Das Bild zeigt ein Kleinkind, das auf einem Stuhl sitzt und den Bauch einer Schwangeren anfasst.
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Welche Nahrungsergänzungsmittel in der Schwangerschaft Sie wirklich (nicht) brauchen!

Von: Till von Bracht (Medizinredakteur, M.A. Sportwissenschaften)
Letzte Aktualisierung: 09.06.2020

Endlich schwanger! Zwei kleine Striche auf dem Schwangerschaftstest bringen die Gewissheit, die man sich so lange gewünscht hat. Natürlich soll es nur das Beste für den Nachwuchs sein: Und so werden nicht nur alle Steckdosen im Haus hermetisch abgeriegelt und mehrere Namensbücher gewälzt – viele Frauen denken spätestens jetzt über ihre eigene Ernährungsweise nach.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Nahrungsergänzung in der Schwangerschaft: Diese Pillen brauchen Sie wirklich (nicht)!

Schluss mit Burger, Schokolade und Co. – von nun an stehen täglich frisches Obst und Gemüse und viele gesunde Vollkornprodukte auf dem Speiseplan. Nach den ersten Heißhungerattacken auf Pommes oder Nutella (manchmal auch auf Pommes MIT Nutella) kehrt schnell Ernüchterung ein. Vielen Frauen machen sich dann Sorgen, dass das Baby im Bauch nicht ausreichend mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen versorgt wird.

Aus Angst, den Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen nicht decken zu können, nehmen nach einer Untersuchung an der TU München fast alle Schwangere mehr oder weniger wahllos Nahrungsergänzungsmittel ein. Dabei handelt es sich oft um teure Kombipräparate mit bis zu 13 Vitaminen und 9 Mineralstoffen – verpackt in nur einer einzigen Pille für mehr als 50 Cent pro Stück. Aber ist das wirklich nötig?

Klare Antwort: Nein! Im Gegenteil: Multivitamintabletten für Schwangere sind nicht nur überflüssig, manche von ihnen sind sogar gefährlich. So kann zum Beispiel eine langfristige Überdosierung von Vitamin A zu Missbildungen beim Kind führen. Die Vorstufe, Provitamin A (Betacarotin), darf hingegen in beliebiger Menge aufgenommen werden.

Zwar haben Schwangere tatsächlich einen höheren Bedarf an fast allen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Wer sich aber mehr oder weniger abwechslungsreich ernährt, deckt diesen Mehrbedarf ohne Probleme ab – mit Ausnahme von Folsäure und Jod.

Ein Beispiel: Nicht schwangeren Frauen wird empfohlen, täglich 7 Milligramm Zink über die Nahrung aufzunehmen – dies ist zum Beispiel in 200 Gramm Fleisch oder 150 Gramm Haferflocken enthalten. Bei Schwangeren liegt der Zinkbedarf bei 10 Milligramm.

Wissenschaftler haben sich die Frage gestellt, ob die nahrungsergänzende Einnahme von Zink in der Schwangerschaft ein Nutzen für die Mutter und ihr Baby hat. Dazu haben sie 21 Studien mit mehr als 17.000 Schwangeren ausgewertet und sind zu folgendem Ergebnis gekommen: Die Einnahme von Zinkpräparaten hat keinen Einfluss auf die Gesundheit von Mutter und Kind.

Welche Präparate sind tatsächlich notwendig?

Es gibt nur zwei Substanzen, die für Schwangere wirklich wichtig sind und über Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden sollten: Das sind

  • Folsäure
  • und Jod!

„Alles, was über die Bestandteile Folsäure und Jod hinausgeht, ist mit einer angemessenen Ernährung zu decken. Außerdem enthalten viele der getesteten Produkte Vitamine und Mineralstoffe in Mengen, die weit über den tatsächlichen Bedarf hinausgehen“, so auch das Testergebnis der Zeitschrift Öko-Test.

Folsäure!

Hier sind sich die Experten einig: Folsäure ist in der Frühschwangerschaft unverzichtbar! Dabei sollten alle Frauen, die schwanger werden wollen, bereits einige Wochen vor der Befruchtung mit einer täglichen Einnahme von 400 Mikrogramm (µg) Folsäure beginnen.

