Ein Mann sitzt auf einem Sofa und scheint sichtlich erschöpft.
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ME/CFS (Chronisches Erschöpfungssyndrom)

Von: Onmeda-Redaktion, Brit Weirich (Medizinautorin, M.A. Mehrsprachige Kommunikation)
Letzte Aktualisierung: 17.01.2022

Wer die Diagnose Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom erhält, hat oft einen langen Leidensweg und meist auch etliche Arztbesuche hinter sich. Denn der dauerhafte Erschöpfungszustand ist nicht leicht nachzuweisen und wird häufig falsch diagnostiziert. Erfahren Sie, welche Ursachen hinter der Erkrankung stecken können und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. 

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

ME/CFS: Überblick

Bislang gibt es in Deutschland noch keine einheitliche, wissenschaftliche Definition für ME/CFS. Die Abkürzung steht für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom. Andere gängige Bezeichnungen sind

  • chronisches Erschöpfungssyndrom 
  • oder chronisches Müdigkeitssyndrom.

Diskutiert wird in letzter Zeit zudem, ob die Erkrankung anders und damit treffender bezeichnet werden sollte. Zur Diskussion steht der Begriff systemic exertion intolerance disease, was so viel wie "Erkrankung mit systemischer Anstrengungsintoleranz oder -schwäche" bedeutet.

Die Erkrankung kann sich durch sehr unterschiedliche Symptome äußern. Sie zeichnet sich vor allem durch einen stark belastenden Erschöpfungszustand mit begleitendem Krankheitsgefühl aus, der plötzlich beginnt und länger als sechs Monate andauert. Auch nach ausreichend Schlaf fühlen sich Betroffene nicht erholt.

Durch die lähmende körperliche und geistige Erschöpfung kommt es bei den Betroffenen zu einer verminderten Leistungsfähigkeit und körperlichen Beschwerden, die von

reichen können. Was die tatsächlichen Ursachen der Erkrankung sind, ist bislang nicht vollständig geklärt – das chronische Erschöpfungssyndrom ist immer noch wenig erforscht. Bisherige Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass es sich um eine sogenannte Multisystemerkrankung handelt. Das sind Erkrankungen, an der mehrere Organbereiche beteiligt sind. Vermutlich entsteht das chronische Erschöpfungssyndrom durch eine Fehlregulation von

  • Immunsystem,
  • Nervensystem und
  • zellulärem Energiestoffwechsel. 

Das chronische Erschöpfungssyndrom ist nach derzeitigem Wissensstand keine psychische Erkrankung oder etwa die Auswirkung einer Depression. Dennoch kann eine depressive Verstimmung oder Depression als Folge des chronischen Erschöpfungssyndroms auftreten, die auch entsprechend behandelt werden sollte.

ME/CFS: Häufigkeit

Über die Häufigkeit von ME/CFS in Deutschland gibt es keine genauen Zahlen – man vermutet jedoch, dass etwa 300.000 Menschen betroffen sind. In den USA sollen Schätzungen zufolge mehr als vier Millionen Menschen am chronischen Erschöpfungssyndrom erkrankt sein. Expert*innen zufolge könnte die Dunkelziffer aber durchaus höher liegen, da die Erkrankung häufig fehldiagnostiziert oder erst sehr spät erkannt wird.

Die Erkrankung betrifft Frauen etwa doppelt so oft wie Männer. Das Haupterkrankungsalter liegt bei 15 bis 40 Jahren. 

ME/CFS: Ursachen

Bislang ist nicht vollständig geklärt, welche Ursachen ME/CFS hat. Vermutet wird, dass erst das Zusammenspiel verschiedener Faktoren der Auslöser für das chronische Erschöpfungssyndrom ist. Hierbei ist es wichtig, Auslöser nicht mit Ursachen gleichzusetzen. Diskutiert werden diverse Auslöser.

So standen verschiedene Infektionskrankheiten beziehungsweise Krankheitserreger in der Vergangenheit immer wieder als mögliche Ursache für das chronische Erschöpfungssyndrom zur Debatte, so etwa:

Viren, zum Beispiel:

Bakterien, zum Beispiel:

Pilze, zum Beispiel:

Krankheitserreger

Zwar gibt es bisher keinen eindeutigen Nachweis dafür, dass ein einzelner Krankheitserreger tatsächlich der Auslöser für ein späteres chronisches Erschöpfungssyndrom ist. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass Infektionskrankheiten zum Entstehen einer myalgischen Enzephalitis beitragen können.

