieren und Formulierungen für das Arztgespräch zu finden.

  • Strukturierte Vorbereitung: Digitale Checklisten helfen, alle wichtigen Punkte im Blick zu behalten – von Medikamenten bis zu aktuellen Beschwerden.

  • Therapieoptionen verstehen: KI kann Behandlungsoptionen erklären und so helfen, persönliche Entscheidungen bewusster zu treffen.

  •  Jederzeit verfügbar: Ob nachts oder am Wochenende – viele KI-Tools sind rund um die Uhr nutzbar und unabhängig von Ort und Tageszeit.

  • Emotionale Begleitung: KI kann als Sparringspartner helfen, Gedanken zu sortieren, persönliche Sorgen zu reflektieren und zur Ruhe zu kommen (beispielsweise durch angeleitete Atemübungen). 

Wo KI an ihre Grenzen stößt

Trotz ihrer Vorteile hat die KI auch Schwächen, die man kennen sollte:

  • Datenschutz: Geben Sie keine sensiblen, persönlichen Daten ein. Häufig ist unklar, wie Informationen verarbeitet oder gespeichert werden. Persönliche Informationen, die Rückschlüsse auf Sie zulassen, sollten vor dem Teilen mit der KI anonymisiert oder geschwärzt werden (z. B. Namen, Adressen und Krankenkassennummern in Befunden, ärztlichen Briefen oder anderen Unterlagen).

  • Fehlinformationen: KI kann sogenannte "Halluzinationen" erzeugen – also sachlich falsche, aber überzeugend klingende Aussagen. Deshalb gilt: Fragen Sie nach Quellen und prüfen Sie die Antworten, zum Beispiel auf seriösen medizinischen Websites.

  • Kein Ersatz für ärztliches Gespräch: Auch wenn KI helfen kann – sie ersetzt nicht das ärztliche Gespräch und kann keine Diagnose stellen oder individuelle Therapieentscheidungen treffen. Medizinische Entscheidungen sollten immer im persönlichen Austausch mit dem Behandlungsteam getroffen werden.

So funktioniert gutes Prompting mit KI

Damit die KI hilfreich unterstützen kann, ist die Art der Anfrage entscheidend – das sogenannte Prompting. Diese Tipps helfen, klare und passende Formulierungen zu finden:

  • Kontext geben: Je konkreter die Eingabe, desto besser die Antwort. Statt nur "Krebs" zu schreiben, hilft z. B.: "Was sollte ich nach einer Brustkrebsdiagnose vor dem nächsten medizinischen Gespräch beachten?"

  • Fragen verfeinern: Antworten müssen nicht beim ersten Versuch perfekt sein. Fragen Sie nach oder bitten Sie um einfachere Erklärungen.

  • Rollen definieren: Geben Sie an, aus welcher Perspektive die KI antworten soll. Zum Beispiel: "Du bist ein Gesundheitsratgeber für Menschen mit Krebs. Erkläre mir den Befund in einfachen Worten."

​Mit freundlicher Unterstützung von Bristol Myers Squibb