Das Bild zeigt Viren.
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Virusinfektion, Virusvermehrung (Virusreproduktion)

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 21.12.2021

Unter einer Virusinfektion versteht man eine Infektion mit Viren, also zum Beispiel mit Erkältungsviren oder Grippeviren. Zu einer Virusvermehrung (Virusreproduktion) kommt es, wenn Viren die für sie passenden Wirtszellen gefunden haben und in diese eindringen konnten.

Allgemeines

Viren gelangen durch verletzte Haut, Nahrung, Tröpfchen- oder Schmierinfektion in den Körper. Zur Virusvermehrung kommt es entweder an der Eintrittspforte oder sie gelangen über Blutbahn, Lymphbahn oder Nerven in ihr Zielorgan, in welchem sie sich dann vervielfältigen.

Ob es bei einer Virusinfektion zu Symptomen (und damit zu einer Erkrankung, etwa einer Erkältung) kommt beziehungsweise wie heftig diese sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel

  • davon, wie stark die Viren die infizierten Zellen schädigen.
  • von der Fitness des Immunsystems.

Verschiedene Einflüsse können das Immunsystem schwächen: zum Beispiel Stress, falsche Ernährung, bestimmte Medikamente oder auch Erkrankungen wie Diabetes oder AIDS.

Die Symptome bei einer Virusinfektion entstehen dabei meist durch die Zellschäden, die die Virusvermehrung im Körper anrichtet. Sind Viren, wie zum Beispiel Erkältungsviren, in den Körper eingedrungen, verursachen sie jedoch nicht automatisch Krankheitsbeschwerden – häufig bemerkt man gar nichts davon. Das Immunsystem kann in den meisten Fällen die Infektion abfangen, ehe Symptome überhaupt ausbrechen, und die Viren unbemerkt entfernen.

Hin und wieder kann es auch zu chronischen Virusinfektionen kommen, bei denen die Viren jahrelang im Körper verbleiben und zum Beispiel nur gelegentlich zu Beschwerden führen (wie etwa bei Lippenherpes).

Dringen bei einer Virusinfektion Viren in den Körper ein, ist ihr oberstes Ziel die Virusvermehrung. Viren docken deshalb im Körper als Erstes an eine Wirtszelle an (z.B. in den Atemwegen) und durchdringen ihre Zellmembran. Anschließend schleusen sie ihr Erbgut in die Wirtszelle ein und programmieren die Zelle für ihre Zwecke um, sodass diese nun beginnt, Viruseinzelteile im Zellinnern herzustellen. Diese Virusteile sind in der Lage, sich von selbst zu neuen Viren zusammenzubauen. Auf diese Weise füllt sich die Zelle mit immer mehr neu hergestellten Viren, bis sie diese freigibt und dabei oft selbst zugrunde geht. Die freigelassenen neuen Viren können nun weitere Zellen befallen und erneut mit der Virusvermehrung beginnen.

Sobald das Immunsystem die Virusinfektion bemerkt, bedient es sich mehrerer Strategien, um die Eindringlinge zu bekämpfen, wie zum Beispiel:

  • Andocken verhindern: Antikörper und spezielle Eiweiße besetzen Viren, die noch nicht in Zellen eingedrungen sind, und verhindern so, dass diese an die Wirtszelle andocken können. Diese "blockierten" Viren können schließlich vom Immunsystem unschädlich gemacht werden.
  • Nachbarzellen informieren, Immunzellen herbeirufen: Wirtszellen, die bereits von Viren befallen sind, beginnen den Botenstoff Interferon herzustellen und geben ihn an Nachbarzellen ab. Werden die umliegenden Zellen nun ebenfalls von Viren befallen, hemmt und verlangsamt das Interferon deren Vermehrung. Die freigesetzten Interferone locken außerdem spezielle Immunzellen an. Diese zerstören die virusbefallenen Zellen und verhindern so, dass weitere Viren in ihnen hergestellt werden.

Nicht jede Virusinfektion erfordert zwangsläufig eine Behandlung. Kleinere Infekte (z.B. eine Erkältung) bewältigt der Körper in der Regel selbst – Medikamente, die die Viren ursächlich bekämpfen, sind deshalb meistens nicht notwendig. Antibiotika helfen dagegen nur bei bakteriellen Infektionen. Trotzdem ist es manchmal sinnvoll, bei einem Virusinfekt Antibiotika zu geben: Denn ist das Immunsystem durch die Abwehr der Virusinfektion geschwächt, kann es leichter zu bakteriellen Infektionen (sog. Sekundärinfektion) kommen.

Es gibt jedoch auch Fälle, in denen unser Immunsystem Probleme hat, die Virusinfektion alleine in den Griff zu bekommen, zum Beispiel weil durch das Virus so schnell Zellschäden entstehen, dass dem Immunsystem nicht genug Zeit bleibt, dem Virus mit einer Immunreaktion Herr zu werden (etwa beim Ebola-Virus). Oder weil sich die Viren wie im Falle einer HIV-Infektion in speziellen Zellen des Immunsystems vermehren und diese dabei zerstören, was eine Schwächung des Immunsystems zur Folge hat.

