Eine Frau trainiert draußen mit einer Kettlebell.
© Getty Images

Kettlebell-Training

Von: Brit Weirich (Medizinautorin, M.A. Mehrsprachige Kommunikation)
Letzte Aktualisierung: 06.01.2022

Fitnessliebhaber heben, stemmen oder schwingen sie: die Kettlebell. Die vielseitig einsetzbaren Kugelhanteln mit Handgriff trainieren effektiv den ganzen Körper. Wenn man den Schwung erst mal raushat, macht das Training richtig Spaß. Wir verraten Ihnen, was es zu beachten gibt.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Kettlebell-Training – So effektiv ist das Workout mit der Kugelhantel

Beim Kettlebell-Training handelt es sich um ein funktionelles Krafttraining mit einer Kugelhantel. Das Trainingsgerät mit Griff ist vielseitig einsetzbar. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe an Übungen, die die unterschiedlichsten Muskelgruppen trainieren. Vor allem die Rumpf- und Tiefenmuskulatur wird gezielt gestärkt. Zudem regt das Kettlebell-Training die Fettverbrennung an und fördert Schnellkraft und Explosivität.

Die Kettlebell ist nicht mehr aus der modernen Fitnesswelt wegzudenken. Trotzdem ist die Kugelhantel keine neue Erfindung. Ursprünglich stammt sie aus Russland, wo sie von Bauern zum Wiegen von Getreide und anderen Gütern verwendet und nach getaner Arbeit zwecks Kraftdemonstration durch die Luft geschwungen wurde.

Vorteile von Kettlebell-Training

1. Muskelaufbau

Mit den Kettlebells trainiert der Sportler nicht nur einzelne Muskeln wie beim normalen Hanteltraining, sondern beansprucht ganze Muskelketten in ihrem Bewegungsablauf. Durch die Dynamik der Übungen werden viele Muskelgruppen gleichzeitig aktiviert.

Im Mittelpunkt des Kettlebell-Trainings steht allerdings das Kraftzentrum des Körpers: der untere Rumpfbereich. Dieser umfasst die Lendenwirbelsäule und das Hüftgelenk. Darüber hinaus werden auch die Muskeln der Rotatorenmanschette und der Schulterblätter beansprucht und somit kräftiger und beweglicher.

Die Übungen werden durch die Kugelhantel schneller und schwungbetonter und bieten dadurch Vorteile gegenüber normalem Hanteltraining. Auch der nach außen liegende Griff der Kugelhantel hat Vorteile: Durch ihn wirken größere Fliehkräfte bei den Schwungübungen, was die Übungen noch effektiver macht.

Effektives Training der Tiefenmuskulatur

Je nach Übung wird mal dieser, mal jener Muskel mehr beansprucht. Allerdings trainieren wir mit der Kugelhantel nicht nur die sichtbaren Muskeln, sondern auch die Tiefenmuskulatur (Stabilisationsmuskeln). Der Körper muss Kraft in verschiedene Richtungen entwickeln und gleichzeitig das Gewicht der Kugelhantel abbremsen. Dadurch werden Halte- und Bewegungsmuskeln aktiviert. Die reaktive Anspannung der Tiefenmuskulatur erhöht die Fähigkeit von Wirbelsäule und den großen Gelenken wie Hüfte, Knie und Schultern, um den Körper zu stabilisieren. Außerdem liegt der Schwerpunkt des Gewichts außerhalb der Hand, sodass die Tiefenmuskulatur zusätzlich das Gewicht ausgleichen muss.

Eine trainierte Tiefenmuskulatur sorgt also für Stabilität und eine aufrechte Haltung. Daher ist die Kettlebell besonders für Menschen geeignet, die viel sitzen und an Rückenschmerzen leiden.

Übrigens: Auch Studien zeigen, dass Kettlebell-Training den Muskelaufbau erheblich fördern kann. So erzielten Probanden durch regelmäßiges Kettlebell-Training bereits nach acht Wochen deutliche Erfolge und bauten sichtbar Bauchmuskeln auf. Dabei fand man auch heraus, dass eine Kombination aus leichterem Gewicht und vergleichsweise vielen Wiederholungen (z.B. 15 - 25) am effektivsten ist, um Muskeln aufzubauen.

