Grafische Darstellung von Krebszellen.
© Jupiterimages/iStockphoto

Metastasen

Von: Wiebke Posmyk (Medizinjournalistin, Diplom-Pädagogin, M.A. Media Education)
Letzte Aktualisierung: 09.12.2021

Metastasen sind ein Zeichen dafür, dass eine Krebserkrankung fortgeschritten ist. Liegen Metastasen vor, bedeutet dies, dass sich Krebszellen vom Ursprungstumor gelöst und Tochtergeschwülste gebildet haben.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was sind Metastasen?

Bis auf bestimmte Zellarten, die im Körper zirkulieren – etwa Blutzellen –, verbleiben gesunde Zellen normalerweise an einem Ort. Das heißt zum Beispiel: Eine gesunde Leberzelle kann nicht in ein anderes Organ wandern und sich dort vermehren.

Krebszellen unterscheiden sich jedoch von gesunden Zellen. Einige Krebszellen sind etwa in der Lage, in benachbarte Gewebe einzuwachsen. Oder aber sie lösen sich vom ursprünglichen Tumor und gehen "auf Wanderschaft", um woanders Metastasen zu bilden.

Ein Beispiel: Einzelne Zellen, die zu einem Tumor in der Lunge gehören, können über die Blutbahn in das Gehirn wandern und dort Metastasen (griech. metastasis = Absiedlung, Wanderung) entwickeln. Metastasen sind also "Ableger" eines bösartigen Tumors. An ihrem neuen Standort breiten sich die Krebszellen weiter aus und zerstören dort ebenfalls gesundes Gewebe.

Eine Metastase wird manchmal auch als Filia (Mehrzahl: Filiae) bezeichnet. Das Wort Filia kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Tochter“. Die Ausbreitung von Krebszellen im Körper nennt man Metastasierung.

Bösartige Tumorzellen können sich auf unterschiedlichen Wegen im Körper verteilen und weit entfernt vom Ursprungstumor zu Metastasen führen. In der Regel verbreiten sich die Tumorzellen

  • über ein Anatomie Blutgefäße (sog. hämatogene Metastase) oder
  • über ein Lymphgefäß (sog. lymphogene Metastase)

Es kann vorkommen, dass sich Krebszellen zunächst in nahegelegenen Lymphknoten ansiedeln und von dort aus weiter in die Blutbahn gelangen und Fernmetastasen bilden. In anderen Fällen wiederum streuen die Krebszellen nicht in das Lymphsystem, sondern dringen direkt in die Wand eines Blutgefäßes ein, das sie umgibt – sie geraten also in den Blutkreislauf. Die Krebszellen werden mit dem Blutfluss davongetragen und durchdringen an einer vom Ursprungstumor entfernen Körperstelle erneut die Blutgefäßwand. So können sie in anderen Organen Metastasen bilden.

Seltener können Krebszellen in Körperhöhlen wie etwa die Bauch- oder Brusthöhle einbrechen (sog. kavitäre Metastase) und sich dort verbreiten. Bei einem Tumor im Bauchraum kann der Krebs so beispielsweise das Bauchfell befallen.

Ärzte unterscheiden Metastasen zudem nach ihrem Entstehungsort:

  • Lokale Metastasen nennt man Tochtergeschwülste, die sich in unmittelbarer Nähe zum Ursprungstumor befinden.
  • Regionäre bzw. regionale Metastasen befinden sich in den Lymphknoten in unmittelbarer Umgebung des Ursprungstumors (Primärtumor). Sie können entstehen, wenn Krebszellen innerhalb des Gewebes, in dem sie entstanden sind, in ein Lymphgefäß streuen. Man spricht auch von Lymphknotenmetastasen.
  • Fernmetastasen liegen vor, wenn sich Tochtergeschwülste nicht in direkter Nähe zum Primärtumor befinden.

Fernmetastasen entstehen, wenn sich Krebszellen vom Ursprungstumor lösen und an einem entfernen Ort neues Tumorgewebe bilden. Ein Beispiel: Zellen von einem Darmkrebstumor können über die Blutbahn oder über die Lymphbahn in die Leber gelangen und dort eine Lebermetastase bilden.

Vom Tumor zu Metastasen

Wenn sich einzelne Krebszellen vom Ursprungstumor (Primärtumor) lösen, heißt das nicht zwangsläufig, dass dies zu Metastasen, also Tochtergeschwülsten, führen wird. Vielmehr müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit es zur Metastasierung kommt. Während manche Krebsarten wie etwa Brustkrebs oft relativ früh zu Metastasen führen, vergeht bei andere Arten – zum Beispiel beim Dickdarmkrebs – meist mehr Zeit.

