Frau mit Colitis ulcerosa sitzt auf Sofa und fasst sich an schmerzenden Bauch.
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Colitis ulcerosa: Anzeichen, Therapie und Diagnose

Von: Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 22.01.2024

Bei Colitis ulcerosa liegt eine chronische Entzündung des Dickdarms vor. Betroffene leiden unter typischen Anzeichen wie blutigem Durchfall und Bauschmerzen. Warum die Diagnose oft so spät erfolgt und welche Therapie Menschen mit Colitis ulcerosa hilft, erfahren Sie hier.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Fragen und Antworten zum Thema Colitis ulcerosa

Nein, Colitis ulcerosa ist nicht ansteckend.

Colitis ulcerosa ist heilbar, wenn der vollständige Dickdarm entfernt wird. Eine solche Operation wird jedoch nur in schweren Fällen durchgeführt. 

Eine entsprechend behandelte Colitis ulcerosa wirkt sich in der Regel nicht negativ auf die Lebenserwartung aus. Jedoch erhöhen mögliche Komplikationen wie ein toxisches Megakolon oder ein Darmdurchbruch die Sterblichkeit. Zudem haben Betroffene ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs, der die Lebenserwartung beeinflusst.

Was ist Colitis ulcerosa?

Colitis ulcerosa ist eine chronische, meist in Schüben verlaufende Entzündung der Darmschleimhaut im Dickdarm. Dadurch wird die obere Schicht der Darmwand geschädigt. Es entstehen geschwürartige Veränderungen und Geschwüre, sogenannte Ulzerationen. Colitis ulcerosa zählt, wie auch Morbus Crohn, zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). 

Bei Colitis ulcerosa entsteht die Entzündung zunächst im unteren Abschnitt des Dickdarms (Kolons), dem sogenannten Mastdarm (Rektum). Im weiteren Verlauf breitet sich diese zunächst an der linken Seite des Dickdarms aus. In schweren Fällen kann sich die Entzündung auf den vollständigen Dickdarm ausweiten, was Fachleute als Pankolitis oder totale Colitis bezeichnen. Nur in seltenen Fällen ist auch der untere Abschnitt des Dünndarms (Ileum) betroffen.

Häufigkeit

Schätzungen zufolge leiden in Deutschland rund 100 bis 200 Personen pro 100.000 Einwohner*innen an der Darmkrankheit. Die Diagnose wird meist im Alter zwischen 16 und 25 Jahren gestellt. Männer und Frauen sind etwa gleich oft betroffen. Die Erkrankung tritt manchmal familiär gehäuft auf.

Unterschiede: Morbus Crohn und Colitis ulceorsa

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa können mit ähnlichen Beschwerden einhergehen. Dazu gehören insbesondere Durchfall und Bauchschmerzen. Es handelt sich jedoch um zwei eigenständige Erkrankungen, die zwar einige Gemeinsamkeiten aufweisen, sich aber in vielen Punkten unterscheiden. 

Morbus Crohn betrifft zum Beispiel den gesamten Magen-Darm-Trakt, vom Mund bis zum After. Zudem können die Entzündungsherde an verschiedenen Stellen im Darm und in tieferen Schleimhautschichten auftreten. Auch Fisteln (Verbindungen zwischen Teilen des Darms oder zu anderen Organen) sind bei Morbus Crohn möglich. 

Colitis ulcerosa: Symptome in Schüben

Typisch für Colitis ulcerosa ist der Verlauf in Schüben: Es wechseln sich symptomfreie Phasen mit Schüben ab, in denen Symptome auftreten. 

Mögliche Symptome von Colitis ulcerosa, die bei einem Schub stark ausgeprägt sein können, sind:

In den meisten Fällen beginnt die Krankheit schleichend mit wenigen Durchfällen. Typischerweise müssen Betroffene insbesondere tagsüber und nachts die Toilette aufsuchen. Die Durchfälle können im weiteren Verlauf häufiger und intensiver werden. Die Erkrankung kann jedoch auch plötzlich mit akuten und heftigen Durchfällen auftreten. Ein solcher Schub ist dann meist mit ausgeprägten Symptomen wie Fieber, Bauchkrämpfen und Gewichtsverlust verbunden.