2. Fettverbrennung

Das Kettlebell-Training eignet sich gut zur Gewichtsabname, da es zu einem großen Teil aus Konditionstraining besteht. Zudem wird der ganze Körper wird beansprucht, und somit auch alle Muskelgruppen. Je mehr Muskelmasse wir aufbauen, desto mehr Energie benötigt der Organismus. Diese Energie kann der Körper langfristig aus Fettreserven schöpfen.

Je nachdem, mit welchem Gewicht Sie starten, kann es durch den Muskelaufbau auch passieren, dass Sie erst einmal an Gewicht zunehmen. Diese Zunahme ist dann aber rein auf die erhöhte Muskelmasse zurückzuführen – und das zeigt sich auch äußerlich.

3. Geringe Kosten, geringer Aufwand

Das Training mit der Kugelhantel ist nicht nur kostengünstig, sondern auch besonders unkompliziert. Schafft man sich einmal eine qualitativ hochwertige Kettlebell an, wird man sie für immer benutzen können.

Dazu kommt: Wie die meisten freien Gewichte (Hanteln, Kurzhanteln), sind Kettlebells vielseitig einsetzbar. Die Kugelhantel ist klein und somit gut zu verstauen, und auch für die Übungen selbst benötigt man nur wenig Platz. Ein Kettlebell-Training kann also auch ideal als Home-Workout durchgeführt werden. Keine Zeit? Keine Ausrede. Trainingseinheiten mit der Kettlebell sind aufgrund der hohen Intensität sehr kurz und noch dazu abwechslungsreich.

Wie oft trainieren?

Um sichtbare Trainingserfolge zu erzielen, muss man vor allem regelmäßig trainieren. Wie oft das ist, hängt von Ihren individuellen Zielen und Ihrem Leistungsniveau ab. Studien haben ergeben, dass bereits zwei bis drei Kettlebell-Einheiten pro Woche ausreichen, um den Muskelaufbau zu fördern. Optimal sind drei Tage mit je einem Tag Pause dazwischen. Da beim Kettlebell-Training viele Muskeln gleichzeitig trainiert werden, kann man schon mit kurzen Trainingseinheiten von 20 bis 30 Minuten den gesamten Körper stärken.

Ein Beispiel:

Montag

Dienstag

Mittwoch

Donnerstag

Freitag

Samstag

Sonntag

20-30 Minuten Kettlebell-Workout

Ruhetag

20-30 Minuten Kettlebell-Workout

Ruhetag

20-30 Minuten Kettlebell-Workout

Ruhetag

Ruhetag

Kettlebell-Arten

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei verschiedenen Kettlebell-Arten:

  • Fitness-Kettlebells: Dabei handelt es sich um klassische Kugelhanteln aus Gusseisen. Mit dem Gewicht wächst auch die Größe. Aufgrund ihres dickeren Griffs eignen sie sich vor allem für Schwungübungen.
  • Wettkampf-Kettlebells: Diese Kugelhanteln bestehen aus Stahl und sind unabhängig von ihrem Gewicht alle gleich groß. Allerdings sind sie je nach Kilogramm durch eine genormte Färbung markiert. Wettkampf-Kettlebells liegen kompakter am Körper und eignen sich dadurch besser für Übungen mit nur einer Hand und für viele Wiederholungen.

Die Kugeln werden in statische oder dynamische Ganzkörperübungen integriert und dabei gehoben, gestemmt oder geschwungen.

Wie teuer ist eine Kettlebell?

Eine gute Kettlebell mit beispielsweise 8 Kilogramm bekommt man schon ab 25 Euro. Für eine Kettlebell mit 16 kg sollten Sie circa 40 Euro einplanen. Angesichts der vielen verschiedenen Anbieter ist es sinnvoll, sich von einem Experten beraten zu lassen.

Welche Kettlebell ist für mich geeignet?

Für welche Kettlebell Sie sich entscheiden, hängt in erster Linie von Ihrem Trainingsziel ab. Die herkömmliche Fitness-Kettlebell aus Gusseisen ist aufgrund des Preis-Leistungs-Verhältnisses für den Einstieg gut geeignet und gilt als Klassiker unter den Kugelhanteln. Achten Sie beim Kauf möglichst darauf, dass das Gewicht aus einem Guss stammt, und der Griff nicht erst im Nachhinein angeschweißt wurde. Letztere sind zwar preiswerter, aber schlechter verarbeitet.

