Mann hat Nierenschmerzen im Bett.
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Nierensteine verstehen: Ursachen, Symptome und Therapie

Von: Dr. med. univ. Lisa Raberger (Medizinautorin und Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 21.12.2021

Wenn gelöste Stoffe im Harn fest werden, bilden sich Nierensteine. Häufig führen Nierensteine zu keinen Symptomen. Bleiben jedoch größere Kristalle in Harnleiter oder Harnröhre stecken, kommt es zur bekannten Nierenkolik. Informationen zur Ursache, Diagnose und Therapie erfahren Sie hier.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Zusammenfassung

  • Symptome: Nierensteine können entweder symptomfrei sein, oder kolikartige Bauchschmerzen verursachen. Unruhe, Blut im Harn und Erbrechen zählen ebenso zu den Symptomen einer Nierenkolik.
  • Ursachen: Kommt es zu einem Ungleichgewicht an Stoffen im Harn, bilden sich Nierensteine, die den Harnleiter oder die Harnröhre blockieren können. Eine eiweiß- oder oxalsäurereiche Ernährung, Stoffwechselerkrankungen oder genetische Faktoren können Nierensteine verursachen.
  • Diagnose: Für die Diagnose wird eine Ultraschalluntersuchung und/oder Computertomografie, sowie Blut- und Harnuntersuchungen durchgeführt.
  • Therapie: Sehr kleine Steine (< 5 mm) lösen sich oft von selbst. Größere Steine müssen mit Schallwellen zertrümmert oder durch eine Operation entfernt werden.
  • Verlauf: Etwa 50 Prozent der Betroffenen bekommen innerhalb von zehn Jahren erneut Nierensteine.
  • Vorbeugen: Ausreichende Trinkmenge (Wasser), Ernährungsumstellung, Behandlung der Grunderkrankung und bei Bedarf Prophylaxe durch Medikamente.

Was sind Nierensteine?

Nierensteine (Nephrolithen: griech. nephrós = Niere, líthos = Stein) sind feste Gebilde, die sich aus normalerweise im Harn gelösten Stoffen bilden. Ihre Größe kann von wenigen Millimetern (etwa Reiskorngröße) bis zu mehreren Zentimetern reichen. Meist treten Nierensteine einseitig auf.

In den westlichen Industrieländern entwickeln viele Menschen Nierensteine, sodass mittlerweile von einer Volkskrankheit gesprochen wird. So sind etwa neun Prozent der Frauen und 19 Prozent der Männer im Laufe ihres Lebens von Nierensteinen betroffen. Eine eiweißreiche Ernährung, also Produkte wie Fleisch, Wurstwaren und Milchprodukte, sorgen unter anderem für den rasanten Anstieg an Nierensteinen.

Unter bestimmten Bedingungen kann es passieren, dass einige der gelösten Stoffe im Harn auskristallisieren und sich als Steine im Harntrakt ansammeln. Erreichen die Steine eine gewisse Größe, bleiben sie stecken und führen zu einer sehr schmerzhaften Nierenkolik (Urolithiasis). Je nachdem, wo sie sich ablagern, spricht man von Nierensteinen (Nephrolithiasis), Harnleitersteinen (Ureterolithiasis), Blasensteinen (Zystolithiasis) oder Harnröhrensteinen (Urethralithiasis).

Hinweis: In der Niere können nicht nur Nierensteine gebildet werden, sondern es kann auch zu Ablagerung von Calcium im Nierengewebe kommen. In der Medizin spricht man dann von einer Nephrokalzinose. Eine Nephrokalzinose und Nierensteine können einzeln, aber auch zusammen auftreten.