Das menschliche Immunsystem tut eine Menge, um den Körper vor entarteten Zellen zu schützen. Mehrere Kontrollmechanismen unterbinden, dass eine Zelle ohne Weiteres an einen anderen Ort wandert. Normalerweise stirbt eine Zelle, wenn sie sich von benachbarten Zellen löst oder wenn sie in die Blut- oder Lymphbahn gerät.

Einige Krebszellen können jedoch diese Kontrollen umgehen, weil sie bestimmte Eigenschaften besitzen. So können sie sich etwa eine Art "Tarnkleidung" zulegen und die Eigenschaften von Blut- oder Knochenmarkzellen perfekt nachahmen. Die Folge: Gelangen die Krebszellen in die Blut- oder Lymphbahn, um sich zu verbreiten, erkennt das körpereigene Immunsystem die Tarnung nicht – und lässt die "falschen" Blut- oder Knochenmarkzellen ungehindert passieren.

In der Regel sorgen bestimmte Moleküle auf der Zelloberfläche dafür, dass sich Zellen nicht so leicht aus einem Gewebe lösen, sondern zusammenbleiben. Besitzt eine Krebszelle dieses Molekül nicht, kann sie sich leichter lösen und streuen. Um in andere Gewebe zu gelangen, produzieren manche Krebszellen bestimmte Enzyme (sog. Proteasen), die ihnen das Eindringen ermöglichen.

Ein Krebstumor besteht aus Krebszellen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Nur einige der Zellen können Metastasen hervorrufen.

Wenn sich Krebszellen auf dem Blut- oder Lymphweg verbreiten, bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig, dass sich auch Metastasen bilden werden. Nicht alle Krebszellen sind in der Lage, Metastasen zu bilden – Forscher vermuten, dass dazu nur sogenannte Tumorstammzellen imstande sind, sich ausreichend zu teilen. Und auch Tumorstammzellen können sich nur unter bestimmten Bedingungen teilen und somit Metastasen bilden. Liegen diese Gegebenheiten nicht vor, stirbt die Zelle ab oder aber sie verbleibt in einem Ruhezustand, ohne sich zu teilen.

Krebszellen, die in fremdes Gewebe streuen, können sich nur unter bestimmten Voraussetzungen teilen und so Metastasen bilden. Dies ist unter anderem nur möglich, wenn

  • die Zelle in der Lage ist, sich aus dem Zellverband zu lösen,
  • es sich um eine teilungsfähige Zelle handelt (vermutlich eine sog. Tumorstammzelle) und wenn
  • die richtigen Umgebungsbedingungen für eine Teilung vorliegen.

Wohin streut der Krebs?

Metastasen können an ganz unterschiedlichen Stellen im Körper entstehen. Wohin der Krebs streut, ist von mehreren Faktoren abhängig, so etwa von

  • der Lage des Ursprungstumors und
  • den spezifischen Oberflächeneigenschaften der Krebszellen.

Blut- und Lymphgefäße am Tumor bestimmen, wohin eindringende Krebszellen wandern können. Bei Menschen mit metastasiertem Darmkrebs beispielsweise bilden Krebszellen Fernmetastasen häufig in der Leber. Der Grund: Das vom Darm kommende Blut fließt durch die Leber – die Krebszellen gelangen mit dem Blutstrom dorthin. Es ist aber auch möglich, dass die Tumorzellen an ganz andere Körperbereiche gelangen und dort Metastasen bilden.

Die Oberflächenbeschaffenheit der jeweiligen Tumorzellen beeinflusst ebenfalls, in welche Organe sie bevorzugt streuen. So sind bei Lungenkrebs manchmal Metastasen in den Nebennieren zu finden, da dort ähnliche Gewebebedingungen herrschen wie in der Lunge.

Häufige Orte von Fernmetastasen bei verschiedenen Krebsarten

Krebsartbildet häufig Metastasen in …
Brustkrebs… Knochen, Leber, Lunge, Gehirn
Darmkrebs… Leber, Lunge, Bauchfell, Knochen
Lungenkrebs… Leber, Knochen, Gehirn, Nebenniere
Prostatakrebs… Knochen, seltener Leber, Lunge, Gehirn

Behandlung

Ein bösartiger Tumor, der noch nicht gestreut hat, lässt sich in der Regel leichter behandeln als Krebs, der bereits Metastasen entwickelt hat. Sind Metastasen vorhanden, kann der Patient oft nicht mehr vollständig gesund werden – jedoch gibt es verschiedene Möglichkeiten, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und Beschwerden zu lindern.