Immunsystem

Andere Forschende vermuten, dass ME/CFS durch verschiedene Fehlfunktionen des Immunsystems (Immundefekte) entsteht. Auch allergische Erkrankungen und eine dadurch bedingte ständige Aktivierung des Immunsystems spielen möglicherweise eine Rolle.

Die normalerweise bei einer Blutuntersuchung getesteten Entzündungswerte sind bei Betroffenen eher selten erhöht. Erweitert man jedoch das Spektrum der Entzündungswerte, sieht die Lage anders aus: Wie eine Studie zeigte, steigen bei Menschen mit ME/CFS die Blutwerte offenbar bei 17 Entzündungsmarkern an. Die Wissenschaftler*innen der Studie hoffen, dass sich dadurch möglicherweise eine Diagnosemöglichkeit für das CFS ergeben könnte. Hierfür wären jedoch weitere Forschungsarbeiten notwendig. 

Psychische Belastungen

Neben akuten Belastungen wie Infektionen scheinen auch psychische Belastungen als Auslöser infrage zu kommen. Viele Betroffene berichten von belastenden Lebenserfahrungen vor Beginn des chronischen Erschöpfungssyndroms, wie zum Beispiel dem Tod eines nahestehenden Menschen oder einer Trennung. Auch Depressionen und Schlafstörungen scheinen ein Risikofaktor für ME/CFS zu sein. 

Nährstoffmangel

Manche Expert*innen vermuten einen Nährstoffmangel durch eine einseitige Ernährung als Auslöser für das chronische Erschöpfungssyndrom. So weiß man etwa, dass Eisenmangel zu Müdigkeit führen kann. Von Eisenmangel sind vor allem schwangere oder stillende Frauen, Sportler*innen sowie Menschen betroffen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren.

Giftstoffe

Ebenfalls ungeklärt ist, ob Giftstoffe aus dem Lebensumfeld der Betroffenen Auslöser des chronischen Müdigkeitssyndroms sein können.

Darmflora

Möglicherweise spielt die Darmflora eine Rolle beim chronischen Erschöpfungssyndrom: In einer kleineren Studie fanden Forschende heraus, dass bei Betroffenen mit ME/CFS die Darmflora nicht so vielfältig war wie bei Gesunden. Unklar ist allerdings, ob diese veränderte Darmflora eine Ursache sein könnte oder nur eine Folge des chronischen Erschöpfungssyndroms – und somit ein Symptom ist.

Long-Covid: ME/CFS als Folge einer Corona-Infektion

Auch Covid-19 kann als Auslöser für das chronische Erschöpfungssyndrom infrage kommen. Laut aktuellem Datenstand leiden rund zehn Prozent der Menschen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, auch nach überstandener Erkrankung an den Folgen der Infektion. In diesem Zusammenhang sprechen Mediziner*innen von Long-Covid. ME/CFS ist allerdings nur eine mögliche Folge der Langzeitbeschwerden. 

Long-Covid kann neben chronischer Erschöpfung mit zahlreichen weiteren Symptomen einhergehen, die bei MR/CFS nicht typisch sind. Dazu zählen etwa Husten oder Atemnot, der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns sowie Durchfall und Übelkeit

In zahlreichen Krankenhäusern und anderen medizinischen Institutionen wurden inzwischen Spezialambulanzen für Long-Covid-Betroffene eingerichtet. Die hier tätigen Ärzte*Ärztinnen sind auf das Post-Covid-Syndrom spezialisiert. Mithilfe der Ambulanzen will man Erkrankten eine schnelle, umfassende und fachübergreifende Versorgung ermöglichen. 

ME/CFS: Symptome

ME/CFS ist ein komplexes Krankheitsbild, das die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der Betroffenen oft jahrelang massiv beeinträchtigt. Typisch für eine myalgische Enzephalitis sind folgende Symptome:

  • Es entwickelt sich eine lähmende geistige und körperliche Erschöpfung, die plötzlich beginnt und dazu führt, dass Betroffene ihre gewohnten Aktivitäten um bis zu 50 Prozent oder mehr verringern müssen.
  • Die Beschwerden bestehen mindestens sechs Monate oder länger.
  • Schlaf und Ruhe führen bei Betroffenen nicht oder kaum zu Erholung.