Virusvermehrung (Virusreproduktion)

Eine Virusvermehrung (Virusreproduktion) ist nur möglich, wenn Viren passende Wirtszellen finden und in diese eindringen können. Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel und bedienen sich deshalb für die Vermehrung am Stoffwechsel der Wirtszelle. Zu diesem Zweck übernehmen Viren nach dem Eindringen in die Zelle die Kontrolle und veranlassen die Wirtszelle, alles Nötige für eine Vervielfältigung der Viren herzustellen. Die Virusvermehrung lässt sich dabei in folgende Phasen einteilen:

  1. Anheften an die Zelloberfläche
  2. Eindringen in die Zelle und Freisetzung des Viruserbguts in der Zelle
  3. Vervielfältigung des Viruserbguts und Herstellung von Viruseinzelteilen
  4. Freisetzung der Viren aus der Zelle

1. Anheften an die Zelloberfläche (Adsorption)

Um eine Zelle zu infizieren und mit der Virusvermehrung zu beginnen, müssen Viren sich als Erstes an die Zelloberfläche anheften. Für dieses Andockmanöver benötigen sie besondere Strukturen auf der Virusoberfläche, die ihr Gegenstück auf der Hülle der Wirtszelle finden (Schlüssel-Schloss-Prinzip). Dies funktioniert jedoch nicht bei jeder Zelle beziehungsweise jedem Zelltyp: Unterschiedliche, aber charakteristische Oberflächenstrukturen auf der Wirtszelle bewirken, dass nur bestimmte Viren an bestimmte Zelltypen binden. Aus diesem Grunde infizieren manche Viren nur die Zellen der Atemwege, während andere zu Darminfektionen führen.

2. Eindringen in die Zelle (Penetration) und Freisetzung des Viruserbguts in der Zelle

Nach dem Andocken der Viren an die Zelloberfläche muss als Nächstes das Viruserbgut in die Zelle eingeschleust werden. Dies ist auf verschiedenen Wegen möglich:

  • Fusionierung: Die Virushülle verschmilzt mit der Zellmembran der Wirtszelle (Fusionierung) und gibt dabei das Erbgut ins Zellinnere ab.
  • Endozytose: Die Viren senken sich in die Zellmembran ein, bis sich eine Art Bläschen (Vesikel) ins Zellinnere abschnürt und die Viren dadurch rein transportiert (Endozytose). In der Zelle werden sie als nächstes durch zelleigene Mechanismen aus den Vesikeln befreit und auch das Erbgut wird freigelegt.

Verschiedene Zellmaschinerien, die normalerweise das Erbgut der Wirtszelle ablesen, haben nun auch Zugriff auf das Viruserbgut – eine Voraussetzung für die Virusvermehrung.

3. Vervielfältigung des Viruserbguts und Herstellung von Viruseinzelteilen

Auf dem Viruserbgut (DNA oder RNA) liegen in codierter Form die Baupläne für die verschiedenen Einzelteile des Virus. Dank der zelleigenen Maschinerie zum Ablesen und Vervielfältigen des Erbguts sowie zur Herstellung von Proteinen, beginnt die Zelle nun mit der Virusvermehrung und stellt Viruserbgut und Virusproteine her. Auf diese Weise produziert die Zelle alle einzelnen Bestandteile eines Virus in großer Zahl. Die einzelnen Virusbestandteile sind in der Lage, sich von selbst zu einem kompletten Virus zusammenzulagern.

Die Zahl der Viren, die eine einzelne Zelle herstellt, schwankt dabei je nach Virus-Art. So produziert eine Polio-infizierte Zelle zum Beispiel circa 1.000 neue Viren pro Zelle. Zum Vergleich bildet eine Herpes-infizierte Zelle (z.B. bei Lippenherpes) dagegen nur 50 bis 100 Viren pro Zelle.

4. Freisetzung der Viren aus der Zelle

Die Freisetzung der Viren aus der Zelle – der Abschluss der erfolgreichen Virusvermehrung –kann über verschiedene Mechanismen erfolgen:

  • Zelltod: Das Eingreifen der Viren in die Zellmaschinerie schädigt die Wirtszelle so stark, dass sie nicht mehr funktionieren kann und es zum Zelltod kommt. Stirbt die Zelle ab, gelangen die fertigen Viren ins Freie.
  • Knospung: Hierbei werden Viren mit Abschnitten der Zellmembran nach außen abgeschnürt.
  • Sekretion: Manche Viren bauen sich an speziellen Organellen der Wirtszelle zusammen – dem sog. endoplamatischen Retikulum oder auch am Golgi-Apparat. Hier können sich die Viren in das Innere dieser Organellen abschnüren und werden schließlich über Transportbläschen (Vesikel) zur Zelloberfläche gebracht, wo sie nach außen abgegeben werden.