Eine Heilung von Krebs, der bereits Tochtergeschwulste gebildet hat, ist nur möglich, wenn auch alle Metastasen komplett entfernt werden können.

Im Kampf gegen Metastasen kommen verschiedene Therapieansätze zum Einsatz. Welche Behandlung am besten geeignet ist, richtet sich unter anderem danach,

  • wie viele Tochtergeschwülste vorhanden sind,
  • in welche Organe / Gewebe der Krebs gestreut hat und
  • um welche Krebsart es sich handelt.

Haben sich bereits mehrere Metastasen in verschiedenen Körperbereichen gebildet, kommt meist eine Therapie infrage, die auf den ganzen Körper wirkt (sog. systemische Therapie), etwa eine Chemotherapie.

Tochtergeschwulste, die sich in Lymphknoten in der Nähe des Ursprungstumors befinden, können manchmal in einer Operation entfernt oder bestrahlt werden, ebenso wie einzelne Fernmetastasen. Metastasen im Knochen oder im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) werden oft mithilfe einer Strahlentherapie behandelt, um sie am Wachstum zu hindern.

Manche Krebsarten wachsen hormonabhängig – so etwa bei Prostatakrebs oder in vielen Fällen von Brustkrebs. Dann kann eine Behandlung erfolgreich sein, mit der die Wirkung bestimmter Hormone gehemmt wird. In manchen Fällen können bei bestimmten Eigenschaften der Krebszellen Medikamente hilfreich sein, die in den Stoffwechsel der Zellen eingreifen.

CUP-Syndrom

Manchmal finden Ärzte Metastasen im Körper, ohne dass der Ausgangstumor bekannt ist. Auch nach gründlichen Untersuchungen ist es den Ärzten nicht möglich, den eigentlichen Ursprungstumor ausfindig zu machen. In diesem Fall spricht man von einem CUP-Syndrom (= cancer of unknown primary, "Krebs bei unbekanntem Primärtumor").

In einigen Fällen kann man bei Patienten mit CUP-Syndrom mithilfe einer feingeweblichen Untersuchung nachvollziehen, aus welchem Organ eine gestreute Krebszelle ursprünglich stammt. So kann es beispielsweise sein, dass eine in der Leber gefundene Metastase Eigenschaften aufweist, die auf Darmkrebs schließen lassen. Auf diese Weise kann der Arzt feststellen, welche Krebsart vorliegt und den Patienten entsprechend den Empfehlungen behandeln. Durch weitere Untersuchungsmethoden kann der Arzt nun gezielter nach dem Ursprungstumor suchen und so vielleicht doch noch fündig werden. Bleibt die Suche erfolglos, bleibt es bei der Diagnose CUP-Syndrom.

Manchmal ist es bei einem CUP-Syndrom aber auch nicht mehr möglich, die Krebsart sicher zu bestimmen, weil sich die metastasierenden Zellen bereits zu sehr verändert haben. Dennoch können spezielle Untersuchungen der Zellen häufig Hinweise darauf geben, um welche Krebsart es sich handeln könnte. In manchen Fällen findet der Arzt den Tumor schließlich doch nach einiger Zeit – möglicherweise brachte eine vorangegangene Untersuchung keinen Erfolg, weil die Geschwulst zu diesem Zeitpunkt noch nicht groß genug war.

Es gibt verschiedene Annahmen darüber, welche Ursachen das CUP-Syndrom hat. Manche Forscher gehen davon aus, dass das CUP-Syndrom entsteht, wenn sich direkt zu Beginn, noch bevor der Ursprungstumor wachsen kann, einzelne Zellen lösen. Sie verteilen sich im Körper und bilden Metastasen – der eigentliche Primärtumor bleibt jedoch so klein, dass man ihn gar nicht auffinden kann, oder er ist gar nicht vorhanden. Andere Wissenschaftler sind der Meinung, dass der Ursprungstumor bei Patienten mit CUP-Syndrom zwar vom Körper erfolgreich bekämpft werden konnte, nicht aber die Metastasen, sodass diese noch verbleiben.

Symptome und Verlauf des CUP-Syndroms können ganz unterschiedlich sein. Daher gibt es auch keine Standardtherapie, die beim CUP-Syndrom zum Einsatz kommt.