Die Erschöpfung oder Müdigkeit, die die Betroffenen empfinden, ist keinesfalls mit jener Müdigkeit zu vergleichen, die gesunde Menschen nach ein paar schlaflosen Nächten oder am Ende eines anstrengenden Arbeitstages empfinden.

Typisch für das chronische Erschöpfungssyndrom ist zudem, dass bereits durchschnittliche körperliche oder psychische Belastungen den Erschöpfungszustand verschlimmern. Die Verschlechterung tritt teilweise nicht sofort nach der Belastung auf, sondern mit einer zeitlichen Verzögerung von bis zu 12 bis 48 Stunden und kann einige Tage oder sogar Wochen andauern.

Darüber hinaus können beim chronischen Erschöpfungssyndrom verschiedene weitere Symptome auftreten, wie zum Beispiel:

Inwieweit das chronische Erschöpfungssyndrom ausgeprägt ist, kann individuell sehr verschieden sein. Während einige Betroffene eine schwächere Form der Erkrankung haben, sind andere Patient*innen so schwer beeinträchtigt, dass ein normaler Alltag kaum noch möglich ist. In Deutschland gibt es bislang noch keine offizielle Einteilung in Schweregrade.

Das britische Gesundheitsministerium beispielsweise unterscheidet folgende Abstufungen:

  • leichte Ausprägung: Das chronische Erschöpfungssyndrom schränkt den Alltag nur zum Teil ein. Die Betroffenen können sich immer noch um sich selbst und ihren Haushalt kümmern, wenn auch mit leichten Schwierigkeiten. Die meisten können ihren Beruf noch ausüben, was jedoch viel Energie kostet. Viele schrauben deshalb alle anderen Aktivitäten immer mehr zurück und verwenden ihre Freizeit inklusive des Wochenendes vor allem darauf, genug Energie zu sammeln, um die nächste Woche bewältigen zu können.
  • mittlere Ausprägung: Der Alltag und die Mobilität sind durch die Erkrankung deutlich eingeschränkt und viele Betroffene sind nicht mehr fähig, ihrem Beruf nachzukommen. Immer wieder sind Ruhepausen über den Tag verteilt notwendig, Betroffene kommen tagsüber oft nicht ohne ein bis zwei Stunden Schlaf aus. Der Nachtschlaf ist gestört und meist von schlechter Qualität.
  • schwere Ausprägung: Betroffene können nur noch kleinste Aufgaben bewältigen (z. B. Gesicht waschen, Zähne putzen), Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit sind stark beeinträchtigt. Möglicherweise ist ein Rollstuhl notwendig. Das Zuhause können sie kaum noch verlassen und wenn, verschlechtert die Anstrengung die Beschwerden danach deutlich.
Zusätzlich belastet viele Betroffene das Unverständnis des persönlichen Umfelds und das ständige Gefühl, sich erklären oder rechtfertigen zu müssen. Wenn Freunde, Bekannte oder sogar Ärzte*Ärztinnen Sätze äußern wie "Ich bin auch oft müde", lässt das Betroffene mitunter verzweifeln. Immerhin wird ihnen damit unterstellt, man stelle sich nur an und müsse sich bloß zusammenreißen. Zudem mutmaßen manche, die*der Betroffene würde simulieren. Außenstehenden fällt es oft sehr schwer, die Beschwerden und das Ausmaß der Erschöpfung nachzuvollziehen. Insbesondere, da man den Betroffenen häufig nicht ansieht, wie schlecht es ihnen tatsächlich geht.

ME/CFS: Diagnose

Das Krankheitsbild des chronischen Erschöpfungssyndroms ähnelt auf den ersten Blick dem einiger anderer Erkrankungen, wie etwa Infektionen der inneren Organe (z. B. Hepatitis oder Tuberkulose), einer Schilddrüsenunterfunktion oder allergischen Erkrankungen. Bevor ME/CFS diagnostiziert werden kann, müssen daher zuerst andere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Manchen Ärzten*Ärztinnen ist die Erkrankung jedoch kaum bekannt. Viele Betroffene kommen deshalb erst nach unzähligen Arztbesuchen zu einer Diagnose.

Um sicherzugehen, dass keine anderen Krankheiten, hormonelle Veränderungen oder auch ein Nährstoffmangel bei der*dem Betroffenen vorliegen, nimmt der*die Arzt*Ärztin in der Regel verschiedene Blut- und Urinuntersuchungenn vor. Er*sie klärt außerdem eventuell bestehende allergische Erkrankungen ab.