Nierensteinkunde

Nierensteine lassen sich je nach Zusammensetzung in verschiedene Steinarten einteilen:

  • Calcium-Oxalat-Steine machen 80-90 Prozent aller Harnsteine aus.
  • Harnsäuresteine (Uratsteine) (8-10 %), häufig bei Personen mit Gicht (Hyperurikämie)
  • Struvit-Steine – auch Infektsteine genannt, da sie im Zusammenhang mit einer Harnwegsinfektion entstehen, (5-7 %)
  • Calcium-Phosphat-Steine (4-7 %)
  • Seltene Steine (< 1 %) wie Zystin-Steine und Xanthin-Steine

Funktionen der Nieren

Die Nieren reinigen denKörper. Sie filtern Abbauprodukte und andere unerwünschte Stoffe aus dem Blut. Zusammen mit Wasser bilden sie den Urin und werden über die Harnleiter (Ureteren) in die Blase geleitet und gesammelt. Über die Harnröhre (Urethra) wird der Harn anschließend ausgeschieden.

Nierenkolik: Wenn Nierensteine Beschwerden machen

Bei einer Nierenkolik befindet sich ein Nierenstein im Harntrakt und kann die Nierenfunktion in Gefahr bringen. Deshalb erfordert eine Nierenkolik immer eine sofortige ärztliche Behandlung. 

Welche Symptome durch Nierensteine auftreten, hängt von der Größe und Lage der Nierensteine ab:

  • Kleine Nierensteine können unbemerkt durch die Harnleiter in die Blase wandern und beim Urinieren nach draußen gelangen.
  • Größere Nierensteine können hingegen die Wand des Harnleiters berühren und sogar darin stecken bleiben. Das kann heftige krampf- oder wehenartige, stechende Schmerzen (sog. Harnleiterkoliken) hervorrufen. Sie beginnen meist in der Flanke und strahlen entlang des Harnleiters in den Unterbauch aus.
  • Tiefsitzende Nierensteine können bis in die Genitalien (Hodensack oder Schamlippen) ausstrahlende Schmerzen auslösen. Während der Stein sich langsam durch die Harnwege bewegt, wandert mit ihm auch der Schmerz.
  • Wenn ein Nierenstein die Harnleiterwand verletzt, kann es außerdem zu Blutungen kommen. In manchen Fällen ist das Blut im Urin mit dem bloßen Auge zu erkennen (Makrohämaturie).
  • Fieber, Schüttelfrost und Schmerzen beim Urinieren (Dysurie) weisen auf einen Infekt der Harnwege hin. Auch Übelkeit und Erbrechen können bei Nierensteinen mit und ohne Entzündung auftreten.

Neben Nierensteinen können diese Symptome auch auf andere Erkrankungen wie eine Blinddarmentzündung oder eine Hodentorsion hinweisen.

Ursachen für Nierensteine

Nierensteine entstehen durch Auskristallisierungs-Vorgänge im Urin. Folgende Erkrankungen und Ernährungsgewohnheiten können die Steinbildung begünstigen:

Zu wenig Flüssigkeit

Wird wenig getrunken, wird auch wenig Urin produziert. Er ist dann sehr konzentriert, was auch an einer intensiveren Farbe und Geruch erkennbar ist. Gelöste Stoffe im Harn wie Calcium, Phosphat und Oxalsäure sind dann in hoher Konzentration im Harn enthalten und können sich zu Steinen formen.

Falsche Ernährung

Eiweißreiche Ernährung: Eine dauerhaft eiweißhaltige Kost (viel Fleisch und Wurstwaren, besonders Innereien) führt zu einem Überangebot an bestimmten Stoffen im Blut (sog. Purine), die der Körper zu Harnsäure abbaut und über den Urin ausscheidet. Steigt der Harnsäurespiegel im Urin über einen bestimmten Wert, können sich Harnsäuresteine bilden.

Harnstau

Ist der Harnleiter bereits verengt, zum Beispiel durch eine vorhergegangene Operation, können bereits kleinere Nierensteine stecken bleiben und zu einer Nierenkolik führen.

Harnwegsinfekte

Harnwegsinfekte können dazu führen, dass der pH-Wert aufgrund von Bakterien steigt. Ein pH-Wert von über sieben begünstigt Nierensteine. Nierensteine begünstigen wiederum Harnwegsinfekte, was in einen Teufelskreis führen kann.

