Spermien: Warum die Kleinsten die größten haben
Dafür, dass Spermien eigentlich eher unscheinbar sind, finden sie unglaublich viel Beachtung. Um die männlichen Samenzellen ranken sich jede Menge Mythen und Legenden. Nicht bei uns: Lesen Sie, warum es nicht nur auf die Größe ankommt, warum Spermien sehr ausdauernd sind und was es mit dem angeblichen Samenstau auf sich hat.

Inhaltsverzeichnis
Mit jedem Samenerguss gelangen zwischen zwei und sechs Milliliter Sperma aus dem Körper. Das ist etwa ein Teelöffel voll. Die Spermien machen dabei nur etwa fünf Prozent der Spermamenge aus – der Rest besteht aus Körperflüssigkeiten, die von verschiedenen Drüsen abgegeben werden. "Fünf Prozent" hört sich nach wenig an? Keine Sorge: Im Durchschnitt bedeutet das eine Menge von rund 40 Millionen Spermien. Sie haben nur ein Ziel: eine Eizelle zu finden und zu befruchten.
Ohne Spermium kein Leben. Grund genug, sich einmal näher mit dem männlichen Samen zu befassen! Wir haben drei interessante Aspekte für Sie beleuchtet.
1. Die Kleinsten haben die größten …
… und die Größten die meisten.
Wer hätte das gedacht: Im Duell "Wer hat die größten und längsten Spermien?" steckt die Maus den Menschen ganz locker in die Tasche.
Die Wissenschaftler Stefan Lüpold von der Universität Zürich und John Fitzpatrick von der Universität Manchester haben die Spermien zahlreicher Säugetiere analysiert. Ihre Erkenntnis: Sehr kleine Säugetiere haben deutlich größere beziehungsweise längere Spermien. Die Spermien eines Menschen sind rund 57 Mikrometer (= 1 Millionstel Meter) lang – die einer männlichen Langschwanzmaus erreichen eine stolze Länge von bis zu 189 Mikrometern.
Video: 3 Spermien-Fakten, die Sie noch nicht kannten
Bei der Frage "Wer hat die meisten Spermien?" muss sich die Maus dagegen geschlagen geben. Große Säugetiere produzieren im Durchschnitt mehr Spermien, so das Ergebnis der Forscher. Auch im Verhältnis zur Hodengröße: Ein doppelt so großer Hoden produziert nicht etwa doppelt so viele, sondern unter Umständen sogar viermal so viele Spermien.
Warum ist das so? Eine mögliche Antwort liefert die sogenannte Verdünnungshypothese. Große weibliche Säugetiere haben im Vergleich zu kleineren auch einen deutlich größeren und längeren Geschlechtstrakt. Ein Spermium muss also einen viel längeren Weg zurücklegen, um die Eizelle zu erreichen. Viele Spermien überstehen diese beschwerliche Reise nicht. Also setzt die Biologie auf Masse: Je mehr Spermien sich auf den Weg machen, desto größer ist auch die Chance auf eine Befruchtung. Die Massenproduktion geht dabei auf Kosten der Größe.
Fazit: Es kommt nicht immer auf die Größe an ...
2. Spermien können auch Tage später noch "zuschlagen"
Spermien können im weiblichen Körper erstaunlich lange fit bleiben. Nach dem Sex können sie noch bis zu fünf Tage dort überleben und eine Eizelle befruchten.
Ist die Frau gerade in ihrer fruchtbaren Phase, können die Spermien in den Gebärmutterhals wandern. Von dort aus gelangen sie in die Eileiter, um eine Eizelle zu befruchten. Für diesen insgesamt nur etwa 12 bis 15 Zentimeter langen Weg brauchen Sie meist eine bis drei Stunden. Nun bleiben ihnen im Idealfall noch einige Tage Zeit, um mit einem Ei zu verschmelzen.
Fazit: Wer nicht schwanger werden möchte, sollte schon Tage vor dem Eisprung sicher verhüten. Umgekehrt gilt: Wer ein Kind möchte, hat in dieser Zeit gute Chancen.
3. Samenstau bei Sexentzug? Eine Legende.
Es gibt Männer, die behaupten, ihre Hose sei kurz vorm Platzen, weil der letzte Sex schon Tage oder Wochen her ist. Ohne Geschlechtsverkehr oder Selbstbefriedigung drohe ihnen ein regelrechter Samenstau, so ihr Argument.
Das könnte man in der Tat meinen, wenn man sich vergegenwärtigt, wie viele Spermien die Hoden rund um die Uhr produzieren. Etwa 1.000 sind es – pro Sekunde! Das sind nahezu 90 Millionen Spermien am Tag.
Vor einem vermeintlichen Samenstau muss Mann aber keine Angst haben. Denn der Körper entledigt sich der überschüssigen Spermien von selbst. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen gelangen die Spermien bei spontanen Samenergüssen im Schlaf ins Freie. Zum anderen werden nicht benötigte Spermien von körpereigenen Zellen des Immunsystems (Immunzellen) einfach wieder abgebaut.
Fazit: Vom psychischen Druck einmal abgesehen – über einen längeren Zeitraum keinen Sex zu haben, ist für den Körper kein Problem.
Was bei der Fortpflanzung geschieht. Online-Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: www.familienplanung.de (Stand: 28.3.2017)
Behrends, J., et al.: Duale Reihe Physiologie. Thieme, Stuttgart 2016
Haas, L.: Verloren im Geschlechtstrakt. Warum Mäuse größere Spermien haben als Elefanten. Online-Informationen von Deutschlandradio: www.deutschlandfunk.de (18.11.2015)
Lüpold, S., Fitzpatrick, J.: Sperm number trumps sperm size in mammalian ejaculate evolution Proceedings of the Royal Society B, Vol. 282, Iss. 1819 (22. November 2015)
Weitere Informationen
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Letzte Änderung: 13.08.2020