Blutuntersuchungen können zum Beispiel zeigen, ob bei der*dem Betroffenen

  • eine akute oder länger zurückliegende Infektion vorliegt, wie z. B. Pfeiffersches Drüsenfieber (Epstein-Barr-Virus). Bei etwa jeder*m dritten Betroffenen mit chronischem Erschöpfungssyndrom ist das EBV-Virus nachweisbar.
  • Entzündungswerte erhöht sind. Häufig ist die Zahl der Lymphozyten bei den Betroffenen zu niedrig oder man findet aktivierte T-Zellen vor. 
  • ein humoraler Immundefekt vorliegt, also Antikörper (Immunglobuline) oder spezielle Abwehrstoffe in zu geringer Zahl vorkommen. Solche Immundefekte finden sich bei etwa jeder*m zweiten Betroffenen. Andererseits sind bei etwa jeder*m zehnten Betroffenen bestimmte Immunglobulinklassen vermehrt vorhanden.
  • das zelluläre Immunsystem beeinträchtigt ist. Bei einigen Betroffenen ist die Funktion spezieller Abwehrzellen (der sog. natürlichen Killerzellen) herabgesetzt.
  • die Mitochondrien (die "Kraftwerke" der Zellen) richtig funktionieren. Teilweise ist die Konzentration des Energiebausteins ATP (Adenosintriphosphat) bei den Betroffenen zu niedrig.

Auch die Lebensumstände des*der Betroffenen sollten für eine Diagnose näher unter die Lupe genommen werden: Bestehen ständige Stresssituationen? Liegt möglicherweise eine depressive Verstimmung oder Depression vor?

Für das chronische Erschöpfungssyndrom sprechen folgende Kriterien:

  • Die Beschwerden bestehen seit über sechs Monaten.
  • Die permanente Erschöpfung führt zu deutlichen Einschränkungen im beruflichen und privaten Bereich.
  • Der Erschöpfungszustand bessert sich auch durch Schlaf und Erholung nicht.
  • Permanente Überlastung scheidet als Ursache aus.
  • Das Beschwerdebild besteht nicht schon lebenslang, sondern es gibt einen eindeutigen zeitlichen Beginn.
  • Neben der lähmenden Erschöpfung treten zusätzlich allgemeine Beschwerden wie vermehrte oder ungewohnte Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, geschwollene Lymphknoten oder erkältungsähnliche Symptome auf. 

ME/CFS: Therapie

Die eigentlichen Ursachen des chronischen Erschöpfungssyndroms sind noch nicht vollständig geklärt sind. Die Therapie zielt deshalb vor allem darauf ab, die jeweils auftretenden Symptome zu lindern und die oft bereits eingeschränkte Lebensqualität der Betroffenen wieder zu verbessern. Je früher sich Erkrankte ärztliche Hilfe suchen, desto günstiger sind insgesamt die Aussichten auf eine Besserung der Beschwerden.

Symptom-orientierte Behandlung

Neben der lähmenden körperlichen und geistigen Erschöpfung können beim chronischen Erschöpfungssyndrom zahlreiche weitere Symptome in unterschiedlicher Stärke auftreten. Je nachdem, welche Beschwerden den*die Betroffene*n individuell am meisten beeinträchtigen, können diese in ärztlicher Absprache behandelt werden. Gesundheitliche Probleme, die häufig begleitend auftreten, sind zum Beispiel:

  • Schlafstörungen
  • Muskelschmerzen
  • Konzentrationsstörungen
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Depressive Verstimmungen

Konzentrations- und Gedächtnisstörungen

Viele Betroffene mit ME/CFS belasten vor allem die Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Hier können unter anderem Meditations- und Entspannungsübungen helfen. Aber auch einfache Gedächtnisstützen sind hilfreich, etwa in Form eines Terminplaners. Medikamentös kann eine Behandlung mit dem Wirkstoff Methylphenidat infrage kommen.

Schmerztherapie

Im Verlauf eines chronischen Erschöpfungssyndroms berichten viele Betroffene von schmerzhaften Beschwerden, wie zum Beispiel

  • Muskel- und Gelenkschmerzen, aber auch
  • Kopfschmerzen oder einer
  • Überempfindlichkeit der Haut, bei der bereits leichte Berührungen als Schmerz wahrgenommen werden.