Colitis ulcerosa: Begleiterscheinungen außerhalb des Darms

Bei etwa 25 Prozent der Betroffenen sind nicht nur der Darm, sondern auch andere Körperbereiche von Entzündungen betroffen. Fachleute sprechen dann von sogenannten extraintestinalen Symptomen (extraintestinal = außerhalb des Darms).

Mögliche entzündliche Begleiterscheinungen bei einer Colitis ulcerosa sind:

Darüber hinaus entwickeln manche Betroffene auch Osteoporose (Knochenschwund). Bei Kindern und Jugendlichen kann das Wachstum gestört sein. Möglicherweise kommt es bereits zu extraintestinalen Symptomen vor einer eigentlichen Darmentzündung, was die Diagnose zusätzlich erschwert.

Colitis ulcerosa: Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen von Colitis ulcerosa sind bislang nicht abschließend geklärt. Forschende gehen davon aus, dass die Erkrankung durch das Zusammenspiel mehrere Faktoren entstehen kann:

  • genetische Einflüsse: Die Krankheit kommt in manchen Familien gehäuft vor. Geschwister von Betroffenen haben ein etwa 15-fach erhöhtes Risiko, ebenfalls zu erkranken als die restliche Bevölkerung.

  • Umweltfaktoren: Darüber hinaus scheinen auch Umweltfaktoren eine Rolle bei der Entstehung zu spielen. Dazu zählen beispielsweise Stress, orale hormonelle Verhütung (Antibabypille) und andere hormonelle Präparate, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR, wie Ibuprofen oder Diclofenac). Auch ein ungesunder Lebensstil, bestimmte Nahrungsbestandteile und Infektionen sollen laut Forschenden das Risiko erhöhen.

  • veränderte Darmschleimhaut: Die schützende Schleimschicht auf der Darmschleimhaut ist bei Menschen mit der Darmkrankheit meist dünner als bei gesunden Personen. Dadurch ist ihre Abwehrfunktion gestört. Bakterien können so leichter in die Schleimhaut eindringen, wodurch das Immunsystem überaktiv reagiert und letztlich eine Entzündung auslöst.

Colitis ulcerosa: Wie erfolgt die Therapie?

Bei Colitis ulcerosa hängt die Therapie unter anderem von den genauen Beschwerden, dem betroffenen Darmabschnitt und dem Ausmaß der Entzündung ab. Ziel der Behandlung ist, 

  • die Entzündung frühzeitig und möglichst komplett einzudämmen und Symptome zu lindern,
  • das Risiko für Komplikationen und Folgeerkrankungen zu senken und
  • weiteren Schüben vorzubeugen oder sie hinauszuzögern.

Ein akuter Schub erfordert in der Regel eine andere Behandlung als eine beschwerdefreie Phase. Leichte Fälle können meist ambulant in einer gastroenterologischen Praxis behandelt werden. Schwere Schübe erfordern oftmals eine Behandlung im Krankenhaus.

Colitis ulcerosa: Medikamentöse Therapie

Entzündungshemmende Medikamente spielen bei der Behandlung eine große Rolle. Dazu zählen insbesondere die folgenden Arzneimittel.

5-Aminosalicylsäure

Aminosalicylate wie Mesalazin oder Sulfasalazin kommen bei leichten bis mittelschweren Schüben zum Einsatz. Sie können auch Schüben vorbeugen und Darmentzündungen abmildern. Abhängig vom Schweregrad werden sie lokal als Zäpfchen, Schaum oder Einlauf oder oral als Tabletten verabreicht. Die Dauer der Therapie beträgt zwischen zwei und vier Wochen, manchmal auch sechs Wochen oder länger. Nebenwirkungen treten eher selten auf. Dazu zählen zum Beispiel Kopfschmerzen, Durchfall, Haarausfall oder eine gereizte Haut.

Kortisonhaltige Präparate

Erzielen Aminosalicylate bei einem akuten Schub nicht den gewünschten Erfolg, können Ärzt*innen vorübergehend Kortison verschreiben, um die Entzündung einzudämmen. Kortison kann entweder oral als Tablette oder intravenös als Infusion verabreicht werden. Ist die Entzündung auf den Enddarm beschränkt (Proktitis), können Schäume oder Zäpfchen mit dem Wirkstoff Budesonid helfen, die direkt im betroffenen Darmabschnitt wirken. 

Kortisonhaltige Präparate eignen sich nicht als Dauertherapie, da diese mit starken Nebenwirkungen und Komplikationen wie einem erhöhten Risiko für Osteoporose verbunden sein können.

