Ein Baum, der halb lebendig, halb tot ist.
© Getty Images

Nahtoderfahrungen: Phänomene zwischen Mythos und Wissenschaft

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 29.12.2021 - 14:33 Uhr

Innerer Frieden, Wärme und ein helles Licht: Nahtoderfahrungen – oder zumindest die Berichte darüber – gibt es wohl seit Menschengedenken. Lange Zeit fiel dieses Phänomen ausschließlich in den Bereich der Religion und Esoterik. Doch seit einigen Jahren befasst sich auch die Wissenschaft intensiver damit. Vollständig geklärt ist es jedoch bis heute nicht.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Allgemeines

Unter Nahtoderfahrungen (kurz NDE für engl. near death experience) versteht man im Allgemeinen besondere Erlebnisse, die Menschen in tatsächlicher oder subjektiv empfundener Todesnähe haben können. Dies kann beispielsweise der Fall sein bei

So gibt es auch einige Berichte über Nahtoderlebnisse, die sozusagen "unter ärztlicher Aufsicht" stattfanden – von Patienten, die nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand wiederbelebt wurden. Doch auch während einer Ohnmacht (Synkope) oder in psychologischen Krisensituationen sind Nahtoderfahrungen möglich.

Das bedeutet: Nahtoderfahrungen treten insbesondere in Situationen auf, die die jeweilige Person als bedrohlich empfindet – und zwar unabhängig davon, ob ihr Leben tatsächlich in Gefahr ist oder nicht.

Nahtoderfahrungen und die Berichte darüber gab es zu allen Zeiten und in allen Kulturen. In den vergangenen Jahrzehnten haben auch Wissenschaftler damit begonnen, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen, allen voran Psychiater und Neurologen.

Eine der ersten Publikationen der Neuzeit zum Thema Nahtoderfahrungen stammt jedoch von einem schweizerischen Professor für Geologie: Albert Heim schrieb 1892 im Jahrbuch des Schweizer Alpenvereins über 30 verunglückte Bergsteiger, die Nahtoderfahrungen gemacht hatten – unter anderem er selbst, bei einem Absturz vom Berg Säntis in der Ostschweiz.

Bestandteile von Nahtoderfahrungen

Auch, wenn sich Nahtoderfahrungen von Mensch zu Mensch unterscheiden können, gibt es doch sechs Elemente, die typisch für ein solches Erlebnis sind:

  • Gefühl von Frieden, Ausgeglichenheit und körperlichem Wohlbefinden: Dieses Gefühl tritt bei etwa zwei Dritteln aller Nahtoderfahrungen auf. Es setzt meist mit Beginn der NDE ein und bleibt bis zum Ende bestehen.
  • Körperaustrittsphänomen (auch außerkörperliche Erfahrung genannt, kurz OBE für engl. out of body experience): Bei der außerkörperlichen Erfahrung handelt es sich um das Gefühl, von seinem physischen Körper getrennt zu sein. Die Betroffenen beschreiben, dass sie sich selbst aus einigen Metern Entfernung sehen, meist von oben. Sie nehmen das Geschehen um sich herum wahr – zum Beispiel das Bemühen der Ärzte, sie am Leben zu erhalten – und können dies hinterher auch wiedergeben. Nach den Beschreibungen erscheint die Umgebung während einer außerkörperlichen Erfahrung hell erleuchtet, ansonsten aber normal. Das Hören soll klar und deutlich sein, das Denken schärfer und distanzierter.
  • Tunnelerlebnis: Das Tunnelerlebnis beschreibt das Gefühl, sich durch einen – meist zylindrischen, horizontal verlaufenden, dunklen und leeren – Tunnel zu bewegen. Die Bewegung soll dabei eher einem Gleiten als einem Fallen gleichen. Am Ende des Tunnels beschreiben viele Betroffene ein helles Licht. Wenn sie dieses erreichen, geht ihre Nahtoderfahrung in vielen Fällen zum nächsten Element über, den traumhaften Landschaften.
  • idealisierte, traumhafte Landschaften: Diese Umgebung befindet sich vielen Beschreibungen zufolge hinter dem dunklen Tunnel und ist von warmem, hellem und angenehmem Licht durchflutet. Wie genau diese Landschaften aussehen, ist von Person zu Person unterschiedlich, allerding werden sie häufig als "Himmel" oder "Paradies" beschrieben. Während sich die Betroffenen in diesen Landschaften aufhalten, empfinden sie meist ein Gefühl von Freude, Frieden und innerer Ruhe. Einige sprachen hinterher von einer Grenze, die sie nicht überschreiten durften – sobald sie sie erreichten, stellte dies das Ende ihrer Nahtoderfahrung und die Rückkehr ins reale Leben dar.
  • Zusammentreffen mit hellem Licht: In den oben beschriebenen Traumlandschaften treffen viele Betroffene während ihrer Nahtoderfahrungen auf "lichthafte Wesen". Diese können Freunde, verstorbene Verwandte oder Unbekannte repräsentieren. Häufig kommunizieren die Betroffenen mit diesen Wesen und bezeichnen den Kontakt mit ihnen als freundlich, hilfreich und zugewandt.
  • Lebensrückblick: Der Lebensrückblick enthält wichtige Erlebnisse aus dem zurückliegenden Leben. In Einzelfällen kann er dem Betroffenen während einer Nahtoderfahrung auch einen "Ausblick" auf kommende Ereignisse geben. All dies wird meist als klar und deutlich wahrgenommen, nicht als verwirrend. Ob, wann und wie ein Lebensrückblick stattfindet, ist stark kulturell geprägt.

