Anatomische Darstellung der Leber am Modell
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Morbus Wilson: Symptome, Therapie und Verlauf der Kupferspeicherkrankheit

Von: Julia Heidorn (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 26.04.2024 - 13:00 Uhr

Morbus Wilson ist eine erblich bedingte Störung des Kupferstoffwechsels. Bei Betroffenen lagert sich vermehrt Kupfer in der Leber und bestimmten Bereichen des Gehirns ab. Leberschädigungen, aber auch psychiatrische und neurologische Beschwerden können die Folgen sein. Alles über Symptome, Behandlung und Krankheitsverlauf bei Morbus Wilson.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen zu Morbus Wilson

Morbus Wilson kann die Leber schädigen. Zudem können eine gestörte Impulskontrolle und neurologische Symptome wie Sprachstörungen auftreten.

Wird Morbus Wilson rechtzeitig diagnostiziert, ist die Lebenserwartung nicht verkürzt. Bleibt die Kupferspeicherkrankheit unentdeckt, führt sie hingegen innerhalb einiger Monate bis weniger Jahre zum Tod.

Morbus Wilson ist gut medikamentös behandelbar. Die einzige Heilungschance ist jedoch eine Lebertransplantation, bei der ein Spenderorgan ohne den auslösenden Gendefekt transplantiert wird.

Was ist Morbus Wilson?

Als Morbus Wilson wird eine krankhafte Störung des Kupferstoffwechsels bezeichnet. Aufgrund eines Gendefekts scheiden Betroffene zu wenig Kupfer aus, sodass sich das Spurenelement im Körper anlagert, vorwiegend in der Leber und im Gehirn. Morbus Wilson wird daher auch als Kupferspeicherkrankheit bezeichnet.

Durch den erhöhten Kupfergehalt wird die Leber mit der Zeit geschädigt, sodass Hepatitis, Leberzirrhose oder Leberversagen auftreten. Diese Verlaufsform tritt vorwiegend im Alter von etwa 5 bis 20 Jahren auf. Patient*innen, bei denen die Krankheit sich erst später zeigt, leiden vermehrt unter neurologischer und/oder psychiatrischer Symptomatik.

Morbus Wilson ist eine seltene Erkrankung, die nur bei 1 von 30.000 Personen auftritt. Es ist jedoch von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.

Morbus Wilson: Symptome der Kupferspeicherkrankheit

Bei Morbus Wilson lagert sich vermehrt Kupfer in der Leber ab, die dadurch zu Schaden kommt. Mögliche Folgen der Kupferspeicherkrankheit sind daher

  • Leberentzündung (Hepatitis)
  • Leberzirrhose
  • Leberversagen

Die Leberschädigungen machen sich nicht immer unmittelbar durch Beschwerden bemerkbar. Bleibt Morbus Wilson deshalb zunächst unerkannt, ist die Prognose schlechter.

Auch in anderen Bereichen des Körpers, insbesondere im Gehirn und dem zentralen Nervensystem, können Kupferanlagerungen entstehen und neurologische sowie psychiatrische Symptome auslösen, beispielsweise

Bei neurologischen Symptomen zeigt sich Morbus Wilson im Auge, denn sie treten immer zusammen mit dem Kayser-Fleischer-Kornealring auf. Dabei handelt es sich um grünliche bis goldene Kupferablagerungen an der Hornhaut des Auges.

Zudem kann Morbus Wilson eine verringerte Anzahl roter Blutkörperchen (Anämie) zur Folge haben, die zur sogenannten hämolytischen Krise eskalieren kann. Hier sinkt die Zahl der roten Blutkörperchen so rapide, dass der Körper nicht mehr in der Lage ist, diesen Verlust zu kompensieren. Dadurch können beispielsweise Leber- und Nierenschäden auftreten.

Welche Ursache hat Morbus Wilson?

Morbus Wilson wird durch einen Gendefekt ausgelöst, der eine verminderte Kupferausscheidung zur Folge hat. Mehr als 370 verschiedene mögliche Mutationen sind bekannt.

Jedes Kind bekommt eine Erbanlage von seiner biologischen Mutter und eine vom biologischen Vater. Nur wenn beide Erbanlagen einen entsprechenden Defekt aufweisen, tritt Morbus Wilson auf. Liegen eine defekte und eine intakte Anlage vor, ist die Person gesund. Daher können auch gesunde Personen den Gendefekt auf ihre Kinder übertragen, wenn beide Elternteile jeweils eine defekte Erbanlage haben und diese an das Kind weitergeben.

