Priapismus: Ursachen, Formen und Behandlung der Dauererektion
Eine Erektion, die einfach nicht aufhört: Das ist unter Umständen ein medizinischer Notfall. Priapismus ist eine schmerzhafte Dauererektion ohne sexuelle Erregung – und kann bleibende Schäden verursachen. Die Erkrankung betrifft meist Männer, in seltenen Fällen aber auch Frauen. Erfahren Sie, was genau dahintersteckt, wie man Priapismus erkennt und warum schnelles Handeln wichtig ist.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Priapismus
Priapismus kann durch Medikamente, Blutkrankheiten wie Sichelzellanämie, Verletzungen oder neurologische Störungen ausgelöst werden. In etwa einem Drittel der Fälle bleibt die Ursache jedoch unklar.
Ja, weiblicher Priapismus bezeichnet eine anhaltende, schmerzhafte Schwellung der Klitoris ohne sexuelle Erregung. Er entsteht durch eine gestörte Blutzirkulation im Genitalbereich und ist äußerst selten, aber medizinisch ernst zu nehmen.
Hält ein Priapismus länger als vier Stunden an, ist sofort ärztliche Hilfe nötig. Kühlung lindert die Beschwerden kurzfristig, ersetzt aber keine Behandlung – das Risiko für eine dauerhafte erektile Dysfunktion (Erektionsstörung) ist hoch.
Ursache einer dauerhaften Erektion beim Mann ist oftmals eine krankhafte Durchblutungsstörung im Penis. Sie ist schmerzhaft, ungewollt und kann gefährlich sein.
Was ist Priapismus?
Priapismus bezeichnet eine Erektion, die länger als vier Stunden andauert – ohne sexuelle Stimulation. Der Begriff Priapismus leitet sich vom griechischen Fruchtbarkeitsgott Priapos ab, der auf Bildern und Skulpturen oft mit übergroßem erigiertem Glied dargestellt wurde.
Medizinisch handelt es sich um eine Störung der Schwellkörper, bei der sich der Blutfluss im Penis nicht normal reguliert. Unterschieden wird zwischen dem
- ischämischen und
- nicht-ischämischen
Priapismus. In den meisten Fällen liegt die ischämische Form vor, die mit Schmerzen einhergeht und dringend behandelt werden muss. Die seltenere, nicht-ischämische Ausprägung ist in der Regel schmerzfrei. Sie gilt zwar als weniger akut, sollte aber dennoch ärztlich abgeklärt werden.
Grundsätzlich kann eine solche Störung in jedem Alter auftreten, am häufigsten betroffen sind jedoch Männer zwischen 20 und 50 Jahren.
Unterschied: Priapismus vs. prolongierter Erektion
Eine prolongierte Erektion ist eine ungewöhnlich langanhaltende Erektion, die meist länger als zwei Stunden dauert. Sie ist aber in der Regel noch nicht schmerzhaft und der Blutfluss im Penis bleibt erhalten. Solche Erektionen treten zum Beispiel gelegentlich nach der Einnahme bestimmter Potenzmittel oder bei sexueller Überstimulation auf. Pronologierte Erektionen sind meist ungefährlich und bilden sich von selbst zurück. Anders als beim Priapismus besteht in der Regel keine akute Gefahr für das Gewebe.
Diese Formen von Priapismus gibt es
Je nach Ursache und Blutfluss unterscheidet die Medizin mehrere Formen von Priapismus. Die Art bestimmt, wie dringend die Situation ist und welches Vorgehen medizinisch sinnvoll ist.
Low-Flow-Priapismus (ischämischer Priapismus)
Dies ist die häufigste Form von Priapismus. Dabei wird das Blut im Penis eingeschlossen und kann nicht mehr abfließen. Es entsteht ein Sauerstoffmangel, der das Gewebe schädigen kann. Die Erektion ist schmerzhaft und der Penis hart. Diese Art gilt als urologischer Notfall und muss sofort behandelt werden.
High-Flow-Priapismus (nicht-ischämischer Priapismus)
Hierbei fließt zu viel Blut in den Penis. Häufig ist eine verletzte Arterie, etwa nach einem Unfall, Auslöser für den High-Flow-Priapismus. Der Blutabfluss funktioniert jedoch noch. Die Erektion ist weniger schmerzhaft und fühlt sich eher pulsierend an. Anders als beim Low-Flow-Priapismus ist diese Variante selten ein Notfall, sollte dennoch ärztlich abgeklärt werden.
