Jemand schlägt an einem Gasherd stehend Eier in die Pfanne.
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Cholesterin: Mythen & Fakten

Von: Astrid Clasen (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 29.12.2021 - 16:11 Uhr

Cholesterin hat einen schlechten Ruf – teil zurecht: Hohe Cholesterinwerte im Blut können ein Gesundheitsrisiko sein. Doch so manche Ernährungstipps und Infos zu Cholesterin gehören eher ins Reich der Mythen. Lernen Sie die wichtigsten Fakten kennen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

1. Ist Cholesterin grundsätzlich schädlich?

Nein, ganz im Gegenteil: Unser Körper braucht Cholesterin, zum Beispiel ...

  • ... als Baustein der Zellmembran, die alle Zellen im menschlichen Körper umhüllt
  • ... zur Herstellung verschiedener Hormone
  • ... zur Bildung von Vitamin D
  • ... zur Bildung von Gallensäuren, die mit der Galle in den Darm gelangen und dort dafür sorgen, dass der Körper Fett und Cholesterin aus der Nahrung aufnehmen kann

Fakt ist: Cholesterin ist für den Menschen lebenswichtig!

2. Müssen wir also Cholesterin zu uns nehmen?

Nicht unbedingt, denn der menschliche Körper bildet Cholesterin in großen Mengen selbst und könnte seinen Cholesterinbedarf problemlos alleine decken – also ohne zusätzliche Zufuhr von außen.

Wer nicht gerade streng vegetarisch oder vegan lebt, nimmt aber auch Cholesterin mit der Nahrung auf. Denn Cholesterin steckt in allen tierischen Lebensmitteln.

Fakt ist: Den größten Teil seines Cholesterinbedarfs stellt der Körper selbst her.

3. Warum hat Cholesterin dann so einen schlechten Ruf?

Weil Cholesterin unter bestimmten Umständen zu Arteriosklerose (sog. Gefäßverkalkung) führen kann. Und diese bedeutet wiederum ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zum Schlaganfall und Herzinfarkt.

Fakt ist: Ohne Cholesterin gäbe es keine Arteriosklerose.

4. Sind erhöhte Cholesterinwerte also immer ein Risiko?

Nein. Denn es gibt "gutes" und "schlechtes" Cholesterin:

  • Wenn das "gute" HDL-Cholesterin hoch ist, bedeutet das in der Regel ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • Wenn das "schlechte" LDL-Cholesterin erhöht ist, erhöht sich auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Ein hoher Cholesterinwert kann also sowohl durch erhöhtes LDL-Cholesterin als auch durch ein hohes HDL-Cholesterin bedingt sein. Die beiden Werte haben jedoch ganz unterschiedliche Folgen für das Gesundheitsrisiko.

Fakt ist: Je höher das LDL-Cholesterin ("schlechtes" Cholesterin) im Blut, desto höher das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

5. Also "schlechtes" Cholesterin senken – und alles ist in Butter?

Nicht ganz, denn Cholesterin gilt zwar als wesentlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist aber nicht der einzige. Erhöhte Werte für LDL-Cholesterin schaden den Blutgefäßen vor allem in Kombinationmit anderen Risikofaktoren. Die Cholesterinwerte allein sagen also nichts über das persönliche Risiko und den Nutzen einer Behandlung aus.

Darum ist es wichtig, nicht nur auf das Cholesterin zu schauen, sondern auch andere Risikofaktoren zu berücksichtigen: Nur so lässt sich das individuelle Gesundheitsrisiko einschätzen.

Die wichtigsten Risikofaktoren neben erhöhten Werten für LDL-Cholesterin und niedrigen Werten für HDL-Cholesterin sind:

  • Alter: Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt mit zunehmendem Alter.
  • Geschlecht: Männer haben ein höheres Risiko als Frauen.
  • Familiäre Veranlagung: Ein höheres Risiko haben Menschen mit einem Bruder oder Vater, der bereits mit unter 55 Jahren einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hatte, und Menschen mit einer Schwester oder Mutter, die mit unter 65 Jahren einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hatte.
  • Rauchen: Wer raucht, erhöht sein Risiko stärker als zum Beispiel mäßig erhöhte Cholesterinwerte.
  • Bluthochdruck: Ein zu hoher Blutdruck belastet Herz und Kreislauf zusätzlich.
  • Typ-2-Diabetes: Menschen mit Typ-2-Diabetes haben ein höheres Risiko als Gleichaltrige ohne Diabetes.