Da Morbus Wilson nicht immer sofort Symptome auslöst, eine unerkannte Erkrankung aber schwerwiegende Folgen haben kann, sollten nahe Verwandte der Betroffenen nach der Diagnose ebenfalls auf die Kupferspeicherkrankheit untersucht werden.

Durch den Gendefekt wird zu wenig Kupfer über die Galle ausgeschieden. Stattdessen lagert dieses sich in der Leber an, später auch in anderen Bereichen des Körpers, etwa im Gehirn, der Hornhaut des Auges oder den Nieren. Außerdem kann die Anzahl der roten Blutkörperchen sinken. Die großen Kupfermengen wirken zytotoxisch, schädigen also die Körperzellen.

Wie erfolgt die Diagnose von Morbus Wilson?

Die Diagnose von Morbus Wilson erfolgt in der gastroenterologischen Praxis anhand des sogenannten Leipzig-Scores. Den möglichen Ergebnissen von verschiedenen Untersuchungen wurden Punktzahlen zugewiesen. Bei einer Gesamtpunktzahl von zwei oder weniger ist es unwahrscheinlich, dass der*die Patient*in an Morbus Wilson erkrankt ist, bei vier oder mehr Punkten gilt die Diagnose als gesichert.

Um Morbus Wilson zu diagnostizieren, sind folgende Untersuchungen notwendig:

  • Spaltlampenuntersuchung des Auges zur Feststellung eines Kayser-Fleischer-Kornealrings
  • Magnetresonanztomographie (MRT)
  • Blutuntersuchungen, unter anderem auf Coeruloplasmin
  • 24h-Sammelurin-Analyse
  • Leberbiopsie, bei der mit einer Nadel eine Gewebeprobe aus der Leber entnommen wird: Bei einem Kupfergehalt von mehr als 250 µg/g Trockengewicht liegt ein eindeutiger Nachweis von Morbus Wilson vor.

Ist danach noch keine definitive Diagnose möglich, können weitere Untersuchungen erfolgen:

  • Penicillamin-Belastungstest: Nach Einnahme der Aminosäure Penicillamin, die bei Schwermetallvergiftungen eingesetzt wird, untersucht man erneut 24h-Sammelurin, um ggf. eine vermehrte Kupferausscheidung festzustellen.
  • Gentests

Therapie: Was tun bei Morbus Wilson?

Bei Morbus Wilson ist die Behandlung vom Schweregrad der Erkrankung abhängig.

Im Frühstadium kommen D-Penicillamin oder Trientin zum Einsatz. Diese Wirkstoffe binden überschüssiges Kupfer und werden auch als Kupferchelatoren bezeichnet. Ergänzend sollte die Einnahme von Vitamin B6 erfolgen.

Leidet die betroffene Person vor allem unter neurologischen Symptomen, sind Zinksalze besser verträglich. Sie verhindern, dass sich Kupfer in den Geweben anlagert.

Treten eine Anämie und/oder akutes Leberversagen auf, ist eine Blutwäsche (Plasmapherese) notwendig. Bei schweren Leberschädigungen ist eine Lebertransplantation angezeigt. Das ist die einzige Heilungsmöglichkeit für Morbus Wilson, weil die transplantierte Leber den zugrundeliegenden Gendefekt nicht aufweist.

Betroffene sollten zudem darauf achten, wenig Kupfer mit der Nahrung aufzunehmen. Kupferreiche Lebensmittel sind:

  • Vollkornprodukte
  • grünes Gemüse
  • Nüsse
  • Sonnenblumenkerne
  • Hülsenfrüchte
  • Schokolade und andere Produkte aus Kakao
  • Kaffee
  • Tee
  • Innereien
  • Meeresfrüchte
  • Leitungswasser aus kupferhaltigen Leitungen

Morbus Wilson: Lebenserwartung und Verlauf

Morbus Wilson ist bei rechtzeitiger Diagnose gut behandelbar, sodass die Lebenserwartung dann nicht verkürzt ist. Unbehandelt verläuft die Kupferspeicherkrankheit innerhalb einiger Monate bis weniger Jahre tödlich.

Zeigen sich bereits neurologische oder psychiatrische Symptome, kann das Fortschreiten der Erkrankung noch verhindert werden. Ein vollständiger Rückgang der Beschwerden erfolgt jedoch nur bei etwa einem Viertel der Betroffenen.

Die einzige Möglichkeit, Morbus Wilson zu heilen, ist eine Lebertransplantation, da die Spenderleber nicht nur das erkrankte Organ ersetzt, sondern auch intakte Gene aufweist.