Intermittierender Priapismus
Diese Form tritt in Schüben auf. Sie äußert sich also durch wiederkehrende, oft nächtliche, schmerzhafte Erektionen, die nach einiger Zeit von selbst abklingen. Häufig handelt es sich um eine Vorstufe des ischämischen Priapismus. Wer regelmäßig darunter leidet, sollte frühzeitig medizinische Hilfe suchen.
Typische Symptome von Priapismus
Priapismus kann mit verschiedenen Begleiterscheinungen einhergehen – abhängig von Dauer und Form der Erkrankung. Typische Symptome sind:
Schmerzen: Besonders bei ischämischem Priapismus kommt es häufig zu starken Schmerzen, die mit zunehmender Dauer schlimmer werden.
verhärteter Penisschaft: Der Schaft ist hart, die Eichel dagegen oft weich.
Spannungsgefühl: Es fühlt sich an, als würde der Peniskörper unter Druck stehen.
Empfindungsstörungen: Länger andauernder Priapismus kann zu Taubheitsgefühlen führen.
Blut im Urin: In seltenen Fällen kommt es zu blutigem Urin oder Problemen beim Wasserlassen.
Priapismus: Mögliche Ursachen für die Dauererektion
Die Ursachen für Priapismus sind vielfältig und reichen von Medikamenten bis hin zu Blutkrankheiten. Zu den bekannten Auslösern zählen beispielsweise:
Medikamente: Besonders Mittel gegen Depressionen, Blutdrucksenker und Potenzmittel können Priapismus auslösen.
Drogen: Suchtmittel wie Kokain oder Marihuana gelten ebenso als mögliche Ursache.
Bluterkrankungen: Vor allem die Sichelzellanämie – eine Erbkrankheit, bei der sich rote Blutkörperchen verformen – ist ein häufiger Auslöser bei jüngeren Männern.
Verletzungen: Ein Schlag oder Unfall im Becken- oder Genitalbereich kann zu einem High-Flow-Priapismus führen, etwa durch eine verletzte Arterie.
Tumoren und neurologische Erkrankungen: In seltenen Fällen können auch Rückenmarksverletzungen oder Tumoren, die auf die Venen drücken, eine Rolle spielen.
intrakavernöse Injektionstherapie: Das bezeichnet das direkte Spritzen gefäßerweiternder Medikamente in den Schwellkörper des Penis, um eine Erektion zu erzeugen oder zu stabilisieren. Einige der dafür verwendeten Wirkstoffe stehen mit Priapismus in Verbindung.
Nicht immer ist der Auslöser auf den ersten Blick erkennbar, aber für die Behandlung ist er oft entscheidend. In etwa jedem dritten Fall lässt sich auch keine klare Ursache finden – dann spricht man von einem idiopathischen Priapismus.
Priapismus: Behandlung einer Dauererektion
Die Behandlung einer Dauererektion hängt davon ab, um welche Form der Störung es sich handelt und wie lange die Erektion bereits andauert. Besonders beim ischämischen Priapismus ist schnelles Handeln gefragt.
Ischämischer Priapismus – die Behandlung
Diese Form gilt als Notfall. Ziel ist es, den Blutstau so schnell wie möglich zu beseitigen und den Penis damit zum Abschwellen zu bringen (Detumeszenz).
Mögliche Maßnahmen sind:
Blut absaugen: Das gestaute Blut wird mit einer Spritze direkt aus dem Penis entfernt, um den Druck zu senken und die Schmerzen zu lindern (Punktion).
Spülung mit Kochsalzlösung: Danach wird der Schwellkörper mit einer sterilen Kochsalzlösung gespült, um die Durchblutung zu verbessern.
Medikamente: Ein gefäßverengendes Medikament, meist Phenylephrin, wird in den Penis injiziert, damit sich die Blutgefäße zusammenziehen und die Erektion endet.
Überwachung: Während der Behandlung werden Blutdruck und Herzfrequenz überwacht, da die Medikamente den Kreislauf beeinflussen können.
Operation: Wenn die Erektion weiterhin besteht, kann ein kleiner chirurgischer Eingriff notwendig sein. Dabei schaffen die Urolog*innen einen künstlichen Abfluss für das Blut (Shunt).
Nicht-ischämischen Priapismus behandeln
Der nicht-ischämischen Priapismus ist meist schmerzlos und weniger gefährlich. Dennoch sollten ihn betroffene Personen im Augen behalten. Trotzdem sollte Beschwerden ärztlich abgeklärt werden, um Risiken auszuschließen.
Beobachten und abwarten: Oft bildet sich die Erektion von selbst zurück, sodass zunächst nur beobachtet wird.
Kühlen und leichter Druck: Durch Kühlung oder sanften Druck auf den Damm, also den Bereich zwischen Hoden und After, lässt sich die Erektion in manchen Fällen unterstützend beenden.