Es handelt sich bei den oben genannten Elementen zwar insgesamt um typische Bestandteile von Nahtoderfahrungen. Trotzdem treten sie nicht gleich häufig auf: Während sich das angenehme Gefühl von Frieden, Ausgeglichenheit und körperlichem Wohlbefinden bei einem Großteil der Betroffenen – etwa zwei Dritteln – einstellt, treten die übrigen Phänomene seltener auf. So macht laut Experten weniger als die Hälfte der Menschen mit einem Nahtoderlebnis auch eine außerkörperliche Erfahrung. Ein Tunnelerlebnis und eine lichthafte Begegnung hat jeweils etwa ein Drittel der Betroffenen. In den Traumlandschaften bewegt sich etwa ein Viertel – und einen Lebensrückblick hat nur etwas mehr als jeder 10. von ihnen.

Während die ersten fünf Elemente einer Nahtoderfahrung meist in der oben angegebenen Reihenfolge auftreten, ist der Zeitpunkt des Lebensrückblicks recht variabel: Er kann sich in einem Stück, in mehreren Sequenzen oder auch parallel zu dem übrigen Geschehen abspielen.

Auch, wenn bei Nahtoderfahrungen gemäß den Berichten Raum und Zeit nicht mehr zu existieren scheinen, beschreiben Betroffene ihre Erlebnisse während einer solchen Erfahrung insgesamt als lebendig und sinnvoll. Sie sehen und hören klar, umschreiben diese Reize zudem als besonders intensiv. Auch das Denken soll schneller und deutlicher ablaufen.

Untersuchungen von Nahtoderfahrungen aus aller Welt zeigen: Ein Großteil der beschriebenen Elemente, die Menschen während eines solchen Erlebnisses erfahren können, sind im Prinzip kulturübergreifend und unterscheiden sich nur in Details.

So beschreiben Betroffene aus allen Kulturkreisen die traumhaften, idealisierten Landschaften. Auch die Begegnung mit dem lichthaften Wesen tritt in allen Kulturen auf. Hier gibt es lediglich einen Unterschied: Religiöse Menschen sehen in diesem Wesen häufiger einen Vertreter ihrer Religion, sprich: einen Gott, ein Heiligen oder ähnliches. Zudem bewerten religiöse Menschen den inneren Frieden und die Zeitlosigkeit, die sie während einer Nahtoderfahrung verspüren, häufiger als Zeichen für "Ewigkeit".

