Strahlenbelastung in der Raumfahrt: Strahlenbelastung
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In der folgenden Tabelle ist die Zusammensetzung der die Erdatmosphäre treffenden Strahlung dargestellt. Man bezeichnet diese Strahlung als Primärstrahlung. Die durch diese Strahlung über Kernreaktionen erzeugte Strahlung wird als Sekundärstrahlung bezeichnet.
Zusammensetzung der die Erdatmosphäre treffenden Strahlung
Strahlungsart | relativer Anteil |
---|---|
Protonen | 93 % |
Alphateilchen | 6 % |
schwere Kerne, Gammastrahlung | 1 % |
Die Energie der Protonen kann dabei über 1014 MeV = 1020 eV betragen.

Eine besonders hohe Strahlendosisleistung tritt in den so genannten inneren und äußeren van Allen-Gürteln auf. So kann die Dosisleistung im inneren van Allen-Gürtel hinter einer ca.3 mm dicken Aluminiumschicht bis zu 0,2 Sv = 200 mSv pro Stunde betragen. Im äußeren van Allen-Gürtel beträgt die Dosisleistung unter den gleichen Bedingungen 0,05 Sv = 50 mSv pro Stunde.
Die beiden van Allen-Gürtel "fangen," bedingt durch das Magnetfeld der Erde, aus dem Sonnenwind oder der kosmischen Strahlung stammende Teilchen ein. Sie bilden daher einen wichtigen Schutzschild gegen das Eindringen ionisierender Strahlung aus dem Kosmos auf die Erdoberfläche. In dem inneren van Allen-Gürtel befinden sich dabei hauptsächlich hochenergetische Protonen mit Energien von 10 - 100 MeV; er erstreckt sich in einer Höhe ab etwa 6.000 Kilometern über dem Äquator, wobei er im Bereich des Südatlantiks eine Eindellung , die bis auf ca. 200 km herabreicht, besitzt. Er wurde 1958 von James van Allen entdeckt. In dem äußeren van Allen-Gürtel, der sich in einer Höhe von etwa 20.000 Kilometern über dem Äquator an den inneren Gürtel anschließt, befinden sich hauptsächlich Elektronen mit einer mittleren Energie von ca. 1 MeV.
Einige der bei Raumflügen bei den Besatzungen aufgetretenen effektiven Dosen (Ganzkörperdosis) sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Allgemein lässt sich feststellen, dass die tägliche effektive Dosisleistung in Höhen zwischen 300 und 520 km etwa zwischen 0,1 und 0,7 mSv liegt. Bei Flügen oberhalb des äußeren van Allen-Gürtels, also bei Mondflügen oder Flügen zum Mars, beträgt die effektive Dosisleistung ca. 0,7 - 1,5 mSv pro Tag. Zum Vergleich: die jährliche Dosis aus natürlichen Strahlenquellen beträgt auf Meereshöhe in Deutschland im Mittel 2,1 mSv, die durch künstliche Strahlenquellen, vor allem dem Röntgen, rund 2,5 mSv. Die bei einer CT-Untersuchung erhaltene Dosis beträgt im durchstrahlen Volumen zwischen 2 bis 10 mSv, bei einer Thoraxaufnahme ist die Dosis ca. 0,3 mSv.
Mission/Flugart | Flugzeit in h | Dosis in mSv |
---|---|---|
Apollo 7 (Erdumkreisung) | 260 | 3,6 |
Saljut 6/IV (Erdumkreisung) | 4.200 | 55 |
Apollo 8 (1. Mondumkreisung) | 147 | 5,7 |
Apollo 11 (1. Mondlandung) | 195 | 6,1 |
Apollo 12 (2. Mondlandung) | 244 | 7,6 |
Apollo 13 (misslungene Mondlandung) | 143 | 4,4 |
Apollo 14 (3. Mondlandung) | 216 | 7,2 |
Apollo 15 (4.Mondlandung) | 295 | 8,5 |
Apollo 16 (5. Mondlandung) | 266 | 7,6 |
Apollo 17 (6. und letzte Mondlandung) | 302 | 9,2 |
Bei starken Sonnenaktivitäten (Flares) bzw. Coronaren Mass Ejections (CME) können die Strahlendosisleistungen bis zu Stunden erheblich höhere Werte, und zwar bis zum Tausendfachen der sonstigen Werte, annehmen und zu einer großen Gefahr für die betroffenen Besatzungen werden. Im Wesentlichen werden dabei Röntgen-und Gammastrahlung, sowie Protonen und Elektronen frei gesetzt. So wurden in starken Flares Dosisleistungen bis zu 10 Sv pro Tag gemessen. Flares entstehen durch die Neuorientierung oder Verschmelzung von Magnetfeldern, die vor allem von Sonnenflecken ausgehen und weit in den Raum reichen. Sollten Astronauten in den Bereich derartig hoher Dosisleistungen geraten, würden sie das bei den derzeitig üblichen Abschirmungen der Raumfahrzeuge von rund 1cm Aluminium kaum überleben können. Daher spielen die möglichen Strahlenbelastungen der Astronauten bei den Planungen für einen bemannten Flug zum Mars eine entscheidende Rolle. Zum Schutz der Besatzungen bei einem derartigen mehrere Jahre dauernden Flug sind Schutzschilde in den Raumschiffen von mehreren cm Aluminium vorgesehen. Man rechnet bei einer derartigen Mission insgesamt mit einer Strahlenbelastung von 2 bis 4 Sv für die gesamte Zeit.
Im August 1972 kam es übrigens zum Auftreten eines starken Flares, und zwar glücklicherweise gerade zwischen den beiden bemannten Mondflügen von Apollo 16 (27. April Mondlandung) und Apollo 17 (10. Dezember Mondlandung). Eine der größten Flares wurde im März des Jahres 1989 beobachtet, dieses Flare führte über die Erwärmung und anschließende Ausdehnung der irdischen Lufthülle sogar zum Absturz des unbemannten Satelliten SMM (Solar Maximum Mission, gestartet 1980). Auch der Absturz der Weltraumlabors Skylab am 11. Juli 1979 (gestartet am 14. Mai 1973) aus einer Höhe von rund 435 km erfolgte vermutlich als Folge eines Flares.
Augenlinsentrübung, Katarakt
Im Jahr 2001 wurde von F.A. Cucinotta von der NASA in Houston ein Bericht veröffentlicht, in dem er die Untersuchung von 295 Astronauten der NASA auf eine Katarakt darstellte. Demnach litten von den 295 untersuchten Astronauten 48 an einer Linsentrübung des Auges (Katarakt), also weit mehr als in der Normalbevölkerung zu erwarten wären. Da die Strahlendosen der Astronauten im Bereich einiger zig bis maximal einiger hundert Millisievert lagen, ist das ein überraschendes Ergebnis, da die Toleranzdosen für das Auftreten einer Katarakt, z.B. in der Strahlentherapie, bei 8-10 Sievert = 8.000-10.000 mSv liegen. Man führt dieses Ergebnis auf die biologisch extrem gefährlichen hochenergetischen und stark ionisierenden Teilchenstrahlen zurück.
Es sei abschließend noch erwähnt, dass die NASA eine jährliche Höchstdosis von rund 200 mSv, also das Zwanzigfache der deutschen Strahlenschutzverordnung, für Ihre Astronauten zulässt. Die Lebensaltersdosis der Astronauten soll dabei ca. 400 mSv, die in etwa der der deutschen Strahlenschutzverordnung entspricht, nicht überschreiten. Wie oben erwähnt würden diese Werte bei einer Marsexpedition mit 2-4 Sv jedoch erheblich überschritten.