Diese Empfehlung gilt mindestens bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels.

Jod!

Auch bei Jod besteht Einigkeit: Schwangere sollten beim Kochen jodiertes Speisesalz verwenden und zusätzlich jeden Tag 100 (bis 150) Mikrogramm Jod in Form von Tabletten einnehmen.

Der Tagesbedarf eines Erwachsenen liegt bei rund 200 Mikrogramm Jod. Während der Schwangerschaft brauchen Frauen allerdings mehr Jod, da sie ab der 10. bis 12. Schwangerschaftswoche (SSW) auch ihr Kind mit Jod versorgen müssen. Dieses braucht das ungeborene Baby, damit seine Stoffwechselprozesse reibungslos ablaufen und sich die Knochen und das Gehirn entwickeln können.

Fischöl / DHA?

Einige Nahrungsergänzungsmittel für Schwangere enthalten neben verschiedenen Vitaminen und Mineralstoffen auch gesonderte Kapseln mit Fischöl. Ob Fischöl-Tabletten (bzw. Präparate mit Omega-3-Fettsäuren) in der Schwangerschaft wirklich notwendig sind, darüber ist man sich in der Wissenschaft noch nicht ganz einig.

Fest steht allerdings: Die langkettige Omega-3-Fettsäure DHA ist für die normale Entwicklung des Kindes, insbesondere von Gehirn und Sehfunktion, wichtig. Man findet sie vor allem in fettreichem Meeresfisch – zum Beispiel in Makrele, Hering, Sardine oder Lachs.

Schwangeren Frauen wird empfohlen, möglichst zweimal die Woche Fisch zu essen. Wer Fisch nicht mag oder generell eher selten isst, sollte DHA mit Nahrungsergänzungsmitteln oder angereicherten Lebensmitteln zu sich nehmen.

Eisen und Vitamin D

Eisen?

Schwangere benötigen täglich doppelt so viel Eisen wie nicht Schwangere. In Zahlen bedeutet das: Schwangere Frauen sollten täglich etwa 30 Milligramm Eisen zu sich nehmen, nicht schwangere 15.

Das hört sich auf den ersten Blick erstmal nach ziemlich viel an. Der Körper ist aber ein wahres Anpassungswunder: Im Verlauf der Schwangerschaft steigt die Eisenresorption im Darm an – das bedeutet: Schwangere können das Eisen aus der Nahrung besser aufnehmen als nicht schwangere Frauen. Außerdem fehlt der menstruelle Blutverlust, der einen Eisenmangel begünstigt.

Das Bundesernährungsministerium empfiehlt Schwangeren daher nicht, einfach mal auf Verdacht Eisentabletten einzunehmen. Schwangeren Frauen wird bei fast jeder Vorsorgeuntersuchung Blut abgenommen. Sollte der Arzt dabei feststellen, dass Sie nicht gut genug mit Eisen versorgt sind, wird der Arzt Ihnen Eisenpräparate verschreiben.

Vitamin D?

Vitamin D ist ein "Sonnenvitamin": Denn der Körper benötigt Sonnenstrahlen, um ausreichend Vitamin D zu bilden. In der Schwangerschaft wirkt sich die Vitamin-D-Versorgung der werdenden Mutter direkt auf die Vitamin-D-Versorgung des Kindes aus – und somit auch auf seine Entwicklung.

Es gibt ein paar Studien, die darauf hinweisen, dass das Risiko für eine Frühgeburt und für ein geringes Geburtsgewicht des Babys (weniger als 2.500 Gramm) sinkt, wenn die werdende Mutter Vitamin-D-Tabletten einnimmt.

Das Bundesministerium für Ernährung empfiehlt daher allen schwangeren Frauen, die sich selten in der Sonne aufhalten (zum Beispiel in den Wintermonaten), täglich ein Vitamin-D-Präparat mit mindestens 400 I.E. (= 10 Mikrogramm) Vitamin D einzunehmen.

Fazit:

Wer sich ausgewogen ernährt und regelmäßig an der frischen Luft ist, muss in der Schwangerschaft nicht auf teure Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen.