Rettungskette ergänzen: Als Ersthelfer per Notfall-App zum Einsatzort
Das Smartphone meldet sich – ein Notfall ganz in der Nähe! Der Einsatzort wird durchgegeben und der Ersthelfer ist noch vor den Rettungskräften da. So kann er bis zu deren Eintreffen bereits Erste Hilfe vor Ort leisten und möglicherweise Leben retten. Denn die ersten Minuten sind oft entscheidend für das Überleben.

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Jedes Jahr erleiden mehr als 70.000 Menschen in Deutschland einen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb eines Krankenhauses. Die ersten fünf Minuten danach sind für das Überleben besonders wichtig. Erfolgen jetzt nicht so rasch wie möglich Erste-Hilfe-Maßnahmen, sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit rapide. Bis professionelle Rettungskräfte eintreffen, dauert es jedoch durchschnittlich zwölf Minuten, mitunter auch länger. Aber nicht immer trauen sich Laien vor Ort eine Wiederbelebung zu. Diese Lücke in der Rettungskette könnte geschlossen werden, wenn sich ausgebildete Profi- oder Laien-Ersthelfer bei einer Notfall-App registrieren und damit im Ernstfall erreichbar sind.
Ersthelfer sind überall
Tatsächlich haben viele Menschen in Deutschland eine Ausbildung als Ersthelfer, sei es durch den Beruf (etwa als Arzt, Pfleger, Krankenschwester oder Rettungspersonal) oder weil man als Laie Erste-Hilfe-Kurse abgeschlossen hat. Dieses Potenzial sollte man nutzen, wenn es nach Dr. Jan-Thorsten Gräsner geht, Mitglied des Präsidiums des Bundesverbands Deutscher Anästhesisten und Direktor des Instituts für Rettungs- und Notfallmedizin der Uniklinik Schleswig-Holstein in Kiel. „Die Unterstützung durch Laien und ausgebildete Ersthelfer ist für eine optimale Rettungskette unverzichtbar", so Gräsner. „Durch den Einsatz von Notfall-Apps wird das Rettungsnetz in Deutschland noch engmaschiger." Die Chance, dass eine Reanimation in den ersten fünf Minuten erfolgt, könne sich dadurch deutlich erhöhen.
Mit gutem Beispiel voran gehen etwa Notfall-Apps wie www.mobile-retter.de (Kreis Gütersloh) und www.meine-stadt-rettet.de (Region Lübeck). Allerdings sind die verfügbaren Notfall-Apps noch nicht miteinander vernetzt. Hier besteht also noch Handlungsbedarf, damit die verschiedenen Systeme miteinander kompatibel werden.
Ersthelfer per App: Wie funktioniert das?
Wie solch eine Lebensrettung per Notfall-App funktioniert, erklärt Rettungsexperte Gräsner: „Geht ein Notruf in der Leitstelle des Rettungsdienstes ein, werden die Einsatzdaten des Notfall-Patienten gleichzeitig an die Leistelle der regional verfügbaren Notfall-App weitergegeben." Diese könne per GPS-Daten sehen, welche registrierten mobilen Ersthelfer sich in unmittelbarer Nähe des Einsatzortes aufhalten. Potenzielle Retter werden sofort über das Smartphone angefragt. Bestätige ein solcher Ersthelfer seine Bereitschaft zu helfen, erhält er die genauen Daten des Einsatzortes. „In manchen Fällen ist es sinnvoll, dass die Leitstelle gleich mehrere Helfer aktiviert, die dann verschiedene Aufgaben in Bezug auf den Einsatz erhalten, zum Beispiel die Mitnahme eines AED-Systems, also eines Defibrillators", sagt Gräsner.
Immer mehr Menschen trauen sich eine Wiederbelebung zu
Wie effektiv die Rettung durch Laien-Ersthelfer sein kann, hat sich in den letzten Jahren abgezeichnet. Allein in den letzten sechs Jahren hat sich in Deutschland bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand die Quote der Wiederbelebungsversuche durch Laien deutlich verbessert. Der Anteil der Fälle, in denen Laien vor dem Eintreffen der Rettungskräfte bereits eine Herzdruckmassage beginnen, stieg von 17 auf 34 Prozent an, hat sich also verdoppelt. Das ist auch Kampagnen wie „Ein Leben Retten. 100 Pro Reanimation“ oder der „Woche der Wiederbelebung“ zu verdanken. Aktionen wie diese bringen das Thema Erste Hilfe ins Bewusstsein – und versuchen vor allem, Laien die Angst vor Erster Hilfe zu nehmen.
Dänemark geht mit gutem Beispiel voran
Das Konzept „Erste Hilfe per Notfall-App“ läuft bereits seit einiger Zeit in Dänemark und kann beeindruckende Erfolge aufweisen. Denn in fast 90 Prozent der Alarmierungen durch das Kontrollzentrum waren App-Ersthelfer vor Ort – und zwar durchschnittlich innerhalb von ein bis zwei Minuten (in der Stadt) oder vier Minuten (auf dem Land). Damit waren sie schneller vor Ort als die professionellen Rettungskräfte und konnten die kritischen ersten Minuten überbrücken. In fast 100 Prozent der Fälle brachte der Ersthelfer auch einen mobilen Defibrillator mit (AED). Zwei von drei Rettern waren dabei ausgebildete Laien-Ersthelfer.
Pressemitteilung des Bundesverbands Deutscher Anästhesisten: Mit dem Smartphone in der Hand zum Lebensretter (22.2.2017)
Informationen zu Laienreanimation in Deutschland. Info-Blatt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): www.bzga.de (19.9.2016)
Weitere Informationen
Onmeda-Lesetipps:
Linktipps:
- www.mobile-retter.de Notfall-App für den Kreis Gütersloh
- www.meine-stadt-rettet.de Notfall-App für den Raum Lübeck
- www.einlebenretten.de Website der Kampagne "Ein Leben retten. 100 Pro Reanimation."
- www.einlebenretten.de/aktionen.html Aktionen und Termine in der „Woche der Wiederbelebung“
Letzte Änderung: 31.03.2020