Frau mit nächtlichem Harndrang auf dem Weg zur Toilette.
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Häufiger Harndrang: Ursachen bei Frau und Mann und was hilft

Von: Miriam Funk (Medizinredakteurin und Redaktionsleitung)
Letzte Aktualisierung: 01.09.2022

Ein krankhaft häufiger Harndrang äußert sich dadurch, dass mehr als sechsmal tagsüber und mehr als zweimal in der Nacht ein Toilettengang erfolgt, um die Blase zu leeren. Welche Ursachen infrage kommen und was Sie tun können.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was ist Harndrang?

Der menschliche Körper erzeugt täglich etwa einen bis anderthalb Liter Urin. Die tatsächliche Urinmenge hängt unter anderem von der Flüssigkeitszufuhr ab. Der Urin bildet sich in den Nieren und sammelt sich konzentriert in der Harnblase an. Dabei gerät die Blasenwand zunehmend unter Spannung. Ab einer Blasenfüllung von 150 bis 250 Millilitern entsteht Harndrang. Ihr gesamtes Fassungsvermögen liegt bei etwa 500 bis 700 ml, wobei sie sich auch noch ausdehnen kann.

Für den Harndrang sorgen Rezeptoren, die in der Blasenwand liegen: Diese Zellen registrieren die Wandspannung und melden sie an die Bereiche im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark), die für die Blasenkontrolle zuständig sind.

Gesunde Menschen können die Funktion der Blase bewusst steuern – also trotz Harndrang den Urin einhalten. Für den Verschluss der Blase (sog. Kontinenz) sorgen zum einen Muskelgeflechte um den Blasenausgang und die hintere Harnröhre und zum anderen die Beckenbodenmuskulatur. Wenn diese Muskeln willentlich erschlaffen und gleichzeitig der Blaseninnendruck durch harnaustreibende Muskeln steigt, beginnt die Blasenentleerung (sog. Miktion).

Arten von Harndrang

Wer viel trinkt, wird einen verstärkten Harndrang mit häufiger Blasenentleerung kennen. Dies ist ganz normal. Allerdings kann es zu verschiedenen Arten von häufigem Harndrang kommen:

  • Polyurie: Steigt die tägliche Urinmenge auf über zwei bis drei Liter, bewegt sich die Menge nicht mehr im Normalbereich und man spricht von Polyurie. Häufig tritt diese Polyurie in Kombination mit einem verstärkten Durstgefühl auf, etwa bei Diabetes mellitus.
  • Nykturie : Wenn ein vermehrter Harndrang nur nachts auftritt und man in einer Nacht mehr als einmal die Blase entleeren muss, liegt eine Nykturie vor.
  • Pollakisurie: Besteht lediglich ein verstärkter Drang zum Wasserlassen, ohne dass die Urinausscheidung erhöht ist, sprechen Fachleute von einer Pollakisurie.

Ein nicht beherrschbarer (bzw. imperativer) Harndrang kann in Extremfällen bis zur Blaseninkontinenz führen.

Ursachen für häufigen Harndrang

Ein häufiger Harndrang muss nicht unbedingt krankhaft sein. So können auch harmlose Auslöser für einen gelegentlich erhöhten Drang zum Wasserlassen infrage kommen:

  • nach übermäßigem Konsum von Flüssigkeit, Alkohol oder Kaffee
  • Nebenwirkung entwässernder Medikamente (sog. Diuretika) – umgangssprachlich als Wassertabletten bezeichnet

In manchen Fällen hat ein erhöhter Harndrang auch psychische Ursachen – wie eine extreme seelische Belastung oder Stress: Vor allem nervöse Menschen können (z.B. beim Geräusch von plätscherndem Wasser oder bei Kälte) schnell das Gefühl haben, auf die Toilette gehen zu müssen, ohne dass eine Erkrankung dahinter steckt.

Häufiger Harndrang: Unterschiedliche Ursachen bei Männern und Frauen

Bei Männern kann ein häufiger oder ständiger Harndrang ohne erhöhte Harnmenge auch Anzeichen für eine Prostataerkrankung sein, zum Beispiel für eine Prostataentzündung (Prostatitis).

Bei Frauen steht häufiger Harndrang trotz normaler Harnmenge oft in Zusammenhang mit einer sogenannten überaktiven Blase (auch Reizblase). Eine Reizblase kann in der frühen Schwangerschaft oder durch Östrogenmangel in und nach den Wechseljahren auftreten. Die Blase ist dabei überaktiv und meldet dem Gehirn, dass sie entleert werden muss, obwohl noch nicht viel Harn in der Blase gesammelt wurde (mehr als acht Toilettengänge pro Tag). Die Reizblase kann mit weiteren Beschwerden wie Brennen einhergehen und auch zu nächtlichem Harndrang führen. Selten können auch Männer unter einer Reizblase leiden.