Immunsuppressiva

Erzielt bei einem akuten Schub die Behandlung mit Aminosalicylate und Kortison keine Besserung, können Immunsuppressiva zum Einsatz kommen. Derartige Medikamente unterdrücken die Aktivität des Immunsystems und sollen so die Entzündungsreaktion eindämmen. Dazu zählen unter anderem

Oft dauert es mehrere Monate, bis Immunsuppressiva wirken. Zudem sind Nebenwirkungen wie Schwindel, Kopfschmerzen und Entzündungen der Bauchspeicheldrüse und Leber möglich. Außerdem erhöht die Unterdrückung des Immunsystems die Infektanfälligkeit, weshalb derartige Medikamente nur für bestimmte Patient*innen sinnvoll sind.

Biologika

Biologika sind Arzneimittel, die biotechnologisch hergestellt werden, die Wirkung natürlicher Stoffe nachahmen und so in Entzündungsstoffwechsel eingreifen können. Zu den Wirkstoffen zählen zum Beispiel

Sie werden als Infusion oder Spritze verabreicht. Biologika beeinträchtigen die körpereigene Abwehr und das Risiko für Infekte steigt. Daher wägen Fachleute vor der Therapie deutlich ab, ob Biologika individuell geeignet sind.

Klingen die Beschwerden bei einem akuten Schub ab, folgt die sogenannte Erhaltungstherapie mit 5-Aminosalicylsäure. Betroffene müssen die Medikamente für mindestens zwei Jahre einnehmen. Auch bestimmte, hilfreiche Darmbakterien wie der Escherichia-coli-Stamm Nissle 1917 können zum Einsatz kommen.

Colitis ulcerosa: Wann ist eine Operation notwendig?

Zu einer Operation raten Fachleute unter Umständen,

  • bei schweren Verläufen, die sich trotz medikamentöser Therapie nicht bessern,
  • bei Komplikationen wie einem toxischen Megakolon und starken Blutungen und 
  • wenn bereits Vorstufen von Darmkrebs oder Darmkrebs vorliegen. 

Manchmal entfernen Fachleute den gesamten Dickdarm inklusive des Enddarms. Anschließend wird aus den Schlingen des Dünndarms ein künstliches Reservoir (ileoanaler Pouch) geformt, um so eine Verbindung zum Analkanal herzustellen. So ist nach der Operation auch ein normaler Toilettengang möglich und kein künstlicher Darmausgang notwendig. Im Einzelfall ist jedoch ein künstlicher Darmausgang (Stoma) ebenso eine Option.  Manchmal wird auch nur ein Teil des Darms entfernt, was jedoch mit einem erhöhten Risiko für einen Rückfall (Rezidiv) einhergeht.

Colitis ulcerosa: Keine spezielle Ernährung empfohlen

Es gibt keine spezielle Diät oder Ernährung, an die sich Betroffene mit Colitis ulcerosa halten müssen. Dennoch können einige Tipps Patient*innen helfen: 

  • Während eines Schubs empfiehlt es sich, auf schwere, ballaststoffreiche Kost zu verzichten, um den Darm nicht unnötig zu belasten. Manche Betroffenen vertragen besonders eine milchfreie Kost gut.
  • In einer beschwerdefreien Phase sollten Betroffene vor allem das essen, was ihnen gut bekommt und auf das verzichten, was sie nicht vertragen.

Viele Betroffene vertragen bestimmte Lebens- und Genussmittel nicht gut. Dazu gehören vor allem

  • Alkohol,
  • blähende Obst- und Gemüsesorten,
  • Zitrusfrüchte,
  • Fruchtsäfte und
  • scharfe Gewürze.

Colitis ulcerosa: Diagnose wird oft spät gestellt

Blutig-schleimige Durchfälle und Bauchkrämpfe können ein Hinweis auf die Darmerkrankung sein. Jedoch sind derartige Beschwerden auch bei anderen Erkrankungen wie bei einem Reizdarmsyndrom oder Morbus Crohn möglich, weshalb die Diagnose oft erst spät gestellt wird. Es ist daher wichtig, bei Verdacht auf Colitis ulcerosa verschiedene Untersuchungen in einer Praxis für Gastroenterologie durchführen zu lassen.