Fakt ist: Erhöhte Cholesterinwerte alleine sagen nichts über das individuelle Risiko aus!

6. Wie hoch sollten die Cholesterinwerte denn sein?

Das hängt vom individuellen Gesundheitsrisiko ab. Nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e.V. sollten folgende LDL-Cholesterinwerte angestrebt werden:

  • Wenn kein oder nur ein zusätzlicher Risikofaktor vorliegt, sollte das LDL-Cholesterin unter 160 mg/dl (4,2 mmol/l) liegen.
  • Wenn zwei oder mehr zusätzliche Risikofaktoren vorliegen, sollte das LDL-Cholesterin unter 130 mg/dl (3,4 mmol/l) liegen.
  • Wenn schon Durchblutungsstörungen am Herzen bestehen oder das Risiko sehr hoch ist (z.B. wegen eines Diabetes), sollte das LDL-Cholesterin unter 100 mg/dl (2,6 mmol/l) liegen.

Die HDL-Cholesterinwerte sollten möglichst …

  • ... über 40 mg/dl (1,03 mmol/l) bei Männern und
  • ... über 45 mg/dl (1,16 mmol/l) bei Frauen liegen.

Fakt ist: Dies sind jedoch nur allgemeine Orientierungswerte!

7. Warum sind die Cholesterinwerte bei manchen Menschen erhöht?

Bei manchen Menschen ist der erbliche Einfluss auf die Cholesterinwerte sehr stark: Sie haben eine sogenannte familiäre Hypercholesterinämie.

Bei den meisten Menschen spielt die erbliche Veranlagung aber nur eine vergleichsweise geringe Rolle. Bei ihnen ist ein erhöhter Cholesterinspiegel mehr auf den Lebensstil zurückzuführen. Dazu gehört nicht nur die Ernährungsweise, sondern beispielsweise auch, wie viel man sich bewegt oder ob man raucht. In dem Fall liegt eine sogenannte erworbene Hypercholesterinämie vor.

Daneben können auch verschiedene Erkrankungen (wie Schilddrüsenunterfunktion, Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz ) oder die Einnahme bestimmter Medikamente (z.B. Antibabypille, Betablocker, Entwässerungsmittel, Glukokortikoide) schuld daran sein, dass die Cholesterinwerte zu hoch sind.

Fakt ist: Wie hoch die Cholesterinwerte sind, hängt vor allem von zwei Faktoren ab:

  • von den Erbinformationen und
  • von der eigenen Lebensweise

8. Steigen die Cholesterinwerte im Blut durch cholesterinhaltige Lebensmittel?

Nicht unbedingt, denn die cholesterinbildenden Zellen können den Cholesterinbestand genau regulieren:

  • Bei cholesterinarmer Ernährung bilden die Zellen mehr Cholesterin und die Leber nimmt auch mehr Cholesterin aus dem Blut auf. Die Konzentration von Cholesterin im Blut sinkt dann.
  • Bei cholesterinreicher Ernährung bilden die Zellen weniger Cholesterin, um die erhöhte Cholesterinzufuhr von außen auszugleichen.

Erst ab einer bestimmten Menge Cholesterin klappt der Ausgleich nicht mehr. Bei falscher Ernährung (d.h. zu viele Kalorien, zu viel gesättigte Fettsäuren und Cholesterin) können die Werte für LDL-Cholesterin also ansteigen. Dieser Anstieg fällt aber meist gemäßigt aus. Wer sich zum Beispiel mal ein paar Eier mehr gönnt, muss also kein schlechtes Gewissen haben.

Fakt ist: Selbst cholesterinreiche Mahlzeiten beeinflussen den Cholesterinspiegel in der Regel kaum.