In solchen Fällen können schmerzlindernde Wirkstoffe wie AcetylsalicylsäureIbuprofen oder Paracetamol helfen. Bei Muskelschmerzen wirken sich teilweise Wirkstoffe wie Alpha-Liponsäure oder Acetylcystein positiv aus. Liegen schmerzhafte Beschwerden ähnlich einer Fibromyalgie vor, kann der Wirkstoff Pregabalin infrage kommen. Je nach individueller Situation ist abzuwägen, ob eine Schmerztherapie infrage kommt.

Bestehende Schmerzen lassen sich möglicherweise auch ohne Medikamente behandeln, zum Beispiel mit:

Psychologische Unterstützung

Das chronische Erschöpfungssyndrom scheint keine psychische Erkrankung zu sein oder etwa die Folge einer Depression. Durch die Belastungen des chronischen Erschöpfungssyndroms können bei den Betroffenen jedoch im Verlauf.

  • Ängste,
  • depressive Verstimmungen oder
  • Depressionen entstehen.

Viele Patient*innen empfinden zudem einen hohen Leidensdruck sowie Wut oder Frust über die Leistungseinschränkung, die häufig mit dem chronischen Erschöpfungssyndrom einhergeht. Eine psychologische Betreuung kann die Betroffenen zwar nicht heilen, ihnen aber dabei helfen, mit der Erkrankung zurechtzukommen. Ob und welche Antidepressiva infrage kommen, muss der*die Ärzt*in entscheiden.

Kognitive Verhaltenstherapie

Mithilfe der kognitiven Verhaltenstherapie, einer Form der Psychotherapie, lassen sich ungünstige Denkmuster oder Verhaltensweisen aufdecken, die zu einer nachteiligen Stressverarbeitung führen. Ob die kognitive Verhaltenstherapie Betroffenen mit ME/CFS dabei helfen kann, die Symptome zu lindern, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Während einige Studien zu dem Ergebnis kommen, dass die kognitive Verhaltenstherapie positive Auswirkungen auf das Krankheitsbild hat, zeigen andere Studien, dass sie keine Effekte hat.

Bewegung

Viele Betroffene mit chronischem Erschöpfungssyndrom beginnen, sich permanent zu schonen. Sie trauen sich kaum noch körperliche Aktivitäten zu – aus Angst, die extreme Erschöpfung dadurch weiter zu steigern.

Ob gemäßigte körperliche Bewegung die Beschwerden lindern kann, ist nicht sicher geklärt. Studien zu diesem Thema kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Einigen Untersuchungen zufolge geht es manchen Betroffenen durch leichte Bewegung besser – oder jedenfalls nicht schlechter. Andere Studien kommen zu dem Schluss, dass bereits gemäßigte regelmäßige Bewegung die Erschöpfung nachteilig beeinflusst und eher steigert. Möglicherweise liegt dies an abweichenden Reaktionen des Immunsystems: Neuere Ergebnisse zeigen, dass die Immunantwort auf Bewegung im Vergleich zu Gesunden bei Erkrankten anders abläuft.

Eine Empfehlung für gemäßigte Bewegung lässt sich daher nicht generell aussprechen. In jedem Fall sollten die eigenen Grenzen dabei berücksichtigt werden. Ein Training sollte nur jeweils soweit ausgeführt werden, dass sich keine weitere Erschöpfung einstellt.

Was dabei das richtige Maß an Aktivität und Ruhe ist, muss individuell ausgetestet werden. Von einem straffen Sportprogramm ist eher abzuraten. Denn belasten sich Betroffene mit ME/CFS über ihre Grenzen hinaus, verschlimmern sich die Beschwerden mit hoher Wahrscheinlichkeit – häufig zeitverzögert erst nach 12 bis 48 Stunden. Bis Betroffene sich von dieser Verschlechterung wieder erholen, dauert es zum Teil Tage oder Wochen.

Ernährung

Wissenschaftliche Beweise dafür, dass ein Nährstoffmangel Ursache für das chronische Erschöpfungssyndrom sein könnte, gibt es zwar nicht. Eine ausgewogene Ernährung wirkt sich jedoch prinzipiell positiv auf die Gesundheit aus – und auch auf viele chronische Erkrankungen. Für Betroffene mit chronischem Erschöpfungssyndrom empfiehlt es sich daher ganz allgemein, auf eine gesunde Ernährung mit vielen Vitaminen und Ballaststoffen zu achten.

