Das Bild zeigt weibliche Teenager, die in einem Bett liegen und sich mit dem Handy fotografieren.
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Jungfernhäutchen (Hymen)

Von: Wiebke Posmyk (Medizinjournalistin, Diplom-Pädagogin, M.A. Media Education)
Letzte Aktualisierung: 20.01.2022 - 12:21 Uhr

Viele Menschen glauben, dass das Jungfernhäutchen (Hymen) den Scheideneingang komplett verschließt – tatsächlich umgibt es jedoch die Vaginalöffnung wie eine Art elastischer Saum.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Allgemeines

Das Jungfernhäutchen ist – anatomisch gesehen – ein kleines Stückchen Schleimhaut, das sich circa ein bis zwei Zentimeter hinter dem Scheideneingang befindet.

Reißt das Jungfernhäutchen beim ersten Geschlechtsverkehr durch das Eindringen des Penis in die Vagina ein, spricht man von Entjungferung (Defloration) – die Jungfräulichkeit gilt nun als verloren.

Rund um das Thema Jungfernhäutchen kursieren viele Irrtümer: So sind manche Personen der Ansicht, dass das Hymen beim ersten Geschlechtsverkehr zwangsläufig einreißt, was mit einer Blutung verbunden ist. Dies ist allerdings nicht bei allen Frauen der Fall. Häufig dehnt sich das Hymen lediglich, denn es ist sehr elastisch. Auch nach mehrfachem Geschlechtsverkehr kann das Jungfernhäutchen also durchaus noch intakt sein.

Der Zustand des Jungfernhäutchens sagt nicht zwangsläufig etwas darüber aus, ob eine Frau schon Geschlechtsverkehr hatte.

Immer wieder liest man, dass das Jungfernhäutchen durch Tampons, Sport oder auch Masturbation reißen kann. Ein Irrtum: In der Regel dehnt sich das Hymen beim Einführen eines Tampons lediglich und wird nicht verletzt. Auch Sport (z.B. Laufen, Springen, Gymnastik, Spagat, Fahrradfahren, Reiten) führt normalerweise nicht dazu, dass das elastische Jungfernhäutchen einreißt.

Wird bei der Masturbation nur die Klitoris stimuliert, besteht für das Jungfernhäutchen keine Gefahr. Auch wenn die Frau einen Finger in die Vagina einführt, verletzt sie das Jungfernhäutchen normalerweise nicht, sondern weitet damit höchstens die Öffnung. Nur, wenn man größere Gegenstände in die Scheide steckt, könnte das Hymen einreißen.

Das Jungfernhäutchen

  • verschließt den Scheideneingang für gewöhnlich nicht, sondern umrandet ihn
  • reißt nicht zwangsläufig beim ersten Geschlechtsverkehr ein
  • ist sehr flexibel und kann weder beim Sport noch durch den Gebrauch von Tampons reißen
  • kann ganz unterschiedlich aussehen (von glatt bis ausgefranst)

Medizinisch gesehen hat das Jungfernhäutchen für die Frau im Grunde keine Bedeutung. Aus kultureller und religiöser Sicht spielt das Hymen eine deutlich größere Rolle. Ein intaktes Jungfernhäutchen gilt in vielen Kulturen immer noch als Zeichen für die Jungfräulichkeit der Frau – und somit auch für ihre sexuelle Abstinenz beziehungsweise "Reinheit".

Dass das Jungfernhäutchen beim ersten Mal reißt und blutet, muss jedoch fast als Mythos angesehen werden. Denn nur bei etwa jeder zweiten Frau ist eine Entjungferung überhaupt mit einer Blutung verbunden – und wenn, dann ist diese eher schwach. Auch Schmerzen müssen nicht zwangsläufig auftreten.

Viele Mädchen / Frauen bluten beim ersten Geschlechtsverkehr nicht.

Manche Experten vermuten, dass der Mythos vom blutigen Hochzeitslaken und einer mit großen Schmerzen verbundenen Entjungferung aus einer Zeit kommt, in der vor allem jüngere Mädchen mit erwachsenen Männern zwangsverheiratet wurden. Die Blutungen waren bei ihnen wahrscheinlich nicht auf das eingerissene Jungfernhäutchen, sondern auf Verletzungen im Genitalbereich zurückzuführen.