9. Wie lässt sich "schlechtes" LDL-Cholesterin senken?

Um erhöhte LDL-Cholesterinwerte zu senken, kommen stufenweise folgende Maßnahmen zum Einsatz:

  • Verbesserung des Ernährungs- und Lebensstils (z.B. Rauchstopp, mehr Bewegung, Abnehmen bei Übergewicht)
  • Medikamente, die das LDL-Cholesterin im Blut senken
  • In sehr schweren Fällen eine sogenannte LDL-Apherese (mit diesem Verfahren, das einer Dialyse ähnelt, lässt sich das LDL-Cholesterin aus dem Blut entfernen)

Fakt ist: Als Grundlage der Behandlung empfiehlt sich immer eine richtige Ernährung: Denn auch die kleinste Senkung der Werte kann Medikamente einsparen – und je geringer deren Dosis, desto besser die Verträglichkeit.

10. Welche Ernährungsweise ist bei erhöhtem LDL-Cholesterin zu empfehlen?

Allgemein gelten bei erhöhtem LDL-Cholesterin folgende Ernährungstipps als empfehlenswert:

  • wenig Fett
  • wenn tierische Lebensmittel, dann vorzugsweise solche mit wenig gesättigten Fettsäuren (z.B. magerer Fisch, Truthahn, Hähnchen, fettarme Fleischsorten)
  • mehr Lebensmittel mit einem hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren (z.B. Pflanzenöle)
  • viele Ballaststoffe

Fakt ist: Entscheidend für den Cholesterinspiegel im Blut ist weniger das Cholesterin aus der Nahrung als die Qualität der Nahrungsfette – das heißt vor allem mehr ungesättigte Fettsäuren und weniger gesättigte Fettsäuren!

11. Wie wirksam ist die Ernährungsumstellung?

Wie stark die LDL-Cholesterinwerte durch die Ernährungsumstellung tatsächlich sinken, hängt stark von deren Ausmaß ab: Wer seine Cholesterinaufnahme mit der Nahrung nur mäßig verringert, erreicht damit oft nur eine leichte Senkung der LDL-Cholesterinwerte. Erst ab einer Cholesterinzufuhr von weniger als 200 Milligramm pro Tag kann man damit rechnen, dass der LDL-Cholesterinspiegel stärker sinkt.

Und wenn Sie sich eigentlich schon immer recht gesund ernährt haben, Ihr Cholesterinspiegel aber erblich bedingt erhöht ist, wird selbst eine strenge Diät alleine kaum etwas an den Werten ändern. Ob sich die Ernährungsweise günstig oder ungünstig auf das LDL-Cholesterin auswirkt, lässt sich allerdings erst nach mehreren Wochen feststellen.

Fakt ist: Selbst wenn die empfohlene Ernährungsweise die Cholesterinwerte kaum beeinflusst – gesund ist sie allemal!

12. Wie lässt sich "gutes" Cholesterin erhöhen?

Das "gute" HDL-Cholesterin deutlich anzuheben ist wesentlich schwieriger, als das "schlechte" HDL-Cholesterin zu senken. Möglicherweise können folgende Maßnahmen helfen:

  • Übergewicht abbauen: Dabei ist jedes Kilogramm hilfreich.
  • Mit dem Rauchen aufhören: Damit beseitigen Sie nicht nur einen eigenständigen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern heben auch das HDL-Cholesterin deutlich an.
  • Für mehr Bewegung sorgen: Dabei sind auch kleinere Aktivitäten, die sich nicht direkt messbar auf das HDL-Cholesterin auswirken, von Vorteil. Denn körperliche Inaktivität erhöht das Risiko.
  • Fettstoffwechselstörungen behandeln (lassen), die mit einem erniedrigten HDL-Cholesterin verbunden sind (je höher die Triglyceride, desto niedriger das HDL-Cholesterin).
  • Alkohol nur in Maßen – und nur, wenn keine anderen gesundheitlichen Probleme dagegen sprechen oder wenn hohe Triglyceridwerte für das niedrige HDL-Cholesterin verantwortlich sind.
  • LDL-cholesterinsenkende Medikamente einsetzen, die auch das HDL-Cholesterin günstig beeinflussen.

Fakt ist: Wenn es damit nicht gelingt, das HDL-Cholesterin ausreichend zu erhöhen, empfiehlt es sich, das LDL-Cholesterin deutlicher zu senken und so das Gleichgewicht wiederherzustellen.