Zunächst steht ein ärztliches Gespräch zu genauen Beschwerden, Vorerkrankungen und Erkrankungen innerhalb der Familie (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung an. Eine sichere Diagnose erfordert jedoch weitere Kontrollen:

  • Blutuntersuchung: Erhöhte weiße Blutkörperchen (Leukozyten) können für eine Entzündung sprechen. Auch das C-reaktive Protein (CRP) und erhöhte Blutwerte für die Blutsenkung (BSG) geben Hinweise.

  • Stuhlprobe: Eine Stuhlprobe wird untersucht, um eine bakterielle Darminfektion auszuschließen. 

  • Ultraschall: Durch einen Ultraschall (Sonographie) können Auffälligkeiten im Bauchrauch, wie verdickte Darmbereiche, entdeckt werden.

  • Darmspiegelung: Im Rahmen einer Darmspiegelung (Koloskopie) können Fachleute das Organ genauer untersuchen und zudem Gewebeproben der Darmschleimhaut entnehmen. Diese werden anschließend im Labor genauer untersucht.

Bei unklarer Diagnose ist es notwendig, nach einigen Wochen oder Monaten eine erneute Darmspiegelung mit Gewebeprobe durchzuführen. Auch eine Spiegelung von Magen, Zwölffingerdarm und Speiseröhre sowie eine Magnetresonanztomographie (MRT) können erforderlich sein.

Gut zu wissen: Unter Umständen haben Betroffene die Möglichkeit, einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten. Dieser ist mit vielen Vorteilen verbunden, die den Alltag und das Berufsleben entlasten sollen. In der hausärztlichen Praxis erhalten Interessierte weitere Informationen dazu.

Colitis ulcerosa: Verlauf und Prognose

Colitis ulcerosa verläuft bei 80 Prozent der Betroffenen in Schüben: Es wechseln sich Phasen ohne Symptome mit Zeiten ab, in denen ein aktiver Krankheitsschub vorliegt. Der genaue Krankheitsverlauf ist jedoch individuell. Einige Patient*innen haben in ihrem Leben nur wenige Schübe und andere mehrmals jährlich. In schweren Fällen kann der Darm auch dauerhaft entzündet sein. 

Interessant: Bei einer entsprechenden Therapie und regelmäßigen Kontrolluntersuchungen ist die Lebenserwartung bei Colitis ulcerosa ähnlich hoch wie die der Durchschnittsbevölkerung. 

Mögliche Komplikationen

Abhängig vom Ausmaß der Darmentzündung und wie lange diese besteht, können verschiedene Komplikationen auftreten. Einen sehr schweren und ungewöhnlich heftigen Schub bezeichnen Fachleute als fulminante Kolitis. Dann kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen: 

  • toxisches Megakolon: Ist die gesamte Darmwand stark entzündet, kann sich der Darm extrem dehnen, weshalb der Kot nicht mehr weitertransportiert werden kann. Dadurch besteht das Risiko eines Darmdurchbruchs. Das toxische Megakolon ist lebensgefährlich und muss umgehend operiert werden.

  • Darmdurchbruch (Perforation): Kommt es zu einem Darmdurchbruch, besteht akute Lebensgefahr. Eine Darmperforation erfordert eine sofortige Operation. 

  • schwere Darmblutungen: Darmblutungen können etwa Folge eines toxischen Megakolons sein, aber auch durch geplatzte Geschwülste entstehen. Blutverluste werden in der Regel durch Bluttransfusionen ausgeglichen. Unter Umständen müssen die betroffenen Darmabschnitte entfernt werden.

Aufgrund der häufigen Entzündungen können im Darm Narben entstehen. Narbiges Gewebe kann zu Verengungen im betroffenen Darmabschnitt führen (Stenosen). Diese können sich durch kolikartige Beschwerden äußern, schlimmstenfalls droht ein Darmverschluss

Risiko Darmkrebs: Regelmäßig zur Darmspiegelung

Menschen mit Colitis ulcerosa haben ein erhöhtes Risiko für Dickdarmkrebs. Sie sollten regelmäßig zur Darmspiegelung gehen, um Krebsvorstufen rechtzeitig zu entdecken. Fachleute empfehlen Betroffenen, die seit mehr als 8 Jahren unter der Krankheit leiden, regelmäßige Kontrollen und Gewebeproben des Darms. Das genaue Intervall wird individuell bestimmt und kann zwischen ein bis drei Jahren liegen.