Anatomie

Das Jungfernhäutchen (Hymen) ist eine weiche, elastische Schleimhautfalte, die die vaginale Öffnung wie ein Saum umgibt – das Hymen ist also in den meisten Fällen nicht komplett geschlossen.

Das Jungfernhäutchen liegt nicht innerhalb, sondern außerhalb der Scheide. Es verschließt den Scheideneingang nicht.

Dass das Jungfernhäutchen nicht fest verschlossen ist, sondern eine Öffnung hat, ist wichtig. Zum einen müssen Sekrete ungehindert aus der Vagina gelangen können. Zum anderen muss das Menstruationsblut nach Einsetzen der ersten Periode aus der Scheide abfließen können.

Das Aussehen des Jungfernhäutchens unterscheidet sich von Frau zu Frau. In der Regel besitzt das Hymen eine einzelne, eher kleine Öffnung oder mehrere kleine Öffnungen. Bei manchen Frauen hat das Jungfernhäutchen auch eine einzelne große Öffnung. In manchen Fällen kann das Hymen wie zerrissen aussehen, ohne es tatsächlich zu sein. Hin und wieder fehlt das Jungfernhäutchen sogar ganz.

Nur in sehr seltenen Fällen verschließt das Jungfernhäutchen den vaginalen Eingang vollständig – Mediziner sprechen dann von einer Hymenalatresie. In solch einem Fall muss der Frauenarzt in einem kurzen, harmlosen Eingriff das Hymen künstlich öffnen, damit es nicht zu gesundheitlichen Problemen kommt. Ohne einen solchen Eingriff würde sich Menstruationsblut in der Vagina stauen und bis in Gebärmutter und Eileiter gelangen, was zu eitrigen, schmerzhaften Entzündungen führen kann.

Entstehung und Entwicklung

Das Jungfernhäutchen (Hymen) entsteht bereits während der Embryonalentwicklung im Mutterleib, wenn sich die Geschlechtsorgane ausbilden.

Anfangs verschließt das Hymen die vaginale Öffnung des Embryos noch vollständig. Das Jungfernhäutchen kann als eine Art Überbleibsel eines Gewebes angesehen werden, das die Vagina von einem embryonalen Vorläufer der Harn- und Geschlechtsorgane (sog. Sinus urogenitalis) trennt.

Durch den Einfluss der mütterlichen Östrogene (weibliche Sexualhormone) öffnet sich das Jungfernhäutchen schließlich kurz vor der Geburt – und ermöglicht so, dass später Vaginalsekrete und Menstruationsblut abfließen können.

Nach der Geburt verändert sich das Aussehen des Hymens. Bei Neugeborenen ist das Jungfernhäutchen eher weich, weißlich und rosig. Es bildet meist eine Art breiteren Ring um die Vaginalöffnung und wirkt dick und wulstig.

Bis zum zweiten Lebensjahr lässt die Wirkung der mütterlichen Östrogene beim Kleinkind langsam nach. Das wirkt sich auch auf das Jungfernhäutchen aus: Das Hymen bildet sich etwas zurück, bekommt mehr Spannung und von dem anfangs ringförmigen Saum um die Vaginalöffung bleibt nun bei den meisten Mädchen nur der untere, zum Gesäß hin gelegene Teil übrig. Das Jungfernhäutchen wirkt nun dünner, glattrandiger und, da es stärker durchblutet wird, auch rötlicher.

Mit Beginn der Pubertät steigt bei jungen Mädchen der Östrogenspiegel an. Das Hymen sieht dadurch wieder matter aus, das Gewebe wirkt wulstiger und dicker und wird nun auch wieder weicher.

Funktion

Manche Mediziner nehmen an, dass das Jungfernhäutchen (Hymen) eine Schutzfunktion für die Vagina (Scheide) beim Säugling erfüllt – denn gerade bei Säuglingen kommt der Scheideneingang oft auch mit Stuhl in Kontakt kommt. Wissenschaftler vermuten daher, dass das Jungfernhäutchen einen gewissen Schutz vor dem Eindringen von Bakterien und anderen Keimen bietet. Konkrete Beweise hierfür gibt es jedoch nicht.