Bildgebung zur Abklärung: Eine Ultraschalluntersuchung oder eine Angiographie hilft dabei, die Ursache herauszufinden.
gezielte Behandlung: Wenn die Erektion nicht von selbst aufhört, kann die betroffene Arterie minimalinvasiv mit einem Katheter verschlossen werden (Embolisation).
Operation nur selten nötig: Falls eine Embolisation nicht erfolgreich ist, kann eine operative Verödung oder Abbindung der Arterie erforderlich sein.
Therapie von Intermittierenden Priapismus
Diese wiederkehrenden, kurzzeitigen Erektionen sind häufig ein Warnsignal für einen drohenden ischämischen Priapismus. Deshalb sollte bei regelmäßigen Beschwerden frühzeitig ärztlicher Rat eingeholt werden. Mögliche Behandlungsmaßnahmen sind:
Behandlung im Akutfall: Wenn eine Episode länger anhält, wird sie wie ein ischämischer Priapismus behandelt, also mit Blutentnahme, Spülung und gegebenenfalls Medikamenten.
Vorbeugende Therapie: Ziel ist es, zukünftige Anfälle zu verhindern. Dafür können Medikamente eingesetzt werden, etwa Hormone, Antiandrogene oder in manchen Fällen niedrig dosierte PDE-5-Hemmer.
regelmäßige Kontrolle: Eine individuell angepasste Therapie und engmaschige ärztliche Kontrollen sind hierbei besonders wichtig.
Wer bei den ersten Anzeichen handelt, kann einem ernsten Verlauf – etwa einem dauerhaften Low-Flow-Priapismus – oft vorbeugen.
Diagnose: Priapismus-Bilder geben Aufschluss
Eine sorgfältige Diagnostik ist wichtig, um die Form der Erkrankung und deren Ursache herauszufinden. Sie erfolgt in mehreren Schritten:
Anamnese und körperliche Untersuchung: Zunächst steht das Gespräch mit der*dem Patient*in im Vordergrund. Dabei geht es um die Dauer der Erektion, das Schmerzempfinden, mögliche Auslöser wie Medikamente oder Verletzungen sowie frühere Episoden. Bei der körperlichen Untersuchung achten die Ärzt*innen auf typische Merkmale, etwa einen harten Penisschaft mit weicher Eichel, wie er beim ischämischen Priapismus vorkommt.
Blutgasanalyse aus dem Schwellkörper: Eine kleine Blutprobe wird direkt aus dem sogenannten Corpus cavernosum (paariger Schwellkörper im Penis) entnommen. Bei einem ischämischen Priapismus zeigen sich niedrige Sauerstoffwerte und ein saures Milieu als Hinweis auf Sauerstoffmangel und gestörte Blutzirkulation. Beim nicht-ischämischen Priapismus sind die Werte weitgehend normal.
Duplex-Doppler-Sonographie: Diese spezielle Ultraschalluntersuchung liefert Bilder über den Blutfluss im Penis. Bei der Low-Flow-Variante ist kaum Durchblutung nachweisbar, beim High-Flow-Priapismus zeigt sich ein starker, oft pulsierender arterieller Zufluss.
Laboruntersuchungen: Weitere Blutuntersuchungen unterstützen dabei, mögliche Grunderkrankungen wie Sichelzellanämie oder Leukämie zu erkennen.
Bildgebung: Bei unklarer Ursache kann eine Angiographie (radiologische Darstellung von Gefäßen) oder eine Magnetresonanztomographie (Bildgebung der einzelnen Körperschichten) sinnvoll sein.
Wie zeigt sich Priapismus bei Frauen?[Priapismus bei Frauen
Auch wenn Priapismus in erster Linie mit Männern in Verbindung gebracht wird, kann er in sehr seltenen Fällen auch bei Frauen auftreten. Dabei handelt es sich um eine schmerzhafte und langanhaltende Schwellung der Klitoris – medizinisch auch als „klitoraler Priapismus“ bezeichnet. Die Symptome ähneln der männlichen Variante:
- anhaltende Erektion ohne sexuelle Erregung
- Spannungsgefühl
- Schmerzen
Ursache ist auch hier meist eine gestörte Blutzirkulation, etwa durch Medikamente, neurologische Erkrankungen oder Durchblutungsstörungen im Beckenbereich. Die Behandlung orientiert sich an der Therapie beim männlichen Priapismus und kann sowohl medikamentös als auch durchblutungsfördernd erfolgen.
Nur in Ausnahmefällen erfolgt eine Operation. Auch wenn Priapismus bei Frauen selten ist, sollte er bei entsprechenden Beschwerden ernst genommen und ärztlich abgeklärt werden.