Welches Kettlebell-Gewicht benötige ich?

Das richtige Kettlebell-Gewicht hängt von verschiedenen Faktoren wie Ihrer körperlichen Kondition und Ihrem Fitnesslevel ab. Zudem ist es auch relevant, ob Sie bereits Erfahrung im Kraftsport gesammelt haben und in welchem Gesundheitszustand Sie sich befinden.

Als Richtwert gilt: Frauen können mit einem Gewicht von 6 bis 8 kg beginnen. Für Männer eignen sich 12 bis 16 kg. Wichtig ist, dass Sie sich erst einmal kleine Ziele stecken. Wenn Sie sich mit den verschiedenen Übungen vertraut gemacht und die Techniken richtig erlernt haben, kann das Gewicht immer noch gesteigert werden.

Kettlebell-Übungen

Trainingsformen

Zunächst gibt es zwei verschiedene Arten des Kettlebell-Trainings. Unterschieden wird zwischen Hardstyle Kettlebell Training und dem sogenannten Girevoy Style, auch Soft Style genannt. Im CrossFit findet man meist gewisse Hybrid-Techniken aus beiden Trainingsarten.

1. Hardstyle Kettlebell

Beim Hardstyle Kettlebell werden die Übungen mit einer besonders hohen Intensität bei vergleichsweise wenigen Wiederholungen durchgeführt. Das Ziel ist, jede Wiederholung gleich kraftvoll und explosiv auszuführen. Wichtig ist hier vor allem die Atmung: Um maximale Power zu erreichen und den größtmöglichen Nutzen aus dem Training zu ziehen, muss die Körpermitte angespannt sein. Dies erreicht man durch eine Atmung in kurzen, harten Stößen. Hardstyle Kettlebell hat sich vor allem für Anfänger bewährt, da diese Trainingsform den Muskelaufbau und die Kraft fördert und noch dazu die Fettverbrennung anregt. Je mehr wir die Körpermitte anspannen, desto mehr Muskeln verwenden wir. Und Muskeln verbrennen wiederum Kalorien.

2. Girevoy Style

Beim Girevoy Style liegt der Fokus auf ausdauernden, effizienten Bewegungsabläufen über einen möglichst langen Zeitraum. Im Gegensatz zum Hardstyle Kettlebell ist es hier wichtig, die Übungen nicht im angespannten Zustand durchzuführen, sondern die Körpermitte so gut es geht zu entspannen. So wird bei typischen Softstyle-Wettbewerben zehn Minuten lang mit der Kettlebell gearbeitet, ohne, dass man diese absetzen darf. Zudem dürfen sich nie beide Hände gleichzeitig an der Kugelhantel befinden. Anders als beim Hardstyle ist es beim Girevoy Style also wichtig, möglichst lange durchzuhalten, weshalb auch länger und tiefer geatmet wird.

Beide Trainingsformen haben ihre Berechtigung und können hervorragend miteinander kombiniert werden. Auf diese Weise steigern Sie nicht nur Ihre Kraft und Explosivität, sondern verbessern auch Ihre Ausdauer.

Übungsarten

Generell wird zwischen zwei verschiedenen Übungsarten unterschieden: Ballistics und Grinds.

1. Ballistics

Bei Ballistics (ballistischen Übungen) werden die Kugeln nicht gehoben oder gestemmt, sondern dynamisch bewegt. Die Übungen werden explosiv, mit Schwung und unter Spannung ausgeführt und kurbeln Stoffwechsel und Herz-Kreislauf-System an. Ein weiterer Vorteil: Bei diesem Bewegungsablauf wirken Kräfte, die durch den Schwung um ein Vielfaches über dem eigentlichen Ausgangsgewicht der Kettlebell liegen. Diese Kraft zu kontrollieren, stellt für unseren Körper eine echte Herausforderung dar.

Eine Abwandlung von ballistischen Übungen ist Juggling (Jonglieren). Hier wird die Kettlebell von einer Hand in die andere geworfen, während man sie um den Körper führt oder durch die Luft schwingt. Dabei werden vor allem Koordination, Ausdauer, Kraft und Stabilität des Körpers gestärkt: Je nachdem, aus welcher Richtung die Kettlebell kommt, müssen die Stabilisationsmuskeln mit Anspannung reagieren.

Mit dem Juggling lassen sich besonders die tiefliegenden Wirbelsäulenmuskeln stärken, was die Stabilität der Wirbelsäule verbessert.

2. Grinds

Grinds sind spannungsbetonte (Ganzkörper-)Kraftübungen, die statischer, langsamer und konzentrierter ablaufen. Bei dieser Art von Übung wird die Kettlebell gestemmt oder gehoben. Dabei steht der beanspruchte Muskel lange und stark unter Spannung, was die Muskulatur kräftigt – vor allem Rumpf- und Beckenmuskulatur profitieren von dieser Kräftigung. Diese Übungen schulen die Bewegung und verbessern die Kraft im gesamten Körper. Dabei steht im Vordergrund, das Zusammenspiel der Muskeln zu fördern und möglichst viele Muskelfasern gleichzeitig anzuspannen.

Die Big Six im Kettlebell-Training

Insgesamt gibt es sechs Grundübungen im Kettlebell-Training. Für den Anfang ist es wichtig, diese Übungen sauber zu erlernen, da alle anderen Techniken darauf aufbauen.

Ballistics

Grinds

Kettlebell Swing

Turkish Getup (TGU)

Kettlebell Snatch

Kettlebell Press

Kettlebell Clean

Kettlebell Squat

Tipps für Anfänger

Kettlebell ist auch für Anfänger geeignet. Wichtig ist in jedem Fall eine korrekte Ausführung. Dafür empfiehlt es sich zunächst, einen ausgebildeten Trainer an seiner Seite zu haben. Nur, wenn Sie eine saubere Technik beherrschen, ist ein sicheres Kettlebell-Training möglich. Zudem gilt immer: "Qualität über Quantität". Das gilt auch für die Gewichte. Wer mit zu schweren Kugelhanteln einsteigt, riskiert Verletzungen und verliert womöglich die Motivation.

Risiken

Wenn Sie gesundheitlich beeinträchtigt sind, lassen Sie Ihre Fitness und Sporttauglichkeit ärztlich untersuchen, bevor Sie mit dem Kettlebell-Training beginnen! Vor allem, wenn Sie an Rückenschmerzen leiden, ist ein medizinischer Rat sinnvoll. Wenn aus ärztlicher Sicht nichts einzuwenden ist, können Sie mit dem Training loslegen und die Gewichte sowie die Intensität nach und nach steigern. Um eine sichere Durchführung zu garantieren und das Verletzungsrisiko zu minimieren, sollten Sie allerdings einige Faktoren beachten.

Sechs Tipps zur sicheren Durchführung

  1. Beim Kauf fängt es an: Lassen Sie sich beraten, welches Gewicht sich für den Einstieg eignet und testen Sie im Vorfeld, ob die Kettlebell gut in der Hand liegt.
  2. Besorgen Sie sich eine Kettlebell, die Ihrer Körpergröße und Ihrem Gewicht entsprechen. Viele unterschätzen das Kettlebell-Gewicht. Man sollte aber im Hinterkopf behalten, dass sich das eigentliche Gewicht durch den Schwung nochmal um ein Vielfaches erhöht. Je höher das Gewicht, desto schwieriger ist es, den Bewegungsablauf zu kontrollieren.
  3. Beginnen Sie mit den Grundübungen, bevor Sie sich an komplexere Techniken wagen. Die Bewegungsabläufe mit der Kettlebell sind sehr speziell und die Kraft der Kugel wirkt auf mehrere Körperpartien zugleich. Dadurch ist eine besondere Grundspannung nötig. Andernfalls können die Übungen den Rücken belasten.
  4. Achten Sie auf einen sicheren Stand: Der Rücken muss gerade sein, die Füße sollten schulterbreit auseinander stehen. Die Knie sind in der Ausgangsstellung leicht gebeugt.
  5. Trainieren Sie möglichst barfuß oder in Schuhen, deren Boden möglichst dünn und wenig gepolstert ist. Laufschuhe sind meist ungeeignet, da sie die Bewegungsfreiheit einschränken und keinen sicheren Stand garantieren.
  6. Hören Sie auf Ihren Körper. Ein falscher Ehrgeiz bringt Ihnen höchstens Verletzungen ein.