Das Tunnelerlebnis dagegen ist vor allem bei Nahtoderfahrungen von Personen aus dem westlichen Kulturraum anzutreffen. Personen aus nicht-westlichen (also beispielsweise asiatischen) Kulturen gehen eher durch Dunkelheit, über Brücken, durch Türen und Tore. Auch der Lebensrückblick ist kulturell geprägt: Zum einen taucht er als Element einer Nahtoderfahrung insgesamt häufiger bei Menschen aus dem westlichen Kulturkreis auf. Zum anderen ist seine Ausgestaltung natürlich – wie das Leben der jeweiligen Person selbst – kulturell inspiriert.

Häufigkeit

Es gibt keine genauen Zahlen darüber, wie viele Menschen bereits Nahtoderfahrungen gemacht haben – sei es während einer Ohnmacht (Synkope), bei einem Unfall oder in einem anderen Zusammenhang. Experten schätzen jedoch, dass etwa 10 bis 15 von 100 Personen mit Herz-Kreislauf-Stillstand, die erfolgreich wiederbelebt werden, ein solches Erlebnis haben. In den vergangenen Jahren ist zudem in der Notfall- und Rettungsmedizin die Zahl der berichteten Nahtoderlebnisse gestiegen. Dies liegt unter anderem an verbesserten Wiederbelebungsmaßnahmen.

Nahtoderfahrungen sind meist angenehme, positive Erlebnisse. Dennoch gibt es auch Berichte über negative Nahtoderfahrungen: Einige Betroffene verspüren während einer NDE eben nicht dieses typische Gefühl von Frieden, Ruhe und Ausgeglichenheit. Stattdessen finden sie sich in bedrohlicher Dunkelheit wieder, in einer unwirtlichen Umgebung oder umgeben von "Dämonen". Es ist allerdings bisher noch nicht bekannt, von welchen Faktoren es abhängt, ob eine Nahtoderfahrung positiv oder negativ verläuft.

Auch insgesamt ist noch wenig darüber bekannt, welche Faktoren dazu beitragen, dass manche Menschen in bedrohlichen Situationen Nahtoderlebnisse machen (und sich auch daran erinnern), andere wiederum nicht. So gibt es über Nahtoderfahrungen zwar beispielsweise mehr Berichte von Frauen als von Männern. Dies könnte daran liegen, dass Frauen häufiger solche Erlebnisse haben als Männer – oder daran, dass sie hinterher eher bereit sind, darüber zu sprechen.

Allerdings gilt wohl: Die Wahrscheinlichkeit, eine Nahtoderfahrung zu machen, ist höher, wenn ein Patient bereits einen Herzstillstand überlebt hat oder während eines Krankenhausaufenthaltes bereits mehrfach wiederbelebt wurde. Die Wahrscheinlichkeit, sich an eine erlebte Nahtoderfahrung auch zu erinnern, ist dagegen geringer, je länger eine Reanimation dauert, da in diesem Fall das Gedächtnis in Mitleidenschaft gezogen werden kann.

Beweise für ein Leben nach dem Tod?

Auch, wenn sich die Wissenschaft bereits seit einiger Zeit mit Nahtoderfahrungen befasst: Bisher sind es vor allem Berichte von Betroffenen, auf die sie sich bei der Erforschung dieses Phänomens stützen kann. Bei den Erkenntnissen über Nahtoderfahrungen handelt es sich also vor allem um solche, die aus Erinnerungen und Erzählungen gewonnen wurden.

Dabei stellen sich immer auch die Fragen: Handelt es sich bei den berichteten Nahtoderfahrungen und den Erlebnissen in ihrem Rahmen vielleicht nur um besonders intensive Träume oder um Halluzinationen? Sind möglicherweise psychische Störungen wie eine Schizophrenie oder halluzinogene Drogen wie LSD die Auslöser von Nahtoderfahrungen? Oder sind sie gar Beweise für ein Leben nach dem Tod?