Stoffwechselerkrankungen

Diese und weitere Stoffwechselerkrankungen können Nierensteine verursachen:

  • Überaktive Nebenschilddrüse (Hyperparathyreoidismus): Die Nebenschilddrüse stellt im Körper Calcium bereit. Ist die Nebenschilddrüse zu aktiv, kommt es zu einem Überschuss an Calcium (Hypercalcämie) und Nierensteine werden begünstigt.
  • Gicht: Erkrankungen wie die Gicht (Hyperurikämie) führen zu einem höheren Harnsäure-Gehalt. Wird diese über den Harn vermehrt ausgeschieden, kommt es zu Harnsäuresteinen. Die Gicht wird von Übergewicht begünstigt.

Weitere Ursachen für Nierensteine

  • Genetik: Manche Familien neigen mehr zu Nierensteinen, als andere – es scheint also auch die Genetik eine Rolle zu spielen. Bei Kindern treten 75 Prozent der Nierensteine aufgrund genetischer Erkrankungen oder einer speziellen Anatomie auf, die Nierensteine begünstigt.
  • Ungeklärte Ursachen: Manchmal bleibt die Ursache für Nierensteine ungeklärt; Fachpersonal spricht dann von einer idiopathischen Ursache.

Diagnose von Nierensteinen

Für die Diagnose einer Nierenkolik wird der*die Arzt*Ärztin einige Fragen stellen und eine körperliche Untersuchung durchführen. Der Bauch wird abgetastet und die Gegend rund um die Nieren beklopft.

Für die eindeutige Abklärung wird eine Untersuchung mit dem Ultraschallgerät durchgeführt. In manchen Fällen kommt auch eine Computertomografie zum Einsatz.

Außerdem wird der Urin auf eine Infektion, Blut, und den pH-Wert untersucht. Eine Blutuntersuchung verrät mehr über die Nierenfunktion, die Harnsäurewerte und auch die Elektrolyte (z. B. Calcium). Geben die Ergebnisse aus dem Labor weitere Hinweise auf eine zugrundeliegende Erkrankung, werden weitere Untersuchungen zur Abklärung angeordnet.

Wie werden Nierensteine behandelt?

Bei kleinen Nierensteinen mit einem Durchmesser bis sieben Millimetern kann abgewartet werden, ob sich der Stein von alleine löst. Bewegung wie Treppensteigen kann helfen, den Stein schneller abzuleiten.

Medikamente

Eine Nierenkolik verursacht meist massive krampfartige Schmerzen, weshalb Ärzt*innen Schmerzmittel wie Paracetamol, Diclofenac und/oder Metamizol verordnen. Sie sollen auch die Blasenmuskeln entspannen und eine weitere Anschwellung des Harnleiters verringern. Besteht ein Harnwegsinfekt, werden Antibiotika eingesetzt.

Muskelentspannende Medikamente wie Alphablocker werden unterstützend gegeben, um die Ausscheidung des Steins zu fördern.

Ist es unwahrscheinlich, dass der Stein von alleine abgeht, sollte er entfernt werden.

Zertrümmern mit Stoßwellen

Ärzt*innen können Nierensteine mithilfe der sogenannten extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) von außen zertrümmern. Dazu wird eine Sonde auf die Haut gesetzt, die Stoßwellen zum Nierenstein sendet. Die Wellen zertrümmern die Nierensteine in kleine Teile. Diese werden dann mit dem Harn von selbst ausgeschieden. Die meisten Nierensteine können auf diese Art entfernt werden.

Wann ist eine OP bei Nierensteinen nötig?

Bei Nierensteinen mit einem Durchmesser von zwei Zentimetern oder mehr reicht eine Stoßwellenbehandlung nicht aus. Die dabei entstehenden Bruchstücke wären immer noch zu groß, um mit dem Harn ausgeschieden zu werden.

Eine offene Operation kommt heute nur noch selten zum Einsatz. In der Regel nutzen Ärzt*innen folgende endoskopische Verfahren:

  • Ureterorenoskopie (URS): Der*die Arzt*Ärztin führt durch die Harnröhre eine Lichtkamera (Endoskop) sowie feine Instrumente ein: Mit einem Laser werden die Nierensteine zerkleinert. Dann werden mit einem Steinfangkörbchen oder einer Zange die Bruchstücke geborgen.
  • Perkutane Nephrolitholapaxie (PNL): Dieser Eingriff erfolgt unter Narkose. Dabei wird ein kleiner Hautschnitt gesetzt, durch den das Endoskop und die Operationsinstrumente direkt ins Nierenbecken oder in die Hohlräume der Niere eingeführt werden. Besonders große Steine werden mit dieser Methode entfernt.

Nierensteine: Verlauf

Etwa 95 Prozent der Harnsteine unter vier Millimetern Durchmesser scheidet der Körper von selbst aus. In der Regel geschieht das innerhalb eines Monats. Währenddessen ist eine regelmäßige Kontrolle auf Entzündung, Harnstau und Schmerzen sehr wichtig.

Nierensteine, die zufällig entdeckt werden und keine Symptome verursachen, müssen nicht immer behandelt, jedoch überwacht werden.

Ist ein Nierenstein zu groß, muss er entfernt werden, um langfristige Schäden der Niere zu vermeiden. Ist der Harnleiter verschlossen, staut der Urin zur Niere und füllt das Nierenbecken mit Flüssigkeit (Hydronephrose), dies wird auch Harnstauungsniere genannt. Die Niere kann dadurch so geschädigt werden, dass ihre Funktion dauerhaft herabgesetzt wird (Niereninsuffizienz). Durch den Harnstau können auch Bakterien einwandern, einen Abszess in der Niere verursachen oder zu einer Blutvergiftung führen (Urosepsis), die lebensbedrohlich ist. Auch nach der Steinentfernung werden regelmäßige Kontrollen durchgeführt.

Nach einer überstandenen Nierenkolik treten bei ungefähr der Hälfte der Betroffenen in den nächsten zehn Jahren erneut Nierensteine auf.

Wie werden Nierensteine vorgebeugt?

In der Medizin erfolgt die Vorbeugung von Nierensteinen abhängig von der Art des Nierensteins. Allgemeine Maßnahmen für die Prophylaxe von Nierensteinen sind:

Wasser trinken

Die wichtigste Vorsorge für Nierensteine ist es, ausreichend Wasser (über zwei Liter) zu trinken. Dadurch werden jene Stoffe im Harn, die Nierensteine bilden, verdünnt. Am besten sollte Flüssigkeitsaufnahme über den ganzen Tag verteilt werden. Wasser oder ungesüßter Tee sind am besten geeignet. Softdrinks und Alkohol sind für die Vorsorge von Nierensteinen kontraproduktiv.

Ernährungsumstellung

  • Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung mit einem hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln beugt nicht nur Nierensteinen, sondern auch vielen anderen Erkrankungen vor. Fleisch, Fisch und Wurstwaren sollten nur in moderaten Mengen gegessen werden.
  • Lebensmittel reich an Oxalsäure, wie Spinat, Rhabarber, Rote Bete, grünen und schwarzen Tee sowie Schokolade und Kakao reduzieren.
  • Täglich sollten nicht mehr als sechs Gramm Kochsalz eingenommen werden.

In Verbindung mit Gicht und Diabetes treten häufig Harnsäuresteine auf. Harnsäure entsteht beim Abbau sogenannter Purine, die etwa in tierischen Innereien (Leber, Nieren, Herz, Zunge), Fleisch und Wurstwaren enthalten sind.

Bewegung

Körperliche Aktivität und eine Normalisierung des Körpergewichts sind nicht nur zur Vermeidung von Nierensteinen empfohlen, sondern auch wichtig für die allgemeine Gesundheit sowie das psychische Wohlbefinden.

Vorbeugen bei hohem Risiko

Manche Personen haben ein besonders hohes Risiko für Nierensteine. Je nachdem, zu welcher Art von Nierenstein eine Neigung besteht, kann aus medizinischer Sicht unterschiedlich vorgebeugt werden. Besonders wichtig dabei ist die Kontrolle des pH-Werts im Urin, der auch von den Betroffenen zu Hause gemessen werden kann.

Ärzt*innen können anschließend den pH-Wert mit Medikamenten ausgleichen. Verursacht eine Stoffwechselerkrankung wie Gicht Nierensteine, wird diese ebenso ärztlich behandelt.