Weitere Ursachen für häufigen Harndrang

Darüber hinaus kann ein häufiger Harndrang ein Symptom für folgende Krankheiten oder Störungen sein:

Außerdem können eine Strahlentherapie oder Blasenoperationen dazu führen, dass ein nicht beherrschbarer (imperativer) Harndrang entsteht und sich die Anzahl der Toilettengänge häuft.

Ursachen für häufigen nächtlichen Harndrang

Ein vermehrter nächtlicher Harndrang, das heißt ein im Liegen auftretender Drang zum Wasserlassen, kann verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel:

  • Einengung oder Entzündung der unteren Harnwege (z. B. Blasenentzündung)
  • vor allem bei älteren Männern eine gutartige Prostatavergrößerung
  • Herzinsuffizienz (weil dann der Körper nachts verstärkt eingelagerte Ödeme der Beine über den Harn ausschwemmt)

Was hilft gegen häufigen Harndrang?

Was gegen häufigen Harndrang hilft, ist sehr unterschiedlich. Wer ständig auf die Toilette gehen muss, ohne dass dafür eine organische Ursache gefunden wird, kann ein sogenanntes Blasentraining für den Blasenmuskel durchführen:

Blasentraining für zu Hause

  1. Alle Toilettengänge notieren.
  2. Den aufkommenden Harndrang bewusst unterdrücken.
  3. Ziel ist es, die Blase allmählich wieder an größere Füllmengen zu gewöhnen, damit sie sich erst später wieder meldet.

Medikamente gegen häufigen Harndrang

Daneben stehen gegen verstärkten Harndrang verschiedene Medikamente zur Verfügung, die den Drang unterdrücken können. Wirksame Mittel sind:

  • Anticholinergika und Spasmolytika: setzen die Kontraktionsbereitschaft der Blasenmuskulatur herab
  • Östrogene (für Frauen): ein Östrogenmangel in den Wechseljahren schwächt die Blasenfunktion, weshalb die Einnahme von Östrogenen dem entgegenwirken kann
  • Alphablocker (für Männer): helfen, die Muskelzellen der Prostata zu entspannen
  • pflanzliche Arzneimittel: am besten nach ärztlicher Absprache; infrage kommen zum Beispiel Kürbiskern-Präparate aus der Apotheke

Wenn ein ständiger oder vermehrter Harndrang psychisch bedingt ist, kann eine Psychotherapie helfen. Auch Entspannungstechniken wie autogenes Training oder die progressive Muskelentspannung können zur Besserung beitragen.

Ist ein erhöhter Harndrang das Symptom einer anderen Krankheit (wie Prostatavergrößerung oder Diabetes), ist die gezielte Behandlung dieser Erkrankung erforderlich.

Tipps bei nächtlichem Harndrang

  • Weniger als 8 Gramm Salz pro Tag: Forschende haben auch festgestellt, dass ein geringer Salzkonsum dazu führt, dass sich nächtlicher Harndrang bessert.
  • Tagsüber die Beine hochlegen: So kann Wasser aus den Beinen abfließen und über die Blase entleert werden und Betroffenen müssen nicht erst nachts raus.
  • Abends kein Alkohol: Alkohol führt zu unruhigem Schlaf.
  • 1 Stunde vor dem Zubettgehen nichts mehr trinken: Jedoch ausreichend über den Tag verteilt trinken.

Wann zum Arzt bei häufigem Harndrang?

Wenn zusätzliche Symptome wie Schwächegefühl in den Beinen, Fieber, Schmerzen beim Wasserlassen oder andere Alarmzeichen vorliegen, sollte unbedingt ein*e Arzt*Ärztin kontaktiert werden, um die Ursache abzuklären.

Diagnose bei häufigem Harndrang

Um festzustellen, ob ein ständiger oder vermehrter Harndrang krankhaft ist, sollte im ersten Schritt die hausärztliche Praxis kontaktiert werden. Im Gespräch wird nach der Krankengeschichte (sog. Anamnese) gefragt. Wichtig sind dabei folgende Fragen:

  • Tritt der Harndrang nur nachts oder auch tagsüber auf?
  • Ist die Urinmenge gestiegen oder kommen nur wenige Tropfen bei der Entleerung heraus?
  • Besteht starker Durst?
  • Werden bestimmte Medikamente eingenommen oder extrem viel getrunken?

Diese und andere Angaben helfen, die Art des Harndrangs zu bestimmen und die möglichen Ursachen einzugrenzen. Hierbei kann auch ein sogenanntes Miktionstagebuch hilfreich sein, in dem man einträgt, in welchen Situationen der Harndrang auftritt und was man vorher getrunken hat.

Um den Harndrang weiter abzuklären, werden Urinwerte bestimmt und auch eine Blutuntersuchung kann sinnvoll sein.

Je nachdem, welche Ursache der*die Arzt*Ärztin für den Harndrang vermutet, können weitere Untersuchungen zum Einsatz kommen – zum Beispiel