Das Bild zeigt ein Bakteriophag.
© Jupiterimages/Ingram Publishing

Bakteriophagen

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 10.03.2021

Bakteriophagen (kurz: Phagen) sind Viren, die Bakterien befallen. Sie sind winzig klein und bestehen aus genetischer Information (meist in Form von DNA), die von einer Proteinhülle umgeben ist.

Viren, die Bakterien infizieren

Bakteriophagen können sich ausschließlich in Bakterien vermehren. Dazu heften sich Bakteriophagen auf der Oberfläche der Bakterien an und bringen ihr Erbmaterial in die bakterielle Zelle ein. Die Proteinhülle der Bakteriophagen bleibt dabei entweder auf der Oberfläche zurück oder verschmilzt mit der bakteriellen Zellwand.

In der bakteriellen Zelle bedient sich das Erbmaterial des Bakteriophagen der Zellmaschinerie der befallenen Zelle: Die Bakteriophagen zwingen die bakterielle Zelle, das Phagen-Erbgut zu vervielfältigen und diejenigen Proteine herzustellen, die für die Phagen-Hülle benötigt werden. Die Hüllproteine setzen sich schließlich innerhalb der bakteriellen Zelle selbstständig zur fertigen Hülle zusammen, in welche die neue Phagen-DNA oder (seltener) -RNA verpackt wird.

Bei diesem Vervielfältigungsvorgang kann es passieren, dass außer dem Bakteriophagen-Erbgut auch Bruchteile des Bakterien-Erbguts in die neuen Phagen-Hüllen mitverpackt werden. Ist die Vermehrung der Bakteriophagen abgeschlossen, werden die Zellwände der befallenen Bakterien entweder zerstört (lysiert), um die neuen Phagen freizusetzen, oder die neuen Bakteriophagen werden von der Zellwand der Bakterien nach außen abgeschnürt.

Wie lange solch ein Vermehrungszyklus dauert (sog. Latenzzeit), hängt zum einen von der Art des Bakteriophagen ab und zum anderen davon, ob ausreichend Nährstoffe im umgebenden Nährmedium vorliegen. Im Durchschnitt nimmt ein Vermehrungszyklus zwischen 20 bis 60 Minuten in Anspruch. Wie viele neue Phagen am Ende freigesetzt werden (sog. Wurfgröße), variiert ebenfalls je nach Art der Bakteriophagen – die Mengen schwanken zwischen 20 bis einigen 100 Stück.

Ein Bakteriophage kann immer nur ganz bestimmte Bakterien-Arten infizieren – er ist wirtsspezifisch. Mit am besten erforscht ist der Bakteriophage Lambda (λ), der ausschließlich Bakterien der Art Escherichia coli befällt. Ein anderer gut bekannter Phage ist der Choleraphage Chi, der eine wichtiges Gen in seiner Erbinformation trägt: Nur dank ihm besitzt das Bakterium Vibrio cholerae die genetische Information zur Herstellung des Choleratoxins – dem wichtigsten krankmachenden Faktor der Cholera.

Die Wirtsspezifität ist mit ein Grund, weshalb Bakteriophagen auch als Instrument für die Forschung interessant sind. Einen Nutzen haben sie für die Wissenschaft zum Beispiel unter anderem als "Gen-Taxis", also als Vehikel, mit dem man bestimmte DNA-Abschnitte in bakterielle Zellen einschleusen kann.

Hier eine Übersicht über die verschiedenen Eigenschaften von Bakteriophagen, die für die Forschung einen praktischen Nutzen haben können:

EigenschaftBedeutung
BakteriolyseZerstörung der bakteriellen Wirtszelle durch die Vervielfältigung der Bakteriophagen
LysogenieFähigkeit mancher Bakterienzellen, das Erbgut eines Bakteriophagen in das eigene Genom aufzunehmen, ohne direkt eine Auflösung der Zelle zur Folge zu haben.
LysotypieBakteriophagen befallen nicht alle Bakterienarten, sondern jeweils die für sie spezifische Bakterienart. Aufgrund dieser Spezialisierung können im Labor mithilfe von Bakteriophagen bestimmte Bakterienarten klassifiziert bzw. charakterisiert werden.
TransduktionBei der Vervielfältigung des Erbguts eines Bakteriophagen in einem Bakterium können Bruchstücke der Bakterien-DNA in den Phagen eingebaut und so später auf andere Bakterien übertragen werden.
RekombinationBei einer Mischinfektion mit verwandten Bakteriophagen, die unterschiedliches Genmaterial enthalten, kann es zur Vermischung des Erbguts in der bakteriellen Wirtszelle kommen.
PhagenkonversionWurde Phagen-DNA in die bakterielle DNA integriert, kann es sein, dass die darauf vorhandene Information dem Bakterium zu neuen Eigenschaften verhilft.

Wie andere Viren zeigen auch Bakteriophagen ein unterschiedliches Aussehen. Es gibt ikosaedrische (zwanzigflächige) Viren wie den Phagen Phi X 174 oder fadenförmige (filamentöse) Phagen wie den Phagen M13.

Mit zu den größten Bakteriophagen gehören die sogenannten T-Phagen. T-Phagen greifen spezifisch Escherichia-coli-Bakterien an und besitzen im Vergleich zu anderen Bakteriophagen einen eher komplexeren Aufbau mit Schwanz.

Von oben nach unten gesehen bestehen T-Phagen aus:

  • Kopf: Im ikosaedrischen Kopf befindet sich das Erbgut des Phagen, das etwa 300 Gene beinhaltet (ca. 170.000 Basenpaare).
  • Kragen
  • Schwanzscheide: Die Schwanzscheide ist kontraktil, lässt sich also zusammenziehen und dadurch verkürzen. In der Schwanzscheide liegt das Schwanzrohr, das im Falle einer Infektion als Injektionsapparat dient, über den das Erbgut in die bakterielle Zelle injiziert werden kann. Während der Injektion zieht dich die Schwanzscheide zusammen.
  • Basalplatte: An der Unterseite der Grundplatte finden sich sog. Spikes, von den Seiten der Basalplatte gehen "spinnenbeinartige" Schwanzfasern ab. Sowohl Spikes als auch Schwanzfasern dienen dem "Andocken" und der Anheftung an die bakterielle Zelle. Die Spikes passen dabei wie ein Schlüssel-Schloss-System zu bestimmten Eiweißstrukturen auf der Zelloberfläche des Bakteriums.

Wie groß sind Bakteriophagen?
Bakteriophagen sind deutlich kleiner als die Bakterienzellen, die sie infizieren. Während zum Beispiel ein E.-coli-Bakterium circa 2.000 bis 6.000 Nanometer (nm) lang und 1.100 bis 1.500 nm breit ist, sind Bakteriophagen (wie andere Viren) im Durchschnitt nur zwischen 30 bis 200 nm groß.