Um Nahtoderfahrungen von Träumen oder anderen psychischen Ausnahmeerscheinungen abzugrenzen, entwickelte der US-amerikanische Psychiater und Neurowissenschaftler Bruce Greyson 1983 den sogenannten Greyson-Fragenkatalog (engl. Greyson´s NDE scale). Dieser besteht aus 16 Fragen, die sich den typischen Komponenten und Symptomen eines Nahtoderlebnisses widmen und deren Antworten jeweils mit Punkten bewertet werden. Erreicht ein Patient mehr als sieben Punkte, ist es wahrscheinlich, dass er ein "echtes" Nahtoderlebnis gemacht hat.

Der Greyson-Fragenkatalog deckt die Bereiche Kognition (Verstand), Affekte (Gefühle), Paranormalität und Transzendenz ab. Beispielhaft sind diese Fragen:

Bereich inkl. BeispielsfrageAntwort inkl. Punkte
Kognitiv: Schien die Zeit schneller abzulaufen?
  • 2 = Ja, alles schien gleichzeitig zu passieren.
  • 1 = Ja, die Zeit verging schneller als normalerweise.
  • 0 = Nein.
Affektiv: Fühlten Sie inneren Frieden und innere Ausgeglichenheit?
  • 2 = Ja, unglaublichen Frieden und unglaubliches Wohlbefinden.
  • 1 = Ich fühlte Entspannung und Ruhe.
  • 0 = Nein.
Paranormal: Waren Ihre Sinne lebhafter als normalerweise?
  • 2 = Ja, sie waren außergewöhnlich lebhaft.
  • 1 = Ja, sie waren lebhafter als gewöhnlich.
  • 0 = Nein.
Transzendenz: Hatten Sie das Gefühl, in eine andere, übernatürliche Welt einzutreten?
  • 2 = Ja, in eine eindeutig mystische, übernatürliche Umgebung.
  • 1 = Ja, in einen ungewohnten, fremdartigen Ort.
  • 0 = Nein.

Experten gehen mittlerweile davon aus, dass es sich bei Nahtoderfahrungen um ein "eigenständiges" Phänomen handelt – auch, wenn noch nicht eindeutig geklärt ist, wie es zustande kommt. Denn gegen die Vermutung, dass es sich bei den Erlebnissen um sehr intensive Träume handelt, spricht unter anderem der Umstand, dass sich aus den meisten Berichten über Nahtoderfahrungen sechs typische Elemente destillieren lassen, die immer wieder auftauchen – bei unterschiedlichen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen. Und auch psychische Störungen und halluzinogene Drogen fallen aus Auslöser der Nahtoderlebnisse aus: Zwar können diese teilweise gleiche Symptome (wie etwa das Körperaustrittsphänomen) auslösen – doch die Menschen, die bisher von Nahtoderfahrungen berichtet haben, standen in der überwiegenden Mehrheit weder unter Drogeneinfluss noch waren sie psychisch auffällig.

Woher also stammen die Erlebnisse, die Menschen in bedrohlichen Situationen haben können und die unter dem Begriff Nahtoderfahrungen zusammengefasst werden? Dafür gibt es unterschiedliche Ansätze:

  • organische Ansätze
  • psychologische Ansätze
  • spirituelle Ansätze

Organische Ansätze

Bei den organischen Ansätzen geht es insbesondere um Frage, was im Körper bei einem klinischen Tod passiert – also in der Phase, in der zwar die Vitalfunktionen wie Atmung und Herz-Kreislauf-Funktion versagen, aber noch reaktiviert werden können.

Beim klinischen Tod besteht innerhalb der ersten 10 Minuten nach Versagen von Atmung und Herzkreislauf die Möglichkeit, die Vitalfunktionen zu reaktivieren, etwa mittels Herzmassage, künstlicher Beatmung oder Elektrodefibrillation.

Anzeichen für den klinischen Tod sind:

  • Bewusstlosigkeit
  • Herzstillstand (kein Puls mehr vorhanden)
  • Atemstillstand
  • fehlender Lidschlussreflex bei Berührung
  • fehlender Pupillenreflex bei Lichteinfall

In dieser Zeitspanne kommt es auch zu Auffälligkeiten in der elektro-chemischen Signalübertragung im Nervensystem. Diese können möglicherweise ein Auslöser für Phänomene wie die außerkörperliche Erfahrung sein. Auch ein Sauerstoffmangel (Hypoxie) und ein erhöhter Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut (Hyperkapnie) könnten dazu beitragen, dass eine Nahtoderfahrung entsteht.