Selbsthilfegruppen

Viele Patient*innen mit ME/CFS finden in Selbsthilfegruppen Unterstützung durch andere Erkrankte. Der Austausch mit Betroffenen, die nachvollziehen können, wie sehr die Beschwerden das alltägliche Leben einschränken können, kann erleichternd sein. Insbesondere, da die Erkrankung in der Umwelt der Betroffenen häufig auf Unverständnis trifft. Manche empfinden einen Austausch mit anderen Erkrankten jedoch möglicherweise eher als zusätzlich belastend. Ob eine Selbsthilfegruppe das Richtige für einen ist, muss daher jede*r Betroffene selbst abwägen.

Schlafprobleme

Typisch für Personen mit chronischem Erschöpfungssyndrom ist, dass sie sich auch nach ausreichend Schlaf nicht erholt fühlen. Gleichzeitig berichten viele Betroffene von Schlafstörungen (z. B. Ein- und Durchschlafstörungen). Sofern sich die Schlafprobleme nicht durch eine verbesserte Schlafhygiene lindern lassen, kann eine Behandlung mit Wirkstoffen wie Melatonin oder Tryptophan versucht werden. Bleibt auch das ohne Wirkung, kann der Wirkstoff Doxepin infrage kommen.

Die richtige Schlafhygiene

Unter Schlafhygiene versteht man allgemeine Maßnahmen, die sich positiv auf den Schlaf auswirken können, so zum Beispiel:

  • Einschlafrituale: Wer vor dem Schlafengehen die Dinge immer auf dieselbe Weise und in derselben Reihenfolge tut, stimmt sich innerlich schon auf das baldige Schlafen ein.
  • Mittagsschlaf vermeiden: Wer nicht gut schläft, ist möglicherweise geneigt, nachmittags ein kleines Schläfchen zu halten. Das wirkt sich jedoch ungünstig auf den Nachtschlaf aus. Wer auf den Mittagsschlaf verzichtet, erhöht also den Schlafdruck für die Nacht.
  • Runterkommen: Vor dem Schlafengehen sollte man sich genug Zeit zum Abschalten lassen.
  • Bett nicht zweckentfremden: Essen, arbeiten, fernsehen oder lesen im Bett können sich bei Schlafstörungen ungünstig auf den Schlaf auswirken.
  • Zimmertemperatur: Die zum Schlafen ideale Zimmertemperatur liegt bei 16 bis 18 Grad Celsius.
  • Dunkelheit und Ruhe: Das Schlafzimmer sollte sich abdunkeln lassen und Lärmquellen sind möglichst auszuschalten. Bei lauten Nachbarn oder anderen Störgeräuschen können Ohrstöpsel helfen.
  • Koffein, Alkohol und Tabak: Koffeinhaltige Getränke wie Cola, Kaffee, schwarzer Tee oder Energydrinks, aber auch Alkohol und Zigaretten können den Schlaf stören und sollten sechs Stunden vor dem Schlafengehen nicht mehr genossen werden.

ME/CFS: Verlauf

Typisch für ME/CFS ist der relativ plötzliche Beginn. Die meisten Betroffenen können einen konkreten Zeitraum für den Beginn bestimmen. Die typische lähmende körperliche und geistige Erschöpfung, bei der auch Schlaf keine Erholung bringt, dauert sechs Monate oder länger an und wird in der Regel von weiteren Beschwerden begleitet.

Wie stark ausgeprägt die Beschwerden beim chronischen Erschöpfungssyndrom sind, ist dabei individuell verschieden. Manche Betroffene sind kaum noch in der Lage, ihren täglichen Aktivitäten nachzukommen. Andere können zwar noch genug Energie dafür aufbringen, ihren Beruf auszuüben, benötigen jedoch dann ihre komplette Freizeit, um sich von den Belastungen zu erholen. Im Verlauf eines chronischen Erschöpfungssyndroms beginnen viele, sich immer mehr zurückzuziehen und Aktivitäten – seien sie sportlicher, sozialer oder anderer Natur – nach und nach zurückzuschrauben.

Häufig verläuft das chronische Erschöpfungssyndrom zyklisch. Das heißt, die Beschwerden bessern sich nach einiger Zeit, nehmen schließlich jedoch wieder zu. Möglicherweise verschwinden die Symptome für eine gewisse Zeit auch ganz. Hier besteht das Risiko, dass sich Betroffene in dieser Zeit zu viel zumuten und es dadurch zu einem Rückfall kommt.

Bislang gibt es keine Heilung für ME/CFS. Je früher Betroffene sich jedoch ärztliche Hilfe suchen, desto günstiger sind insgesamt die Aussichten auf eine Besserung der Beschwerden.