Psychologische Ansätze

Die psychologischen Ansätze zur Entstehung von Nahtoderfahrungen gehen davon aus, dass diese Erlebnisse das Ziel haben, die Überlebenswahrscheinlichkeit der Betroffenen zu erhöhen. So werden beispielsweise durch das Gefühl des inneren Friedens die Energiereserven des Körpers geschont. Dies könnte – im Gegensatz zu einer kräftezehrenden Panik – einen evolutionären Vorteil darstellen. Zudem könnte das Körperaustrittsphänomen dazu dienen, den eigenen Tod zu relativieren: Der Betroffene löst sich von seinem physisch bedrohten Körper und leugnet damit, selbst von ihm abhängig und verwundbar zu sein.

Spirituelle Ansätze

Gibt es ein Leben nach dem Tod? Für viele Menschen gelten Nahtoderlebnisse als ein Beweis dafür. Sie sehen in den Erlebnissen eine Art Besuch im Jenseits, der dann wieder beendet wird, um ins "richtige" Leben zurückzukehren. Um diese Ansicht zu untermauern, führen sie unter anderem an, dass die Nahtoderfahrungen vieler (allerdings insbesondere religiöser) Menschen von religiöser Symbolik geprägt sind. Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich die Frage, ob Nahtoderfahrungen Beweise für ein Leben nach dem Tod sind, bisher allerdings nicht beantworten.

Weder organische noch psychologische oder spirituelle Ansätze scheinen das Phänomen der Nahtoderfahrungen erschöpfend zu erklären. Daher gibt es auch Modelle, die alle drei Ansätze vereinen. Nach diesen sollen Nahtoderfahrungen den Sinn haben, Betroffenen in extremen Stresssituationen ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln.

Unabhängig davon, wie genau Nahtoderlebnisse entstehen, steht noch eine weitere Frage im Raum: Welche Folgen haben sie? Experten gehen davon aus, dass Nahtoderfahrungen sich in erheblichem Maße auf das Leben der Betroffenen (und auch auf ihr soziales Umfeld) auswirken können. Zum einen können nach Nahtoderfahrungen

  • Albträume,
  • Depressionen und
  • psychotisch anmutende Störungen auftreten.

Zum anderen können Nahtoderlebnisse auch eine Änderung von Einstellungen und Wertvorstellung sowie daraus resultierend des Verhaltens hervorrufen. So haben Betroffene nach einer Nahtoderfahrung häufig weniger Angst vor dem Tod und gleichzeitig das Bedürfnis, ihr Leben "sinnvoller" zu gestalten. Das bedeutet, dass sich Betroffene in vielen Fällen von materialistischen Werten ab- und zu postmaterialistischen Werten hinwenden: Sie beschäftigen sich intensiver mit Sinnfragen und der Suche nach Erkenntnis, bewerten menschliche Beziehungen höher, wenden sich karitativen Tätigkeiten zu et cetera. Auch die Religiosität nimmt häufig zu.

Solche Einstellungs- und Verhaltensveränderungen nach einer Nahtoderfahrung können zu Problemen im persönlichen und beruflichen Umfeld führen – einerseits, da sie für die Mitmenschen oft nicht leicht nachzuvollziehen sind und andererseits, da in einigen Fällen die neuen Werte nicht mehr zu dem bisherigen Umfeld "passen". So kann es passieren, dass Menschen, die Nahtoderfahrungen gemacht haben, ihren Beruf wechseln. Auch das Scheidungsrisiko ist bei Menschen mit Nahtoderlebnissen erhöht.

Um die negativen Folgen von Nahtoderfahrungen abzufedern, kann es sinnvoll sein, dass die Betroffenen Selbsthilfegruppen aufzusuchen oder eine Therapie machen – eventuell auch zusammen mit ihren Angehörigen.